Alle vierzig Minuten wird in der Ukraine jemand gefoltert
Am Vorabend des Internationalen Tages zur Unterstützung der Opfer von Folter kommen Menschenrechtler zu der enttäuschenden Schlussfolgerung: Folter ist in der Ukraine bereits keine Seltenheit mehr, sondern eine alltägliche Erscheinung.
Wie der Experte der Charkower Menschenrechtsgruppe, Boris Sacharow, meint, ist der Hauptgrund von Folter bei der Miliz die Notwendigkeit den Verbrechensaufklärungsplan zu erfüllen, der den Rechtsschützern vom derzeitigen Innenminister gestellt wird.
Das Ziel ist wichtiger als die Mittel und daher werden unschuldige Leute zu Opfern, meint Boris Sacharow. Mithilfe brutaler Erniedrigungen kann man Geständnisse für jedes Verbrechen herausprügeln.
„Dies ist von den Ausmaßen her ein größeres Problem, als die Tuberkuloseepidemie“, sagte Boris Sacharow. „An Tuberkulose sind mehr als eine halbe Million erkrankt und im letzten Jahr wurden 800.000 Menschen Folter unterzogen“.
Dabei sagt der Menschenrechtler, dass die Fälle der Aufklärung von Folter äußerst selten sind und dann nicht nach Artikel 127 des Strafgesetzbuches („Verbot von Folter“) verfolgt werden.
„Es werden hauptsächlich die Artikel 354, 364 („Missbrauch der Dienstposition“?? oder „Überschreitung der Dienstvollmachten/Amtsmissbrauch“) angewendet„, erzählte die Expertin der Charkower Menschenrechtsgruppe, Ljudmila Klotschko. ??„Das bestürzt etwas: wenn er jemanden etwas geschlagen hat, dann ist es Missbrauch, und wenn er jemanden stark verprügelt hat, dann ist es eine Überschreitung“.
Den Worten der Menschenrechtler nach, hat der Europäische Gerichtshof seit Anfang des Jahres vier Urteile gefällt, in denen er anerkannte, dass der Staat Ukraine gegen den Artikel 3 der Europäischen Konvention für Menschenrechte („Verbot von Folter und brutaler Behandlung“) verstoßen hat. Die Entschädigungssumme für die Opfer betrug fast 100.000 €, diese soll der Staat ersetzen und nicht die am Verbrechen schuldigen Personen.
Wie Ljudmila Klotschko sagt, gilt in der Ukraine das Gesetz „Über die Umsetzung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs und die Anwendung der Praktiken des Europäischen Gerichtshofs durch die Gerichte der Ukraine“, in diesem ist eine Rückgriffsklage/ein Regress vorgesehen, wenn die schuldigen Organe dem Staatshaushalt die Entschädigungssumme ersetzen sollen. Doch macht das Justizministerium in Wirklichkeit keine derartigen Ansprüche geltend.
Gegen die Folter bei den Rechtsschutzorganen sind Menschenrechtsorganisationen mehrfach aufgetreten. Am 23. Juni fand eine Protestaktion beim Gebäude der Generalstaatsanwaltschaft in Kiew und in zehn Oblasten der Ukraine statt.
Quelle: Lewyj Bereg