Das Präsidialamt glaubt offenbar an eine geheime Abmachung zwischen Julia Timoschenko und der russischen Regierung
Das Präsidialamt verkündete gestern die Existenz einer Absprache zwischen Julia Timoschenko und der “russischen Regierung”. Der Überzeugung der Beamten des Präsidialamtes nach, sehen diese Vereinbarungen eine Reihe ökonomischer und politischer Zugeständnisse von Seiten der ukrainischen Premierin im Austausch für die Unterstützung ihrer Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen durch Russland vor. Keine Beweise für diese Anschuldigungen vorlegend, forderte man beim Präsidialamt von Timoschenko Antworten auf jeden Punkt der Anschuldigungen. Eine Antwort der Premierministerin lag zum Moment der Drucklegung dieser Ausgabe (”Kommersant-Ukraine“) nicht vor.
Der Unterschied in den Positionen Julia Timoschenkos und Wiktor Juschtschenkos bezüglich der Situation in Georgien wurden vom ersten Tag des Konfliktes an sichtbar. Der Präsident war ständig auf allen Informationskanälen präsent, seine volle Unterstützung für Georgien verkündend und die Premierministerin reiste in den Urlaub, dabei keine einzige Erklärung, entgegen der normalen Angewohnheit, zu dem weit diskutierten Grund machend. Gestern fand im Präsidialamt eine Pressekonferenz des stellvertretenden Leiters des Präsidialamtes, Andrej Kislinskij, statt, deren Thema wurde als die “georgischen Widersprüche” angegeben. Doch, wie sich herausstellte, war die Meinungsverschiedenheit zwischen Premierin und Präsident bei der vorliegenden Frage nur der Anlass für die Veröffentlichung für eine Liste von Ansprüchen gegenüber Julia Timoschenko. Deren Wesen lässt sich darauf reduzieren, dass Timoschenko eine “Schattenvereinbarung” mit dem Premierminister der Russischen Föderation, Wladimir Putin, und dem Präsidenten, Dmitrij Medwedjew, abgeschlossen hat (darüber, dass man beim Präsidialamt überzeugt ist von der Existenz eines geheimen Abkommens, informierte der “Kommersant-Ukraine“ in seiner Ausgabe vom 24. Juli).
Die vermuteten Absprachen kann man in drei Blöcke teilen: ökonomische und politische Zugeständnisse der Ukraine zum Nutzen Russlands und ebenfalls eine “Bezahlung” für diese, Den Worten von Kislinskij nach, versprach der Kreml Timoschenko “eine Unterstützung bei den Präsidentschaftswahlen”, wofür angeblich ein Koordinationsstab unter Leitung des ehemaligen Leiters des Präsidialamtes unter Leonid Kutschma, Wiktor Medwetschuk, gebildet wurde. Kommentare von Medwetschuk konnten gestern nicht eingeholt werden, da er sich außerhalb der Ukraine befindet. Außerdem versprach Moskau angeblich über die russischen Kommunisten die Kommunistische Partei der Ukraine zu beeinflussen, damit die Unterstützung der Fraktion der Kommunistischen Partei der Ukraine während der Abstimmungen der Werchowna Rada zu gewährleisten.
Der Version des Präsidialamtes nach, garantierte Julia Timoschenko Russland eine Menge mehr an Zugeständnissen. Darunter ist die “Verzögerung des Prozesses der Aufnahme der Ukraine in den Membership Action Plan der NATO”, die Nichtbehinderung der Aktivitäten der Schwarzmeerflotte der Russischen Föderation, “eine neutrale oder prorussische Position des Blockes Julia Timoschenko” bei den Ereignissen in Georgien, “die Nichtunterstützung der Initiativen des Präsidenten zur Gründung einer lokalen Kirche”, “die Umsetzung des Wunsches der Russischen Föderation” bei der Festlegung des blockfreien Status der Ukraine im Projekt der neuen Verfassung.
Der Block der ökonomischen Zugeständnisse, denen angeblich die Anführerin des Blockes Julia Timoschenko (BJuT) zustimmte, ist ebenfalls hinreichend eindrucksvoll. Andrej Kislinskij erklärte, dass eine Vereinbarung über die Aufteilung der regionalen Gasgesellschaften zwischen “Gasprom” und den Businessstrukturen existiert, die BJuT finanzierten; die Bildung eines Gastransportkonsortiums zwischen Russland, der Ukraine und Deutschland zu Bedingungen, welche im Weiteren es erlauben den Anteil der ukrainischen Seite zu “verwischen”; die Durchführung der Privatisierung des Odessaer Hafenwerks, “Turboatoms”, “UkrTelekom” und “Sarja-Maschprojekt” im Interesse von russischen Investoren; die Beibehaltung der augenblicklichen Betriebsrichtung der Erdölpipeline Odessa-Brody. Daneben vermutete Kislinskij, dass in der nahen Zukunft das Kabinett auf die Ansprüche an die Gruppe des Unternehmens Vanco verzichtet, da in deren Strukturen Unternehmen eintraten, welche die “Interessen der russischen Regierung” vertreten.
Bleibt anzumerken, dass es einige Widersprüche in den Erklärungen von Kislinskij gab. So teilte er am Anfang der Pressekonferenz mit, dass seine Worte sich auf Publikationen in den Massenmedien stützen und danach versprach er sich einige Male, dass diese oder andere Belege bislang noch nicht publiziert wurden. “Kislinskij hat – natürlich – Zugang zu Informationen aus verschlossenen Quellen und er nutzte diese Informationen in seinen analytischen Untersuchungen.”, erläuterte dem “Kommersant-Ukraine“ ein Informant beim Präsidialamt.
Doch die größte Überraschung für die Journalisten wurde das Finale ihrer Unterhaltung mit dem stellvertretenden Leiter des Präsidialamtes. Danach als er die Liste der Anschuldigungen an die Adresse der Premierin verlesen hatte und begann auf die Fragen zu antworten, unterbrach die Leiterin des Dienstes für Informationspolitik des Präsidialamtes, Larissa Mudrak, unerwartet die Direktübertragung auf dem “Pjatyj/Fünften Kanal”, die Journalisten um Verzeihung bittend teilte sie mit, dass Andre Kislinskij sofort zu einer Besprechung gerufen wird. Am Abend war der stellvertretende Leiter des Präsidialamtes für Kommentare nicht verfügbar und im Präsidialamt teilte man mit, dass es bis zum Montag nicht gelingen wird mit ihm zu reden. Auf der Website des Präsidenten wurde, entgegen der Gewohnheit, gestern die Nachricht zu den Ergebnissen der Pressekonferenz mit Kislinskij nicht veröffentlicht. Dem “Kommersant-Ukraine“ ist aus glaubwürdiger Quelle bekannt, dass die Unterredung, welche den Lauf der Pressekonferenz unterbrach, von Wiktor Juschtschenko persönlich eingefordert wurde.
Die Pressesprecherin der Premierministerin, Marina Soroka, erklärte dem “Kommersant-Ukraine“, dass “die Reaktion (Julia Timoschenkos) bis zum Ende des Tages auf dem Portal der Premierministerin veröffentlicht wird”, jedoch später entschied man sich in der Mannschaft der Premierin das Ganze ohne Kommentare zu umgehen.
Quelle: Kommersant-Ukraine