Vergabe digitaler Fernsehfrequenzen endet mit Skandal
Die Vergabe von Lizenzen für das digitale Fernsehen in der Ukraine endete mit einem Skandal. Die besten Positionen erhielten den Ergebnissen des Wettbewerbes nach die „Inter“ Gruppe, die mit Dmitrij Firtasch in Verbindung gebracht wird, und die „Ukraina“ Gruppe von Rinat Achmetow. Die „1+1“ Gruppe von Igor Kolomojskij und StarLightMedia von Wiktor Pintschuk behielten ihre derzeitigen Positionen bei. Und eine Reihe kleinerer Sender, einschließlich TVi, erhielt keine Frequenzen – diese fielen einigen wenig bekannten Unternehmen zu.
Von den Ergebnissen der Frequenzverteilung hängt die Zukunft der Entwicklung der ukrainischen Fernsehsender ab; bis zum Jahr 2015 werden die analogen Signale nach dem internationalen Abkommen „Genf 2006“ im Land abgeschalten werden. Derzeit gibt es in der Ukraine 16 landesweite Sender über Antenne. Nach dem Übergang zur digitalen Ausstrahlung werden dies 28 sein, doch wurden von doppelt so vielen Anträge auf den Erhalt von Frequenzen gestellt – 59.
Der Wettbewerb zur Ausgabe von landesweiten Frequenzen wurde vom Nationalen Rat zu Fragen des Rund- und Fernsehfunks vom 15. – 18. August durchgeführt. Gestern sollte der Rat die Verteilung der regionalen Lizenzen abschließen, doch die Ergebnisse wurden nicht bekannt gegeben. Die größte Anzahl an Frequenzen – fast ein Drittel der gesamten Ressourcen – erhielt die „Inter“ Gruppe, die mit dem Geschäftsmann Dmitrij Firtasch in Verbindung gebracht wird. Der Rundfunkrat kam den Anträgen aller acht in Betrieb befindlichen Sender der Gruppe nach, einschließlich derjenigen, die bislang nur per Kabel oder Satellit zugänglich waren – MTV, K2, „Mega“, „Enter-Music“ und „Enter-Film“. „Ich kann lediglich vermuten, dass den Rundfunkrat unsere Programmkonzeption und die Gewinnkalkulationen zufrieden gestellt haben“, sagte der Generalproduzent von „Enter-Music“, Jurij Moltschanow. Der Rundfunkrat zeigte sich auch den Anträgen von „Ukraina“ Rinat Achmetows zugeneigt; die Gruppe erhielt drei Lizenzen (die Sender „Ukraina“, „Kinototschka“ und „NLO-TB“), obgleich derzeit zur Gruppe nur zwei Sender gehören – „Ukraina“ und „Futbol“.
Die geäußerten Ambitionen der Gruppen waren noch größer. Anfänglich reichte „Ukraina“ fünf Anträge und „Inter“ zwölf ein, dabei war die Gründung weiterer vier thematischer Sender geplant. Bei „Inter“ verbarg man am Vorabend des Wettbewerbes nicht, dass man über den Übergang zur Digitalisierung damit rechnete die eigenen Positionen zu festigen. „Unsere Strategie ist eine maximale Zuschauerabdeckung. Zuerst bemühen wir uns Positionen zu besetzen und bereits danach werden wir die Sender ausbauen“, sagte der Stellvertreter des Vorstandsvorsitzenden von „Inter“, Sergej Amelitschew.
Zwei andere große Mediaholdings – die StarLightMedia (SLM) von Wiktor Pintschuk und „1+1“ von Igor Kolomojskij – vermochten es die Zahl der landesweiten Sender auf dem alten Niveau beizubehalten. SLM erhielt Lizenzen für den „Nowyj Kanal“, STB, M1 und ICTV, doch schafften sie es nicht eine Lizenz für den Nischensender Q-TV zu erhalten. „SLM reichte Anträge für vier Hauptsender ein, derer sie sicher war und erhielt sie“, sagte der Generaldirektor der Sender M1 und M2, Walentin Kowal. Seiner Meinung nach ist es seltsam, dass eine derart maßgebliche Gruppe, wie „1+1“, nur insgesamt zwei Lizenzen erhalten hat – auf landesweiten Frequenzen werden die Sender „1+1“ und TET senden und „2+2“ und „UNIAN-TV“ haben keine Lizenzen erhalten. Der Generaldirektor der „1+1“ Gruppe, Alexander Tkatschenko, verzichtete auf Kommentare.
Ein Teil der Unternehmen, die keine Lizenzen erhalten hat, beabsichtigt die Ergebnisse des Wettbewerbs anzufechten. „Auf der Sitzung hatte das Mitglied des Rates, Nikolaj Fartuschnyj, erklärt, dass TVi keine Frequenzen aufgrund des öffentlichen Konflikts mit dem Regulierer erhalten hat. Wir halten die Handlungen des Rundfunkrates für ungesetzlich“, sagt der Generaldirektor von TVi (dem Sender wurden drei Lizenzanträge abgewiesen), Nikolaj Knjashizkij.
Die Rede geht vom Konflikt es Senders mit dem Rundfunkrat um die Verteilung von Fernsehfrequenzen im Jahre 2010. Damals hatte der Rundfunkrat dem Sender 33 Frequenzen zugeteilt und danach seine Entscheidung zurückgenommen und diese Frequenzen „Inter“ übergeben (das letzte Mal berichtete der “Kommersant-Ukraine” darüber am 27. Januar). Das Fehlen von digitalen Frequenzen übt direkten Einfluss auf das Geschäft von TVi aus, sagt Nikolaj Knjashizkij. Seinen Worten nach wird das Unternehmen gezwungen sein die Ausgaben für Inhalte zu kürzen.
Mit der Einführung digitaler Sendungen tauchen auf dem Markt neue Spieler auf. Sieben Lizenzen erhielten Unternehmen, die kurz vor deren Verteilung gegründet wurden. Beispielsweise ist der einzige Sportsender, der eine digitale Frequenz erhielt, „Hockey“ (vom Unternehmen „Totweld???“). Dessen Gründer ist der Eishockeyverein „Donbass“, den im letzten Jahr Vizepremier Boris Kolessnikow erworben hatte. Eine weitere Lizenz erhielt der Sender „Goldberry“, dessen Eigentümer nach eigenem Bekunden der Parlamentsabgeordnete der Partei der Regionen Eduard Prutnik ist, der seinerzeit den Sender NTN gründete. Gemäß der Präsentation des Senders wird er auf den landesweiten Frequenzen über das Leben in Europa, die Mode und Reisen berichten. Eine weitere Lizenz gewährte der Rat dem Sender „Bank-TV“, dem offiziellen Informationsmedium der Zentralbank.
Damit könnte das Auftauchen neuer Sender im Markt nicht abgeschlossen sein. Gestern wurde beim Rundfunkrat die Frage der Verteilung regionaler Frequenzen geprüft und zum Stand 21:00 Uhr antwortete man nicht auf Telefonanrufe. Doch auf der Grundlage der vorher getroffenen Entscheidungen ist offensichtlich, dass in der Ukraine ein weiterer landesweiter Spieler geschaffen wird. Ein großer Teil der regionalen Lizenzen erhielten die wenig bekannten Unternehmen „Partner-TV“, „Nowyj Format TV“, „TV Wybor“, „Ariadna TV“ und „Leader TV“. Dabei überschneiden sich die Top-Manager und Gründer der Unternehmen: Direktor von „Partner TV“ ist Jurij Fedorenko und er ist ebenfalls Gründer von „Nowyj Format TV“. „TV Wybor“ wird von Alexander Andrijaschtschenko geführt, der „Ariadna TV“ gründete und „Leader TV“ leitet Jurij Pusirenko, der seinerseits Gründer und Eigentümer von „Partner TV“ ist. Drei von fünf Unternehmen haben ebenfalls einen einheitlichen Gründer – Witalij Morosow.
Ein bedeutende Zahl von Lizenzen erhielt auch der Fernsehsender UBR, der zur ESGroup gehört (Leiter ist Jurij Kaplunjenko, Ehemann der Ersten Stellvertreterin des Vorsitzenden des Rundfunkrates, Oxana Golowatenko). Landesweite Frequenzen wurden dem Sender verwehrt, doch dafür gab man ihm 11 von 28 Oblastzentren, darunter Kiew. „Wir waren uns zu 99 Prozent sicher, dass man uns keine landesweite Ausstrahlung gibt“, sagt der Marketingdirektor des Senders, Michail Irtlatsch. „Doch sind wir im Ganzen zufrieden mit den Ergebnissen des Wettbewerbes. Nach zehn Jahren Tätigkeit im Markt haben wir unseren Sendebereich ausgeweitet. Schade ist nur, dass wir Donezk und Dnepropetrowsk nicht abbekommen haben“.
Übrigens hält man die Ergebnisse des Wettbewerbes beim Rundfunkrat für fair. „Der Sender ‘Hockey’ bringt nicht nur Eishockey, sondern Sport allgemein“, kommentierte die Erste Stellvertreterin des Rundfunkratsvorsitzenden, Oxana Golowatenko, die Vergabe. Ihrer Meinung nach ist das Auftauchen des Senders „MTV-Ukraina“ im landesweiten Netz ebenfalls gerechtfertigt – er ist eher ein Jungendsender, als ein Musiksender (es gibt bereits drei Musiksender). „Möglich ist, dass diese Sender dem Rundfunkrat einen guten Businessplan vorgelegt haben oder versprachen das Programmkonzept zukünftig zu ändern oder den Besitzer zu wechseln“, vermutet Walentin Kowal.
Marija Popowa
Quelle: Kommersant-Ukraine