In Kiew wurde gestern des 70. Jahrestages von Babij Jar gedacht
Gestern fanden in Kiew die Trauerveranstaltungen zum 70. Jahrestag der Massenerschießungen von Juden in Babij Jar statt. Hauptereignis des Tages wurde die Zeremonie einer symbolischen Grundsteinlegung an der Stelle eines zukünftigen Denkmals für die Opfer von Babij Jar. Am Ort trafen Vertreter jüdischer Gemeinschaften der ganzen Welt, hochgestellte israelische Staatsbedienstete und bekannte Geschäftsmänner ein, die bereit sind die Schaffung des Denkmals zu finanzieren.
Der Jahrestag der Massenerschießungen in Babij Jar wird traditionell am 29. September begangen. Eben an diesem Tag vollzogen die Nazis 1941 in der Schlucht, die zwischen den Stadtbezirken Lukjanowka und Syrez gelegen ist, die ersten Erschießungen der jüdischen Bevölkerung Kiews. Unterschiedlichen Schätzungen nach wurden insgesamt in Babij Jar zwischen 70.000 und 200.000 Menschen erschossen. In diesem Jahr wurden die Trauerveranstaltungen aufgrund der Feier des jüdischen Neujahrsfestes Rosch ha-Schana verschoben. Am 29. September hatte lediglich der Vorsteher der Ukrainischen orthodoxen Kirche des Kiewer Patriarchats, Filaret (Denissenko), eine Totenmesse abgehalten.
Hauptereignis des gestrigen Tages wurde die symbolische Grundsteinlegung an der Stelle, wo die Errichtung eines Denkmals für die Opfer von Babij Jar geplant ist (im Bereich der Metro-Station „Dorogoshitschi“). In Kiew trafen zur Zeremonie mehr als 300 Menschen ein – Vertreter der jüdischen Gemeinschaften aus der gesamten Welt, hochgestellte Staatsbedienstete aus Israel, bekannte Geschäftsmänner. Die Organisatoren nahmen den Schutz der Gäste ernst. Überall standen Mitarbeiter der Miliz und auf dem Dach eines Gebäudes nahm ein Scharfschütze seine Position ein.
Die Trauerversammlung eröffnete der Vizepremier und Außenminister Israels Avigdor Lieberman.
„Das jetzige Leben und dessen Sorgen zwingen uns dazu die Tragödien der Vergangenheit zu vergessen, daher bin ich denen dankbar, die diese Katastrophe nicht vergessen haben und heute hierher gekommen sind“, sagte Liebermann auf Russisch. „Die Tragödie von Babij Jar sollte nicht nur die Tragödie der Juden sein. Von dieser sollten die jetzigen Bürger der Ukraine unterschiedlicher Nationalitäten erfahren.“
Der Minister für Information und Diasporaangelegenheiten von Israel, Juli-Joel Edelstein, erzählte ebenfalls auf Russisch seine persönliche Geschichte, die mit den Ereignissen von vor 70 Jahren verbunden sind.
„3-4 Tage vor der Tragödie fuhr mein 9-jähriger Vater mit der Großmutter mit dem fast letzten Zug aus Kiew weg und die Kinder, mit denen er spielte, blieben hier. Alle ohne Ausnahme“, sagte Edelstein leise. Der Leiter der jüdischen Organisationen der USA, Malcolm Hoenlein, bezeichnete Babij Jar als „verfluchten und blutigen Ort“ und der Präsident der Konföderation der europäischen Rabbiner, Pinchas Goldschmidt, erklärte: „Die Juden der gesamten Welt sollten alles dafür tun, damit die Tragödie nicht vergessen wird“.
In der Zeit der Versammlung blieb der Stein mit einem weißen Tuch bedeckt. Es wurde vom Präsidenten des Allukrainischen jüdischen Kongresses, Wadim Rabinowitsch, und dem Leiter der Europäischen jüdischen Union, Igor Kolomojskij, entfernt. Dem Stein waren Worte eingraviert, die verkünden, dass eben an dieser Stelle ein Denkmal für die Opfer von Babij Jar errichtet wird. Unter Trauermusik legten Kolomojskij und Rabinowitsch Blumen am Stein ab.
Nach dem Abschluss der Zeremonie erzählte Wadim Rabinowitsch, dass einige Entwürfe für das zukünftige Denkmal existieren. „Für uns ist die Hauptsache, den gesamten Horror weiterzugeben, der in diesen Jahren hier stattfand“, erläuterte er. Seinen Worten nach kann der „Babij Jar“-Fonds, der von Igor Kolomojskij geleitet wird, die Mittel für den Bau des Denkmals und den anschließenden Bau innerhalb von zwei Jahren verwirklichen.
Artjom Skoropadskij
Quelle: Kommersant-Ukraine