Partei der Regionen versucht erneut die Position der russischen Sprache in der Ukraine zu stärken
Die Partei der Regionen hat einen neuen Gesetzentwurf zu den Grundlagen der staatlichen Sprachpolitik vorbereitet. Das Dokument sieht die Nutzung regionaler Sprachen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens vor. Zu den regionalen zählen dem Gesetzentwurf nach 18 Sprachen. Derweil beabsichtigen Oppositionsvertreter die Verabschiedung des Dokuments zu blockieren, da es ihrer Meinung nach die Rechte der russischen Sprache ausweitet.
Der Gesetzentwurf „Über die Grundlagen der staatlichen Sprachpolitik“ wurde im Parlament von den Parlamentsabgeordneten Sergej Kiwalow und Wadim Kolesnitschenko (beide Partei der Regionen) registriert. Der Meinung von Kolesnitschenko nach ist die ukrainische Gesetzgebung im Sprachbereich widersprüchlich: im Land gelten die Positionen der Europäischen Charta für Regionalsprachen, die breite Möglichkeiten des Gebrauchs (der Sprachen) gewähren und ebenfalls die normativen Akte, die in den Jahren 2005 bis 2009 beschlossen wurden. Sie machen, wie der Abgeordnete meint, die Anwendung der Positionen der Charta im Bereich der Bildung, des Rundfunks und Fernsehens und der Filmkunst unmöglich.
Als Basis für ihr Dokument nahmen Sergej Kiwalow und Wadim Kolesnitschenko den Gesetzentwurf „Über die Sprachen in der Ukraine“, der im September 2010 von den Parlamentsabgeordneten Alexander Jefremow (Partei der Regionen), Pjotr Simonenko (Kommunistische Partei) und Sergej Grinewezkij (Block Litwin) registriert wurde. Zur Erinnerung: in diesem wurde angegeben, dass die Amtssprache im Lande die ukrainische sein soll, jedoch wurde die ukrainisch-russische Zweisprachigkeit anerkannt und das Funktionieren der russischen Sprache in praktisch allen Tätigkeitsbereichen zugelassen, einschließlich der Gerichtsbarkeit und der Bildung (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 8. September 2010).
Der Gesetzentwurf „Über die Sprachen der Ukraine“ rief Proteste der Oppositionsabgeordneten und der Öffentlichkeit hervor (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 10. September 2010). Im Ergebnis wies der Parlamentsausschuss für Fragen der Kultur und des geistigen Lebens diesen auf der Grundlage der Schlüsse des Justizministeriums und ebenfalls einer Reihe von inländischen und europäischen Experten zurück. Sie kamen zu der Schlussfolgerung, dass der Entwurf dem Artikel 10 der Verfassung nicht entspricht, da er die Rechte der Vertreter der nationalen Minderheiten verletzt, mit Ausnahme der Russen.
Wadim Kolesnitschenko sagt, dass in der neuen Redaktion des Gesetzentwurfes die überwiegende Mehrheit der eingegangenen Anmerkungen berücksichtigt wurde. Seinen Worten nach wurde im Dokument eindeutig die Funktion der ukrainischen Sprache als staatlicher bestätigt, eine Einengung des Anwendungsbereichs verboten und ebenfalls die Norm über die Zweisprachigkeit ausgeschlossen. Gleichzeitig wird im Gesetzentwurf das Recht der Bürger auf sprachliche Selbstbestimmung anerkannt und die Einschränkung des Rechts zur Nutzung der Regionalsprachen verboten. Zu diesen gehören in der Ukraine Russisch, Weißrussisch, Bulgarisch, Armenisch, Gagausisch, Jiddisch, Krimtatarisch, Moldawisch, Deutsch, Neugriechisch, Polnisch, Romani, Rumänisch, Slowakisch und Ungarisch. In diese Gruppe sollen den Empfehlungen der OSZE nach ebenfalls Russinisch, Karaimisch und Krimtschakisch aufgenommen werden.
Der Status einer regionalen kann einer Sprache in dem Fall gewährt werden, wenn diese nicht weniger als 10 Prozent der Bürger, die auf einem bestimmten Territorium leben, nutzen. Die Zahl der regionalen Sprachen wird über Volkszählungen festgestellt (gemäß der letzten im Jahr 2001 durchgeführten Volkszählung, sehen 29,6 Prozent der Bevölkerung Russisch als ihre Muttersprache an). Es ist die geplant die Nutzung regionaler Sprachen an Stellen kompakter Besiedlung auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens auszuweiten. Insbesondere ist vorgesehen Wahlkampfbroschüren, Gerichts- und Anwaltsdokumente, offizielle Informationen der Organe der Zentral- und der Regionalregierungen, kurze Zusammenfassungen von Studien in wissenschaftlichen Veröffentlichungen in die regionalen Sprachen zu übersetzen und auf Wunsch der Bürger die Übertragung ihrer Daten in Pässe und andere offizielle Dokumente in der regionalen Sprache. Im Bildungsbereich ist das Recht auf Unterricht in den regionalen Sprachen vorgesehen, dabei auch in kleinen Klassengrößen, unter der Bedingung des verbindlichen Erlernens der Staatssprache. In den regionalen Sprachen können die Schulabgänger Tests und Examen absolvieren und Vorstellungsgespräche durchlaufen.
Die Synchronisierung und die Übersetzung von ausländischen Filmen ist in jeder der regionalen Sprachen im Auftrag der Distributoren möglich, die Wahl der Sprache von Werbung wird den Werbenden überlassen und den Fernseh- und Radiosendern ist es erlaubt die Sendesprachen und deren Verhältnis in der Sendezeit zu bestimmen. Der Meinung des Fernsehproduzenten Dmitrij Charitonow nach legitimiert diese Norm lediglich die bereits vorhandene Situation. „Quoten für Fernsehprodukte in der Staatssprache werden von regionalen Fernsehsendern selten beachtet und die Lokalregierungen schließen davor die Augen, da sie die Spezifik der Region begreifen“, sagte Charitonow dem “Kommersant-Ukraine”.
Derweil vermutet man in der Parlamentsopposition, dass mit diesem Gesetzentwurf die Autoren wie gehabt versuchen Bevorzugungen für die russische Sprache zu schaffen. „Niemand wird die Übersetzung eines Filmes auf Romani oder ins Gagausische bestellen. Zudem wird die Schwelle von 10 Prozent bei der Mehrheit der nationalen Minderheiten nur in sehr kleinen Gebieten überschritten, doch für die russischsprachige Bevölkerung wird dies praktisch die gesamte Ukraine sein“, erläuterte dem “Kommersant-Ukraine” der Vorsitzende des Radaausschusses für Kultur und geistiges Leben, Wladimir Jaworiwskij („BJuT-Batkiwschtschyna“). Er beabsichtigt den Beschluss zu verhindern, dabei erneut in den Prozess „alle möglichen Experten“ einbeziehend.
Der Erste Stellvertreter des Vorsitzenden der Fraktion der Partei der Regionen, Michail Tschetschetow, ist überzeugt davon, dass es bei der Diskussion des Gesetzes gelingt einen Kompromiss mit der Opposition zu finden. „In den Entwurf kann man Änderungen einbringen, jedoch ist es Zeit die Sprachfrage zu regeln: viele Bürger sind unzufrieden mit dem kulturellen Druck des Staates und verlassen das Land“, sagte Tschetschetow dem “Kommersant-Ukraine”.
Alexander Sworskij
Quelle: Kommersant-Ukraine