Für die Wirtschaft ist Korruption nicht das Hauptproblem. Es gibt größere Probleme ...


Bei uns lieben alle Politiker, und besonders ausländische Experten, die Korruption zu bekämpfen. Alle erzählen wie in einer Zusammenstellung, wie die ukrainischen Unternehmen unter der Korruption leiden. Sie beschließen eine endlose Zahl an unverständlichen und sinnlosen Gesetzen zur Bekämpfung der Korruption. Sie schaffen verschiedene zweifelhafte Strukturen, die sie schlussendlich besiegen sollen. Die ganze Zeit bringen sie Indikatoren unklarer ausländischer Ratings an, in denen die Ukraine beim Korruptionsniveau beinahe den ersten Platz in der Welt belegt. Dabei möchte niemand fragen, oder fragt speziell nicht, was die Geschäftsleute selbst über die Korruption denken. Doch wie seltsam oder überraschend das auch unseren Kämpfern mit der Korruption erscheinen mag. Die Antwort auf ihren Kampf findet sich auf der Seite der Zentralbank, in denen die Umfragedaten unter Unternehmensführern im zweiten Quartal 2015 angeführt wurden und in der folgende logische Frage gestellt wurde: «Was hindert die Unternehmen an der Ausweitung ihrer Produktion?»

Die Antworten erwiesen sich mehr als unerwartet. Tatsächlich hoben die Unternehmer auch das Problem der Korruption hervor, doch in der Rangliste nahm das Problem der Korruption nur den achten von zwölf Problemen der Unternehmen ein. Nur 18 Prozent der Befragten sagten, dass die Korruption sie daran hindert, ihr Geschäft zu entwickeln. Niemand bestreitet, dass Korruption in der Ukraine existiert und sie tatsächlich das Geschäft stört. Doch man braucht sie nicht als Hauptproblem anzusehen. Sie ist eher eine gewöhnliche Erscheinung bei jedem Geschäft und in jedem Land. Und wie deutsche oder amerikanische Geschäftsmänner es lernten leicht die Probleme mit der deutschen oder amerikanischen Korruption zu lösen, so vermögen unsere Geschäftsmänner es auch mit minimalen Verlusten zu machen. Fraglos ist nichts Gutes dabei, dass sie existiert und die Wirtschaft daran hindert, normal zu funktionieren. Doch die Korruption auszurotten klappte nicht einmal in den USA oder der EU, sie schafften es nur diese in einen zivilen Rahmen zu stellen, wie es heißt, «sie nahmen gemäß ihrem Rang» und wurden nicht sehr frech dabei. Eben in diese Richtung der Transformation der Korruption zu europäischen Standards müssen sich unsere Reformatoren bewegen. Doch vor allem wäre es angebracht die ernsteren Probleme zu lösen, die unsere Unternehmen stören normal zu funktionieren und sich zu entwickeln.

Ukrainische Geschäftsleute meinen den Ergebnissen des 2. Quartals 2015 nach, dass das Hauptproblem für die Unternehmen die «instabile politische Situation» ist. Diesen Faktor nannten mehr als 55 Prozent der befragten Unternehmer als hauptsächlichen. Und hier ist eine Aufgabe für den Präsidenten der Ukraine, die Werchowna Rada und die Regierung die endlosen politischen Spiele und Intrigen zu beenden. Bereits bald ist der zweite Jahrestag, an dem der Maidan beendet wurde und man muss die politischen Schlachten beenden, die den Unternehmen keine Ruhe geben. Die Ukraine und das ukrainische Volk sind müde von diesem politischen Rummel und der Show, die unsere Staatsmacht so liebt. Es ist Zeit damit aufzuhören, solange das Volk nicht sagt: «Der Wachhabende ist müde» (Anspielung auf das Ende der Allrussischen konstituierenden Versammlung 1918, A.d.Ü.).

Das zweitwichtigste Problem der Wirtschaft, was sie an einer normalen Entwicklung hindert, ist der instabile Kurs der Hrywnja, der 55 Prozent der Befragten beunruhigt. Die Zentralbank hat einen großen Fehler begangen, als sie dem Rat des Internationalen Währungsfonds folgte und den Hrywnja-Kurs freigab. Und jetzt, auch wenn der Hrywnja-Kurs künstlich fixiert wurde, glaubt die Wirtschaft nicht daran, fürchtet, dass diese Fixierung nicht von Dauer ist. Die Zentralbank muss mit ihren Handlungen zeigen und beweisen, dass der Hrywnja-Kurs in der Ukraine jetzt nur noch fixiert sein wird. Es wäre überhaupt gut, auf die sinnlosen Ratschläge des IWF zu verzichten und gesetzlich den fixierten Kurs der Hrywnja festzulegen. Das würde tatsächlich gut auf das Geschäft und die Wirtschaft der Ukraine wirken.

Das dritte Problem für die Unternehmen sind die hohen Preise für Energieträger, das meinen 50 Prozent der Befragten. Die Regierung Arsenij Jazenjuk hat anstelle einer Reform des Energiesystems der Ukraine und der Liquidierung der Monopole, wie es das Assoziierungsabkommen mit der EU verlangt, einfach ungerechtfertigte überhöhte Monopolpreise für Energieressourcen festgelegt. Im Ergebnis erwiesen sich die Preise für die Unternehmen als sehr hoch und das bringt sie einfach um und macht sie unrentabel. Mit seiner grundlosen Erhöhung der Energietarife möchte Jazenjuk die Haushaltseinnahmen erhöhen und erhält stattdessen den Zerfall der Wirtschaft, die Schließung von Geschäften und einen Fall der Einnahmen des Staatshaushaltes und keinen Anstieg.

Andere Probleme, die die Unternehmen am normalen Funktionieren hindern, sind die «hohen Preise für Rohstoffe und Materialien», was 47 Prozent der befragten Geschäftsmänner meinen; das Problem des «niedrigen Absatzes der Produktion» im Ergebnis des Einfrierens der Renten und Löhne in der Ukraine auf Anweisung des IWFs hin, halten etwa 36 Prozent der Befragten für ein Problem; die «Unmöglichkeit einen Kredit zu erhalten», als Ergebnis dessen, dass die Zentralbank mit ihren Handlungen der Einführung zeitweiliger Administrationen (in Banken) das Bankensystem zerstörte, halten 31 Prozent für ein Problem. Das Interessanteste ist, dass nur 30 Prozent der Geschäftsleute die Steuern in der Ukraine für hoch halten. Obgleich Politiker und einzelne Experten ebenfalls viel von den hohen Steuern als ein Problem der Unternehmen reden.

Wie Sie sehen, die realen Probleme der Unternehmen sind einige andere, als die von denen Politiker und Experten, die weit weg von der realen Wirtschaft sind, zu reden lieben. Und solange unsere Regierung sich mit politischen Intrigen und nicht normaler Arbeit beschäftigt, werden wir noch lange «die Korruption bekämpfen» und im gleichen Moment die Wirtschaft der Ukraine ruinieren.

21. Juli 2015 // Alexander Ochrimenko

Quelle: Westi

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 894

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