Block Litwin reichte Gesetzentwurf mit Mindestlohn von 3.000 Hrywnja (ca. 272 €) ein


Die gestrige Sitzung des Schlichtungsrates der Fraktions- und Ausschussvorsitzenden war vollständig der Frage der Erhöhung des Mindestlohnes und des Existenzminimums gewidmet. Nur unter der Bedingung einer Befriedigung ihrer Forderungen beabsichtigt die Fraktion der Partei der Regionen die Arbeit der Werchowna Rada wieder zuzulassen. Die Situation geriet ins Absurde, als die Mitglieder der Fraktion des Blockes Litwin mit der Initiative auftraten den Mindestlohn auf 3.000 Hrywnja (ca. 272€) zu erhöhen. Danach redete man in der Rada erneut über die Perspektive vorgezogener Parlamentswahlen.

Am Anfang der Sitzung des Schlichtungsrates schlug der Vorsitzende der Werchowna Rada, Wladimir Litwin, den Anwesenden vor, sich zur Möglichkeit der Eröffnung der heutigen Plenarsitzung zu äußern. Wie bekannt ist, vermochte es das Parlament in den letzten zwei Wochen nicht eine vollständige Sitzung durchzuführen – die Partei der Regionen blockierte die Tribüne und das Präsidium, dabei die vorrangige Prüfung des Gesetzesentwurfes von Michail Papijew fordernd, welcher die Erhöhung des Mindestlohnes und des Existenzminimums im Mittleren um 200 Hrywnja (ca. 18,18 €) ab 1. Juli fordert.

Als erster reagiert der Leiter des Ausschusses für Fragen der Finanzen und der Bankentätigkeit, Nikolaj Asarow (Partei der Regionen) auf den Vorschlag des Parlamentsvorsitzenden.

“Das Existenzminimum liegt derzeit um 100 Hrywnja (ca. 9 €) unter dem realen Verbrauchskorb”, fing Asarow an die Rechtmäßigkeit der Forderung seiner Fraktion zu beweisen. “Zum heutigen Tag liegt die Höhe des minimalen Arbeitslohnes um 40 Hrywnja unter dem offiziell im Haushalt der Regierung festgelegten Existenzminimum. In dieser, der letzten Sitzungswoche, sollten wir nicht diskutieren, ob es zweckmäßig ist oder nicht den Bürgern den Preisanstieg zu kompensieren, sondern wir sollten darüber reden, wie notwendig es ist, dies zu tun”.

Die Partei der Regionen und der Block Julia Timoschenko haben unterschiedliche Bewertungen dazu, ob die Erhöhung der Sozialtransfers den Staatshaushalt etwa 37 Mrd. Hrywnja (ca. 3,36 Mrd. €) kostet oder nicht. Jedoch sind die “Regionalen” im Unterschied zu Premierministerin Julia Timoschenko, die bekräftigt, dass es keine freien Mittel gibt, überzeugt von der Existenz von Finanzierungsquellen für die zusätzlichen Budgetausgaben. Nikolaj Asarow nannte einige von ihnen: die Mehreinnahmen des Haushaltes; die Reste im Stabilisationsfonds von letztem Jahr; der IWF-Kredit; die Optimierung der Ausgaben bei den Regierungsprogrammen. Er erklärte, dass auf der heutigen Sitzung diese Frage als erste diskutiert werden sollte.

Die Regierung wurde im Schlichtungsrat vom Ersten Vizepremier Alexander Turtschinow vertreten, der vorhersehbar nicht einverstanden mit den Argumenten der Partei der Regionen war.

“Das ist gefährlicher Populismus, dessen Ziel die Destabilisierung des Finanzsystems im Lande ist, um die Auszahlung von Renten und Löhnen überhaupt zu stoppen. Ein anderes Ziel, neben der billigen PR, hat dieser Gesetzentwurf nicht. Das ist einfach ein Versuch die Arbeit der Regierung und des Parlamentes zu blockieren”, versicherte Turtschinow.

Ihren Populismusanteil bei der Diskussion der Erhöhung der Sozialtransfers brachte auch die Fraktion des Blockes Litwin ein. Dabei verstanden nur wenige der Abgeordneten sofort, dass die Mitstreiter des Parlamentssprechers entschieden böse mit den Kollegen zu scherzen.

“Im Ganzen ist der Block Litwin mit der Ordnung einverstanden, die zur Prüfung vorgeschlagen wurde”, sagte der Fraktionsvorsitzende Igor Scharow. “Unser Kollege, der Leiter des Ausschusses für Fragen der Menschenrechte, Oleg Sarubinskij (Block Litwin), brachte den Gesetzesentwurf #4762 ein. Wir baten darum diesen unverzüglich anzunehmen.”

Entsprechend dem genannten Dokument wird vorgeschlagen, von 1. Januar 2010 an den Mindestlohn auf 900 Hrywnja (ca. 82€), von 1. April auf 1.500 Hrywnja (ca. 136 €), von 1. Oktober auf 2.500 Hrywnja (ca. 227 €) und von 1. Dezember an auf 3.000 Hrywnja (ca. 272 €) anzuheben. Und falls für die Sicherstellung des Gesetzesprojektes, welches von der Partei der Regionen vorgeschlagen wurde, im Haushalt zusätzlich fast 37 Mrd. Hrywnja (ca. 3,36 Mrd. €) aufgetrieben werden müssen, so erfordert der Beschluss des Dokumentes von Sarubinskij die Anweisung von etwa 180-190 Mrd. Hrywnja (ca. 16 – 17 Mrd. €).

Beim Block Julia Timoschenko ist man überzeugt, dass alle Versuche das Niveau der Sozialtransfers zu revidieren, nicht ein ökonomisches, sondern ein politisches Ziel verfolgen.

“Die Idee der Blockade steht offensichtlich nicht damit in Verbindung, die Frage des Existenzminimums zu diskutieren, sondern damit, dem Parlament die Möglichkeit zu arbeiten zu entziehen und entweder Wahlen oder irgendein anderes Unheil zu organisieren”, sagte gestern der Vizesprecher, Nikolaj Tomenko, auf einer Pressekonferenz.

Dieses Szenario ist übrigens wenig wahrscheinlich, da es im §90 der Verfassung eine Norm darüber gibt, dass der Präsident die Werchowna Rada nicht innerhalb der letzten sechs Monat seiner Amtszeit auflösen kann.

“Kann man derzeit ein Datum nennen, wann der Präsident bereits kein Recht mehr hat, die Rada aufzulösen?”, interessierte sich der “Kommersant-Ukraine” bei Wladimir Litwin.

“Bis zum 24. Juli kann der Präsident, meiner Überzeugung nach, die Werchowna Rada auflösen, falls es dafür eine Grundlage gibt, da am 23. Januar 2010 die Amtszeit des Präsidenten endet”, antwortete der Parlamentssprecher.

Sergej Golownew

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 805

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