Ukrainische Kirchen feiern 1.020 Jahre Christianisierung wohl getrennt
Gestern traf sich Präsident Wiktor Juschtschenko mit den Vertretern des Allukrainischen Rates der Kirchen und der religiösen Organisationen. Nach der ausführlichen Rede über die Einheit der Orthodoxie verlieh der Präsident den Oberhäuptern der drei Konfessionen die höchste Auszeichnung der Ukraine – den Orden erster Klasse des Fürsten Jaroslaw des Weisen. Dabei sind sich Experten sicher, dass die orthodoxe Welt so nah wie noch nie an einer Spaltung ist.
Gestern fand im Präsidialamt ein Treffen Wiktor Juschtschenkos mit den Vertretern des Allukrainischen Rates der Kirchen und der religiösen Organisationen statt, welche dem anstehenden Ereignis der Feier des 1020. Jahrestags der Taufe der Rus gewidmet war. Der Präsident wandte sich an die Anwesenden mit einer ausführlichen halbstündigen Rede über die „untrennbaren Werte“ und die „goldenen Zeiten“?? der Kiewer Rus. Juschtschenko drückte seine Zuversicht aus, dass die anstehende Feier einen Impuls zur Vereinigung der ukrainischen Orthodoxie gibt, in der er einen Unterpfand für die „Einheit der ukrainischen Nation“ sieht. Der Präsident nannte den 1020. Jahrestag der Taufe der Rus einen Feiertag aller Bürger der Ukraine, unabhängig von ihren religiösen Ansichten. „Alle unsere zivilisatorischen Erfolge, Leistungen, die heutige nationale und europäische Identität verdanken wir der schicksalhaften Wahl, welche 988 getan wurde.“, unterstrich er.
Am Ende des Auftritts von Wiktor Juschtschenko sprach er, seine Augen nicht vom Blatt mit dem Text des Auftrittes abwendend, aus: „Und jetzt möchte ich einige für mich besondere Worte sagen“, wonach er noch einmal die These über die Notwendigkeit der Einheit der orthodoxen Konfessionen wiederholte und die Anwesenden darin versicherte, dass die Regierung sich nicht in die Sache der Kirchen einmischen wird.
Seinen Auftritt beendend, ging der Präsident zur Ehrung der Vertreter der religiösen Konfessionen über, diese dabei zu Festveranstaltung einladend. Mit dem Orden erster Klasse Jaroslaws des Weisen wurden geehrt: der Patriarch Kiews und der ganzen Rus-Ukraine der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Kiewer Patriarchats (UOK KP) Filaret (Denissenko), der Metropolit Kiews und der ganzen Rus-Ukraine, der Vertreter der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats (UOK KP), Wladimir (Sabodan) und der Patriarch Kiews und der ganzen Rus-Ukraine, das Haupt der Ukrainisch-Autokephalen Orthodoxen Kirche (UAOK), Method (Kudrjakow). Dabei machte der Metropolit Wladimir, als die erste Mitteilung über die Überreichung der höchsten Auszeichnung des ukrainischen Staates verkündet wurde, eine Bewegung, um sich zu erheben, doch Wiktor Juschtschenko übergab den ersten Orden an den Patriarchen Filaret.
Nach der Beendigung der Zeremonie teilte der Sekretär des Vorstehers der UOK MP des Bischofs von Perejaslaw-Chmelnizkij Alexander (Drabinko) mit, dass, ungeachtet der Einladung Juschtschenkos, an den gemeinsamen Festgottesdiensten des Patriarchen Bartholomäus I. und des Patriarchen Moskaus und der ganzen Rus Alexej II. die Hierarchien der UOK KP und der UKOK nicht teilnehmen können, da „nach vorläufiger Einigung, an den Gebeten, welche vom Ökumenischen Patriarchen oder gemeinsam von ihm mit Vertretern der lokalen Kirche durchgeführt werden, keine nichtkanonischen Gruppen teilnehmen können“. „Wenn man uns einlädt zu einem gemeinsamen Gebet, dann kommen wir“, kommentierte diese Erklärung der Patriarch Filaret. Dabei teilte er mit, dass die UOK KP Arbeiten zur Vorbereitung einer eigenen Festveranstaltung durchführt.
Der Dozent der Lwiwer Nationaluniversität, der Religionswissenschaftler Andrej Jurasch, geht davon aus, dass in der letzten Zeit sich die Ereignisse in der orthodoxen Welt so zielstrebig ändern, dass man bereits nicht mehr sicher sein kann, dass es die Umsetzung eines Programms für eine Feier geben wird. Seiner Meinung nach, wird die Aussicht auf eine Erklärung des Konstantinopler Patriarchats zu den Zuständigkeitsrechten auf dem Territorium der Ukraine in den letzten Wochen immer wahrscheinlicher. Die Position Konstantinopels wird härter aufgrund der provokativen Handlungen Moskaus. Als Ergebnis beginnt man die strittigen Fragen, welche nicht öffentlich diskutiert wurden, auf offizieller Ebene zu Tage zu treten. „Der Brief mit vier Forderungen an Konstantinopel, auf der Ökumenischen Versammlung der Russischen Orthodoxen Kirche beschlossen, erinnert bereits an nichtkirchliche Diplomatie und an einen echten theologischen Krieg“, sagte dem „Kommersant-Ukraine“ Andrej Jurasch.
Quelle: Kommersant-Ukraine