Wie man sich mit Wladimir Putin verständigen kann
Mit der Vorbereitung des Treffens von Petro Poroschenko mit Wladimir Putin beschäftigt man sich gerade sowohl in der EU als auch in der Zollunion Russland-Belarus-Kasachstan. Der aus dem Amt scheidende Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso schlägt den beiden Präsidenten vor, er selbst könne beim Treffen auch teilnehmen. Der Präsident von Belarus Alexander Lukaschenko will den ukrainischen Präsidenten zum Treffen der Staatschefs der Zollunion-Mitgliedstaaten einladen, an der selbstverständlich auch Putin teilnimmt.
Sowohl das europäische als auch das „eurasische“ Interesse ist verständlich. Die EU will aufrichtig die Beendigung des Krieges in der Ukraine herbeiführen und hofft, dass die Rückkehr zum Frieden den Übergang zu einer Lösung der Fragen ermöglicht, welche sich als reale Hindernisse auf dem Weg der Zusammenarbeit zwischen den EU-Ländern und Russland erwiesen. Die wirtschaftliche Auseinandersetzung, die nach der Krim-Besetzung anfingen und nach dem Absturz der südkoreanischen [eigentlich malayischen, Anm. d. Übers.] Boeing in die heiße Phase übergingen, schädigt nicht nur Russland. Es ist klar, dass die europäische Wirtschaft sowohl die eigenen Sanktionen, als auch die russischen Gegensanktionen überstehen wird. Die Frage ist nun aber, warum man dies über sich ergehen lassen muss, wenn man sich verständigen könnte.
Die Staatschefs der „Eurasischen Union“ haben auch ein eigenes Interesse. Sie sehen, dass die russische Führung anfängt, ohne jegliche Konsultationen mit Belarus und Kasachstan Entscheidungen zu treffen, die den Wirtschaften dieser Länder Schaden zufügen. Und sie sind an der Einstellung einer Zusammenarbeit mit der Ukraine, welche schon bald zum Ziel der russischen Außenpolitik werden könnte, überhaupt nicht interessiert.
Lukaschenko und Nasarbajew hoffen, dass sie Putin zu etwas, was an einen Dialog mit Poroschenko erinnern würde, zwingen können und rechnen mit einem Kompromiss, der es ihnen ermöglicht, keine Entscheidungen zu treffen, die zu einer Selbstisolation führen. Aber auch Petro Poroschenko könnte vielleicht an einem Dialog mit dem russischen Präsidenten interessiert sein: Als geborener Diplomat ist er heimlich davon überzeugt, dass er über ausreichende Fähigkeiten verfügt, eine Lösung zu finden, die Moskau eindeutig zeigen könnte, dass Kiew keine hinterhältigen Pläne gegen den Kreml schmiedet, und dass sich neue Beziehungen ausbauen lassen können, die auf einem gegenseitigen Respekt der Partner füreinander beruhen. Denkbar ist auch, dass solche Beziehungen die Möglichkeit eröffnen könnten, einen Dialog zum Status der Krim in die Wege zu leiten – und nicht nur über das Donezbecken, die Gaslieferungen und wirtschaftliche Probleme.
Ich sage aber gleich: All diese Hoffnungen sind vergeblich.
Keiner kann mit Wladimir Putin Absprachen treffen, weil Putin guten Glaubens ist, er handle absolut richtig und alle anderen betrügen ihn einfach nur. Es gibt keine Probleme in einer Verständigung mit Russland, überhaupt keine.
Man muss sich einfach nur an gewisse Regeln halten, also an die Regeln, die Russland vorgibt. Die Ukrainer sollen hinnehmen, dass sie Faschisten sind und die Krim russisch ist. Die Faschisten soll man loswerden – zumindest soll man die „Junta“ zu Fall bringen und jene in Führungspositionen bringen, die vom Kreml benannt werden. Die Europäer sollen aufhören, nach amerikanischer Pfeife zu tanzen und akzeptieren, dass der postsowjetische Raum eine russische Einflusszone ist und sie sich hier mit Assoziierungsabkommen und Schwulenparaden nicht einzumischen haben.
Die Amerikaner sollen begreifen, dass die Welt multipolar ist und Russland gleich stark ist, wie die USA. Und wenn sich Russland in Lateinamerika nicht einmischt und Präsidenten, die dort von Washington bestellt wurden, nicht wechselt, so sollen auch die USA nicht ihre Nase in die Ukraine oder sonstwohin in Russlands Nähe stecken und dort die Präsidenten in Frieden lassen, die Moskau für geeignet hält. Und sobald alle dies nachvollziehen und akzeptieren, wird alles in Ordnung sein. So, wie früher.
Sie werden sagen, dass das Paranoia ist. Und Barroso wird dasselbe sagen. Genauso wie Obama. Und Merkel. Und Poroschenko. Und unter uns gesagt, sogar Lukaschenko und Nasarbajew werden dasselbe sagen, denn sie wissen, dass die Welt anders ist. Aber genauso sieht das Weltbild in Putins Augen und in Augen seines näheren Kreises aus. Und wenn man damit rechnet, dass sie die Welt anders sehen können, so zeigt man sich absolut naiv. Leute, die die Welt aus realistischer Perspektive sehen können, wurden in den letzten 15 Jahren von der russischen Führungsspitze gezielt ausgestoßen. Jetzt bleiben dort nur diejenigen, die so denken, wie oben beschrieben. Ich bitte all die um Entschuldigung, die glauben, dass ich dies erfunden oder kalkuliert hatte. Das sind einfach Informationen – und es ist dem Leser überlassen, das zu glauben, oder nicht.
Deswegen kann man sich mit Wladimir Putin so oft wie möglich treffen, solche Treffen ändern aber nichts, und schon gar nicht die russische Politik. Weder Barroso, noch Obama, noch Merkel oder Lukaschenko können helfen.
Putin wird dem Hund den Schwanz stückweise abhauen, solange ihm die Kräfte reichen, nur deswegen, weil ihm diese Beschäftigung gefällt und er nichts anderes kann. Und weil auch niemand um ihn herum zu etwas Anderem fähig ist, außer Medwedew, der dazu vielleicht noch gelernt hat, wie man die Schwanzstücke mit dem iPad fotografiert.
Wenn Sie denen sagen, dass das Abschneiden des Schwanzes von jemandem dem Folterer selbst Kräfte entzieht, werden sie Ihnen nicht glauben, denn sie haben keinen blassen Schimmer von Politik, Wirtschaft und Geschichte. Außerdem, und man sollte das verstehen, wirkt der Anblick von Blut erregend auf sie.
Noch ein Problem ist die Denkweise der russischen Elite, die es nicht glauben kann, dass prinzipielle Entscheidungen, wie etwa „Die Krim gehört uns“, „Neurussland“, Sanktionen, usw., man nicht ausgehend von einer Strategie, sondern nur einfach aus Dummheit trifft; dass hinter diesen Entscheidungen allein die infantile Sichtweise steht, die hier beschrieben wurde. Und es ist auch begreifbar: Wenn man ein erwachsener und nicht dummer Milliardär ist, kann man nur schwer glauben, dass für deine Zukunft und die Zukunft deines Landes (und auch die deiner Milliarden) Nervenschwache mit der Denkweise von rebellierenden Jugendlichen verantwortlich sind.
Also ist es die Hauptaufgabe von Barroso und Poroschenko und Obama mit Merkel und nun sogar von Lukaschenko mit Nasarbajew, zu erreichen, dass diese Milliardäre dies endlich begreifen.
Und wenn sie dies verstehen, kann man relativ schnell alle notwendigen Lösungen finden und alles wird im Großen und Ganzen gut sein, allerdings nicht wie zuvor.
17. August 2014 // Witalij Portnikow
Quelle: Lewyj Bereg