WikiLeaks: Luzenko erzählt über den Befehl Turtschinow zu verhaften


Die Seite Russkij Reportjor hat einen neuen Ausschnitt von WikiLeaks veröffentlicht – ein Bericht des US-Botschafters John Herbst vom April 2006 den Ergebnissen seines Treffens mit dem Innenminister Jurij Luzenko nach.

Luzenko teilt mit, dass er eine Anweisung von der Generalstaatsanwaltschaft erhalten hat, die engsten Mitstreiter Timoschenkos, Alexander Turtschinow und Andrej Koshemjakin, im Rahmen der Ermittlungen zur Vernichtung des „Dossiers Mogiljewitsch“ beim SBU verhaften zu lassen.

Luzenko teilte dem Botschafter mit, dass er diese Weisung verschleppt. Dabei bezog sich Luzenko kritisch auf Turtschinow. Luzenkos Meinung nach versucht Timoschenko Turtschinow deswegen zum Innenminister zu machen, da dieser Informationen über ihre Feinde sammelte.

Geheim: SECTION 01 OF 02 KIEW 001531 SIPDIS SIPDIS E.O. 12958: DECL: 04/14/2016 
Stichworte: PHUM, PGOV, PINR, SOCI, UP
h2. Thema: Ukraine: Innenminister befahl den Helfer Timoschenkos zu verhaften

Vom Botschafter gemäß 1.4 (b) und (d) als geheim eingestuft.

1. (C) Der Innenminister Jurij Luzenko teilte dem Botschafter am 14. April mit, das der Generalstaatsanwalt ihm befohlen hat wichtige Politiker aus dem Block Julia Timoschenko, Alexander Turtschinow und Andrej Koshemjakin, für die illegale Vernichtung von Dokumenten des Sicherheitsdienstes der Ukraine (SBU) zu verhaften, welche den Januar Gasvertrag mit Russland und die Sache Semjon Mogiljewitsch betreffen, einer Figur die mit der organisierten Kriminalität in Verbindung steht.

Turtschinow arbeitete als Leiter des SBU, als Timoschenko Premierministerin war (Februar-September 2005). Koshemjakin war Stellvertreter Turtschinows bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität. In dem von der Ukrainskaja Prawda am 16. März verbreiteteten Artikel wird unter Verweis auf Quellen beim SBU behauptet, dass Koshemjakin, nur einen Tag bevor Premierministerin Julia Timoschenko ihres Postens enthoben wurde (8. September 2005), einen Befehl zur Vernichtung der Dokumente zu Mogiljewitsch unterzeichnet hatte.

Der Artikel in der “Prawda” schließt nicht aus, dass die Dokumente eventuell vernichtet wurden, da sie Beweise für die ungesetzliche Abhörung von Timoschenkos Gegnern, solchen wie Pjotr Poroschenko und/oder Beweise für anrüchige Geschäfte zwischen Mogiljewitsch und Timoschenko enthielten, die stattfanden, als sie Leiterin des Unternehmens United Energy Systems in der zweiten Hälfte der 1990er war.

Luzenko bezeichnete die von Generalstaatsanwalt Medwedko unterzeichnete Order zur Verhaftung als „idiotisch“ und offensichtlich vom Rivalen Timoschenkos und bekannten Patron Medwedkos, Pjotr Poroschenko, initiiert worden, nichtsdestotrotz, war der Innenminister gesetzlich dazu verpflichtet den Befehl auszuführen. Luzenko erzählte, dass sein Ministerium nur „die Formalitäten“ einhalten, doch Turtschinow und Koshemjakin nicht wirklich verhaften wird. Dieser Ansatz wurde von Präsident Juschtschenko persönlich gutgeheißen.

Den Kommentaren des Stellvertreters des Botschafters nach, warnte Luzenko davor, dass es gefährlich sein könnte Turtschinow als Innenminister arbeiten zu lassen, wie es das Abkommen der Orangen Revolution vorsah. Luzenko nach war Turtschinow für Timoschenko nur dafür notwendig, um Informationen über ihre Feinde zu sammeln.

2. (C) Während des Treffens mit dem Botschafter am 14. April teilte Innenminister Jurij Luzenko mit, dass der Generalstaatsanwalt Alexander Medwedko ihm am 12. April befahl zwei sichtbare Politiker aus dem Block Timoschenko zu verhaften: Alexander Turtschinow und Andrej Koshemjakin. Turtschinow, die Nummer 2 der Parteiliste, war der Leiter des Sicherheitsdienstes der Ukraine (SBU), als Timoschenko Premierministerin war (von Februar bis September 2005); Koshemjakin, die Nr. 25 in der Parteiliste, arbeitete als Stellvertreter Turtschinows beim SBU (war für die Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität zuständig).

Luzenko erklärte, dass der Generalstaatsanwalt beabsichtigte die Männer zu beschuldigen, dass sie illegal Geheimdokumente über das Januarabkommen der Ukraine mit Russland bei den Gaslieferungen und einige Bände in der Angelegenheit des Chefs einer Bande organisierter Krimineller, Semjon Mogiljewitsch, vernichtet haben.

3. (U) am 16. März hatte die populäre Internetnachrichtenseite Ukrainskaja Prawda ausführlich über die Vernichtung der Materialien zur Angelegenheit Mogiljewitsch berichtet. Dabei ungenannte Informanten beim SBU zitierend, behauptete die „UP“, dass Turtschinow befahl alle 13 Bände der Materialien zu Mogiljewitsch, beginnend vom Jahre 1993 an, zu vernichten.

Den Angaben der „UP“ nach übergab der SBU am 22. Februar die Ergebnisse der internen Ermittlungen zu dem Vorfall an das Büro des Staatsanwalts. Wahrscheinlich ist, dass das Dossier des SBU die schriftliche Erlaubnis Koshemjakins zur Vernichtung der Materialien über Mogiljewitsch enthielt. Das Datum der schriftlichen Erlaubnis ist, wie mitgeteilt wird, der 7. September 2005, einen Tag vor der Ablösung der Regierung Timoschenko.

4. (U) Im Artikel der „UP“ werden, erneut unter Verweis auf ungenannte Informanten beim SBU, drei mögliche Gründe für das Auftauchen des von womöglich von Turtschinow unterzeichneten Befehls zu Vernichtung hervorgehoben: 1.) die Ordner enthielten Beweise, dass der SBU illegal Gespräche des damaligen Sekretärs des nationalen Rates für Sicherheit und Verteidigung, Pjotr Poroschenko, des Senior-Beraters des Präsidenten, Alexander Tretjakow, und des Bruders von Präsident Juschtschenko, Pjotr, aufzeichete. Die Dokumente wurden vor der Vernichtung kopiert, das heißt, sie könnten zukünftig für die Diskreditierung von Präsident Juschtschenko und anderer sichtbarer Politiker genutzt werden.

(Anmerkung: nach ukrainischen Gesetzen sind die Rechtsschutzorgane, wenn die Originale vernichtet worden sind, nicht berechtigt Strafverfahren für die „Offenbarung von Ermittlungsgeheimnissen“ einleiten; und/oder KIEV 00001531 002 OF 002 die Dokumente enthielten Informationen über die Zusammenarbeit von Timoschenko und Mogiljewitsch während der zweiten Hälfte der 1990er Jahre, als Timoschenko das Unternehmen United Energy Systems leitete.

5. (C) Luzenko charakterisierte den Befehl des Generalstaatsanwalts Turtschinow und Koshemjakin zu verhaften als „verrückt“, jedoch war das Innenministerium in jedem Fall per Gesetz dazu verpflichtet diesen Befehl auszuführen. Luzenko sagte, dass sein Ministerium „die Formalitäten befolgen“, doch keinen der Politiker verhaften wird.

Luzenko fügte ebenfalls hinzu, dass er Präsident Juschtschenko anrief und ihm seinen „Kurs der Tatenlosigkeit“ erläuterte, mit dem Juschtschenko einverstanden war. In der Antwort auf eine Nachfrage des Botschafters bestätigte Luzenko, dass der Generalstaatsanwalt die Haftorder auf Bitte von Poroschenko herausgegeben hat. Luzenko fügte hinzu, dass Turtschinow „über alles Bescheid wusste“.

6. (C) Zu einem anderen Thema übergehend, wiederholte Luzenko, was er dem Stellvertreter des Botschafters bereits am 11. April gesagt hatte, hervorhebend, dass sich das Vorhaben es Turtschinow gemäß der Vereinbarungen der Orangen Koalition zu gestatten Innenminister zu werden als unsicher erweisen könnte, da Timoschenko Turtschinow in das Ministerium setzen wollte, damit dieser gefährliche Informationen über ihre politischen Feinde sammelt, behauptet Luzenko.

7. (C) Dieser Vorfall beleuchtet die außerordentlichen Maßnahmen die Poroschenko in seiner Gegnerschaft Timoschenko zu ergreifen bereit ist.

Er scheut keinen Aufwand, um ihr die Anschwärzung als korrupten Staatsangestellten während ihres Kampfes im September 2005 heimzuzahlen, was zur Ablösung Timoschenkos vom Posten der Premierministerin und der Entlassung Poroschenkos vom Posten des Sekretärs des Rates für nationale Sicherheit und Verteidigung der Ukraine führte, die Besorgnis Luzenkos bezüglich Turtschinow als Innenminister sind nicht ausgedacht.

8. (U) Besuchen Sie die geheime Seite der Botschaft in Kiew unter der Adresse: www.state.sgov.gov/p/eur/kiev

Herbst

Quelle: Ukrainskaja Prawda

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 1081

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