"Russische Märsche" in der Ukraine
Gestern kam es in Kiew, während der Prozession der Anhänger der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats (UOKMP), zu Zusammenstößen zwischen der Miliz und Aktivisten ukraino-nationalistischer Bewegungen und Parteien. Letztere waren aggressiv eingestellt, da sich zu der kirchlichen Prozession prorussische Extremisten gesellten. Im Übrigen wurde ihre Anwesenheit von der Miliz ignoriert, dafür aber 25 ukrainische Nationalisten festgenommen.
Über die Absicht in Kiew einen “Russischen Marsch” zum Tag der “Nationalen Einheit”, welcher in Russland offiziell am 4. November begangen wird, informierten die Anhänger der in der Ukraine verbotenen Extremistenorganisation “Eurasische Jugendunion” und der Partei “Spas/Erlöser” bereits in der vorigen Woche. Sie wollten in einer Kolonne auf dem Chreschtschatyk marschieren, was aber gerichtlicherseits verboten wurde. Daraufhin erklärten die Aktivisten, dass sie sich der erlaubten Prozession zu Ehren des Feiertages der Ikone der Kasaner Mutter Maria anschließen werden.
Die Vorgänge begannen um 12:30 an den Mauern des Kiewer Höhlenklosters (Petschersker Lawra). Dort versammelten sich etwa 1000 Anhänger der UOKMP, hauptsächlich alte Frauen mit Kirchenfahnen, papiernen Ikonen und Porträts des russischen Zaren Nikolaj II. In der Kolonne waren ebenfalls junge Leute in Camouflagesachen, welche russische, imperiale schwarz-gelb-weiße Flaggen hielten und Transparente mit Losungen wie “Für den Glauben, den Zar und das Vaterland!”. Die Teilnehmer der Prozession lasen Gebete und sangen “Gott, schütze den Zar”. Sich die Gruschewsker Straße hinabbegebend, gingen sie dreimal um das Gebäude der Werchowna Rada herum, begaben sich hinunter zum Europäischen Platz und begannen die “Trjochswjatitelskaja” Straße zum Sophienplatz hinaufzugehen. Doch beim Übergang zur Michaelskathedrale versperrten etwa 30 Aktivisten der ukrainischen nationalistischen Organisationen: der Partei UNA-UNSO, der Organisation “Trisub/Dreizack” namens “Stepan Bandera”, der Bewegung der “Patrioten der Ukraine” und der Allukrainischen Vereinigung “Soboda/Freiheit”, welche in ihren Händen ukrainische Flaggen und UNA-UNSO Symbolik hielten.
“Unter diesen Flaggen wurden ukrainische Patrioten umgebracht! Wir erlauben diesen Missgeburten nicht hier prorussische Umzüge abzuhalten!”, trat einer der Nationalisten auf.
Als die Prozession sich annäherte, erschienen auf der Straße einige Dutzend Millizionäre, welche beide Kolonnen durch Ketten trennten.
“Das ist eine Verfolgung der Rechtgläubigen! Die Prozession wurde noch nie aufgehalten! Fürchtet Gott!”, schrie der Vorsitzende der “Orthodoxen Bruderschaft Alexander Newskis” Julij Egorow in den Lautsprecher.
Auf der anderen Seite der Barrikade wurde zur gleichen Zeit die Hymne der Ukraine gesungen und “Tod den Feinden!” skandiert. Bald darauf kamen zwei Lastwagen der Sondereinsatzkräfte “Bars” an. Die Spezialkräfte sprengten die Kette der Nationalisten und nach kurzem Handgemenge wurden 25 Personen in die Milizautos gebracht, welche sofort wegfuhren.
Danach ging die Prozession weiter zum Sofienplatz, wo die Teilnehmer der Prozession Blumen am Bogdan Chmelnizkij Denkmal niederlegten, dabei skandierend “Ukraine, Rossija, Belarus – das ist die heilige Rus!”.
“Die Russen” konnten in Simferopol marschieren
Gestern fanden gleich zwei “Russische Märsche” in Simferopol statt. Einer von ihnen war von den Anhängern der “Slawischen Partei” auf der Krim organisiert worden. Ihrem Aufruf folgten etwa 200 Menschen, welche sich vor dem Gebäude des Hohen Rates der Krim versammelten. Die Teilnehmer der Aktion hielten Transparente mit Losungen wie “Gib der Krim den russischen Gedanken!” und “Russe? Reih Dich ein!”. Die Teilnehmer gingen zum Obelisken, welcher zu Ehren der Vereinigung der Krim mit dem Russischen Imperium 1783 errichtet wurde, um dort Blumen und Kränze abzulegen. Der Vorsitzende der “Russischen Front namens Sergej Schuwajnikow” Sergej Schwajnikow erklärte dem Kommersant-Ukraine, dass “für den russischen Menschen der 4. November – zur Erinnerung an die russische Geschichte ist.” Bleibt noch anzumerken, dass am Vortag das Eisenbahngericht von Simferopol auf eine Klage der Stadtverwaltung hin, den Marsch verboten hat, es damit begründend, dass Aktionen dieser Art “eine Gefahr für Menschen” sein können. Doch Schuwajnikow geht davon aus, dass es von ihrer Seite her keine Gesetzesverletzungen gab. Sie informierten die Stadtverwaltung über die Durchführung des Marsches per Telegramm.
Eine weitere Aktion führten die Vertreter der Partei “Russischer Block”, die russische Gemeinde der Krim und die Kosakenunion der Krim. Ihnen gelang es neben dem Gebäude des Hohen Rates der Krim etwa 1000 Menschen zu versammeln. Die Teilnehmer der Aktion demonstrierten auf den Simferopoler Straßen, dabei in den Händen Plakate mit dem Bild des russischen Präsidenten Wladimir Putins und Transparente mit Losungen “Für die Heimat! Für Putin! Für die russische Sprache!” haltend. Die Befürchtungen der Rechtsschutzorgane bewahrheiteten sich nicht – aktive Gegner der “Russischen Märsche” in Simferopol fanden sich nicht. Die Milizionäre selbst, reagierten nicht auf die Verletzung der Gerichtsentscheidung.