Präsident legte Veto gegen Gesetz zur Einführung biometrischer Pässe ein


Am Freitag hat Präsident Wiktor Janukowitsch sein Veto gegen das Gesetz zur Einführung biometrischer Dokumente eingelegt und begründete dies mit dessen Nichtübereinstimmung mit der Verfassung. Die Verabschiedung dieses Gesetzes war eine der Schlüsselforderungen der EU, so dass das auferlegte Verbot zum Hindernis auf dem Weg zur Liberalisierung des Visaregimes wird. Derweil beabsichtigt man im Parlament, eine erneute Prüfung des Dokuments nach Einbringung von einigen Änderungen einzuleiten.

Das Gesetz „Über Dokumente, zur Identifizierung von Personen und des Nachweises der Staatsbürgerschaft der Ukraine“ wurde vom Parlament am 23. September beschlossen. Es sieht die Einführung biometrischer Chips für 20 Dokumentarten vor, darunter für Inlands- und Auslandspässe, Sozial- und Rentenausweise, Führerscheine und Versicherungsnachweise vor (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 26. September). Am Freitag beschloss der Präsident, sein Veto gegen dieses Gesetz einzulegen.

Entgegen der gewöhnlichen Praxis, schlug das Staatsoberhaupt keine eigenen Änderungen am Gesetz vor, sondern forderte er, dieses insgesamt aufzuheben. Die Vorschläge des Präsidenten, die in die Rada gesandt wurden, sind hinreichend ungewöhnlich formuliert. Sie enthalten nicht nur juristische Auslegungen, sondern auch die freie Darlegung der Befürchtungen des Staatsoberhauptes: „Täglich treffen beim Präsidenten Schreiben von Bürgern ein, die über die Schaffung der Möglichkeit der totalen Kontrolle über ihr Leben empört sind“.

Der Verzicht auf die Einführung der biometrischen Dokumente blockiert die Erfüllung des Maßnahmenplans zur Visaliberalisierung durch die Ukraine. Der Beschluss des Gesetzes ist eine der Schlüsselforderungen der Europäischen Union (siehe “Kommersant-Ukraine” vom 16. Juni). Bleibt anzumerken, dass das Veto des Präsidenten mit der Ankunft der Bewertungskommission der EU in der Ukraine zusammenfällt, die jetzt Brüssel garantiert die Nichterfüllung der ersten Etappe des Maßnahmenplans durch Kiew meldet.

Experten unterstützen die Kritik des Entwurfes, doch gehen ihre Meinungen bei der Bewertung der Zweckmäßigkeit des Vetos gegen das Gesetz im Ganzen auseinander. „Im Dokument ist die Konzeption des teuersten Projekts gewählt worden. Eine große Anzahl von Dokumenten, die dabei nicht sehr billig in der Herstellung sind. Es zu verbessern ist schwer. Die Hälfte müsste geändert werden“, meint der Geschäftsführer der Ukrainischen Helsinki-Union für Menschenrechte, Wladimir Jaworskij.

Die Leiterin der Organisation „Europa ohne Barrieren“, Irina Suschko, meint dagegen, dass der Präsident das Gesetz hätte korrigieren können, indem er seine Änderungen vorschlägt. Suschko betonte ebenfalls den ungewöhnlichen Stil in den Präsidentenvorschlägen. „Die Anzahl und der Inhaltsreichtum der Kritik, spiegelt, wie es aussieht, weniger reale Probleme wider, als einen Interessenkonflikt in einem einträglichen Bereich, wie der Ausgabe von Identifikationsdokumenten“, erklärte sie. Zum heutigen Tag ist die Ausführung der Bestellungen in diesem Bereich durch das Konsortium EDAPS am Wahrscheinlichsten, welches die Produktionstechnologien für biometrische Dokumente besitzt.

Vom geschäftlichen Hintergrund der Entscheidung Wiktor Janukowitsch redet man auch im Parlament. Das Fraktionsmitglied der Partei der Regionen, Wassilij Grizak, der darum bittet ihn als „Abgeordneten, der die Technologie, die von EDAPS genutzt wird, unterstützt“, beschuldigte in seinem Kommentar für den “Kommersant-Ukraine” das Ministerium für Justiz der Voreingenommenheit bei der Vorbereitung des Vetoentwurfs. „Das ist kein Veto, das ist ein unprofessionelles Machwerk … Das Justizministerium hat sich mit dem deutschen Unternehmen Mühlbauer darauf geeinigt, dass sie die Pässe für die Ukraine anfertigen werden. Faktisch möchten sie dem ukrainischen Volk 3 Mrd. Hrywnja stehlen, dabei wird die Ausrüstung, die bereits vom Innenministerium gekauft wurden, auf den Müll geworfen“, behauptet Grizak. Kommentare bei Mühlbauer einzuholen, gelang dem “Kommersant-Ukraine” gestern nicht.

Beim Justizministerium kommentierte man die Anschuldigungen des Abgeordneten Grizak nicht. „Die Diskussionen zum Gesetzentwurf endeten in dem Moment, als der Präsident die Entscheidung zum Veto traf“, erklärte die Pressesprecherin des Ministers, Lija Iltschenko, dem “Kommersant-Ukraine”. Sie fügte hinzu, dass jetzt ein prinzipiell anderes Gesetz beschlossen werden muss.

Bislang ist unklar, wie der Ausweg aus dieser Situation aussehen wird. Wassilij Grizak beabsichtigt die Rückkehr zur Prüfung des abgelehnten Gesetzes einzuleiten: „Man muss die Anmerkungen des Präsidenten studieren, einige Änderungen in den Ausgangsentwurf eintragen, das Gesetz erneut mit 226 Stimmen beschließen und dieses dem Präsidenten erneut zur Unterschrift vorlegen. Dabei wird es die Möglichkeit geben einige Mängel zu korrigieren, beispielsweise auf die Biometrie in Rentenausweisen und in anderen Dokumenten zu verzichten“.

Jaworskij meint, dass bei der Ausarbeitung des neuen Gesetzes Biometrie nur bei Dokumente für Auslandsreisen einzuführen, da die Biometrisierung der Inlandsdokumente, darunter von Inlandspässen, Führerscheinen, Renten- und Sozialkarten, riesige Ausgaben nach sich zieht. „Das sind nicht nur einfach Dokumente, sondern auch Datenbanken, die wenigsten in einigen Kreiszentren in Funktion sein müssen“, sagt der Menschenrechtler. Bleibt anzumerken, dass das Präsidentenveto gegen das Gesetz auf identischen Überlegungen basiert.

Sergej Sidorenko

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 740

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