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Sechs Kugeln zwischen die Augen der ukrainischen Wirtschaft. Die Großtaten der Regierung

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Straßenhandel in der Ukraine
Mittlerweile liegt wirklich für alle – mal abgesehen vom IWF, der EU und den USA – deutlich auf der Hand: Die neue ukrainische Regierungsspitze und Reformen sind zwei vollkommen unvereinbare Phänomene.

Ich könnte mich noch unmissverständlicher ausdrücken: Jede ukrainische Regierung (vielleicht mit Ausnahme der von Ministerpräsident Wiktor Juschtschenko als Julia Timoschenko Vize-Ministerpräsidentin war) und Reformen sind bisher unvereinbar gewesen. Immer wenn diese Regierungen zwischendurch doch mal vernünftige Entscheidungen getroffen haben, dann unter dem Druck des IWF oder der Weltbank. Aber selbst dies war nicht genug. Während sich das weltweite Bruttoinlandsprodukt zwischen 1990 und 2013 mehr als verdoppelte, ging das ukrainische um 30 Prozent zurück! Unter Berücksichtigung der Zahlen des aktuellen Jahres ist im Vergleich zu 1990 sogar mit einem Rückgang um 40 Prozent zu rechnen.

Daher lohnt sich mal ein genauerer Blick auf die globalen Probleme, die das wirtschaftliche Wachstum sowie Reformen hemmen. Beginnen wir mit der ukrainischen Gesellschaft und ihrem wahrnehmbaren Zentrum – den Wählern. Diese hoffen immer noch darauf, dass die an die Macht gewählten Präsidenten, Minister und Abgeordneten das Ziel haben, das Leben der einfachen Bevölkerung zu verbessern. Das ist aber eine grundlegende Fehlannahme! Sie kommen nämlich an die Macht, um ausschließlich das eigene Leben bzw. das Leben ihrer Geldgeber zu verbessern. Und dies sollten nicht nur die Ukrainer endlich in ihren Köpfen verankern, sondern auch die Menschen in vielen anderen Entwicklungsländern.

Seit dem Sieg auf dem Maidan sind fast zwei Jahre vergangen. Entsprechend ist es für den aktuellen Ministerpräsidenten und die Zentralbankspitze an der Zeit, Volk und Geschäftswelt gegenüber Rede und Antwort zu stehen. Ich werde nicht ins Detail gehen und sämtliche „Leistungen“ des Wirtschaftsblocks der Regierung (Wirtschaftsministerium, Finanzministerium, Zentralbank) aufzählen oder gar haarklein analysieren. Diese sind für alle erkennbar. Ich werde lediglich Folgendes anmerken: Der Rückgang des BIP betrug 2014 6,8 Prozent, der der Realeinkommen 8,4 Prozent, der des Hrywnjakurses 97 Prozent, während die Preissteigerung 24,9 Prozent betrug. Zu 50 Prozent können und müssen diese Entwicklungen auf Putin und Janukowytsch zurückgeführt werden. Aber der für 2015 erwartete Rückgang des BIP um 11 Prozent, der der Realeinkommen um 25 Prozent, des Wechselkurses um 52 Prozent sowie die Preissteigerung um 46 Prozent sind das alleinige Verdienst des Wirtschaftsblocks der Regierung sowie der Zentralbank (NBU).

Dabei beträgt der Anteil der NBU am Rückgang der Wirtschaft meines Erachtens um die 70 Prozent, und der des Ministerkabinetts 30 Prozent. Die letzten Maßnahmen der NBU – Verlängerung der Devisenbeschränkungen um drei Monate – sowie die „Steuerreform“ der Regierung sind nichts anderes als zusätzlicher administrativ-steuerlicher Druck auf die ukrainische Wirtschaft. Während früher vor allem Exporteure und Importeure (2015 wird ein Rückgang um 30-40 Prozent erwartet) diesem Druck ausgesetzt waren, fallen nach der „Steuerreform“ der Regierung darunter auch kleine und mittlere Unternehmen, landwirtschaftliche Betriebe sowie Unternehmen, die in den Bereichen Innovationen und technische Umrüstung, Rekonstruktion und Neubau tätig sind. Entsprechend bedrohlicher werden die Fehlentscheidungen der Regierung für die ukrainische Gesellschaft.

Die Fehler der Regierung

Ich beginne die Analyse mit der Regierung selbst. Die größte Schwachstelle ist die personale Zusammensetzung der Regierung, denn diese setzt sich nach den Regeln der parteiinternen Vetternwirtschaft zusammen. Es gibt kaum Sachkundige oder Idealisten. Ohne diese aber sind sowohl Reformen als auch eine Säuberung der Regierungsspitze von Korruption nicht möglich. Die konstituierenden Kriterien müssen hier geändert werden. Posten wie das Innen-, Finanz- und Wirtschaftsministerium sowie die Leitung der NBU sollten vom Parlament durch spezielle Mechanismen besetzt und auch wieder abgesetzt werden: Mindestens drei Kandidaten sollten im Rahmen einer Vorzugswahl gegeneinander antreten und von der Werchowna Rada gewählt werden. Besondere Anforderungen sollten auch an die Kandidaten für die Ministerposten gestellt werden – und zwar hinsichtlich Ausbildung, Berufserfahrung, Publikationen, Expertenmeinungen, einschließlich ausländischer usw.

Im Haushaltsbereich besteht eine grundlegende Fehlentscheidung der Regierung Jazenjuk darin, dass diese vor allem auf eine externe öffentliche Kreditaufnahme setzt, statt die Staatsausgaben zu kürzen, was einem echten ersten Schritt Richtung wirtschaftliche Reformen gleichkäme. Jazenjuk formuliert sogar die Kriterien für das Ausmaß und die Effektivität der Reformen in Abhängigkeit von der externen Kreditaufnahme: „Sie geben uns Kredite – das heißt, es finden Reformen statt!“ Das heißt dann wohl so viel wie: Je höher die staatliche Kreditaufnahme, desto mehr Reformen! Diese Politik hat bereits jetzt dazu geführt, dass zu Beginn des Jahres 2016 das Niveau der Auslandsverschuldung 100 Prozent des BIP erreichen könnte. Die durchschnittliche Bruttostaatsverschuldung der Entwicklungsländer beträgt im Jahr 2015 dagegen weniger als 44 Prozent des BIP. Selbst wirtschaftlich aufstrebende Länder, insbesondere die sich dynamisch entwickelnden wie Polen, die baltischen Staaten oder die Türkei verteilen sehr viel weniger Mittel aus dem Staatshaushalt um. Die Staatsausgaben der Ukraine betragen für 2015 annähernd 46-47 Prozent des BIP, was etwa 7-11 Prozentpunkte höher als in den genannten Ländern ist.

Was heißt das in der Praxis? In der Ukraine wird das Geld von denjenigen genommen, die dieses erwirtschaften – von den Unternehmen und der arbeitenden Bevölkerung – und an diejenigen verteilt, die ausschließlich konsumieren. Und an staatliche Parasiten. Viel Geld im Haushalt bedeutet viele Parasiten. Diese Politik treibt die ukrainische Wirtschaft in die Depression und verbaut ihr die Chance auf ein dynamisches Wachstum, da den Unternehmen und Menschen dieses Geld für die Entwicklung fehlt. Die inländische Ersparnis ( = inländische Investitionen, die die Schlüsselressource für Entwicklung sind) fiel 2015 auf 5-7 Prozent. In Polen beispielsweise machen die Inlandsinvestitionen dagegen 18 Prozent aus, in der überwiegenden Mehrheit der wirtschaftlich aufstrebenden Länder 15-20 Prozent. Die Inlandsinvestitionen erreichten 2007 im Übrigen ein Niveau von 22 Prozent, sie begannen erst im Zuge der globalen Finanzkrise zu fallen.

Was muss 2016 getan werden, um diesen strategischen Fehler zu korrigieren? Zunächst sollten die Staatsausgaben um etwa 10 Prozent des BIP gesenkt und auf ein Niveau von 36-37 Prozent des BIP gebracht werden. Dadurch würde man ein Haushaltsdefizit (etwa 4 Prozent des BIP) vermeiden und somit die Neuverschuldung, und das heißt die Schuldenlast auf den Haushalt und die Gefahr eines Zahlungsausfalls, reduzieren. Langfristig könnte die Steuerquote um 6 Prozent des BIP gesenkt werden. Vor allem könnte die populistisch motivierte Besteuerung von Einlagen und Immobilien zurückgenommen werden. Diese Steuern ersticken sowohl Investitionen als auch das Baugewerbe – die beide die bedeutendsten Triebfedern hinsichtlich des BIP-Wachstums darstellen. Zudem führen sie zu Kapitalflucht: entweder ins Ausland, wo die Reichen Yachten, Flugzeuge, Wohnungen und Wochenendhäuser kaufen, oder unter die Matratze, wo die ärmere Bevölkerung ihr Geld verstaut. Für mich kam der Vorschlag der Regierung, ab 2016 nicht nur auf Wohn-, sondern auch auf gewerbliche Immobilien Steuern zu erheben, einem Schock gleich, denn dies wird zu massenhaften Insolvenzen im realen Geschäft führen. Blühen und aus dem Boden wachsen werden lediglich Geschäfte „a lá“ Kurtschenko (schnell reich gewordener „Wunderknabe“ unter Janukowitsch, A.d.R), bei welchen keine Betriebsstätten, Lagerhallen oder Anlagen als Produktionsstätten, sondern lediglich ein Telefon sowie ein Koffer für Schmiergelder (diese werden nicht besteuert) als Produktionsmittel geführt werden!

Eine andere Frage betrifft die Senkung der Lohnsteuer. Welche Gesetzesänderung macht Sinn? 10 Prozent Lohnsteuer auf Mindestlöhne, 20 Prozent auf Löhne, die darüber liegen. Renten und andere Sozialleistungen werden aus dem Haushalt bezahlt. Entsprechend sollten der Pensions- sowie die anderen Sozialversicherungsfonds und mit diesen zusammen gleich sämtliche Renten- und Sozialversicherungsbeiträge abgeschafft werden. Ebenso einige Zehntausend Bürokraten. Sämtliche Sozialleistungen werden aus dem Haushalt beglichen! Übersteigt der Lohn das Zehnfache des Mindestlohnes, dann wird der überschüssige Betrag mit 15 Prozent besteuert. 5 Prozent könnten zudem in das eigene Rentenkonto eingezahlt werden, wodurch leistungsstarke Privatinvestitionen für die wirtschaftliche Entwicklung geschaffen würden. Dies käme einer echten Steuerreform gleich.

Warum schlage ich vor, die Mindestlöhne zu besteuern? Weil bei uns etwa die Hälfte des Landes Mindestlöhne erhält, um Steuern zu sparen. Der Vorschlag des Finanzministeriums, Mindestlöhne nicht zu besteuern, wird zu einem Anstieg der Schattenwirtschaft und zu Haushaltsverlusten führen (mehr als 40 Milliarden Hrywnja, etwa 1,5 Milliarden Euro). Die Mindestlöhne und Renten sollten zudem bereits zu Beginn 2016 auf 2000 Hrywnja (etwa 75 Euro) angehoben werden, um auch wirklich die Staatskassen füllen zu können.

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Der zweite Fehler des Ministerkabinetts betrifft die Tarife der Wohnungs- und Kommunalwirtschaft, die Mindestlöhne, Renten sowie die Energietarifzuschüsse für bedürftige Familien. Die Politik der Regierung beschränkt sich darauf, die Tarife der Wohnungs- und Kommunalwirtschaft so weit wie möglich anzuheben, so dass die Mehrheit der Ukrainer diese nicht mehr bezahlen kann. Gleichzeitig wird eine Maximierung der Zahl der Familien angestrebt, die Subventionen aus dem Haushalt (im Haushalt 2016 mit 34 Milliarden Hrywnja ausgegeben, etwa 1,3 Milliarden Euro) zur Begleichung ihrer Rechnungen für Gas, Wärme, Wasser, Abwasser, Strom an kommunale Dienstleister (und dies sind mehrheitlich russische und ukrainische Oligarchen) erhalten. Die Regierung ermutigt die Ukrainer regelrecht, Zweckzuwendungen anzunehmen und an die Oligarchen zu zahlen! 2015 erhalten die russischen und ukrainischen Oligarchen mindestens 10 Milliarden Hrywnja (ca. 379 Millionen Euro) aus dem Haushalt, 2016 sogar doppelt so viel! So schaut nämlich die Sozialpolitik der Regierung aus!

Warum wurde ein auf den ersten Blick dermaßen absurder Ansatz gewählt? Immerhin fördert er nicht gerade den sparsamen Umgang mit knappen Ressourcen wie Gas, Strom oder Wärme, sondern verhilft ganz im Gegenteil den Oligarchen zu immensen Überschussgewinnen. Und dies auf Kosten des Haushalts (d. h. von Menschen und ehrlichen Unternehmern, die weltweit die höchsten Steuern zahlen)! Die Lösung liegt auf der Hand. Wir müssen diese aggressiven
Korruptionsmechanismen abschaffen.

Was müsste darüber hinaus getan werden? Zunächst einmal sollte im Bereich der Wohnungs- und Kommunalwirtschaft ein grundlegend neues Tarifsystem eingeführt werden. Die Kosten all dieser Ressourcen setzen sich aus drei Komponenten zusammen. Ich werde dies beispielhaft an der Ressource Wärme erläutern. Die erste Kostenteil ist unser tatsächlicher Verbrauch. Die zweite ist auf Misswirtschaft sowie alte Produktions- und Liefertechnologien zurückzuführen. Der dritte Kostenteil ist auf den Diebstahl von Wärmeenergie durch kommunale Beamte zurückführbar. Die Tarife sollten aber so gestaltet werden, dass sie den Verbrauch decken und nicht zusätzlich die Kosten für Korruption, Misswirtschaft sowie technologischen Rückstand der Dienstleistungsunternehmen.

Nur ein transparenter und offener Wettbewerb führt zu einer Tarifsenkung im Bereich der Wohnungs- und Kommunalwirtschaft. Dort, wo ein Monopol nicht umgangen werden kann, sollte eine strenge staatliche Regulierung eingeführt werden. Zudem sollten landesweite Obergrenzen für die Gas-, Strom-, Wasser-, Heizungs- und Abwassertarife gelten, während in den Regionen Mechanismen zur Tarifsenkung eingeführt werden sollten. Konkret hieße das: Um die Bereitstellung der Dienstleistungen sollten in den verschiedenen Regionen dutzende Unternehmen konkurrieren (nicht nur die lokalen öffentlichen Versorger) und das wichtigste Auswahlkriterium sollten die Tarife sein, die so niedrig wie möglich sein sollten. So könnte zum Beispiel für die Reinigung der hausnahen Flächen eine Obergrenze von drei Hrywnja pro Quadratmeter festgesetzt werden. Den Zuschlag sollte dann das Unternehmen erhalten, das jeweils den niedrigsten Tarif anbietet, der in jedem Fall aber unter drei Hrywnja liegen muss. Einen solchen Wettbewerb gäbe es in jeder Region: in einigen würde der Tarif bei zwei Hrywnja pro Quadratmeter, in anderen Regionen bei 2,5 liegen – aber nie über drei!

Ich bin überzeugt, dass die richtige Tarifpolitik gekoppelt an Wettbewerb zu einer Reduzierung der Tarife um 25-30 Prozent führen würde. Aber das wäre nicht genug, um das beschämende Subventionierungssystem zu beseitigen, das nicht nur einen Affront gegen die Menschenwürde darstellt, sondern zudem Verschwendung fördert und die Oligarchen bereichert.

Um dies zu erreichen, schlage ich – auch wenn ich mich wiederhole – die Erhöhung der Mindestrenten und –löhne auf 2000 Hrywnja vor (dies wäre zumindest ein mehr oder weniger fairer Ausgleich für die Abwertung der Währung und die Inflation). Selbst bei einer Steuerbelastung von 10 Prozent wären das noch 1800 Hrywnja im Monat. Gleichzeitig – und das ist sehr wichtig – müssen sämtliche Sonderregelungen des Rentensystems abgeschafft werden. Das Renteneintrittsalter sollte auf 65 festgesetzt werden. Es wäre generell besser, mehr zu arbeiten und dafür länger und mit mehr Geld in der Tasche zu leben (wie in der EU), als weniger und weniger lang zu arbeiten, dafür aber früh und in Armut zu sterben (wie in der Ukraine). Zudem sollte die höchstmögliche Rente nicht mehr als das Fünffache der Mindestrente übersteigen (gegenwärtig sind wir beim Zwanzig- bis Dreißigfachen) und die höchstmögliche Beamtenbesoldung nicht das Zehnfache des Mindestlohnes übersteigen (für Führungskräfte profitabler Staatsunternehmen können Bonuszahlungen vorgesehen werden, die allerdings nicht die Zehnprozentmarke des Reingewinns des jeweiligen Unternehmens übersteigen sollte).

Für eine Übergangszeit (aber nicht mehr als für zwei Jahre) könnte die Werchowna Rada eine Sonderregelung über höhere Gehälter von 20-30 Beamten beschließen. Momentan wird ein solches Gehalt dem Leiter der neuen Polizei, den neuen Anwälten der Antikorruptionsbehörde gezahlt … Aber werden diese Gehälter zu einem dauerhaften Bestandteil des Systems, also systemimmanent, schaffen wir einen Polizeistaat. Das arme Volk einerseits und die reichen Gesetzeshüter andererseits … Die allgemeine Abhängigkeit der Gehälter von Ministern, Abgeordneten und anderen Beamten von den Mindestlöhnen und -renten bezeichne ich als Matrix der sozioökonomischen Gerechtigkeit. Diese sozioökonomische Matrix gibt den Beamten einen Stimulus zur Erhöhung der ukrainischen Mindestlöhne und -renten, während die Steuerbelastung und das System selbst, in welchem die Mehrheit der Steuern an die Mindestlöhne gekoppelt sind, nicht modifizierbar sein sollten. Sollten die Regierung und die NBU die Inflation nicht unter Kontrolle bringen, wäre eine Kopplung der Steuern an den Euro sinnvoll.

Ich garantiere ein BIP-Wachstum sowie einen Anstieg der Reallöhne von nicht weniger als 10 Prozent, wenn zusätzlich zur vorgeschlagenen Besteuerung der Löhne weitere Veränderungen im Steuersystem vorgenommen werden. Die Gewinnsteuer sollte auf 15 Prozent, die Dividendensteuer auf 10 Prozent, die Mehrwertsteuer auf 15 Prozent festgesetzt werden. Kleine Unternehmen mit einem Gewinn von weniger als einer Million Euro sollten anstelle der Ertragssteuer zwei Prozent des Einkommens zahlen, und anstelle der Mehrwertsteuer drei Prozent des Einkommens. Und dies ohne extra einen Buchhalter zu bezahlen, dafür müssten sie aber bereits ab Mitte 2016 voll auf automatisierte Registrierkassen umstellen. Die Verbrauchssteuern sollten dem EU-Durchschnitt entsprechen. Die Steuer auf Bardevisenverkäufe, Immobilien- und Autoverkäufe sowie außerbörsliche Aktienverkäufe und Verkäufe von Eigentumsrechten sollte zwei Prozent des Verkaufspreises betragen und die Besteuerung von Kapitalgewinnen ersetzen. Weitere Steuern sind verboten. Das System sollte für zehn Jahre Bestand haben und nicht veränderlich sein. Zudem sollte ein Änderungsverbot hinsichtlich des Steuersystems für zehn Jahre in der Verfassung festgeschrieben werden.

Der dritte Fehler der Regierung liegt im außenpolitischen Bereich. Hier sind massive Verluste und kolossale Pleiten zu verzeichnen. Ich fange einmal bei den ukrainisch-russischen Handelsbeziehungen an.

Das Wirtschaftsministerium zeichnet für eine vernünftige Außenwirtschaftspolitik verantwortlich. Ich habe hier viele Fragen an das Ministerium. Es ist bekannt, dass Russland seit fast zwei Jahren beinahe unseren gesamten Export blockiert. Warum ergreift die Ukraine nicht entsprechende Gegenmaßnahmen? Und vor allem: Warum kauft die Ukraine weiterhin Lebensmittel und Agrarprodukte aus Russland? Im Zeitraum von Januar bis Mai diesen Jahres wurden diese Waren für insgesamt 146,4 Millionen US-Dollar von Russland gekauft. Warum kaufen wir chemische Erzeugnisse (865,4 Millionen US-Dollar), Erzeugnisse der Leichtindustrie (21,6 Millionen), des Maschinenbaus, darunter Lada und GAZelle-Fahrzeuge und anderen Plunder (323,7 Millionen US-Dollar)? Innerhalb von fünf Monaten haben wir Russland allein hier mit 1,4 Milliarden US-Dollar unterstützt, während unser BIP um dieselbe Summe reduziert wurde! So sieht die ukrainische Wirtschaftspolitik aus. Rechnet man diese fünfmonatigen Importe aus der Russischen Föderation auf ein Jahr hoch, könnten die Verluste sogar die Summe von 3,4 Milliarden US-Dollar erreichen! Sehr geehrte Minister! Ein einfaches Einfuhrverbot von Waren aus der RF, die auch in der Ukraine produziert werden könnten, würde zu einem Anstieg des BIP um 81 Milliarden Hrywnja bzw. annähernd vier Prozent führen, so dass jene drei Milliarden US-Dollar nicht umstrukturiert werden müssten…

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Die Sanktionen seitens der Ukraine gegen Russland können nicht mehr als als deklarativ bezeichnet werden. Mit Ausnahme der krimtatarischen Initiativen zur Unterbindung der Stromversorgung der Krim. Aber dies war kein Entscheid der Regierung, die ganz im Gegenteil sogar ohne ordnungsgemäßen Vertrag die Lieferungen zu Dumpingpreisen wieder aufgenommen hat. Ehrlich gesagt scheint es eher so, dass die gesamte Staatsmaschinerie (von der Ukreximbank bis zu den Zollbehörden) zur Importunterstützung arbeitet, während die eigene Produktion und die eigenen Exporte blockiert werden. Dank einem banalem, aber äußerst starken Anreiz für diese Politik – und das sind die üblichen Bestechungsgelder ausländischer (einschließlich natürlich russischer) Lobbyisten an ukrainische Beamte…

Aber besonders desaströs ist die Regierungspolitik hinsichtlich juristischer Klagen gegen die russische Annexion der Krim und der Besetzung eines Teils des Donezbecken, gemeinsam mit dem dortigen staatlichen Eigentum. Den dadurch entstandenen Verlust schätze ich auf 20-25 Milliarden US-Dollar, plus einem jährlichen Verlust von 4-5 Milliarden Genauer: Ich schätze den Verlust der NBU auf etwa 0,5 Milliarden, von „Naftogaz“ auf etwa 1,5 Milliarden, der Oschtschadbank und Ukreximbank auf etwa 0,5 Milliarden US-Dollar. Aber ordnungsgemäß vorbereitete und ausgearbeitete Klageforderungen gegen die russische Föderation sind nicht in Sicht, geschweige denn Gerichtsverfahren. Die Haltung der Regierung, der Nationalbank sowie der Staatsunternehmen ist in dieser Hinsicht als passiv, wenn nicht sogar als kriminell zu bezeichnen! Die Führungsriege dieser Behörden unterstützt faktisch den Aggressor mit zig Milliarden Dollar! Gleichzeitig versucht die Regierung, von Russland gehaltene Schulden in Höhe von drei Milliarden US-Dollar umzustrukturieren. Die Aktivität im Zusammenhang mit diesen Schulden erstaunt mich. Lediglich die feste Haltung des IWF verlangsamt bisher diesen Prozess …

Welche Maßnahmen sollte die Regierung ergreifen? Zunächst einmal sämtlichen betroffenen Staatsunternehmen, Ministerien und Behörden die Aufgaben erteilen, entsprechende Entschädigungsforderungen gegenüber Russland angemessen vorzubereiten und vorzulegen. Und dies sollte unbedingt unter Beteiligung namhafter westlicher Kanzleien geschehen (denn ich glaube nicht an die Kompetenz und Redlichkeit unserer ukrainischen Beamten). Zudem könnten in die Einnahmeseite des Haushalts 2016 (realistischer wäre noch 2017-2018) die im Ausgleich für die Annexion unserer Territorien beschlagnahmten Vermögenswerte des russischen Staates gehen. Dann zumindest wechseln die von der RF gehaltenen Schulden in Höhe von drei Milliarden US-Dollar bereits 2016 von der Sollseite auf die Habenseite (das sind übrigens etwa vier Prozent des BIP)! Und in diesem Fall müssten die drei Milliarden nicht umstrukturiert werden.

Nicht zu vergessen ist, dass YUKOS, das bereits vorm internationalen Schiedsgericht 50 Milliarden US-Dollar von Russland erfochten hat und zum alleinigen Eigentümer sämtlicher russischen Staatsaktiva in der Ukraine (mit Ausnahme des diplomatischen Eigentums) werden könnte, als Konkurrent zu betrachten ist. Natürlich würde Russland auch vor Gericht gehen und könnte ebenso nach 3-4 Jahren gewinnen. Aber auch der Ukraine sollte nach 3-4 Jahren eine beträchtliche Summe zugesprochen werden. Nach etwa fünf Jahren könnte man die jeweiligen Forderungen gegeneinander aufrechnen.

Wie bereits erwähnt, ist nicht nur die Regierung, sondern auch die NBU für die katastrophale wirtschaftlichen Lage im Land verantwortlich.

Die NBU

Das Schlüsselproblem der NBU besteht in ihrer Insuffizienz infolge ihrer Abhängigkeitsstrukturen sowie ihrer fehlenden Erfahrung und Kompetenz. Genau deshalb ist die NBU auch nicht in der Lage, den Kurs, die Inflation sowie Kreditvergabe an Privatpersonen und Unternehmen zu kontrollieren und für Stabilität im Bankensystem zu sorgen. Die geldpolitischen Steuerungsmethoden sind primitiv: Sie stammen aus einer anderen – aus der sowjetischen – Epoche. Der Rückgang des BIP, die Inflation sowie die Währungsabwertung kann vor allem auf die Politik der NBU zurückgeführt werden. Ihr erster Fehler bestand und besteht in der Einführung von zum einen primitiv-administrativen sowie zum anderen intransparenten und nicht marktkonformen Instrumenten der Geld- und Währungspolitik.

Die Geldpolitik der NBU sollte aber an die Kontrolle von zumindest einem der drei folgenden geldpolitischen Komponenten gekoppelt sein: den Wechselkurs, die Inflation oder das Geldmengenwachstum (durch Emissionen). Entscheidet sich die NBU, den Wechselkurs nicht zu kontrollieren (und dem ist faktisch so), muss entweder die Inflation und/oder die Geldmenge kontrolliert werden. Fast alle entwickelten Länder halten die Inflation unter Kontrolle. Die Zentralbanken sind für den Preisanstieg im jeweiligen Land verantwortlich und versuchen, diesen im Bereich von Prozent zu halten. Die NBU sollte unverzüglich mit einem Inflation Targeting beginnen, ohne dessen ein floatender bzw. freier Wechselkurs unverantwortlich und unprofessionell wäre.

Die Führungsspitze der NBU sollte endlich verstehen, dass für eine vernünftige Geldpolitik ein floatender Wechselkurs an ein Inflation Targeting gekoppelt werden muss. Ohne diesen Stabilitätsanker (Inflationsziel) führt die Geldpolitik zu einem Zusammenbruch des Währungssystems, insbesondere bei unkontrollierbarer Geldmenge, wie dies gerade auch in der Ukraine geschieht! Zunächst sollte für mindestens ein Jahr ein Managed Floating des Wechselkurses implementiert werden. Erst anschließend darf der Wechselkurs freigegeben werden. Die Devisenmarktinterventionen der Zentralbank sollten okkasionell und nachvollziehbar sein, d.h. die NBU sollte einmalig bei größeren Schwankungen korrigierend in den Devisenmarkt eingreifen.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, dass ein flexibler Wechselkurs unbedingt an ein Inflation Targeting gekoppelt werden muss. Zudem empfehle ich für eine erste Phase (für einen Zeitraum von etwa einem Jahr) ein weiches Inflation Targeting, das für 2016 einem kontrolliert schwankendem Wechselkurs zwischen 20 und 28 Hrywnja/US-Dollar entsprechen sollte. Ein weiches Inflation Targeting würde eine höhere Inflationsrate (aber nicht höher als zehn Prozent) sowie einen flexiblen Rahmen für ein solches Targeting erlauben. Für 2016 sollte die NBU ein Inflationsziel von 7-10 Prozent anstreben. An dieser Stelle möchte ich nochmals betonen, dass die Zentralbank bei einem Inflation Targeting nicht vollständig die Kontrolle über den Wechselkurs verlieren würde. Die Zentralbank könnte diesen direkt (durch Devisenmarktinterventionen) und/oder indirekt (durch Kontrolle der Geldmarktsätze) unter Kontrolle halten. Zudem sollten die Geldmarktsätze 2016 bei Kredit- und Einlagengeschäften der NBU optimalerweise bei zwölf Prozent mit einer Abweichung von bis zu zwei Prozentpunkten liegen und 2017 auf fünf Prozent mit einer Abweichung von einem Prozentpunkt herabgesetzt werden, wobei die Reduzierung der Geldmarktsätze an die Reduzierung der Inflation sowie die Kursstabilisierung gekoppelt werden sollte.

Das Personal der NBU sowie der wirtschaftliche Block der Regierung muss unbedingt mit anerkannten internationalen Experten verstärkt werden. Die Banker der Zentralbank und Finanzexperten der Regierung müssen nicht nur wissen, was wann und wie zu tun ist, sondern Bewegungen auf dem Geld- und Devisenmarkt fühlen – und das ist die wahre Kunst. Man kann ein Auto nicht allein durch Anweisungen steuern lernen, erst recht nicht Mechanismen der Geld-, Kredit- und Wechselkurspolitik.

Ich bin mir sicher, dass die einfache Erfüllung dieser Empfehlungen zu einem Stopp des Hrywnjakursverfalls führen würde. Der Wechselkurs würde sich zudem bei 20-22 Hrywnja/US-Dollar einpendeln, während das BIP 2016 um 5-6 Prozent wachsen würde (auch ohne Änderung des Steuersystems).

Der zweite Fehler der NBU ist die gescheiterte Politik bei der Aufsicht der Geschäftsbanken, durch welche eine große Anzahl von Finanzinstituten in den Bankrott getrieben wurde. Zudem befindet sich mindestens die Hälfte der noch nicht bankrotten Banken am Rande der Zahlungsunfähigkeit, d.h. sie halten sich gerade so über Wasser, arbeiten aber faktisch nicht mehr wie Banken (zahlen Einlagen nicht rechtzeitig zurück, stellen keine Kredite zur Verfügung usw.).

Der massenhafte Bankrott ukrainischer Banken ist nicht nur auf ein schlechtes (unprofessionelles) Management der Geschäftsbanken und Betrügereien im Finanzsektor (mit Unterstützung der Gerichte) zurückzuführen, sondern zum Teil auch auf die unprofessionelle Geldpolitik der NBU und die Wirtschaftspolitik der Regierung. Zudem führt selbst der Bankrott kleinerer Banken nicht nur zu Verlusten bei der ukrainischen Bevölkerung, sondern auch zu Verlusten von Unternehmern, vor allem kleiner und mittlerer Unternehmer, die im Falle der Liquidierung der Bank keine Kompensationen erhalten. Aber wenn jemand (sein Geld) verliert (und das ist der Staat, der an die Anleger bis zu 200 000 Hrywnja Entschädigung zahlt, sowie reiche Anleger und Unternehmer, deren Einlagen und Guthaben schwinden), dann gewinnt auch irgendjemand. In der Finanzwelt gibt es immer ein Gleichgewicht: zwischen Schulden und Krediten, Aktiva und Passiva, Verlusten und Gewinnen. Die Vermögenswerte einer bankrotten Bank verschwinden nicht einfach, sie gehen über in die Hände von Bürokraten und Betrügern, sie werden – um es direkt auszudrücken – geplündert. Im Übrigen ist der momentan (2014-2015) am stärksten von Korruption belastete Bereich das Banken- und Finanzwesen – hier geht immerhin um 240 Milliarden Hrywnja (etwa neun Milliarden Euro), die durch die Insolvenzbehörde verschwunden sind und nichts weiter sind als gestohlene Bankaktiva. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir mindestens 200 Milliarden davon nicht wiedersehen werden. Selbst der Verlust (Diebstahl) in den staatlichen Unternehmen – 140 Milliarden Hrywnja – ist geringer.

Meine Empfehlungen sind sehr einfach. Es ist erforderlich, ein Team von Interimsverwaltungen für in Schwierigkeiten geratene Banken zu ernennen sowie Liquidatoren, die nicht durch den Einlagensicherungsfonds (Beamte und Bürokraten) bestimmt werden, sondern durch die größten Gläubiger der in Schwierigkeiten geratenen Bank. Diese werden nämlich bestrebt sein, die problematischen Aktiva der Bank sowie ihr Geld zu retten, das Bürokraten und Finanzbetrüger zu stehlen versuchen. Jede kapitalschwache bzw. zahlungsunfähige Bank sollte einen neuen Aufsichtsrat aus Vertretern der betrogenen Investoren und Unternehmen, aber auch des Staates jeweils in Abhängigkeit zum Einlagen- und Guthabenportfolio sowie den ausstehenden Steuern und bereitgestellten staatlichen Krediten (einschließlich der Refinanzierungsdarlehen der NBU und Kompensationen für die Einlagen der Bevölkerung) erhalten. Dieser Aufsichtsrat sollte auch ein Team aus Bankern und Juristen zusammenstellen, das die Bank entweder rettet (mit dem Ziel ihres späteren Verkaufs) oder ihre problematischen Aktiva erstattet. Lediglich derartige Maßnahmen verhindern den massenhaften Bankrott der Banken und die Veruntreuung von Bankguthaben.

Der dritte Fehler der NBU besteht in der vollkommenen Ignorierung, wenn nicht gar Förderung der sinkenden Kreditvergabe durch kommerzielle Banken, sowohl in Devisen (innerhalb von zehn Monaten sank die Kreditvergabe 2015 um 19,5 Prozent), als auch in Hrywnja (-5 Prozent). Leider scheinen weder Regierung noch NBU zu begreifen, dass ohne eine Kreditausweitung unser BIP nicht wachsen kann.

Wie könnte eine auf Kreditausweitung zielende Politik bei einem sich gerade noch über Wasser haltendem Bankensystem und fehlenden inländischen Ressourcen aussehen? Zum jetzigen Zeitpunkt existiert lediglich eine Kapitalquelle, mit deren Hilfe ein BIP-Wachstum angeschoben werden könnte: ausländische Investitionen und die externe Kreditaufnahme. Regierung und NBU sollten es sich zur Regel machen, nicht weniger als 30 Prozent der Devisen, die die Regierung von allen Geldgebern und vor allem der Weltbank erhalten hat, in den Interbankenmarkt fließen zu lassen. Dies würde zu einem erhöhten Dollarangebot auf dem Markt führen, was wiederum die Hrywnja stärken würde. Momentan umgehen sowohl Regierung und NBU als auch die Unternehmen den legalen, regulären Devisenmarkt. Sie arbeiten faktisch im „Schatten“.

Zwei Drittel der Devisennachfrage ist während einer Währungspanik (die aus irgendeinem Grund immer nach öffentlichen Erklärungen der NBU-Führungsspitze auftritt) auf Spekulation zurückzuführen, lediglich ein Drittel auf Importgeschäfte. Zu diesem Ergebnis bin ich nach der Analyse der Devisenkaufanträge während der Krise 2008 gekommen. Ich bin sicher, dass der Markt auch von Spekulanten beherrscht wird… Diese müssen mit transparenten Mitteln vom Markt getrennt, nicht die legalen Import- und Investitionstätigkeiten verboten und gebremst werden.

In den Jahren 1993-1996 gelang es mir während meiner Tätigkeit als Executive Director bei der EBRD (Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung) eine erste Kreditlinie in Höhe von 300 Millionen Euro für kleine und mittlere Unternehmen der Ukraine anzustoßen. Tatsächlich waren dies die ersten Devisen, die über das ukrainische Bankensystem in unseren Markt für kleine und mittlere Unternehmen flossen. Leider sind wird nun faktisch zu den 90-ger Jahren des letzten Jahrhunderts zurückgekehrt. Die vorrangige Aufgabe der Regierung besteht entsprechend darin, korrespondierende Kreditlinien unter Staatsgarantien für das um sein Überleben kämpfende ukrainische Bankensystem zu ermöglichen. Den Anfang könnten Kreditgarantien in Höhe von einer Milliarde US-Dollar, die uns die USA versprochen haben, machen. Ich empfehle den Amerikanern: Gebt dieses Geld nicht direkt der Regierung, sondern stellt dieses unter deren Garantie über das ukrainische Bankensystem ukrainischen kleinen und mittleren Unternehmen, insbesondere in problematischen Regionen (vor allem nahe der Frontlinie), zur Verfügung. Dies würde das Devisenangebot erhöhen und zudem Banken und Unternehmen unterstützen, insbesondere die kleinen.

Die oben genannten Fehler seitens der Regierung und NBU töten die ukrainische Wirtschaft schneller als jede Kugel …

„Fantastische“ Empfehlungen

Leider glaube ich nicht an die Umsetzung der folgenden eher globalen (bzw. unter den ukrainischen Bedingungen eher als fantastisch zu bezeichnenden) Empfehlungen: Die Nationalbank kündigt eine angemessene Geld- und Währungspolitik an und hält sich an diese. Analog stellt die Regierung der Öffentlichkeit die Grundpfeiler ihrer modernen Wirtschaftspolitik mit einem konkreten Plan zu Wirtschaftsreformen vor und präsentiert gleichzeitig die Namen der ukrainischen Persönlichkeiten, die diese umsetzen sollen. Warum ich daran nicht glaube? Weil unser politisches Gefüge nicht als europäisch zu bezeichnen ist. In der Ukraine existieren bis heute keine klaren Regeln und transparenten Entscheidungen, stattdessen dominieren undurchsichtige Vereinbarungen und korrumpierte schattenwirtschaftliche Bilanzen. Eine grundlegende Schwachstelle des politischen Systems liegt in der gleichzeitigen Existenz zweier miteinander konkurrierender exekutiver Kräfte. Eine konzentriert sich um den Präsidenten, die andere um den Ministerpräsidenten. Die Energie beider Lager konzentriert sich nicht auf die Beseitigung der ökonomischen Probleme und äußeren Feinde, sondern auf innere Machtkämpfe. Und das Parlament teilt sich nicht in Koalition und Opposition auf, sondern in diejenigen, die den Präsidenten unterstützen, und diejenigen, die den Ministerpräsidenten unterstützen, mit Ausnahme von ein paar kleineren Gruppierungen um einige Oligarchen und 40-50 neuen, vergleichsweise ehrlichen Abgeordneten. Dies betrifft auch direkt die verschiedenen Minister und Regierungsbeamten.

Die Lösung liegt auf der Hand: Die Ukrainer sollten im Rahmen eines Referendums entscheiden, welche der folgenden Alternativen die beste für das Land ist: Die eine entspräche dem europäischen Modell, in welchem sowohl die exekutive Gewalt als auch die Regierung vom Ministerpräsidenten geführt werden und der Präsident vom Parlament gewählt wird (Letzterer stellt dann das Gewissen der Nation dar, ist deren moralische Instanz und darf keiner Partei angehören oder irgendwelche Interessen von Unternehmen durchsetzen wollen). Die andere käme dem amerikanischen Modell gleich, in welchem der der Regierung vorstehende Präsident vom Volk gewählt wird, während das Amt des Ministerpräsidenten fehlt.

Gehen wir von den strategischen zu den taktischen Empfehlungen über, würde ich zur Installation einer „technischen Regierung“ aus erfahrenen Profis drängen. Und da ein Rücktritt des Ministerpräsidenten ohne Zusammenbruch der Koalition nicht möglich ist, würde ich dem Premierminister und Präsidenten empfehlen, dieser technischen Regierung einen technischen Vize-Ministerpräsidenten für wirtschaftliche Reformen voranzustellen, der die erforderlichen Befugnisse in Abstimmung mit dem Parlament delegiert.

Das Problem besteht darin, dass die erforderlichen Wirtschaftsreformen dutzende äußerst unpopuläre Entscheidungen im ersten Reformjahr erfordern. Hierbei geht es in erster Linie um eine Reduzierung der Beamtenzahl, insbesondere der der Präsidialverwaltung sowie des Verwaltungsapparates des Ministerkabinetts (hier sind Einsparungen von 20-30 Milliarden Hrywnja möglich). In der Werchowna Rada selbst sollte die Anzahl der Abgeordneten von 450 auf 350 gekürzt werden. Das ist aber lediglich der Anfang. Für Reformen sind ebenso eine Kürzung der Studentenzahl und staatlicher Universitäten um annähernd die Hälfte (natürlich geht es um die schlechten Institute) sowie die Beseitigung des Verwaltungsapparates vieler Akademien der Wissenschaften (Einsparungen um 10-15 Milliarden Hrywnja) erforderlich. Ebenso sollten die Mehrheit der schlechten Schulen und Krankenhäuser, insbesondere in ländlichen Gebieten, geschlossen und Verwaltungseinheiten (Dörfer, Kleinstädte) im Verhältnis 1:3 verschmolzen werden (Einsparungen von 15-20 Milliarden Hrywnja) usw.

Bereits nach einem Jahr würde das BIP und die Einkommen um 10-12 Prozent ansteigen, die Hrywnja würde gestärkt, Kredite würden günstiger und Investitionen ins Land fließen. Davon bin ich fest überzeugt, der Präsident und Premierminister allerdings allem Anschein nach nicht. Daher trauen sie sich auch nicht, etwas zu riskieren. Und das Paradoxe ist, dass es für sie ausschließlich vorteilhaft wäre, eine technische Regierung mit einem technischen Ministerpräsidenten zu ernennen. Denn sollten diese im nächsten Jahr erfolgreich sein, könnten sie die Lorbeeren ernten. Und wenn nicht, könnten sie diese Regierung zum Sündenbock machen, während sie selbst noch einige Jahre weiterregieren könnten.

11. Dezember 2015 // Alexander Sawtschenko

Quelle: Serkalo Nedeli

Übersetzerin:    — Wörter: 5069

Jahrgang 1978. Yvonne Ott hat Slavistik und Wirtschaftswissenschaften an der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg studiert. Seit 2010 arbeitet sie als freie .

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