Antrittsrede von Wiktor Janukowitsch
Verehrte Abgeordnete!
Verehrte Landsleute!
Ich habe gerade eben den Eid des Präsidenten der Ukraine abgelegt. Was habe ich gefühlt, als ich meine Hand auf das Heilige Peresopnizer Evangelium gelegt habe?
Verantwortung und Demut. Vor dem Volk der Ukraine, welches im Laufe der freien Willensbekundung die Mehrzahl der Stimmen meiner Kandidatur gab. Vor dem Immerwährenden, dessen Willen nach ich den Posten des Haupts des ukrainischen Staates in dieser nicht einfachen Zeit antrete.
Die Wahlen sind abgeschlossen. Die ganze Welt hat ihren demokratischen Charakter anerkannt. Das ukrainische Volk hat sein Wort gesprochen und die internationale Gemeinschaft hat bestätigt, dass die Ukraine ein freier Staat ist, wo Recht und Freiheit der Bürger höhere Werte darstellen und wo die Wahl des Volkes durch nicht durch Erscheinungsformen irgendeines bösen Willens in Zweifel gezogen werden können.
Der letzte Umstand ist besonders wichtig, das junge Alter unserer Demokratie berücksichtigend und die Kinderkrankheiten, die man im staatlichen Reifeprozess schwer vermeiden kann.
Nichtsdestotrotz, haben wir die entsprechende Prüfung würdig bestanden und heute ist die Seite der Präsidentschaftswahlen 2010 umgeblättert worden.
Das Land befindet sich in einer äußerst schweren Situation – der fehlende Haushalt für dieses Jahr, kolossale Verbindlichkeiten bei ausländischen Krediten, Armut, eine zerrüttete Wirtschaft, Korruption – das ist nicht die ganze Liste der Nöte, aus denen sich die ukrainische Realität formt.
Ungeachtet dessen meine ich, dass man den Staat nicht nur vor dem sozioökonomischen Kollaps retten kann, sondern ihn schnell auf den Weg einer beschleunigten Entwicklung bringen kann. Wenn diese Überzeugung nicht wäre und dieser Glaube an die eigenen Kräfte, die Kräfte des eigenen Teams und die Kraft des ukrainischen Volkes, hätte ich niemals als Präsident kandidiert.
Ich weiß, was man und wie man es machen muss.
In erster Linie muss das System der effektiven staatlichen Verwaltung wiederhergestellt werden. Wir müssen schnell eine handlungsfähige Exekutive schaffen, die sich unverzüglich den am meisten darniederliegenden Branchen der Wirtschaft und dem Sozialbereich widmet. Die erste Aufgabe auf diesem Weg ist die Reform des Regierungssystems und vor allem das Ministerkabinett, eine Umwandlung desselben in ein Team von Profis und nicht von „politischen Bedienungen“. In Verbindung damit rufe ich die Werchowna Rada dazu auf meine Anstrengungen zu unterstützen, die auf die Bildung eines transparenten, effektiven und verantwortlichen Systems der staatlichen Verwaltung abzielen, die fähig ist mit dem Präsidenten zusammenzuarbeiten.
Ich unterstreiche: diese besondere Rolle in der Reform des Systems der staatlichen Verwaltung sehe ich im Parlament. Das ist der Platz für Diskussionen. Dies ist der Platz für eine starke Opposition, welche die Handlungen der Regierung und des Präsidenten kontrollieren soll. Doch in erster Linie ist das der Platz für eine starke und stabile Parlamentsmehrheit.
Wenn wir die existierenden politischen Meinungsverschiedenheiten im Namen der Rettung des Staates nicht überwinden können, wenn wir es nicht schaffen unsere Herzen vom Gift des Hasses zu säubern, hervorgerufen von Eitelkeit und Egoismus, wird der Staat zu einer Fortsetzung der Irrungen in den politischen Niederungen und den sozioökonomischen Labyrinthen verdammt sein.
Die gegenseitige Nichtanerkennung der Niederlage durch die einen und der Siege der anderen ist nicht nur destruktiv aus der Position der Interessen des Staates, sondern auch zutiefst amoralisch. Denn wie es in der Heiligen Schrift heißt: „Söhne dich mit deinem Gegner schnell aus, solange du mit ihm auf einem Weg bist …“. Das Leben hat diese einfache und offensichtliche Wahrheit bestätigt: Menschen lieben es nicht, wenn man ihnen die Fäuste zeigt. Sie sind eher dem zu vertrauen geneigt, der die Hand als Zeichen des Friedens reicht. Daher wende ich mich an alle Abgeordneten der Werchowna Rada mit dem Aufruf zur Zusammenarbeit im Namen der Ukraine.
Diese Zusammenarbeit wird eine entscheidende Bedeutung für die unverzügliche Reformierung der Macht, des Schiffsbaus und der Verfassungsänderungen haben. Heute leitet der Staat die Struktur, im Interesse der Umsetzung der Ziele einzelner Politiker „arbeitend“. Dies kann man vom Schiffsbau und von vielen anderen wichtigen Bereichen des Lebens der ukrainischen Gesellschaft behaupten. Wir müssen die existierende Lage der Dinge ändern. Die Struktur aller Machtvertikalen soll dem Erreichen eines einzigen Zieles dienen: des schnellen Beschlusses der für den Staat nötigen Gesetze und ihre schnelle Umsetzung. Dabei muss man gleichermaßen an die Gewährleistung der gesetzlichen Interessen der einfachen Leute, der einfachen Bürger, der Vertreter der Mittelklasse, der Intelligenz und der Wirtschaft denken.
Eine effektive Zusammenarbeit zwischen dem Präsidenten, dem Parlament und der Regierung säubert den Weg für einen schnellen ökonomischen Fortschritt. In erster Linie erlaubt die Lösung dieses Problems es nicht nur die chronische Armut zu beseitigen, sondern auch das Land zu vereinen. Die Leute sind geneigt bestimmte geistige Fragen hauptsächlich dann zu politisieren, wenn sie sich in einem Zustand der permanenten finanzielle Instabilität befinden. In ökonomisch entwickelten Staaten ist die Wahrscheinlichkeit des Aufkommens interner Konflikte aufgrund von Unterschieden in den kulturellen Traditionen der einen oder anderen Region um einiges niedriger, als in Staaten die ökonomisch zurückstehen.
Die Ukraine muss eine richtige langfristige Entwicklungsstrategie wählen. Viele unserer Probleme kamen deswegen auf, da anstelle dessen, dass man sich in die postindustrielle Gesellschaft des 21. Jahrhunderts bewegt, sind wir den Weg der ursprünglichen Akkumulation des Kapitals gegangen, das heißt des „wilden Kapitalismus“. Entsprechend können wir heute in der modernen Welt nur unter den Bedingungen konkurrieren, wenn wir uns hart der Wissensindustrie widmen – den modernen Produktionstechnologien, der Anreicherung und Umsetzung der Errungenschaften der Wissenschaften.
Ich begreife, dass ein Einholen der industriell entwickelten Länder äußerst schwierig ist. Jedoch, es ist möglich. Dafür benötigt die Ukraine eine Strategie des Innovationsprozesses und diese Strategie wurde von unserem Team ausgearbeitet. Sie sieht die Entwicklung und staatliche Unterstützung einer kleineren Zahl von Ausrichtungen mit Priorität vor, wo wir einen würdigen Platz in der internationalen Arbeitsteilung besetzen können. Dabei ist keine Stärkung der Rolle des Staates in der Wirtschaft gemeint, sondern eine Beteiligung des Staates an der Schaffung von effektiven Marktmechanismen. Ich bin überzeugt davon, dass die unmittelbare Einmischung des Staates in die Wirtschaft, die manuelle Steuerung dieser – der Weg nirgendwohin ist.
Obligatorische Bedingungen für die Wiederherstellung des Vertrauens zur Ukraine von Seiten der Investoren und der internationalen Institutionen sind die Gewährleistung innenpolitischer Stabilität, die Überwindung der Korruption, die Einrichtung klarer und hauptsächlicher unveränderlicher Regeln in den Beziehungen des Staates zur Wirtschaft. Die Sicherstellung der beiden ersten Bedingungen wird ein besonders schwieriger Prozess, doch ich besitze hinreichende Reserven politischen Willens, um diese in die Realität umzusetzen.
Als Präsident habe ich eine klare Vorstellung darüber, welche außenpolitische Strategie heute mehr den nationalen Interessen der Ukraine entspricht. Als zukünftige Brücke zwischen dem Osten und dem Westen, als gleichzeitiger integrativer Teil Europas und der ehemaligen UdSSR wählt die Ukraine eine solche Außenpolitik, dies es unserem Staat erlaubt ein maximales Ergebnis bei der Entwicklung gleichberechtigter und gegenseitig vorteilhafter Beziehungen mit der Russischen Föderation, der Europäischen Union, den USA und anderen Staaten, welche die Situation in der Welt beeinflussen, zu erhalten. Meiner Meinung nach diktieren die Herausforderungen, vor denen die internationale Gemeinschaft steht, das Bedürfnis sich in einem breiteren Format zu vereinen. Die Menschheit, und dabei die Ukraine, bedarf einer EU im globalen Sinne. Ich meine eine Einige Welt als Kraft, die fähig ist dem Planeten eine friedliche Koexistenz unterschiedlicher Zivilisationen, energetische, ökologische und Lebensmittelsicherheit zu garantieren. Wir sind bereit an diesen Prozessen als europäischer blockfreier Staat teilzunehmen. Ich beabsichtige diese Konzeption dem Parlament zur Ausarbeitung der Grundlagen der Außenpolitik zu übergeben und hoffe darauf, dass das höchste gesetzgebende Organ mich unterstützt.
Den Posten des Oberhauptes des ukrainischen Staates antretend, möchte ich dem Volk der Ukraine sagen, dass alle meine Versprechen, die ich ihm gegeben habe, erfüllt werden. Wir zahlen die Außenstände bei Löhnen und Renten, was die amtierende Regierung nicht getan hat. Die katastrophale Situation der Staatsfinanzen berücksichtigend, werden wir dies auf Kosten der Kürzung der Ausgaben des bürokratischen Systems machen und beginnen bei uns selbst. Einer meiner ersten Erlasse auf dem Posten des Präsidenten der Ukraine wird der Erlass zur Reduzierung der Ausgaben des Sekretariats des Präsidenten und anderer Strukturen, die dessen Tätigkeit sicherstellen.
Verehrte Parlamentsabgeordnete!
Landsleute!
Ich habe immer die Tat über die vielen Worte gestellt und auf dem neuen Posten werde ich von dieser Regel keinen Abstand nehmen. Die Arbeit und das Ergebnis im Namen des Aufblühens meiner Heimat, das ist das Credo, mit dem ich zur Ausübung meiner Pflichten auf dem neuen verantwortungsvollen Posten übergehe.
Ich zähle auf ihre Unterstützung und ebenfalls auf die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, die danach strebt unser Land stark und stabil zu sehen.
Und dass uns der Herr bei diesem gerechten Streben helfe!
Quelle: Präsidentenseite