Ukraine bittet um Preisnachlass über 4 Mrd. $ bei russischem Erdgas
Premierminister Nikolaj Asarow bittet Russland um einen Preisnachlass bei Gas für das Jahr 2010 in Höhe von 4 Mrd. $. Im Austausch dafür könnte die Russische Föderation am Bau zweier Blöcke des Chmelnizkijer Atomkraftwerks mit dem nachfolgenden Verkauf von Elektroenergie in der Ukraine und nach Europa beteiligt werden und ebenfalls die Integration der ukrainischen Flugzeugbauunternehmen in die „Vereinte Flugzeugbaugesellschaft“ erhalten. Die Gründung eines Gastransportkonsortiums unter Beteiligung von „Gasprom“ hörte auf Hauptgegenstand der Verhandlungen mit der russischen Seite zu sein.
Das Treffen des Kabinettschefs, Nikolaj Asarow, mit dem Premierminister Russischen Föderation, Wladimir Putin, fand am Sonnabend auf dem Moskauer Flughafen „Wnukowo“ statt; vor dem Abflug des letzteren nach Smolensk zum Platz der Flugzeugkatastrophe, an dem an diesem Morgen der Präsident Polens, Lech Kaczyński starb. Daher wurde dem Premierminister nur eine halbe Stunde zuteil. Den Ergebnissen des Treffens nach teilte Putin mit, dass Nikolaj Asarow „Vorschläge einer Reihe von Fragen im Gasbereich machte“. „Die Angebote sind interessant. Sie erfordern eine Ausarbeitung. Wir müssen darüber nachdenken und diese abwägen“, erläuterte der russische Premier.
Asarow erzählte „noch am Freitagabend“ im Programm des Senders „Inter“, was die Ukraine möchtet. „Wir werden Russland bitten den Gaspreis um 4 Mrd. $ im Jahr zu senken“, sagte er. „Falls Moskau zustimmt den Preis vom II. Quartal 2010 an zu ändern, könnte Russland im Ergebnis des III. Quartals 3 Mrd. $ an Mindereinnahmen haben und insgesamt im Jahr etwa 4 Mrd. $“. Im II. Quartal beträgt der Gaspreis für die Ukraine 330$ pro tausend Kubikmeter gegenüber 305$ im I. Quartal. Ein Informant des “Kommersant-Ukraine“ bei der NAK (Nationalen Aktiengesellschaft) „Naftogas Ukrainy“ sagt, dass der mittlere Jahrespreis für importiertes russisches Gas ohne Nachlass 334$ pro tausend Kubikmeter betragen wird. Den Berechnungen von Maxim Schein von „BrokerCreditService“ nach, müsste „Gasprom“, wenn Moskau den Vorschlag Kiews annimmt, den Preis auf 245$ senken. Der Vertreter des russischen Monopolisten Sergej Kuprijanow verzichtete darauf den Verlauf der Verhandlungen zu kommentieren, doch er betonte, dass der Leiter des Energieministeriums, Jurij Bojko, am 8. April in Moskau versprach die Gaseinkaufsmenge in diesem Jahr um 8,3% auf 36,5 Mrd. Kubikmeter zu erhöhen.
Als Kompensation für den Nachlass bietet die Ukraine „Projekte und Kooperationen in der Atomwirtschaft und anderen Bereichen zu gegenseitigem Vorteil an“, präzisierte Nikolaj Asarow. Wladimir Putin bestätigte, dass man mit dem ukrainischen Kollegen eine Zusammenarbeit in der Atomenergiewirtschaft diskutiert habe, insbesondere die Möglichkeit eine Kreditvergabe durch Russland für den Bau des dritten und vierten Blocks des Chmelnizkijer Atomkraftwerks (5-6 Mrd. $). Außerdem untersuchen beide Seiten die Möglichkeit des Baus einer Fabrik für die Herstellung von Atombrennstoffen in der Ukraine und setzen die Verhandlungen zum Liefervertrag für Atombrennstoffe fort. Am Freitag hatte ein Informant bei „Energoatom“ der Agentur „Prime-TASS“ mitgeteilt, dass derzeit das Projekt eines fünfjährigen Vertrages (vorher war es ein zehnjähriger) diskutiert wird. Im Jahr 2008 hatte die Ukraine einen Vertrag über die Lieferung von Atombrennstoffen in den Jahren 2011-2015 mit dem amerikanischen Unternehmen Westinghouse unterzeichnet, was zum Gegenstand des Konflikts mit Moskau wurde.
Neben dem Genannten ist Russland am Erhalt von Aktiva im ukrainischen Flugzeugbau interessiert. Bei der „Objedinennaja Awiastroitelnaja Korporazija“ (OAK) erzählte man gestern dem “Kommersant-Ukraine“, dass die Frage der Integretion in diese für die ukrainischen Flugzeugbauwerke praktisch bei jedem Treffen der russischen und ukrainischen Premierminister in Betracht gezogen wird, manchmal unter Beteiligung des Präsidenten der OAK, Alexej Fedorow. Bislang steht die Ukraine noch vor einer Umwandlung der staatlichen Flugzeugbauunternehmen in Aktiengesellschaften, wonach man diese bewerten und Verhandlung mit einem konkreten Schema ihrer Aufnahme in die OAK führen kann. Gleichzeitig hatten in einem kürzlichen Interview der Generalkonstrukteur des Antonowwerks, Alexander Kiwa, und der Verwaltungsratsvorsitzende der „Motor-Sitsch“, Wjatscheslaw Boguslajew, gesagt, dass die Ukraine nicht bereit ist der Russischen Föderation mehr als 49% der Aktien der Flugzeugbauwerke zu geben, wo gleichzeitig die OAK am Kontrollpaket interessiert ist.
Gegenüber dem Projekt der Gründung eines Gaskonsortiums bei der Verwaltung des ukrainischen Gastransportsystems (GTS), welches noch vor Kurzem eines der Schlüsselelemente der Verhandlungen war, ist das Interesse Russlands abgekühlt. „Wir haben ein Interesse an der Verwirklichung dieses Projekts“, erklärte am Freitag der Chef von „Gasprom“, Alexej Miller. „Doch als wir das Memorandum zur Gründung des Konsortiums unterzeichneten (im Jahre 2002), war die Situation auf dem Gasmarkt eine andere. Derzeit wird der Gasmarkt globaler und globaler. ‘Gasprom’ liefert den Brennstoff in die entferntesten Punkte als Substitionsprodukt“. Asarow gab ebenfalls zu, dass „insgesamt braucht Russland das ukrainische GTS nicht“. „Sie bauen gerade zwei Umgehungsrouten (die Gasleitungen Nord Stream und South Stream), haben einen Transitvertrag für Gas mit uns über zehn Jahre. Wozu brauchen sie noch andere Kopfschmerzen, wie die Modernisierung des GTS?“.
Michail Kortschemkin von East European Gas Analysis ist überzeugt, dass jetzt die Gasverhandlungen mit politischen Bestandteilen verstärkt werden. „Ungelöst ist die Frage der russischen Militärbasis am Schwarzen Meer, es gibt eine Reihe von internationalen Initiativen, solchen wie die Unterstützung des Beitritts von Russland zur WTO durch Kiew, die Rückgabe von russischen Unternehmen im Erdölmarkt und andere“.
Natalja Grib, Pjotr Mironenko, Wladimir Stepanow
Quelle: Kommersant-Ukraine