"Energoatom" kooperiert intensiver mit Westinghouse
Die NAEK (Nationale Atomenergiegesellschaft) „Energoatom“ weitet ihre Zusammenarbeit mit der amerikanischen Westinghouse aus, einem Konkurrenten des Hauptlieferanten für Atombrennstoff für die Ukraine der russischen TWEL. Bei der NAEK meint man, dass die Schaffung einer Konkurrenz zwischen den Unternehmen es dem Land erlaubt Brennstoff höherer Qualität zu bekommen. Doch das Fehlen eines einheitlichen Lieferanten könnte zu einem Hindernis für die Einführung von Brennstoff neuer Generation werden, vermuten Experten.
Bereits Anfang nächsten Jahres beginnt die NAEK „Energoatom“ mit Lieferungen von Westinghouse Brennstoff für das Saporoshjer Atomkraftwerk, erklärte dem “Kommersant-Ukraine” die Vertreterin des amerikanischen Unternehmens in der Ukraine, Swetlana Merkulowa. Ein Informant des “Kommersant-Ukraine” bei „Energoatom“ teilte mit, dass die Lieferungen bereits Ende dieses Jahres beginnen können; für den fünften Energieblock des Saporoshjer Atomkraftwerks und für den zweiten Block des Südukrainischen Atomkraftwerks werden jeweils 42 Brennstoffkassetten von Westinghouse eintreffen. Im dritten Energieblock des Südukrainischen Atomkraftwerks werden derzeit 84 Kassetten von Westinghouse genutzt.
Darauf den Probebetrieb der Brennstoffkassetten TBC-W im Saporoshjer Atomkraftwerk auszuweiten, einigten sich Vertreter des Staatsunternehmens und des Unternehmens Westinghouse auf einem Treffen am letzten Donnerstag, erzählte man beim Pressedienst von „Energoatom“. Westinghouse hat noch keine Lizenz für die industrielle Nutzung ihres Brennstoffs in der Ukraine. Doch führen die Spezialisten des Saporoshjer Atomkraftwerks derzeit die Arbeit zum Erhalt der Grundlagen und Genehmigungen zur Nutzung des Brennstoffes TBC-W durch, sagt man beim Pressedienst der NAEK. Es wird ebenfalls eine Anpassung der Stationsausrüstung zur Aufnahme und dem Umgang mit dem Brennstoff des Unternehmens Westinghouse durchgeführt.
Über Lieferungen des amerikanischen Brennstoffs rechnet die Ukraine mit der Schaffung einer Konkurrenzumgebung auf ihrem Markt, erläuterte man dem “Kommersant-Ukraine” bei „Energoatom“. Bislang war die russische TWEL Hauptbrennstofflieferant für die ukrainischen Atomkraftwerke. „Die Unternehmen werden danach streben ihre Marktanteile auszuweiten, darunter über kommerzielle Vorteile“, führte der Gesprächspartner des “Kommersant-Ukraine” aus. „Die TWEL haben wir bereits dazu angetrieben den Brennstoff, dessen technische Charakteristiken und Verbrauchseigenschaften, zu verbessern“. Den Einschätzungen des Ministeriums für Energiewirtschaft und Kohleindustrie nach kauft die Ukraine jährlich Atombrennstoff in einer Gesamtsumme von 300 Mio. $.
Bei TWEL verkündet man, dass man sich immer mit Fragen der Qualität beschäftigt habe und bereits „Energoatom“ einen modifizierten Brennstoff angeboten habe, der gute Resultate bei den Tests in den russischen Kraftwerken zeigte. „Die Produktion von TBC für die WWER Reaktoren ist für uns ein traditionelles Produkt, in das wir ständig investieren und das wir aktiv entwickeln. Daher ruft es Zweifel hervor, dass andere Kassetten bei den Indikatoren der Qualität und der Sparsamkeit unsere übertreffen können“, erklärte man dem “Kommersant-Ukraine” beim Pressedienst des Unternehmens.
Beim Energieministerium bestätigt man, dass TWEL bereits seit Langem eine neue Brennstoffsorte anbietet, bei welcher der Reaktor länger funktioniert, mehr Energie erzeugt und der es gestattet das Arbeitsregime genauer und fließender zu regeln. Der Generaldirektor des Forschungszentrums „Ukratomstrojconsulting“, Wladimir Kasaschin, betont, dass man beispielsweise aus 36 Kassetten des neuen Brennstoffs von TWEL potentiell ebensoviel Energie erhalten kann, wie vorher aus 45. Dabei belastet der russische Brennstoff den Reaktor weniger, was für die Ukraine aktuell ist, da ein Teil der Kraftwerksblöcke bereits die 20-jährige Nutzungsgrenze überschritten hat. „Doch verzögert ‘Energoatom’ die Entscheidung über dessen Kauf bereits ein Jahr unter unterschiedlichen Vorwänden“, sagt ein Informant des “Kommersant-Ukraine” beim Ministerium. Der Meinung des Gesprächspartners des “Kommersant-Ukraine” nach steht das in Verbindung mit der Unvereinbarkeit der Brennstoffe der beiden Lieferanten: die Kassetten von Westinghouse können die höhere Belastung beim Betrieb mit Brennstoff von TWEL nicht aushalten. Beim Pressedienst von „Energoatom“ weigerte man sich diese Erklärung zu kommentieren.
Die Ukraine müsste sich darauf festlegen, wer ihr Atombrennstoff liefert, sagt das Mitglied des Energieausschusses der Werchowna Rada, Alexander Gudyma. „Wenn es Gewissheit über den Lieferanten gäbe, wären die ukrainischen Energieblöcke bereits seit Langem zum neuen Brennstoff übergegangen, was einen zusätzlichen wirtschaftlichen Effekt ergäbe“, meint Gudyma. Das Mitglied des Energieausschusses, Sergej Paschinskij, erinnert daran, dass vorher Tschechien eine ähnliche Wahl zu treffen gezwungen war. „Dort hat man auf den Brennstoff von Westinghouse nach einem Zwischenfall mit diesem im Atomkraftwerk Temelin verzichtet. Damals wurden die Kassetten dieses Unternehmens herausgenommen und Tschechien ging zum Kauf von TWEL über“, betont Paschinskij.
Oleg Gawrisch
Quelle: Kommersant-Ukraine