"Ukrsalisnyzja" soll nach dem Vorbild der Deutschen Bahn in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden


Die Regierung hat sich endlich mit der Reform der „Ukrsalisnyzja“ beschäftigt. Im Parlament wurde ein Gesetzentwurf zur Schaffung eines staatlichen Aktienunternehmens auf ihrer Basis registriert. Nach der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft soll die „Ukrsalisnyzja“ Regulierungsfunktionen verlieren und eine für Marktteilnehmer und Investoren verständlichere Managementstruktur erhalten. Die Reform soll nach dem Vorbild der Deutschen Bahn unter Berücksichtigung der Fehler analoger Reformen in Russland und der GUS vonstattengehen.

Gestern wurde auf der Seite der Werchowna Rada der Text des Regierungsgesetzentwurfes Nr. 9337 „Über die Besonderheiten der Schaffung einer staatlichen Aktiengesellschaft für den allgemeinen Eisenbahntransport“ auf der Basis der staatlichen Administration des Eisenbahntransports der Ukraine „Ukrsalisnyzja“ registriert. Im Fall der Bestätigung des Gesetzentwurfs durch das Parlament könnte die Aktiengesellschaft „Ukrainische Eisenbahnen“ im nächsten Jahr auftauchen.

Das Unternehmen wird auf der Basis der sechs existierenden Eisenbahnen geschaffen. Ihr werden die Unternehmen und die staatlichen Anteile in Gesellschaften übergeben, deren Tätigkeit zur Eisenbahn gehört. Insbesondere sind dies die staatlichen Waggon- und Lokreparaturwerke, die derzeit nicht direkt der „Ukrsalisnyzja“ unterstehen. Nicht mit der Eisenbahn verbundene Aktiva werden nicht übergeben, erzählte dem “Kommersant-Ukraine” ein Informant, der mit dem Verlauf der Vorbereitungen des Gesetzentwurfes vertraut ist. 100 Prozent der Aktien des neuen Unternehmens werden dem Staat gehören. Das Unternehmen darf keine neuen Wertpapiere ausgeben, Eigentum darf nicht veräußert oder als Pfand gegeben werden, Immobilien dürfen nicht vermietet und Anteile in anderen Wirtschaftssubjekten nicht erworben werden.

Die Gründung eines Aktienunternehmens gestattet es, die regulatorischen und die wirtschaftlichen Funktionen der ukrainischen Eisenbahnen komplett zu trennen. „Derzeit ist die ‘Ukrsalisnyzja’ sowohl ein Wirtschaftsobjekt, als auch ein Regierungsorgan. So etwas gibt es nicht in einem der benachbarten Staaten“, sagt der Stellvertreter des Leiters des Zentrums für politische und ökonomische Analyse, Anton Krawtschenko. Es wird erwartet, dass sich die Tätigkeit des Unternehmens in den nächsten Reformetappen auf die Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur und des Lokomotivbestandes konzentrieren wird. Außerdem werden danach Tochterunternehmen gegründet, die für den Güter-, Passagier- und Nahverkehr und den Service verantwortlich sind. Die Funktion des Regulierers (darunter die Tarifpolitik) wird dem Ministerium für Infrastruktur und einer noch nicht gegründeten Nationalen Kommission für die Regulierung des Transports übergeben.

Die „Ukrsalisnyzja“ vereint sechs regionale Eisenbahnen (Donezk, Odessa, Lwiw, Dnepr, Süden und Südwesten) und etwa 1.200 strukturelle Untereinheiten. Im Jahr 2010 lag der Reingewinn bei etwa 600 Mio. Hrywnja (ca. 54 Mio. €), der Umsatz betrug 42 Mrd. Hrywnja (ca. 3,8 Mrd. €).

Versuche, die „Ukrsalisnyzja“ zu reformieren, hat das Kabinett seit 2006 unternommen. Doch besonders drängend wurde das Problem 2009. Auf einer Reform bestand der Kreditgeber des Monopolisten, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Damals beschloss die Regierung ein Reformprogramm für die Branche bis 2015, welches die Schaffung eines staatlichen Konzerns auf der Basis der „Ukrsalisnyzja“ vorsieht. Die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft war erst nach 2015 geplant (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 17. Dezember 2009). „Doch diese Form hätte es uns nicht erlaubt, die geforderte Effizienz und Transparenz zu erreichen. Wir hätten nur vergeblich Zeit verloren“, erzählte dem “Kommersant-Ukraine” ein Informant. Seinen Worten nach bestätigte das Kabinett gestern das neue Programm und plant es bis 2019 zu realisieren.

„Das Reformprogramm wurde mit Hilfe der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung vorbereitet und mit dem Ministerium hinreichend lange abgestimmt. Doch aufgrund der schwierigen politischen Situation ist das Kabinett die Sache noch nicht angegangen“, betont der führende Berater der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in der Ukraine, Anton Ussow. Seinen Worten nach bestand die Bank auf der Reform, da die existierende Struktur der „Ukrsalisnyzja“ sehr schwerfällig ist, was es ihr nicht gestattet effizient zu arbeiten. „Derzeit gehören zum Bestand des Monopolisten Reparatur- und Wachschutzeinheiten, Gastronomieunternehmen und vieles andere. Investoren muss klar sein, was das Hauptgeschäft des Unternehmens ist, auf welche Weise und wofür sie ihre Mittel verteilt, wie konkrete Untereinheiten funktionieren“, sagt Ussow.

Die „Ukrsalisnyzja“ wird nach dem Vorbild des deutschen Unternehmens Deutsche Bahn reformiert. Die Deutsche Bahn wurde 1994 über eine Fusion der beiden deutschen Unternehmen Bundesbahn und Reichsbahn gegründet. Sie hat drei Unterabteilungen: „Passagiertransport“ (DB Bahn), „Infrastruktur und Service“ (DB Netze), „Gütertransporte und Logistik“ (DB Schenker).

„Nach eben jenem Prinzip wurden 2003 die ‘Russischen Eisenbahnen/Rossijskije Shelesnyje Dorogi’ (RShD) auf der Basis des Ministeriums für Verkehrswege Russlands gegründet. Die Ukraine hat alle Besonderheiten und Fehler der Reformen der Eisenbahnen in Deutschland, Russland und Kasachstan berücksichtigt. Insbesondere bei den Russischen Eisenbahnen waren die Waggonreparaturunternehmen anfänglich nicht im Unternehmen, wodurch danach Probleme bei der Reparatur des Waggonparks auftraten“, betont ein Informant des “Kommersant-Ukraine”, der mit der Ausarbeitung des Entwurfs vertraut ist.

Die Reorganisation ist für die „Ukrsalisnyzja“ notwendig, andernfalls kann der Monopolist die Erneuerung seiner Bestände nicht gewährleisten, darunter an Lokomotiven und Waggons, sagt der Senior-Analyst des Investmentunternehmens „Trojka Dialog Ukraina“, Iwan Chartschuk. „Der Nahverkehr bleibt in der Ukraine ein Verlustgeschäft, daher ist es offensichtlich, dass das Unternehmen die Preise erhöhen muss. Die Russischen Eisenbahnen haben den Nahverkehr und die Fernzüge in gesonderte Tochterunternehmen ausgegliedert und die Last der Finanzierung des Nahverkehrs auf die lokalen Budgets umgelegt. Früher oder später wird man auch bei der ‘Ukrsalisnyzja’ dazu übergehen“, meint Chartschuk. Seinen Worten nach müssen die Tarife der „Ukrsalisnyzja“ im Durchschnitt für alle Transportformen innerhalb einiger Jahre um 30-50 Prozent angehoben werden.

Die Schaffung einer transparenten Aktiengesellschaft, die von Normen reguliert wird, die bei öffentlichen Aktiengesellschaften angewendet werden, erlaubt es den Eisenbahnen Zugang zu billigeren Krediten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Weltbank zu erhalten, meint Anton Krawtschenko. Ussow sagt, dass die Bank bereit ist, die „Ukrsalisnyzja“ erneut zu finanzieren, wenn sie reale Schritte zur Umsetzung der Reformen sieht. „Bislang ist unklar, wie die Geldflüsse zwischen den Unternehmen der ‘Ukrsalisnyzja’ verteilt werden“, fügt Iwan Chartschuk hinzu.

Jelena Sinizyna

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 951

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