Von Männern gemacht
Politische Komponenten sind wohl am wenigsten in den Versuchen, die Abtreibung zu kriminalisieren, zu finden. Denn die Herausforderung liegt nicht in der parteipolitischen Beteiligung entsprechender Gesetzentwürfe. Leider sind die diese Idee unterstützenden Volksvertreter in jeder Fraktion zu finden. Genauso wie außerhalb des Parlaments. Das Problem liegt jedoch im anderen. So denken und handeln die meisten Männer.
Allein mit dem Strafgesetzbuch
Seinerzeit vermittelte Wolodymyr Lytwyn seine Offenbarungen über den Bibelstatus des starken Geschlechtes. Seiner Aussage nach sei der Mann „ein höheres Wesen“ und die Frau „stehe auf einer unteren Ebene“, weil sie aus einer Rippe Adams geschaffen wurde.
Mit ungefähr der gleichen Logik gingen offensichtlich die männlichen Abgeordneten bei der Vorbereitung der Gesetzentwürfe 2646 (Shurawskyj) und 2646-1 (Sytsch, Selyk, Marzinkiw) vor.
Ihnen zufolge gebären die Frauen wenig, deshalb sollte die Schwangerschaftsunterbrechung verboten werden. Damit es überzeugender wird sollten die Frauen mit strafrechtlicher Verantwortung bedroht werden.
Einerseits ist es formal schwierig, die Autoren der Geschlechterungerechtigkeit zu beschuldigen. Angeblich werden die Personen, die eine gesetzwidrige Operation durchgeführt haben, dafür verantwortlich gemacht.
Andererseits ist es kein Geheimnis, dass ausgerechnet die Frauen im Falle der Verabschiedung einer der genannten Gesetzentwürfe in vollem Maße herangenommen werden.
Zum einen ersetzt der Gesetzentwurf von Shurawskyj den Begriff „Abtreibung“ durch „Schwangerschaftsunterbrechung“. An diesem Rösselsprung lässt sich sehr gut zeigen, dass jede Frau, die ihre Schwangerschaft unterbrochen hat, indem sie medizinische Präparate eingenommen hat, als verbrecherisches Subjekt angesehen werden kann. Auch ohne Absicht.
Zum zweiten wird der biologische Vater – weder dessen Verantwortung oder ein Mechanismus zu seiner Identifizierung – in beiden Entwürfen nicht erwähnt. Einschließlich von Zwangsmaßnahmen.
Zum dritten wird lediglich die Mutter allein, die an einer verzweifelten Lage, dem Stress sowie anderen fraglichen Belohnungen der unerwünschten Mutterschaft leidet, dem Strafgesetzbuch gegenüber stehen.
Missbildung, Tod und Korruption
Elementare Logik überzeugt davon, dass die Verabschiedung dieser Gesetze mindestens keinen Sinn hat. Im schlimmsten Fall erzielt man einen gegenteiligen Effekt. Darüber hatten wir das schon.
Seinerzeit wurde die Abtreibung in der UdSSR bereits verboten – von 1936 bis 1954. In der Stalin-Zeit… Es wurde eine Verbesserung der demografischen Situation erwartet, jedoch hat die Regierung eine Zunahme von illegalen Abtreibungen und psychischen Abnormitäten, sowie Unfruchtbarkeit, Körperbehinderungen und Todesfälle bekommen.
Für die Frauen ging es nach hinten los, indem sie sich in einer Isolation wiederfanden – nicht nur einer moralischen, sondern auch einer rechtlichen. Unter „den guten Absichten“ der Staatsangestellten litten öfters Mädchen, die mit der gewohnten Rolle der Schuldigen ausgezeichnet wurden – ohne entsprechende Sexualerziehung, psychologische Unterstützung und Beratung im Bereich der reproduktiven Gesundheit.
Bislang rechtfertigen sich die Autoren des Entwurfe 2646-1 mit den Ausnahmen, welche die Verantwortung für eine Abtreibung nehmen: Bedrohung für das Leben der Frau, die Zukunft des Kindes und Schwangerschaft infolge einer Vergewaltigung.
Aber Gott möge sie richten!
Könnte eine psychisch traumatisierte Frau prozessual – innerhalb von sechs Wochen – alle erforderlichen Beweise sammeln, um in einem Gerichtsverfahren zu siegen und dem Arzt die „auf dem Gerichtswege nachgewiesenen“ Fakten der Empfängnis eines Kindes als Folge einer Vergewaltigung vorlegen?
Verstehen die Autoren, dass die Forderung nach Bereitstellung von Unterlagen über die medizinische Indikation einer Fehlentwicklung des Kindes oder Bedrohung des Lebens der Mutter zum Ergebnis führt, dass die Schwarzmarktpreise auf die entsprechenden Dienstleistungen wachsen?
Dabei werden die in beiden Gesetzentwürfen vorgeschlagenen Novationen mit der höchsten Abtreibungsrate in Europa sowie der beschämenden demografischen Situation begründet. Obwohl gerade das Verbot auf die Schwangerschaftsunterbrechung das entsprechende Problem in der Sowjetunion seinerzeit verschärft hat. Alle diese fast 20 Jahre hielten sich die legalen Abtreibungen (ausgenommen illegale) auf einem Weltrekordstand: 120 Operationen auf 1000 Frauen.
Kastration hilft nicht
Es macht keinen Sinn den Verlauf der Diskussionen zu den resonancereichen Entwürfen zu schildern oder die Worte, die von Diskussionsteilnehmern an die Autoren gerichtet wurden, wiederzugeben.
Allerdings überraschte die groteske Replik des bekannten Kinderarztes, Showmans und Bloggers Jewhen Komarowskyj in Facebook. Der Experte schlug den weiblichen Abgeordneten vor, einen Gesetzentwurf unter dem Namen „Die Grundlagen der modernen Empfängnisverhütung“ einzubringen. Dieser Entwurf sollte eine Liste von Fragen, die die Bereitschaft der Männer zu sexuellen Beziehungen bestimmen, definieren. Alle männlichen Abgeordneten, die nicht antworten können, sollten kastriert werden!
Allerdings bin ich mir nicht sicher, dass dieser Radikalismus unsere Frauen schützen kann.
Wenigstens nicht alle. Folglich ist ein Gesetzentwurf in kurzer Frist einzubringen, der die tatsächlichen Bedürfnisse zur Regelung dieser Fragen anzeigt. In erster Linie sollte er die Legalisierung der Mechanismen und Verfahren für die Identifizierung der biologischen Eltern, einschließlich des ungeborenen Kindes beinhalten.
Die Motivation in dieser Frage „vorausschauend zu denken“, erhöht sich nur in diesem Falle, wenn der Gesetzgeber die gleiche Straf-, Verwaltungs- und Zivilrechtliche Haftung für beide Eltern, wie für die Mutter als auch für den Vater, sowie für alles, was mit dem Kind weiter passiert, festlegt.
Und zum Schluss
Im Grunde genommen nähern Sie sich, sehr geehrte Kollegen, dem Problem von der falschen Seite. Sogar ein Kind sagt heute, dass die Kriminalisierung der Abtreibungen totaler Müll ist.
Wenn Sie die Frau von der Richtigkeit ihrer Behauptungen überzeugen möchten, machen Sie alles dafür, dass die Schwangerschaft erwartet und das Kind gewünscht wird, sowie die Eltern nüchtern sind. Die Mehrheit der Abtreibungen, Missbildungen und Todesfälle basieren wohl in der Tat auf dem Alkoholrausch und der Vergiftungen.
Die Anti-Alkohol Gesetzgebung ist „ein Klondike“ der Reduzierung von Abtreibungen sowie zukünftiger Geburtenexplosionen. Beispielsweise haben wir vor, die Extraprofite des Biergeschäftes zum Wohle der Kinderklinik „Ochmadyt“ zu verwenden (der Gesetzentwurf 2880).
Die männlichen Abgeordneten, die sich um das Leben der ungeborenen Kinder und die Bewahrung der Familienwerte sorgen, sollten lieber dieses Thema diskutieren.
22. April 2013 // Lessja Orobez
Quelle: Ukrajinska Prawda