"Unterbrechen Sie mich nicht, denn ich bin ein Mann und aus dem Ausland"


“Unterbrechen Sie mich nicht, denn ich bin ein Mann und aus dem Ausland!” Diese Phrase (in russischer Sprache, A.d.Ü.), die ich bei unserem ersten Telefongespräch hörte, brachte mich reichlich durcheinander, Grobheit von einem deutschen Korrespondenten hatte ich naiverweise einfach nicht erwartet.

In 15 Jahren Zusammenarbeit mit verschiedenen ausländischen (darunter auch deutschen) TV-Sendern haben uns Humor und gesunder Menschenverstand stets vor Konfrontationen bewahrt. Schließlich machten Polen ihren Frieden damit (oder taten zumindest so), dass Lwów (polnische Schreibweise von Lviv, A.d.Ü.) keine polnische Stadt ist, Russen kauften sich T-Shirts “Danke, Gott, dass ich kein Moskowiter bin”. Jeder der durchziehenden Fernsehmacher hatte seine Sicht der Dinge, aber niemand verlor seinen menschlichen Anschein bei der Umsetzung seiner redaktionellen Aufgaben. Selbst die Moskauer, die man zur Zeit der orangenen Revolution in die Stadt geschickt hatte, um mit versteckter Kamera “bewaffnete Banderivzi” abzulichten, entschuldigten sich am zweiten Tag: “entschuldigt bitte, Leute, man hat uns diese Aufgabe gegeben – sch…e”.

Etwas in der Art (ich rede nicht von einer Entschuldigung) hatte auch Markus Reher, der “Mann aus dem Ausland” und Korrespondent der “Deutschen Welle” als Zweck seines Aufenthalts – den Ideen seines Kanals ergeben, arrogant und in dem Glauben, durch ein paar Jahre im Moskauer Büro die slawische Mentalität zu kennen.

Von mir als lokaler Produzentin wurde erwartet, die Helden für seine Geschichte zu finden und die Dreharbeiten zu organisieren. “Ich will das Wort ‘unmöglich’ nicht hören, denn Sie müssen für mich das Unmögliche tun und mir sogar einen Sportler besorgen, wenn nötig. Ist Ihnen das klar?”, ging er mich sofort bei der Besprechung an. Mein Vorrat an Geduld war in diesem Moment noch nicht erschöpft, und ich machte in tolerantem Ton deutlich, dass ich keine Zauberin sei, die unmögliches tun könne. Aber vergeblich waren meine Versuche, diese “Berliner Mauer” zu überzeugen, dass weil er von der “Deutschen Welle” war, sich vor ihm in Lviv nicht einfach so das Meer teilen würde. Und er fuhr fort, voller Selbstvertrauen Druck auf die auszuüben, die bei den Dreharbeiten widersprachen: “Ist Ihnen klar, dass das meine Geschichte zum Einsturz bringt?!” Und tatsächlich war er davon überzeugt, dass hier in Lviv, Leute, die er nicht einmal kannte, sich Sorgen um seine Geschichte zu machen hatten.

Ich bitte um Entschuldigung, dies war keine Geschichte, es war eine Reportage! “Dies ist eine Rrrreporrrtage, da muss es Action geben, Action, ist Ihnen das klar!!!” Nun, Mychalnytschyn von “Swoboda” (Swoboda: rechtspopulistische ukrainische Partei, A.d.Ü.), war es nicht “klar”, und er weigerte sich, im Stadtzentrum vor der Kamera Postkarten zu verteilen: “Sie wollen Action, nun dann sollten sie kommen, wenn wir Action produzieren.”

Bei uns in der Ukraine zeigt eine Reportage etwas, das passiert. Bei denen hingegen wird grob gesagt ein Drehbuch in Berlin geschrieben und dann “vor Ort” umgesetzt. Wenn dann die tatsächliche Situation von der der konzipierten abweicht, bringt das die “Rrrreporrrrtage zum Einsturz”. Markus hatte die Aufgabe, von unserem Land ein Bild zu zeichnen, so dass die Aufrufe von Kanzlerin Merkel, die EM zu boykottieren, nicht unbegründet erscheinen und nicht nur Sorge der Politiker sein sollten. Somit, abstoßend durch die Zusammenstöße zwischen Lviver und Dortmunder Fans im Jahr 2010 sollte Lviv dem deutschen Publikum als die Hauptstadt tollwütiger Nationalisten erscheinen.

Aber zu jener Zeit war es unser Korrespondent, der wütete, weil seine Geschichte zum “Einsturz” gebracht wurde. Da war nun ein brasilianischer Legionär des FK “Karpaty“und antwortete in die Kamera, dass hier sowohl die Leute prima also auch die Fans großartig seien; die wirklichen Verrückten seien – die Brasilianer. Beim FK “Karpaty” wich man dem Interview vorsichtig aus, weil man die wahren Absichten des deutschen Gastes schon erraten hatte. Aber er, obwohl er gegen das Verbot von Dreharbeiten während eines Fußballspiels verstieß, forderte er kühn ein Treffen mit einem Vertreter des Clubs, “weil Sie benötigt werden.”

Sein nächstes Opfer waren die Ultras. “Was, wenn diese Ultras ins Zentrum gehen und dort einen brasilianischen Spieler verprügeln, was denkst Du? Hihi..” Da sind sie, die Prinzipien der freien westlichen Medien, da ist ihre Unparteilichkeit! Die Ultras erwiesen sich als clevere Jungs, und das Gespräch mit dem Deutschen fiel kurz aus.

“Das ist ja ein schönes Irrenhaus hier, Ihr macht Euch über mich lustig!!!” Das schrie er noch bis zum Treffen mit unserer Polizei, die die Fernsehleute zunächst eingeladen hatte, sie dann aber doch nicht einließ. Nun, so etwas kommt vor. Auf die Frage von Markus “warum?” antwortete ich, dass er ein schlechtes Karma habe, was den ausländischen Gast sehr beleidigte, der sich selber noch am Vorabend nicht geschämt hatte, sämtliche “Helden” seiner Geschichte hinter deren Rücken als “Idioten” zu bezeichnen. Mit Sadowyj (dem Bürgermeister von Lviv, A.d.Ü.), war es noch so eine Geschichte:

- Kann man ihn mit dem Vornamen ansprechen?

- Also, sprechen Sie Putin auch mit “Wolodja” an?

- Nein, er ist ja Präsident.

- Aber der hier ist Präsident der Stadt, und daher heißt er für Sie “Herr Sadowyj”, oder Herr Bürgermeister, klar?

Ich weiß nicht, ob ihm das “klar” war, aber ich fühle mich immer noch unwohl ob der Tatsache, dass ein Vertreter der westlichen Presse, deren Beispiel wir als Studenten gefolgt waren, uns eine solche Demonstration gab für voreingenommenen und manipulativen Journalismus.

07.Mai 2012 // Ljuba Sorokina

Quelle: Zaxid.net

A.d.Ü.: Die Rrrreporrrrtage um die es in diesem Artikel geht, ist mittlerweile erschienen und kann bei der Deutschen Welle online angesehen werden.

Martin Dietze analysierte in Rassismus vor der EM? noch die Situation um die Rassismusvorwürfe.

Zur Diskussion des Themas im Forum: Нє пєрєбівайтє, патамушта я мужчіна і я із-за граніці!!!

Übersetzer:    — Wörter: 983

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