Über den „Markt“ der Massenmedien: Wie sollen wir mit den Russen „konkurrieren“?
Mit der Schließung der Propagandakanäle [Anfang Februar wurden die drei Nachrichtensender 112, ZIK und NewsOne verboten, die vor allem die kremlorientierte Partei Oppositionsplattform – Für das Leben von Wiktor Medwedtschuk propagierten. A.d.R.], die aus irgendeinem Grund als „pro-russisch“, aber nicht als russisch bezeichnet werden, begann natürlich ein „Heulen und Zähneklappern“ um Redefreiheit und freien Wettbewerb. Und da es immer noch Menschen gibt, die solchen Manipulationen unterliegen, lohnt es sich, einige Akzente zu setzen. Insbesondere in Bezug auf den „Markt“ der Massenmedien.
Was schlägt man uns also als Grundlage vor? Uns wird die These vorgelegt, dass Fernsehkanäle das Recht haben, um den Zuschauer zu konkurrieren und zu kämpfen, und der Zuschauer selbst muss zwischen den angebotenen Produkten wählen. Wie bei jeder Manipulation basiert dies auf der richtigen Idee – der von dem „Markt“ und den „Wettbewerb“. Aber die „Freiheitskämpfer“ vergessen zu sagen, dass es keinen Markt gibt und dass der Wettbewerb a priori unfair ist.
Haben wir etwa sich selbst finanzierende nationale Fernsehkanäle? Die, die auf Kosten von Werbung und Abonnements leben? Fast gar nicht. Mit wenigen Ausnahmen werden sie alle von den Eigentümern subventioniert, die ein „TV-Regierung-Budget-TV“-System etabliert haben. Wer größere finanzielle Mittel hat, hat einen „wettbewerbsfähigeren“ Fernsehkanal. Und auf diesem sogenannten „Markt“ wird uns angeboten, mit den russischen Medien zu „konkurrieren“? Es ist eine großartige Idee, mit einem Ölimperium zu konkurrieren, das mehr Geld für Propaganda hat.
Diese Technik wird von den Russen seit mehr als einem Jahrzehnt angewendet, und tatsächlich ist es überraschend, dass im 30. Jahr der Unabhängigkeit erneut darüber geschrieben werden muss. Es gab schon viele solcher Beispiele, aber die Ukrainer klettern weiterhin hartnäckig auf den Kaktus.
Ihr seid doch Demokraten, sagen uns die Vertreter von Putins Königreich, lasst uns an den Wahlen teilnehmen. Die Ukraine ist ein demokratisches Land, lassen Sie das Volk selbst entscheiden, ob es für einen rückfälligen Separatisten stimmen will. Die Abstimmung wird es zeigen. Gleichzeitig denkt niemand daran, sich eine solche Wahlfreiheit in Russland vorzustellen.
Ihr habt doch Gewissensfreiheit, daher haben unsere Priester das Recht, Ukrainische Orthodoxe Kirche genannt zu werden, nicht aber Russisch-Orthodoxe Kirche in der Ukraine. [ukrainische Nationalisten fordern, dass sich die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats in Russisch-Orthodoxe Kirche in der Ukraine umbenennen soll, um damit die Orthodoxe Kirche der Ukraine des Patriarchats Konstantinopel zu fördern, die als Landeskirche fungieren soll. Ein entsprechendes Gesetz wurde 2018 beschlossen, aber nicht umgesetzt. A.d.R.] Lassen Sie die Gläubigen selbst entscheiden, wohin sie gehen. Währenddessen wird die Situation mit den Religionsfreiheiten in Russland selbst nicht einmal erwähnt.
In der Ukraine gibt es Meinungsfreiheit, daher müssen Vertreter russischer Propagandastrukturen mit ukrainischen Bloggern konkurrieren. Und die Tatsache, dass Propagandisten immer mehr Geld haben und nichts sie zurückhält – sorry, das „diktiert der Markt“.
Den Ukrainern wurde bereits angeboten, mit der russischen Musik, dem russischen Buchverlag und dem russischen Kino zu konkurrieren. Während unsere Leute jeden Cent zählen, verwenden Russlands „Marktteilnehmer“ einfach unbegrenzte Ressourcen, um ihre Politik in dem voranzutreiben, was sie „unpolitisch“ genannt haben.
Und davor gab es Banken, die mit Gasprom-Kapital vollgepumpt waren. Es gab den Aufkauf von Hotels, womit Geld gewaschen wurde. Und die Privatisierung von Industrieunternehmen, um sie dann in den Bankrott zu fahren.
Und mit all diesen Kraken schlägt man uns vor, auf der Grundlage von Transparenz, Ehrlichkeit und Legalität zu konkurrieren. Stellen Sie sich mal vor, russische Biathleten dürften nicht nur andere Konkurrenten schlagen, sondern auch Transport und automatische Waffen einsetzen. [Anspielung auf den Vorfall bei der Langlauf-Staffel in Lahti im Januar 2021, als Alexander Bolschunow erst mit dem Stock nach dem Finnen Joni Mäki schlug und ihn dann umfuhr. A.d.R.] Da kommt ein interessantes Fair Play heraus. Übrigens folgt aus dem Erwähnten nicht, dass „wir das nicht tun werden, weil wir keine Russen sind“. Dies ist eine äußerst primitive Manipulation von der Art „Du bist doch ein richtiger Mann, nun was, kannst du das nicht alles austrinken?“. Es ist, als würde ein Verbrecher mit einem Messer angreifen, einen Schlag auf den Kopf erhalten und heulen, wie unfair denn das ist, denn echte Männer müssen sich mit bloßen Händen verteidigen.
Ich schreibe absichtlich „bei Euch“, obwohl russische Propagandisten sagen „bei uns in der Ukraine“.[Aus Russland befüllte Telegram-Kanäle verwenden regelmäßig die Formulierung „bei uns in der Ukraine“, um zu unterstreichen, dass die Autoren sich angeblich wirklich in der Ukraine befinden. A.d.R.] Es ist auch notwendig zu unterscheiden, damit es keine dummen Gedanken über den „internen ukrainischen Konflikt“ gibt. [Der Konsens im „patriotischen Lager“ in der Ukraine besteht darauf zu verneinen, dass es einen „internen ukrainischen Konflikt“ gibt. Stattdessen gibt es aus ihrer Sicht nur einen russisch-ukrainischen Krieg. A.d.R.]
Wenn es aber schon um „uns“ geht, so gibt es auch hier unerledigte Arbeit. Der Markt und der Kapitalismus sind natürlich großartig. Aber wenn die Frau eines Zollbeamten importierte Kleidung verkauft, die „billiger“ als bei ihren Konkurrenten ist, ist dies kein Markt. Wenn die Schwiegermutter eines großen Chefs nach der Pensionierung eine erfolgreiche Immobilienentwicklerin wird, ist dies kein Markt. Wenn Verwandte von Richtern, hochrangigen Polizisten, Abgeordneten usw. plötzlich unternehmerische Talente in sich entdecken, dann ist das kein Wettbewerb.
Abschließend möchte ich noch eine Manipulation (oder nur einen Fehler) erwähnen, auf welche die Ukrainer aus irgendeinem Grund gerne hereinfallen. Dass „man ein Zyniker sein müsse, nur die eigenen Interessen priorisieren.“ Es besteht keine Notwendigkeit, die eigenen Interessen zu rechtfertigen, wodurch die Richtigkeit der eigenen Sache infrage gestellt wird. Das ist hier nicht der Fall.
11. Februar 2021 // Nasar Kis
Quelle: Zaxid.net