"Unsere Ukraine" beginnt sich auf vorgezogene Wahlen einzustellen
“Unsere Ukraine” hat aktiv mit den Vorbereitungen für außerordentliche Parlamentswahlen begonnen. Den Ergebnissen des Treffens der Leitung der Partei mit Präsident Wiktor Juschtschenko nach, gingen die Mitglieder von “Unsere Ukraine” mit der Meinung auseinander, dass die Koalition mit dem Block Julia Timoschenko nicht wiederbelebt wird. Im Falle der eigenständigen Teilnahme an den Wahlen ist “Unsere Ukraine” mit einem Personalproblem konfrontiert; von den ersten Fünf (der letzten Wahl) könnte nur Wjatscheslaw Kirilenko in der Liste übrig bleiben.
Am Montag fand ein Treffen des Präsidenten Wiktor Juschtschenko mit dem Vorstand der Partei “Unsere Ukraine” (UU) und den Leitern der regionalen Organisationen statt. Den Informationen von Teilnehmern des Treffens nach, wurden dabei drei mögliche Szenarien der weiteren Entwicklung der politischen Situation diskutiert: eine Rückkehr zum Format der demokratischen Koalition mit den Fraktionen Block Julia Timoschenko (BJuT) und “Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung” (UUNS), der Übergang in die Opposition bei einer Koalition von BJuT und der Partei der Regionen, die Teilnahme an außerordentlichen Wahlen.
“Wir haben alle möglichen Szenarien durchdiskutiert. Redeten von außerordentlichen Parlamentswahlen und darüber, dass die Partei auf diese vorbereitet sein sollte. Wir vermuten, dass die wahrscheinlichste Variante die ist, bei der BJuT eine Koalition mit der Partei der Regionen bildet.”, sagte dem “Kommersant-Ukraine“ die Parlamentsabgeordnete Xenia Ljapina (UUNS)
Dabei teilte einer der Mitglieder von UU dem “Kommersant-Ukraine“ inoffiziell mit, dass unter Einbeziehung einer möglichen Mehrheitsbildung, bei der kein Platz für UUNS ist, die Partei “Unsere Ukraine” aktive Vorbereitungen auf vorgezogene Parlamentswahlen trifft. “Wiktor Juschtschenko diskutierte mit den Mitgliedern der Partei die weitere Koordination der Maßnahmen innerhalb der Präsidentenmannschaft.”, erklärte der Gesprächspartner. Bestätigung dessen, dass UU dieses Szenario ausgewählt hat, ist vor allem die Aktivierung der regionalen Parteiorganisationen.
Bereits jetzt kann man behaupten, dass der Wahlblock in dem Format, zu dem “Unsere Ukraine” an den vorgezogenen Wahlen 2007, dabei 14,5% erlangend, teilgenommen hatte, an diesen Wahlen nicht teilnehmen kann. Zeugnis davon legen die ersten Fünf des Blockes “Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung” ab. Erneut in die Liste von UU kann lediglich der Vorsitzende der Partei Wjatscheslaw Kirilenko (damals #2) gelangen.
Wie bekannt ist, hatte der Vorsitzende der “Nationalen Selbstverteidigung”, der jetzige Leiter des Innenministeriums Jurij Luzenko, den ersten Listenplatz inne. Vertreter der “Selbstverteidigung” erklärten gestern dem “Kommersant-Ukraine“, dass im Falle von vorgezogenen Wahlen, die “Nationale Selbstverteidigung” nicht die Absicht hat mit “Unsere Ukraine” in einem Block anzutreten. “Ich denke, dass es ein solches Format nicht geben wird. Die ‘Selbstverteidigung’ und ihrer Spitzenkräfte haben zuviel Porzellan im Block zerschlagen, besonders in der letzten Woche. Die schroffen Wendungen und Erklärungen des Vorsitzenden der ‘Selbstverteidigung’ haben für einen großen Teil von der ‘Selbstverteidigung’ den Weg zu Wahlen gemeinsam mit ‘Unserer Ukraine’ abgeschnitten.’”, denkt Taras Stezkiw einer der Führer der “Nationalen Selbstverteidigung”.
Bei der “Nationalen Selbstverteidigung” gibt man zu, dass es keinen Sinn macht eigenständig an Wahlen teilzunehmen. “Das ist ausgeschlossen. Die ‘Selbstverteidigung’ hat praktisch vollständig ihr Rating und ihr Image beerdigt. Ihr Verhalten wirkt so, dass sie heute weder eine Wählerunterstützung noch eine Wählernische besitzt. Daher wäre eine eigenständige Teilnahme der Selbstmord für die ‘Nationale Selbstverteidigung’; das muss ich, mit großem Bedauern, zugeben.”, sagte dem “Kommersant-Ukraine“ Stezkiw. Optimal für die “Nationale Selbstverteidigung” wäre ein Wahlblock mit BJuT. “Ja, wahrscheinlich werden wir uns tatsächlich Julia Timoschenko anschließen. In jedem Fall schließe ich eine solche Möglichkeit nicht aus.”, erklärte dem “Kommersant-Ukraine“ ein hochgestellter Informant bei der “Selbstverteidigung”.
Bei BJuT kann man bislang nicht eindeutig auf die Frage antworten, ob sie bereit sind die “Selbstverteidigung” in ihre Reihen aufzunehmen. “Sie (die ‘Selbstverteidigung’) sprechen ihr Interesse aus: für sie ist die Vereinigung mit BJuT die Garantie – im Falle vorgezogener Wahlen – mit hohen Prozenten in das Parlament zu gelangen.”, ist sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende von BJuT, Oleg Bilorus, sicher.
Was den Vorsitzenden der Werchowna Rada, Arsenij Jazenjuk, betrifft, der an dritter Stelle in der Liste von UUNS antrat, so verbrachte er letzte Woche, den Informationen des “Kommersant-Ukraine nach, mit aktiven Verhandlungen über seine politische Zukunft. Informanten bei “Unserer Ukraine” bestätigen, dass Präsident Wiktor Juschtschenko von Wjatscheslaw Kirilenko forderte, maximale Anstrengungen dafür zu unternehmen, dass der momentane Parlamentssprecher auf der Liste bleibt. Derweil erklären die Informationsgeber, dass Jazenjuk sich kategorisch weigert in den Bestand von “Unsere Ukraine” einzugehen und ernsthaft über die Bildung eines eigenen politischen Projektes nachdenkt. Mehr noch, wie dem “*Kommersant-Ukraine“ bekannt wurde, hat er in dieser Richtung bereits die ersten Schritte unternommen.
Glaubwürdigen Informationen nach, redete Jazenjuk bereits mit dem Geschäftsmann Rinat Achmetow, der seine Bereitschaft sowohl in finanzieller, als auch in “informationeller” Art, bei der Gründung einer eigenen Partei des Parlamentssprechers zu helfen, erklärt hat. Dabei hat Achmetow angeblich eine Bedingung gestellt: die zweite Person auf der Parteiliste soll die Sekretärin des Rates für Nationale Sicherheit und Verteidigung, Raissa Bogatyrjowa, werden, die vor kurzem die Partei der Regionen mit einem Skandal verlassen hat. Bleibt anzumerken, dass gemäß den Gesetzen, die Partei nicht eigenständig an den Wahlen teilnehmen kann und Jazenjuk muss entweder eine bereits existierende Partei anführen oder einen Wahlblock gründen, wie es seinerzeit Jurij Luzenko mit der “Nationalen Selbstverteidigung” getan hatte.
Der Mitstreiter und enge Freund von Achmetow, Boris Kolesnikow, erklärte gestern dem “Kommersant-Ukraine“, dass ihm nichts bekannt ist von solchen Verhandlungen: “Ich habe mit Rinat Achmetow zwar fünf Tage nicht mehr geredet. Ich denke (aber), dass es ein Gerücht ist.”
Über ein eigenes politisches Projekt denkt auch Anatolij Grizenko (#4) nach. Der “Kommersant-Ukraine“ erinnert daran, dass Grizenko früher verkündet hatte, dass er an der Bildung einer politischen Kraft arbeitet, “welche der Gesellschaft neue Ansätze zur Errichtung eines starken und unabhängigen ukrainischen Staates vorschlagen würde”. “Mit scheint, dass es Problem bei der Bildung eines Blockes UUNS gibt. Ich denke nicht, dass es einen solchen Block geben wird. Und ich werde dementsprechend nicht zu den Spitzenkandidaten gehören.”, versicherte Grizenko dem “Kommersant-Ukraine“ und fügte hinzu, dass er bislang über vorgezogene Wahlen nicht nachgedacht hat und wird “diese Kopfschmerzen bei ihrem Auftauchen lösen”.
Über eine eigene Partei verfügt bereits die Nummer Fünf des Blockes UUNS, Nikolaj Katerintschuk. Seinen Worten nach, ist eine Union mit “Unsere Ukraine” möglich, doch nur wenn er die Einladung persönlich von Präsident Wiktor Juschtschenko erhält. Katerintschuk erinnerte daran, dass er bereits bei der Gründung des Blockes UUNS im Jahre 2007 “am Ruder war”. “Im Moment der Durchführung des Kongresses und der Abstimmung der Quoten, hatten Luzenko und der Präsident aus irgendeinem Grund entschieden, dass ich als einziger aus der Europäischen Partei gehen soll, obgleich es komplett andere Abmachungen gab.”, beklagte sich der Abgeordnete. Er erzählte gleichfalls, dass seine politische Kraft bereits begonnen hat, über das zukünftige Format der Wahlteilnahme zu reden: “Am 8. September haben wir einen Parteirat durchgeführt, bei dem wir die Entscheidung über eine mögliche eigenständige Teilnahme an Wahlen getroffen haben. Gleichzeitig haben wir eine Arbeitsgruppe von so genannten Unterhändlern gegründet, deren Aufgabe es ist, nach Ablauf der zehntägigen Frist und der Einstellung der Tätigkeit der Koalition Verhandlungen mit allen politischen Kräften, außer der Kommunistischen Partei, der Partei der Regionen, der Progressiven Sozialistischen Partei und der Sozialistischen Partei zu führen.”
“Unsere Ukraine” möchte nicht auf die alten Vertreter des Blockes verzichten und zur Aufnahme neuer ist man bislang nicht bereit. Am 3. September, das Treffen mit den Abgeordneten von UUNS beendend (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 4. September), teilte der Präsident mit, dass “das nächste Treffen den Fragen des ‘Jedinyj Zentr/Einigen Zentrums’ gewidmet sein wird.” Den Informationen des “Kommersant-Ukraine“ nach, kehrte er am 8. September zu diesem Thema zurück, erklärend, dass er eine Partei, wie “Jedinyj Zentr”, nicht anerkennt und dass “Unsere Ukraine” zu den vorgezogenen Wahlen nur in vereinigter Form antritt. Eine Einigung, die unbedingt um “Unsere Ukraine” stattfinden soll. “Der Präsident hat erklärt, dass eine solche Partei, wie ‘Jedinyj Zentr’, nicht existiert.”, sagte dem “Kommersant-Ukraine“ ein Informant bei UU. “Er (Wiktor Juschtschenko) kritisiert tatsächlich ‘Jedinyj Zentr’”, bestätigte der Abgeordnete Alexander Tretjakow.
Gleichzeitig nennt man bei “Jedinyj Zentr” die Gespräche über die Auflösung der Partei “schwarze PR/tschornyj piar” der politischen Gegner in Verbindung mit “dem Erfolg von ‘Jedinyj Zentr’”. “In diesem Kontext sehe ich die Erklärungen einzelner Parlamentsabgeordneter, über angeblich existierende Wünsche des Präsidenten eine neue politische Kraft zu formieren.”, heißt es in der Erklärung des Sekretariatsleiters von “Jedinyj Zentr”, Wladimir Schumilkin.
Quelle: Kommersant-Ukraine