S&P senkt Ukrainerating


Internationale Analysten glauben nicht an eine Verlangsamung der Inflation in der Ukraine. Gestern verringerte die Ratingagentur Standard & Poor`s (S&P) die langfristigen Ratings des Landes bei Verpflichtungen in Auslands- und Landeswährung. Das verteuert die Ausgabe von Anleihen für ukrainische Emittenten um 1-1,5% und verringert die Attraktivität von ukrainischen Firmen für Portfolioinvestoren, sind sich Banker und Börsenteilnehmer sich. Es ist nicht ausgeschlossen, dass jetzt auch andere Agenturen die Bewertung der Zahlungsfähigkeit der Ukraine in langfristiger Sicht verschlechtern.

Die internationale Ratingagentur S&P verkündete, dass die Regierung der Ukraine unzureichende Maßnahmen im Kampf mit der Inflation ergriffen hat. Den Worten des Kreditanalysten von S&P, Frank Hill, nach, bleibt die Fiskalpolitik der Ukraine sehr prozyklisch bei einem erwarteten Anstieg der nominellen Budgetausgaben in 2008 von mehr als 40%. Diese expansiven Ausgaben fördern den schnellen Anstieg der Inflation, welche das Wachstum der realen Einkünfte untergräbt und die Volatilität der Produktion erweitert, ist sich der Analyst sicher. Daher hat S&P das langfristige Landesrating der Ukraine in ausländischer Währung von BB- auf B+ gesenkt und das langfristige Rating in Landeswährung von BB auf BB- (stabile Prognose). “Die Absenkung spiegelt die Unfähigkeit der ukrainischen Regierung eine Politik der adäquaten Mittel zur Bekämpfung der Inflation in einer überhitzten Wirtschaft durchzuführen.”, merkt Hill an. Tatsächlich beträgt die Verbraucherpreisinflationsrate nach fünf Monaten in 2008 bei 14,6% und im Jahresvergleich bei 31,1%. Im vergangenen Jahr stiegen die Preise um 16,6% (siebenjähriger Rekord).

Diese Entwicklung der Ereignisse hat man bei S&P augenscheinlich erwartet: im letzten Jahr hatte die Agentur als erste unter den internationalen Analysezentren eine scharfe Ausweitung des Preiswachstums in der Ukraine von 2007 auf 2008 in Höhe von 16-17% prognostiziert (”Kommersant-Ukraine“ vom 23. Oktober 2007). Eine Verringerung der Inflation erwartet sie nicht vor 2010. Und im März 2008 hat der Direktor von S&P für die GUS, Alexej Nowikow, im Interview mit dem Kommersant-Ukraine über das Fehlen von Gründen für eine Korrektur des Ratings geredet. Doch jetzt wurden diese von der Agentur gefunden: Die Ukraine, welche ein Rating auf dem Niveau von Serbien, der Mongolei und der Türkei aufwies, stieg um eine Position ab zu Weißrussland und Georgien. Ein Rating von B+ haben ebenfalls Argentinien, Pakistan und Urugay.

Die Absenkung des Ratings wurde von dem Risiko hervorgerufen, dass ein großer Unterschied in der Höhe der Inflation in der Ukraine und dem Anstieg der Preise in den Ländern der Handelspartner das Defizit der laufenden Lesitungsbilanz der Ukraine von 8,4% des BIP in 2007 auf 20% in 2009 erhöhen kann. Bei S&P ist man sich sicher, dass dieses Defizit von einem Zufluss an Kreditmitteln und ausländischen Investitionen finanziert wird und damit die Notwendigkeit der Auslandsfinanzierung von 117% auf 145% der laufenden Leistungsbilanz wächst. Doch die Angreifbarkeit der Finanzrechnung erhöht die Schutzlosigkeit der Ukraine im Falle plötzlicher Pausen im Zufluss von ausländischem Kapital.

Als Risiko erscheinen auch die wachsenden Verluste der Staatlichen Aktiengesellschaft “Naftogas Ukrainy” von den niedrigen Gastarifen mit 6% des BIp und die erwartete Rückgabe der Einlagen der Sberbank/Sparkasse der UdSSR in Höhe von 24% des BIP. “Wenn die Regierung es vermag glaubwürdigere Antiinflationsmaßnahmen zu beschließen, einschließlich einer Begrenzung der laufenden nominalen Ausgaben und der Maßnahmen zur Begrenzung der Dollarisierung der Bankaktiva, können wir die Ratings erhöhen.”, erklärte man bei S&P. Bei der Agentur wurden die kurzfristigen Ratings der Ukraine bei Zahlungsverpflichtungen in Auslands- und Landeswährung bestätigt (B Niveau) und das Rating des Landes auf der nationalen Skala – uaAA. Im Mai verringerte sich die Inflationsgeschwindigkeit um mehr als das Zweifache auf 1,3% und im Juni wird sogar eine Deflation prognostiziert. Übrigens, S&P warnt, dass bei Beibehaltung eines unveränderten politischen Zyklus und der inflationären Budgetpolitik die Ratings unter dem Druck einer möglichen Absenkung stehen.

Die Absenkung des Ratings rief bereits ein Fallen des Wertpapiermarktes hervor und provoziert jetzt einen Anstieg der Kosten für die Ausgabe von Anleihen im Ausland für ukrainische Emittenten, sagen Ökonomen. “Traditionell führt eine solche Verschlechterung zu einer Erhöhung des Spreads zwischen ukrainischen und amerikanischen Obligationen.”, sagt die Analystin der Investmentfirma Dragon Capitol Jelena Belan. “Eine Erweiterung des Spreads kann man bereits in nächster Zeit erwarten.” Der Berater des Vorstandsvorsitzenden der UkrGasBank, Alexander Ochrimenko, schätzt den Anstieg der Zinsen um 1-1,5%.

Analysten betonen, dass die Revision des S&P Ratings mit den Plänen des Finanzministeriums auf dem ausländischen Markt aufzutreten zusammenfiel. “Das Finanzministerium plante bereits Ende Juni auf den ausländischen Kreditmärkten aktiv zu werden. Wahrscheinlich muss das Ministerium jetzt seine Strategie erneuern und mit erhöhten Zinsen bei der Kreditaufnahme rechnen.”, sagt Belan. Ochrimenko geht davon aus, dass das Finanzministerium die Anleihenemission auf den Herbst verschiebt, “wenn die Situation auf den Weltmärkten günstiger ist.”

Alexander Ochrimenko sieht ein anderes Risiko: im Herbst können auch andere Ratingagenturen ihre Prognosen überarbeiten – Moody`s und Fitch, was zusätzlich die Kosten für Kreditressourcen erhöht und dann wird man eine Ausweitung der makroökonomischen Risiken für die Ukraine konstatieren können. “S&P wird als konservativste der Agenturen gesehen und hat bereits am Vorabend der Sommerdeflation die Prognose verschlechtert.”, merkt der Leiter des Hauptdienstes der sozialökonomischen Entwicklung im Präsidialamt, Roman Shukowskij, an. “Wahrscheinlich warten die anderen Ratingagenturen den Herbst ab, um sich davon zu überzeugen: kehrt das Preiswachstum zu den vorherigen Tempi zurück oder wird es eine geringere Inflation geben.”

Im Übrigen gab die Agentur Fitch bereits Ende Mai zu verstehen, dass sie das Rating der Ukraine überarbeiten könnte, welches gerade gleich dem vorherigen von S&P ist – BB-. Fitch definierte die zehn Länder mit sich entwickelnder Wirtschaft, welche am Gefährdetsten gegenüber Inflationsschocks sind. Die Ukraine nahm dort den zweiten Platz ein, sie wurde nur von Jamajka überholt. “Dem pessimistischsten Szenario nach, verlieren die Investoren das Vertrauen zu den Aktiva in einheimischer Währung, was Volatilität auf den Finanz- und Währungsmärkten hervorruft.”, erklärte der Leiter der analytischen Gruppe Fitch bei Länderratings David Reilly. Lediglich die Agentur Mood`s setzte die Ukraine bei Länderratings Ende März auf die Liste der Länder mit einer möglichen Erhöhung.

Die Absenkung des Ratings der Ukraine wirkt sich negativ auf die Wirtschaft aus. “Die ukrainischen Banken werden es schwerer haben ausländische Kredite zu bekommen, was sich auf die Kosten der von ihnen ausgegebenen Kredite an Unternehmen auswirkt.”, ist sich der Präsident der Assoziation der ukrainischen Banken, Alexander Sugonjako, sicher. Dies bestätigt noch einmal das, dass nach dem Wachstum der Außenverschuldung des Finanzsektors in 2007 von 75% in diesem Jahr “nur” ein Anstieg von 30-35% erwartet wird. Die Verschlechterung des Ratings verringert den Wunsch von Portfolioinvestoren in den ukrainischen Wertpapiermarkt zu investieren, insbesondere unter den Bedingungen des sommerlichen Stillstandes, fügen Marktteilnehmer hinzu. “Die Erhöhung der Geldkosten für ukrainische Unternehmen führt automatisch zu einer Verringerung der Werte der Unternehmen selbst.”, sagt Direktor der Investmentfirma Galt & Taggart Securities, Sergej Lesik. Daher, seinen Worten nach, könnten viele Unternehmen erneut die Durchführung der geplanten Börsengänge verschieben.

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 1177

Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Vielleicht sollten Sie eine Spende in Betracht ziehen.
Diskussionen zu diesem Artikel und anderen Themen finden Sie auch im Forum.

Benachrichtigungen über neue Beiträge gibt es per Facebook, Google News, Mastodon, Telegram, X (ehemals Twitter), VK, RSS und per täglicher oder wöchentlicher E-Mail.