Kiew als New-Donezk
Einmal an die Macht gekommen, stellte sich das Team von Wiktor Janukowitsch als erstes eine Frage “Wie können wir Kiew umbauen?”. Und das ist kein Zufall.
Die neuentstehende Vertikale der Macht mit der Spitze in der Administration des Präsidenten erfordert ein solides Fundament. Die Hauptstadt ist immer ein Beispiel und ein Orientierungspunkt, nach dem sich alle anderen ukrainischen Städte richten.
Also, was wollen die neuen Besitzer des Landes von den Kiewern?
Der erste Schritt war die Vorladung des Bürgermeisters Leonid Tschernowezkijs und Forderungen nach einer “Entpolitisierung” der lokalen Regierung in Kiew.
Das Wort “Entpolitisierung”, wenn es dem Menschen der auf einem Wahlposten sitzt gesagt wird, ist ein klares Signal. Das Signal darüber, dass er keine eigene Meinung haben kann. Das Signal darüber, dass die Politik von jemand anderem betrieben wird. Dies ist eine Ohrfeige für seine Wähler.
Niemand bestreitet, dass Tschernowezkij Chaos angerichtet hat. Er ist unpopulär, er sollte längst abgewählt werden. Aber anstatt eines Wechsels von einem schlechten Bürgermeister in demokratischen Wahlen, wird uns ein durch den Präsidenten ernannter Leiter der Stadtverwaltung vorgeschlagen.
Ein solcher Gesetzesentwurf wurde bei der letzten Kabinettssitzung in einem Paket anderer sehr interessanter Vorschläge für die “Verschönerung” der Hauptstadt heiß diskutiert. Nachdem man diese Dokumente durchgelesen hat, wird man sehen: das Kabinett hat mit der Hauptstadt Großes vor.
Kiewer will man endgültig aus der Verwaltung ihrer Stadt entfernen.
Wir wurden auch in der Vergangenheit daran gehindert, Tschernowetskij abzuwählen, indem man riesige Summen in falsche Werbekampagnen, in die Ablenkung junger Menschen von den wirklichen Problemen der Stadt auf kostenlosen Konzerte, in das Abfangen jeder ernsthaften Kritik in der Abstimmungsphase durch das Management der Redaktionen, in die Unterschützung der “Großmütter” und in Seiten wechselnde Abgeordneten im Stadtrat investiert hat.
Nun bereitet sich Kabinett darauf vor, die Kastration (Entmachtung) der lokalen Regierung in Kiew zu legalisieren.
Wir sind selber daran schuld: wir waren nicht in der Lage uns zu organisieren, zu einer bürgerlichen Gesellschaft zu werden, die Zähne denjenigen zu zeigen, die die ganze Hauptstadt mit ihren Innereien, von der Mutter-Erde bis zu den Wählern kaufen will.
Nun jetzt, nachdem die “starken wirtschaftlichen Führungskräfte” an die Macht gekommen sind, warten wir noch darauf, dass es mehr Ordnung in den Kommunen geben wird. Die Hoffnung, wie man sagt, stirbt zuletzt.
Trotz Hoffnung, aber für Heizung und Warmwasser werden wir mehr bezahlen müssen. Besonders nach dem Urteil des Stockholmer Schiedsgerichts zu Gunsten von “RosUkrEnergo”.
Der gehorsame Stadtrat wird die “Empfehlungen” des Kabinetts erfüllen und bekommt die ganze Flut der nationalen Empörung über die neuen “räuberischen Preise” zu spüren. Im Fernsehen wird man irgendeinen ehemaligen Abgeordneten vom Block Julija Tymoschenko (BJuT) sehen, der jetzt die Seiten gewechselt hat, der sich dann für die Preiserhöhung aussprechen wird.
Eine Minderheit der Abgeordenten der “Partei der Regionen” wird den “Großmüttern” unter den Armen greifen, ihre Ratings werden nach oben gehen.
Und im Jahr 2011 werden die Mehrheit der Sitze im Stadtrat Vertreter der regierenden Partei einnehmen. Bitte beachten sie, dass ich nicht sage, wer der Bürgermeister werden wird. Es scheint, dass unser Recht den Bürgermeister zu wählen, jemandem überhaupt nicht gefällt.
Aber genug über Politik! Es wurde zu uns gesagt: Entpolitisierung! Lassen Sie uns entpolitisieren. Möge Janukowitsch sich mit der Politik beschäftigen.
Man muss an das Ewige denken. Das Wichtigste aus allen Künsten ist für uns jetzt Fußball. Für die “Euro-2012” beabsichtigt die Regierung, eine Reihe an Reformen und Investitionsprojekten in Milliardenhöhe aus dem Haushalt, einschließlich der geliehenen beim IWF Hrywnja durchführen. Ich errate sogar, aus welcher Partei fast alle Auftragnehmer sein werden.
Es ist viel geplant. Über die Veräußerung von Grundstücken “für öffentliche Zwecke” im Bereich des Respublikanskij Stadion (diese für Kiew neue Praxis gehört seit langem fest zum Rechtsinstrumentarium der lokalen Behörden in Donbass) haben bereits alle gehört. Ich denke, dies ist nur ein Prüfstein.
Und wie gefällt Ihnen das: “Die Umsetzung von Pilot-Projekte der Rekonstruktion von Vierteln (Mikrorajonen) mit veralteten Wohnungsbestand?”
Was man im Namen des Fußballs nicht alles macht! Zum Beispiel, man kann einige alte Häuser im Stadtzentrum abreisen, wo es das teuerste Land gibt, “Plebs” ins Umland umsiedeln und ein Luxushotel bauen. Oder ein Kasino für die Gäste der Hauptstadt. Lassen wir sie ihre Euros und Dollars ausgeben und die Taschen der einheimischen Unternehmern füllen.
Glauben Sie, dass die Stadtbezirksverwaltungen irgendwie die individuellen Rechte der Bürger von dem milliardenschweren Fußball retten werden? Ha! Entsprechend dem neuen Gestz wird es keine Stadtbezirksverwaltungen mehr geben! Dies ist das Ende des politischen Wettbewerbs zwischen der Stadt und den Stadtbezirken.
Es werden somit alle Hindernisse eliminiert, um Kiew in New-Donezk zu transformieren – eine Stadt, die sich in der manuellen Kontrolle der Partei der Regionen und ihrer Sponsoren befindet.
Es gibt natürlich in dem “Maßnahmenplan zur umfassenden Bewältigung der Probleme der sozio-ökonomischen Entwicklung von Kiew und der Erhöhung der Effizienz der lokalen Organe der Exekutive” des Kabinetts auch ein hübsches Lockmittel “für das einfache Volk von Kiew”.
Zum Beispiel wird versprochen Wohnungen an die Menschen zu verteilen, die auf der Warteliste stehen, die Brücke in Podol zu Ende zu bauen, den Park des Öffentlichen Nahverkehrs zu modernisieren. Für die beliebten “Großmütter” ist geplant, Grundstücke für einen neuen Friedhof in der Region Kiew zuzuweisen.
Wenn ich diese “gewaltige Pläne” lese, erinnere ich mich an das Schicksal der U-Bahn in Donezk. Deren erste Linie wurde unter Janukowitsch-Gouverneur und Janukowitsch – für 2005 geplant zu eröffnen. Dann wurde geplant, dass die U-Bahn in Donezk zur “Euro-2012” an den Start geht.
Vor den letzten Präsidentschaftswahlen wurde klar, dass kein Geld da ist, und es weniger Stationen geben wird. Und überhaupt, wir schaffen es bis zur Fußball-EM nicht.
Interessant wird sein, was die Donezker fühlen werden, wenn sie ein stürmisches “Wirtschaften” in Kiew sehen werden und eine zunehmende Abneigung, mehr Geld in Donezk zu investieren?
Wahrscheinlich werden sie bitter lächeln und den Kiewern wünschen, keine Dummköpfe zu sein. Weniger den “Lügen” (“Pontam”) glauben, mehr die Regierung zu kontrollieren. Und in keinem Fall an die Bankowa (Sitz des Präsidenten) die Schlüssel der Stadt “abzugeben”.
12.04.2010 // Jurij Scheljashenko
Quelle: Ukrainskaja Prawda