Die Ukraine könnte Anteile an einem der Kombinate zur Anreicherung von Uran der russischen staatlichen Gesellschaft „Rosatom“ erwerben. Die Technologie der Anreicherung von Uran besitzen in der Welt insgesamt nur einige Länder, daher ist die Gründung von internationalen Joint Ventures oder Konsortien in diesem Bereich eine verbreitete Taktik. Die Ukraine versorgt sich auf diesem Wege mit niedrig angereichertem Uran. Die Produktion des Brennstoffs wird ebenfalls in Partnerschaft mit Russland umgesetzt, betonen Experten.
Die Zusammenarbeit im Atombereich zwischen Kiew und Moskau könnte mit der Bildung eines gemeinsamen Unternehmens zur Anreicherung von Uran fortgesetzt werden, erzählte der Leiter von „Rosatom“, Sergej Kirijenko. Seinen Worten nach ist es für die Ukraine, als „großem Elektroenergieproduzenten aus Atomkraftwerken“, äußerst wichtig einen garantierten Zugang zu Diensten der Anreicherung von Uran zu haben. Das Joint Venture wird auf dem Territorium Russlands nach dem Schema gegründet, welches für ein analoges Joint Venture mit Kasachstan genutzt wird. Einzelheiten der Gespräche zwischen Kiew und Moskau eröffnete Kirijenko nicht. Auch beim ukrainischen Energieministerium verzichtete man auf Kommentare.
Ein Informant des “Kommersant-Ukraine“, der mit der Situation vertraut ist, erzählte, dass unter einem gemeinsamen Unternehmen der Erwerb von Anteilen eines der Kombinate von „Rosatom“ verstanden wird. Wahrscheinlich kauft Kiew einen Anteil auf, präzisierte er, die Einzelheiten nicht mitteilend. Bei „Rosatom“ gibt es vier Anreicherungsunternehmen. das Angarsker Elektrolyse-Chemiekombinat, das Ural-Elektrochemiekombinat in der Oblast Swerdlowsk, das Sibirische Chemiekombinat in der Oblast Tomsk und die Produktionsvereinigung „Elektrochimitscheskij Sawod“ im Krasnojarsker Gebiet.
Auf ähnliche Weise kooperiert „Rosatom“ mit Kasachstan – anfänglich einigte sich „Kasatomprom“ mit einem Unternehmen auf die Gründung eines neuen Unternehmens zur Anreicherung von Uran. Doch in diesem Jahr wurde das Geschäft umgestaltet: „Kasatomprom“ erhält ein Aktienpaket vom Uraler Kombinat und die Möglichkeit bereits existierende Kapazitäten zu nutzen. Sergej Kirijenko hat im Mai erklärt: „Heute ist die Situation auf dem Markt derart, dass es nicht rational ist ein neues Werk zu bauen“.
Zwischen der Ukraine und Russland gibt es bereits Vereinbarungen in anderen Bereichen der Atombranche. So gewann die zu „Rosatom“ gehörende TWEL die Ausschreibung für den Bau eines Werks zur Produktion von Brennstoffen für Atomkraftwerke. Beim Pressedienst der Regierung sprach man damals davon, dass TWEL, im Unterschied zum zweiten Ausschreibungsteilnehmer – der amerikanischen Westinghouse, bereit ist eigene Mittel in den Bau des Werks zu investieren. Den Wettbewerbsbedingungen nach sollte die Ukraine das Kontrollpaket in dem zukünftigen Unternehmen erhalten, welches man bis 2013 zu errichten plant. Im Juni einigten sich die Ukraine und Russland auf den gemeinsamen Bau zweier Blöcke des Chmelnizker Atomkraftwerks. Außerdem interessierte sich Moskau für die Möglichkeit Uran in der Ukraine zu fördern. Anfang Oktober wurde über die Absicht informiert, dass „Atomenergomasch“ (vereinigt die Maschinenbauaktiva von „Rosatom“) mit der NAEK (Nationales atomenergieproduzierendes Unternehmen) „Energoatom“ ein Joint Venture zur Konzentrierung der Produktion von Ausrüstungen für Atomkraftwerke gründet. Außerdem erwarb die Ukraine 10 Prozent am Internationalen Zentrum für Urananreicherung, welches auf der Basis des Angarsker Elektrolysechemiekombinats geschaffen wurde.
Der atomare Brennstoffzyklus besteht aus einigen Etappen: Förderung von Uranerz und Gewinnung des Urans, Anreicherung des Urans, Herstellung des Brennstoffs für die Atomkraftwerke, Verarbeitung des gebrauchten Atombrennstoffs. Die Anreicherung ist eine der weniger konkurrenzintensiven Sektoren. Der Weltmarktanteil Russlands erreicht 40 Prozent. Diese Technologie ist die geschützteste, da der Besitz dieser nicht nur niedrig angereichertes Uran für Atomkraftwerke schafft, sondern auch hochangereichertes Uran für Waffenmaterial.
Die Technologie der Urananreicherung besitzen lediglich einige Länder, doch ist in der Praxis die Gründung von internationalen Joint Ventures und Konsortien für deren Nutzung weit verbreitet, hebt der Leiter der russischen Gruppe „Atompromresursy“, Andrej Tscherkassenko hervor. Als Beispiel führt er die europäische Urenco Group an, wo die Niederlande, Frankreich und Großbritannien Anteile haben. Außerdem hat Urenco ein gemeinsames Unternehmen mit der französischen Areva. Den Worten des Experten nach, erlaubt dies interessierten Ländern den Zugang zu Diensten für die Anreicherung von Uran zu erhalten. Die russischen Kapazitäten zur Anreicherung sind in mittelfristiger Perspektive überflüssig, unterstreicht Tscherkassenko, daher ist das Projekt für Russland von Vorteil. Und der Ukraine gestattet die Partnerschaft, der Meinung des Experten nach, einen garantierten Zugang zu niedrig angereichertem Uran zu erhalten. „Die Preise für diesen Rohstoff könnten steigen und dann geht das Uran von Russland aus in andere Märkte. Doch durch die Gründung des gemeinsamen Unternehmens kann die Ukraine die stabile Lieferung auch in diesem Falle garantieren“, meint er.
Wladimir Dsaguto, Oleg Gawrisch
Quelle: Kommersant-Ukraine
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