Die Zentralbank der Ukraine soll unabhängig werden
Der Präsident hat in der Werchowna Rada den Gesetzesentwurf №4787 registriert, in dem er vorschlägt, der Nationalbank uneingeschränkte Befugnisse zu verleihen. Dadurch wird der Rat der Nationalbank in ihrer jetzigen Form aufgelöst. Dies schließt darüber hinaus jede Möglichkeit aus, zu prüfen, womit sich der Rat aktuell beschäftigt.
„Entsprechend dem Memorandum des IWF vom 30. April hat sich die Ukraine dazu verpflichtet, die Unabhängigkeit der Nationalbank zu stärken, mittels Reformen des Rates der Bank, der Vervollkommnung der Prinzipien und der Prozedur der Auflösung, der Entwicklung der qualifizierten Anforderungen und der Kriterien für das Nichtengagement von Mitglieder, die an der Entscheidungsfindung beteiligt sind“ , – heißt es im von Alexander Schlapak, dem ersten Vizechef des Sekretariats des Präsidenten, unterschriebenen Erklärungsbericht zum Gesetzesentwurf.
Es scheint, als ob das Dokument in der Nationalbank geschrieben wurde. Die darin dargelegten Punkte erinnern sehr an die zahlreichen früheren Aussagen der Beamten der Nationalbank. Sie haben damals behauptet, dass der Rat in seiner jetzigen Form unnötig sei. Falls der Gesetzesentwurf so wie er jetzt steht verabschiedet wird, dann könnten nur Abgeordnete, die ehemalige Bankiers oder Wissenschaftler sind als Mitglieder in den Rat aufgenommen werden.
«Mit diesem Gesetzentwurf entscheidet sich der Präsident de facto, die Nationalbank aus der Kontrolle des Rates herauszuführen, der sowohl dem Präsidenten als auch der Werchowna Rada unterstellt ist. Darüber hinaus soll die Führung der Nationalbank viele Befugnisse erhalten, sodass weder die Regierung, noch das Parlament die Möglichkeit hätten, seine Arbeit zu beeinflussen. Der Gesetzesentwurf war wie eine der Forderungen der Nationalbank für die Verstärkung seiner Rolle auf dem Finanzmarkt entwickelt worden. Aber das vorgeschlagene Dokument ist in erster Linie nicht dazu da, um die Rolle der Nationalbank zu verstärken, sondern sie als ein Staat im Staat zu machen», — bemerkte die Analytikerin von “Interfon” Viktoria Kernesch.
Über die Hinausführung der Nationalbank aus der Kontrolle sprechen gleichzeitig einige Punkte des Gesetzesentwurfes. Zum Beispiel, hätte der Rat kein Recht, die Umsetzung «der Grundlagen der Geld- und Kreditpolitik» zu kontrollieren. Daneben könnte er nicht mehr bestimmen, welcher Wirtschaftsprüfer die Arbeit des Rates prüfen wird. Zugang zu den Operationen der Nationalbank würde sogar der Rechnungshof nicht haben. Dieser würde lediglich die Rolle des Kontrolleurs erhalten, der prüft, ob der jährliche Gewinn der Nationalbank ins Budget geflossen ist. Die Nationalbank wäre auch nicht mehr verpflichtet, ihre Jahresbilanzen zu veröffentlichen.
Der Ratsvorsitzende der Nationalbank Pjotr Poroschenko wollte die Frage der Kürzung der Befugnisse des Rates nicht kommentieren. Auf die gleiche Weise reagierte er auch in den vergangenen Monaten, wenn sich die Vorstandsmitglieder der Nationalbank gegen den Rat aussprachen. Es ist deshalb sinnvoll zu vermuten, dass es etwas gibt, was Pjotr Aleksejewitsch zu schützen versucht.
Auf die gleiche Weise haben noch einige Mitglieder des Rates, die nach den Quoten des Präsidenten und des Parlaments ernannt wurden, auf Kommentare verzichtet. Einer von ihnen hat offen gesagt, er wolle auf keinen Fall mit diesem Thema in Verbindung gebracht werden.
Zur größten Verwunderung hat sich der Stellvertretende Vorsitzende einer der größten Banken für den Gesetzentwurf ausgesprochen. «Es gab Zeiten, wo die Nationalbank ohne Rat gearbeitet hat. Ursprünglich haben sich dort die Geschäftsleute versammelt, die dank des Rates Zugang zum Vorsitzenden bekamen und sich bemühten, eigene Interessen zu verfolgen. Insgesamt ist der Rat zu einer Lobby-Organisation geworden, die nur stört und von der man sich ständig loskaufen muss“ – betonte er und präzisierte, dass er Gefälligkeiten und Nachsichten seitens des Vorstands meint. Nach Meinung des Stellvertretenden Vorsitzenden, soll sich der Rat in ein wissenschaftliche Organ verwandeln, das die Arbeit nicht mehr stören soll.
Der Senior Analyst von “Troika Dialog Ukraine” Jewgenij Grebenjuk ist mit ihm einverstanden. «Die insgesamt vorgeschlagenen Veränderungen sind positiv für das Banksystem. Im Großen und Ganzen verringern die vorgeschlagenen Veränderungen die Rolle des Rates der Nationalen Bank, entpolitisieren ihn, und verringern somit den Einfluss der augenblicklichen politischen Konjunktur auf die Tätigkeit der Nationalbank. Solche Veränderungen entsprechen der Rolle, die die zentralen Banken in den entwickelten demokratischen Ländern spielen», — sagte er.
Es stimmt, es gibt im Gesetzentwurf einige nützliche Normen. Zum Beispiel, die Nationalbank würde die Grundlagen der Geld- und Kreditpolitik nicht auf Basis der Berechnungen des Wirtschaftsministeriums, welche den politischen Willen der Regierung widerspiegeln, sondern auf Basis ihrer eigenen Daten entwerfen, die dann die reale Wirtschaft abbilden.
Darüber hinaus wird vorgeschlagen, dass der Überschuss der Nationalbank nicht mehr quartalsweise, sondern am Ende des Jahres und auf einmal überwiesen werden soll. „ Eine Vorauszahlung der Mittel der Nationalbank in den Staatshaushalt wird verboten“, – steht im Dokument. Dieser Punkt ist mit dem Gesetzesentwurf verbunden, der die Nationalbank zwingt, 10 Mrd. Hrywnja der Überschüsse 2009 für die Finanzierung der Euro-2012 bereitzustellen.
«Das Hauptlockmittel für die Abgeordneten in diesem Gesetzesentwurf ist die Erhöhung der Befugnisse des Rates der Nationalbank, dessen Hälfte von der Werchowna Rada ernannt wird. Diese Erhöhung der Befugnisse ist nur zum Schein eine Stärkung des Rates. In Wirklichkeit bleiben alle Schlüsselbefugnisse beim Vorstand der Nationalbank. Hinzu kommt, dass der Rat sein Vetorecht verliert”, — meint der Ökonom der Gesellschaft ASTRUM Investment Management Aleksej Blinow. Er bezweifelt, dass dieser Gesetzesentwurf die Unterstützung der Werchowna Rada der aktuellen Legislaturperiode findet.
Sergej Ljamez
Quelle: Ekonomitscheskije Isvestija