Der kulturelle Code des Majdan: Wer erdachte die „Himmlische Hundertschaft“, die „Revolution der Würde“ und wie wurde „Schwimmt eine Ente“ zur zweiten Hymne
Trotz der Tragödie, des Opfers und des Blutes ist der Majdan 2013-2014 zu einer bemerkenswerten Manifestation des schöpferischen Geistes des Volks und der Kreativität der Ukrainer geworden. Hier wurden Bilder, Symbole und Archetypen geboren, die bereits in die Geschichtsbücher eingegangen sind und sich in die Staatssymbole eingereiht haben.
Die blutigen Bilder aus dem Zentrum von Kyjiw Ende Februar 2014 beeindruckten mit ihrer Monumentalität, ihrem Fatalismus und der Sturheit, die an Irrationalität grenzten.
Der Majdan wurde eine moderne Blaupause der archaischen Saporischschjaer Sitsch. [Saporoger Sitsch/Saporoger Kosaken, vorstaatliche Gemeinschaft vor allem in der heutigen Südukraine im 16.—18. Jahrhundert. A.d.R.]
Im technologischen 21. Jahrhundert sah die ganze Welt für unmöglich Gehaltenes, Menschen mit selbstgebauten Holzschilden siegen, wenn sie durch eine gemeinsame Idee vereint sind.
Diese Idee wurde nach dem Majdan so formuliert: „Freedom is our religion – Freiheit ist unsere Religion“. Der englischsprachige Slogan, mit dem die Ukraine immer noch versucht, den rationalen Westen zu erreichen war mehrere Jahre auf einem riesigen Banner zur Schau gestellt, welches das ausgebrannte Gewerkschaftshaus verdeckte.
Was Ende November 2013 als Euromajdan begann, ist angewachsen zur Revolution der Würde.
Am sechsten Jahrestag der Massenerschießungen im Zentrum der Hauptstadt ging die Ukrajinska Prawda dem nach, wer die Begriffe „Himmlische Hundertschaft“, „Revolution der Würde“ geprägt hat und wie das Lemken-Lied „Plyne katscha … – Schwimmt eine Ente“1 in den Kulturcode des Majdan und der Ukraine eingeführt wurde.
„Unser Sohn wurde starb, damit Ordnung geschaffen wird. Aber es gibt sie nicht.“
18.02.2020: Die riesige Anzeigetafel auf dem wieder aufgebauten Gewerkschaftshaus zeigt vier Grad über Null.
„Wir laden Sie ein zu einem Ausflug. Ein Spaziergang in Meschyhirja! [der einstigen luxuriösen Residenz von Präsiden Janukowytsch, A.d.Ü.] Lasst uns fahren. Eine sehr interessante Fahrt!“, wiederholen die Megaphone das Mantra aus den geparkten Werbebussen.
Die Sonne überstrahlt alles ringsum und verweist auf den bevorstehenden Frühling.
Der Wiederaufbau des Gewerkschaftshauses wurde 2018 abgeschlossen. Nur das kleine Museum der Revolution erinnert an die Ereignisse hier auf dem Majdan.
Vor genau sechs Jahren gab es ein ganz anderes Bild. Da gingen Bilder mit dem Schützenpanzer, der wie ein Streichholz aufflammte, um die ganze Welt. Und die erschöpften Gesichter der Majdan-Teilnehmer, die sich der „Berkut“ [damalige ukrainische Aufstandsbekämpfungspolizei, A.d.R.] widersetzten, nachdem die Behörden eine „Anti-Terror-Operation“ ausgerufen hatten.
Sechs Jahre später findet in der Kapelle auf der Allee der Helden der Himmlischen Hundertschaft ein Gedenkgottesdienst statt. Hierher ist ein Chor von Mönchen und Kaplänen der goldkuppligen St.—Michaels—Kathedrale, Aktivisten, Stadtpolizei [Munizipalna warta / Stadtwache, paramilitärische örtliche Polizeiformation ohne gesetzliche Grundlage, A.d.R.] und zukünftige Mitarbeiter in Pixeltarnung gekommen.
„Herr, erbarme dich! Herr, erbarme dich! Herr, erbaaaarme dich!“, wenden die Geistlichen sich betend zum Himmel und erinnern an die Umgekommenen.
Auf der Allee, in der Nähe des Porträts von Wolodymyr Melnytschuk, der von der Kugel eines Snipers umgebracht worden war, stehen zwei betagte Menschen. Er trägt mit schneeweiß. Sie trägt einen lila Schal. Vater und Mutter.
Nadija Melnytschuk steht starr in der Nähe eines Fotos mit einem Lämpchen. Sie will nicht gehen. Eins um andere korrigiert sie Blumen und Bänder in patriotischen Farben. Sie flüstert, betet.
Sanft streichelt sie den Pflasterstein, der mit dem Porträt ihres Sohnes versehen ist. Es scheint, als ob in diesen kalten Steinen das Leben leuchtet.
Nach zehn Minuten geht sie mit ihrem Ehemann Iwan langsam die Allee hinauf. Hält inne, um sich auszuruhen.
„Ein schwerer Tag! Nadija weint und erzählt, wie Wolodymyr in Sekundenbruchteilen am 20. Februar starb. Es gab einen Schuss fünf vor fünf am Abend. Er stand wie Sie jetzt mit einer Kamera in der Nähe des Oktoberpalastes. Er fiel um. Die Kugel traf die Wange, querte das Gehirn und trat durch die Halsschlagader aus.“
Nadija Melnytschuk teilt ihre Erinnerungen wenige Stunden nachdem 800 km vom friedlichen Kyjiw die ukrainischen Truppen einen Angriff russischer Söldner [offizielle Sprachregelung für die Separatisten in der Ostukraine, A.d.R.] in der Region Luhansk abgewehrt haben.
„Besser, es gäbe sie nicht, die Himmlische Hundertschaft“, seufzt Nadija tief. „Besser alle unsere Kinder wären am Leben. Damit das Land lebt. Aber der Feind lässt uns nicht. Der Feind ist schrecklich.“
„Unser Sohn kam um, damit es besser würde, mischt sich der Vater Iwan Melnytschuk ein.“
„Damit im Staat Ordnung werde. Aber es gibt sie nicht.“
Kollektiv oder bewusst
In den sechs Jahren seit dem Majdan sind in der Ukraine Straßen, Alleen, Plätze, Parks, aufgetaucht, benannt nach der Himmlischen Hundertschaft. Im Juli 2014 genehmigte die Werchowna Rada den Orden zu Ehren der Toten.
Aber wer war der Autor der Wendung „Himmlische Hundertschaft“?
Die vereinfachte Version klingt so: „Das war der Schöpfergeist des Volkes.“
Unter den Aktivisten des Majdans geht jedoch die wenig bekannte Version um: hinter dem Ausdruck „Himmliche Hundertschaft“ steht die Volksdichterin Tetjana Domaschenko.
„Kennen Sie diese Frau?“, zeigen wir Jewhen Nyschtschuk [ukrainischer Schauspieler und Ansager auf dem Majdan, der infolge des Majdans für mehrere Jahre Kulturminister wurde, A.d.R.] ihr Profil auf Facebook.
„Nun, sie sagte damals sofort, dass sie ein Gedicht oder eine Zeile darüber geschrieben habe“, erwidert die „Stimme“ des Majdan, der Volkskünstler und ehemalige Kulturminister. Aber ich denke, die Definition der Himmlischen Hundertschaft ist kollektiv. Sie tauchte am Abend des 20. Februar 2014.
Wolodymyr Honskyj, ein weiterer Moderator der Majdan-Bühne, erinnert sich: „Ich schätzte, dass die Anzahl der Reden in den etwas mehr als hundert Tagen des Majdan 22.000 überstieg. Es gab noch mehr Redner: Werteps [Weihnachtsspiele bzw. Krippenspiele], Orchester, Chöre, ganze Delegationen.“
„Aber vielleicht bin ich sogar bereit zuzustimmen, dass diese Worte dieser Dichterin gehören“, fährt er fort. „Sie sagte sie wohl. Und dann begannen wir, dieses lebendige Bild von der Himmlischen Hundertschaft zu verwenden. Es ging in unsere heiligen Worte ein.“
Tetjana Domaschenko lebt in der Nähe von Kyjiw in Wyschnewe. Ursprünglich kommt sie aus der Region Poltawa. Sie hat mehrere Abschlüsse: Philologe, Lehrerin für christliche Ethik, Agronomie und sogar einen Magister für öffentliche Verwaltung.
Ihr zufolge begann Tetjana seit dem 21. November 2013, also von Anfang an, auf den Majdan zu gehen.
Von der Bühne im Zentrum von Kyjiw aus hat Domaschenko mehrmals patriotische Gedichte gelesen. Und sie nahm an einem Gebetsgottesdienst in einer provisorischen griechisch-katholischen Kapelle teil.
„Ich habe schon seit 2002 an patriotischen Aktionen teilgenommen, alle Konfessionen beteten gemeinsam bei der Muttergottes in Lwiw [gemeint ist wohl auf dem Mickiewicz-Platz, A. d. Ü.]. Dann sind wir mit einer Ikone durch die ganze Ukraine gefahren. Das Hauptziel war die Einigung der Ukraine. Mit einer Kopie dieser Ikone war ich 2013-2014 auf der Majdan“, erinnert sich die Dichterin im Gespräch mit der Ukrajinska Prawda.
Laut Tetjana Domaschenko ist die Redewendung „Himmlische Hundertschaft“ am Nachmittag des 21. Februar spontan entstanden, als man auf dem Majdan von den Umgekommenen Abschied nahm.
„Ich stehe vor dem Absperrzaun in der Nähe der Bühne“, erinnert sie sich. „Ich schaue in den Himmel und es gibt da eine Schar Tauben. Gott, sage ich, nun, das ist eine Himmlische Hundertschaft!“
Der Dichterin zufolge haben die Menschen dieses Bild sofort aufgegriffen. Und die folgenden Zeilen kamen ihr unterhalb der Bühne in den Sinn:
Himmlische Hundertschaft von Soldaten Christi
Mit dem Schwert des Erzengels Michael
Mit einem Gebet für die Freiheit auf den Lippen
vom Majdan von flog sie auf in die Ewigkeit.
Die Revolution der Würde und die Konterrevolution der Schurken
Am 8. Dezember 2013 wurde zum ersten Mal vor einem großen Publikum die Wortschöpfung „Revolution der Würde“ gehört. Sie wurde von Oleh Tjahnybok geäußert. Der Autor des Begriffs war jedoch ein weiterer „Swoboda-Mann“, Jurij Syrotjuk. [Swoboda / Freiheit – ukrainische neonazistische Partei. A.d.R.]
Die Proteste, die im November in Kyjiw begannen, erhielten fast sofort den Namen „EuroMajdan“ und den entsprechenden Hashtag in sozialen Netzwerken. [Im November 2013 ging es den Demonstranten vor allem um die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union. A.d.R.] Für viele Nationalisten schien diese Definition jedoch nicht ganz angemessen zu sein.
„Ich als Teilnehmer an der Orangenen Revolution hatte zwei Träume“, erklärt Jurij Syrotjuk. „Das erste war, die Revolution nicht noch einmal „Blumen-“, „Pusteblumen-“ , „Orangene“, „Grüne“, „Lila“ zu nennen. Denn meiner Meinung nach durchlaufen wir einen Prozess der nationalen Revolution. Einer klassischen europäischen Revolution mit der Errichtung eines Nationalstaates.“
Und das zweite, was sehr wünschenswert war, war, das Lenin-Denkmal als Symbol der Demütigung der Ukrainer niederzureißen. Und am 1. Dezember sind wir losgegangen, um das Denkmal zu stürzen. Es wurde verhindert. Dann kamen drei unserer Gefährten zum Untersuchungsgefängnis Lukjanowskyj, ein Bus der „Berkut“ aus Tschernihiw brannte aus. Und wir haben diese Sache aufgeschoben.
Laut Syrotjuk kam er in der Nacht zum 2. Dezember 2013 nach einer Nachtschicht auf den Majdan, um sich im Hotel Ukraine bei den Parteimitgliedern in Zimmer Nummer 6222 aufzuwärmen.
„Wir hatten eine Diskussion darüber, wie diese Revolution heißen sollte, erinnert er sich. Natürlich wollten wir als Nationalisten, dass sie „Nationale“ heißt. Aber wir hatten begriffen, dass es auf dem Majdan verschiedene Leute gibt.
Der Begriff „EuroMajdan“ hat uns nicht gefallen, weil wir nicht bloß für Europa auf die Straße gingen. Wir müssen unser nationales Projekt umsetzen. Wie Schewtschenko sagte: ,Im eigenen Haus gibt es sowohl die eigene Wahrheit, als auch die eigene Macht und den eigenen Willen.`“
Während der Diskussion schlug Syrotjuk einen Begriff vor, der seiner Meinung nach alle vereinte, die auf den Majdan kamen, die „Revolution der Würde“. Syrotjuk sagt, dass er irgendwann am 4. Dezember im Studio des Fernsehsenders TVi vorgeschlagen habe, die Ereignisse im Zentrum von Kyjiw genau so zu nennen.
Als diese Formulierung am 8. Dezember auf der Bühne zu hören war, verbreitete sie sich in den ukrainischen und westlichen Medien.
Was fühlt der Autor des Begriffs „Revolution der Würde“ jetzt?
„Als ich mich als Freiwilliger für den Osten meldete, hatte ich den deutlichen Eindruck, dass wir eine Konterrevolution der Schurken erleben.
Die Revolution ist eine grundlegende Veränderung des gegenwärtigen Zustands. Leider hat die Revolution nicht stattgefunden. Es gibt nur einen Gesichtswechsel. Die Ukraine ist das letzte europäische Land, das die klassische nationale Revolution nicht abgeschlossen hat“, so Syrotjuk, der zum Zeitpunkt der Revolution ein aktiver Parlamentsabgeordneter war.
„Plyne katscha / Es schwimmt eine Ente“: Einheit von Form und Inhalt
Im 19. Jahrhundert wurde irgendwo in den Tiefen des Volksbewusstseins das Lemken-Lied „Es schwimmt eine Ente auf der Tyssa/Theiß“ geboren. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde es in eine symbolische Reihe mit der Hymne der unabhängigen Ukraine gestellt.
„Wenn wir eine Schweigeminute einlegten, machten wir es immer mit dem Klang eines Metronoms“, sagt Jewhen Nyschtschuk. „Wenn wir uns jetzt an alle Umgekommenen erinnern, begleiten wir das praktisch mit einem Tonsatz aus „Es schwimmt eine Ente …“.
Nyschtschuk nennt den 26. Januar 2014, als sie sich auf dem Majdan von dem Weißrussen Michail Schisnewskij verabschiedeten. Laut Nyschtschuk hörte die Öffentlichkeit damals zum ersten Mal „Plyne katscha“, gesungen von der „Pikkardijska Terzija“ [Picardische Terz, ein 1992 in Lwiw gegründete Männer-A-cappella-Chor].
„Es war der erste Abschied auf dem Majdan“, sagt er. „Eine unglaubliche Stille, und dann begannen die Leute, die Hymne zu spielen. Sie hörten auf, die Prozession ging aber weiter.
Ich erinnerte mich, dass man mir erzählte, dass Michail diese Melodie geliebt habe („Es schwimmt eine Ente in der Tyssa“). Und ich sagte den Toningenieuren, sie sollten sie auflegen.
Diese dreieinhalb, vier Minuten waren einfach so eine Erguss von allem: Liebe, Tragödie, Reinigung, Glaube.
Diese Version wird von Nyschtschuks Kollegen auf der Bühne des Majdan, Wolodymyr Honskyj, erheblich erweitert und sogar etwas widerlegt. Der Aktivist und Barde behauptet, er habe das Lied während der Revolution populär gemacht.
Zum ersten Mal hörte Honskyj als Kind „Plyne katscha“ in den frühen 70er Jahren in seinem Heimatdorf Holyn in der Region Iwano-Frankiwsk von einem OUN-UPA-Rebellen, der aus sowjetischen Lager zurückkehrte.
Nach seinen Worten spielte Honskyj zu Beginn des EuroMajdan vom 22. bis 23. November „Plyne katscha“ auf einer Gitarre. Und in der Interpretation der „Pikkardijska Terzija“ ertönte sie Mitte Dezember 2013 von der Bühne.
„Dann starb ein Mann an einem Herzinfarkt in einem Zelt links von der Bühne“, erinnert sich Honskyj.
Es war der erste Tod auf dem Majdan, den nur wenige Menschen kennen und erwähnen.
„Ich sagte den Kameraleuten: ,Finde dieses Lied, das im Film „Silberland“` (eine Dokumentation mit dem Titel der „Pikkardijska Terzija“) erklang.
Sie fanden es entweder am zweiten oder am dritten Tag. Und in guter Qualität“, erinnert er sich.
Zum zweiten Mal habe ich „Plyne katscha“ in der Interpretation der „Pikkardijska Terzija“ aufgelegt beim Tod von Masurenko“ (Pawlo Masurenko starb daheim am 22.12.2013, nachdem ihn Polizisten verprügelt hatten [Anderen Angaben nach starb Masurenko nach einem Schädelbruch im Krankenhaus. Er wurde demnach auf dem Nachhauseweg beim Einkaufszentrum Kwadrat bei der Metrostration Lukjaniwka verprügelt, und es ist nicht einmal gesichert, ob er überhaupt am Majdan teilgenommen hat. A.d.R.]), fährt er fort.
Und erst dann, einen Monat später, ertönte laut Honskyj, „Plyne katscha“ während des Abschieds von Schisnewskij. Warum wurde das Lied so beliebt?
„Es ist eines dieser brillanten Dinge, die unser Volk geschaffen hat“, ist Honskyj überzeugt. „Die Einheit von Form und Inhalt ist eine Formel der Harmonie. Geniale Worte und Musik. Dies ist solch ein Gedenklied, das durch den Majdan zum Gebet wurde.
Wir müssen die brillante Leistung der „Pikkardijska Terzij“ würdigen.
In der Bedeutung kann dieses Lied mit der Hymne der Ukraine verglichen werden. Es hat viele erregt. Aber viele schlafen noch. Wie sie sagen, ,Was für einen Unterschied macht es?!`“ [Bezugnahme auf die Neujahrsansprache von Präsident Wolodymyr Selenskyj in der er die Ukrainer dazu anhielt, mehr nach Gemeinsamkeiten als nach Unterschieden zu suchen. A.d.R.]
„Das sind meine Luftballons, was ich will, das mache ich mit ihnen“
„Himmlische Hundertschaft“, „Revolution der Würde“, diese Worte wurden in den vergangenen Tagen bei politischen offiziellen Aktionen im Zentrum Kyjiws wieder oft gehört.
Sechs Jahre nach dem ersten Tag der massenhafter Tötungen durch Schusswaffen erschien ein seltsames Objekt am Himmel über dem Majdan.
Für besonders Empfindliche war es ein gruseliges Spektakel: Schwarze Luftballons mit der Aufschrift „0 Prozent“ hoben die große Aufschrift „Credit“ in die Höhe, unter der Figuren eines Mannes, einer Frau und eines kleinen Mädchens hingen.
Die Puppenfamilie schwankte im Wind. Sie sah sehr realistisch aus und sah aus wie Menschen am Galgen.
Diese Installation wurde vom 24-jährigen Wladyslaw Sawitschew erfunden. [Er spricht im Original Russisch, A.d.Ü.]
Zu ihm und seinen Freunden kamen Polizisten mehrfach mit der Bitte: „Nehmen Sie das weg! Heute ist ein unpassender Tag.“
„Das sind meine Luftballons, was ich will, das mache ich mit ihnen“, gab er den Polizisten als Antwort.
Wladyslaw plante diese Performance gegen zinslose Kredite nicht für den 18. Februar, den ersten Tag der Massenmorde auf dem Majdan. Es kam einfach so.
„Aber es stellte sich als symbolisch heraus, weil sich in unserem Land tatsächlich nichts geändert hat“, sagt der Künstler, der mit 18 Jahren in den Wirbel des Majdan geriet.
„Ich mag die Methoden nicht, mit denen Unternehmen, die Mikrokredite vergeben, Supergewinne erzielen“, erklärt er die Bedeutung seiner Installation. „Diese 0 Prozent werden auf magische Weise zu 400 Prozent.“
„Dann rufen dich „Eintreiber“ an, und machen Telefonterror auf eine andere Weise, anders kannst du das nicht nennen.“
Ist die Ukraine nach dem Majdan frei geworden?
„Wenn Sie global schauen, wird jeder Präsident der Ukraine nach fremden, den Weltregeln spielen.
Wenn Sie die Ukraine mit einem Baum vergleichen, wird kein Baum gute Früchte tragen, wenn seine Wurzel verfault“, erwidert metaphorisch der junge Künstler.
Was auch immer sich hinter diesen Worten verstecken mag, Pessimismus, Skepsis oder das Fehlen einer rosa Brille nach der Installation auf dem Majdan gingen Wladyslaw und seine Freunde frei nach Hause und gingen nicht in Handschellen und in einem „Gefängniswagen“ in Polizeirevier.
21. Februar 2020 // Jewhen Rudenko, Eldar Sarachman
Quelle: Ukrajinska Prawda
1 Übersetzung für „Plyne katscha po tyssyni“
Es schwimmt eine Ente auf der Tyssa/Theiß
Hej, es schwimmt eine Ente auf der Tyssa
es schwimmt eine Ente auf der Tyssa.
Meine Mama, schimpfe nicht mit mir,
Meine Mama, schimpfe nicht mit mir.
Hej, Du schimpft mit mir in böser Stunde,
schimpfst mit mir in böser Stunde,
weiß selber nicht, wo ich jetzt sterbe,
weiß selber nicht, wo ich jetzt sterbe.
Hej, ich sterb‘ in fremdem Lande,
sterbe ich in fremdem Lande.
Wer wird mich da nun begraben,
wer wird mich da nun begraben?
Hej, nun begraben mich fremde Leute,
begraben mich fremde Leute.
Wird das, Mama, Dir nicht leid tun,
wird das, Mama, Dir nicht leid tun?
Hej, mein Sohn, ob mir’s nicht leid tät?
ob, mein Sohn, es mir nicht leid tät?
Lagst Du doch an meinem Herzen,
lagst Du doch an meinem Herzen.
Hey, es schwimmt eine Ente auf der Tyssa,
es schwimmt eine Ente auf der Tyssa.