Die Eigentumsstrukturen der wichtigsten Massenmedien in der Ukraine
Die Entwicklung der Medienstruktur und ihrer Eigentumsverhältnisse in der unabhängigen Ukraine war ein komplizierter und langwieriger Prozess, welcher noch immer andauert. Er lässt sich in Etappen einteilen, welche zeitlich mit den Präsidentschaften von Leonid Krawtschuk, Leonid Kutschma und Viktor Juschtschenko zusammenfallen. Es geht vor allem um große gesellschaftspolitische Medien mit landesweiter Reichweite. Sie sind zentrale Akteure bei politischen Auseinandersetzungen, weil sie einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die öffentliche Meinung ausüben. Die vorliegende Analyse der Eigentümerstrukturen von ukrainischen Medien beruht auf Informationen aus offen zugänglichen Quellen.¹
Die Entwicklung der Eigentumsstrukturen unter der Präsidentschaft von Leonid Krawtschuk
Zu Sowjetzeiten befanden sich alle ukrainischen (wie auch alle übrigen sowjetischen) Medien unter der Kontrolle des Staates und der Kommunistischen Partei. So waren tatsächliche Herausgeber der Druckmedien verschiedene Organisationen der Kommunistischen Partei und des Komsomol (der Jugendorganisation der KPdSU), die diese Medien auch finanzierten. Hörfunk und Fernsehen waren staatliches Eigentum und wurden aus dem Staatsaushalt finanziert. Darüber hinaus war die Zahl der Druckmedien und Sendeanstalten begrenzt. So gab es in der Sowjetukraine lediglich zwei Fernseh- und drei Hörfunkkanäle. Die Zahl der überregionalen Zeitungen war ebenfalls gering. Eine gewisse Demokratisierung der Medien erfolgte während der Perestrojka unter Gorbatschow. Im Jahre 1990 wurde das Gesetz „Über die Presse und andere Massenmedien“ verabschiedet. Dieses Gesetz erlaubte freie Meinungsäußerung und untersagte die Zensur. Kraft dieses Gesetzes durften nicht nur Parteiorganisationen, sondern auch private Unternehmen und sogar einfache Bürger Herausgeber von Medien sein (KULYK 2010).
Die junge Ukraine erbte das System der sowjetischen Parteimedien. Aber parallel dazu entstanden auch neue Medien. Zunächst erhielten einige bestehende Untergrundmedien die Zulassung. Das waren Pressetitel, welche ukrainische Dissidenten in sowjetischen Zeiten illegal herausgaben. Auf diese Weise entstand die in ukrainischen Medienkreisen populäre und legendäre Lemberger Zeitung „Post-Postup“, welche der im Jahre 2003 umgekommene Journalist Oleksandr Kryvenko redigierte. In einigen Fällen wurden auch neugegründete ukrainische Parteien zu Medienherausgebern, wie z. B. die „Ukrainische Republikanische Partei“ unter dem Vorsitz des ehemaligen Dissidenten Mychailo Goryn‘ (Zeitungen „Ternystyj shljach“ und „Samostijna Ukrajina“) oder die „Ukrainische Volksbewegung“ („RUCH“) unter dem Vorsitz von Wiacheslav Chornovil (Zeitung „Chjas“). Zu dieser Zeit gingen auch zahlreiche staatliche und kommunale Medien in privates Konzerneigentum über. Außerdem verabschiedete das ukrainische Parlament Anfang der 1990er Jahre eine Reihe von Gesetzen, die die Pressefreiheit und die demokratische Entwicklung der Medien sicherten.
Die Entwicklung der Eigentumsstrukturen unter der Präsidentschaft von Leonid Kutschma
Der Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft zwang die Medien, alternative, vom Staat unabhängige Finanzierungsquellen zu erschließen. Dies war der Beginn des Prozesses der Entstaatlichung von Massenmedien. Mitte der 1990er Jahre entstanden finanzstarke private Investoren, welche erheblichen Reichtum unter teilweise fragwürdigen Umständen anhäuften. Diese Entwicklung endete mit der Entstehung großer Finanz- und Industriekonzerne, die jeweils auch eine bedeutende Medienmacht akkumulierten. Dies war der Anfang eines Konzentrationsprozesses im Mediensektor, der noch immer anhält. Damals wurde die Mehrheit der ukrainischen Medien gegründet, die heute bedeutenden Einfluss auf die Politik und das gesellschaftliche Leben ausüben, beispielsweise die Zeitung „Dzerkalo Tyshdnja“ (1994), die Tageszeitung „Den’“ (1996), und die großen Fernsehkanäle „1+1“ (1995) und „Inter“ (1996).
Der Einfluss von privatem Kapital in den ukrainischen Medien hatte aber auch negative Seiten. So folgten die Medien oftmals verdeckten Interessen. Formal gingen die Medien oftmals in das Eigentum von Medienunternehmen über, aber tatsächlich standen sie unter dem Einfluss von Geschäftsleuten oder Finanz- und Industriekonzernen, von deren finanziellen Mitteln sie abhängig waren. Darüber hinaus betrachteten die Eigentümer, die auch weitreichende politische Interessen verfolgten oder sogar selbst Politiker waren, Pressetitel, Hörfunk- und Fernsehsender nicht in erster Linie als Gewerbe, sondern vielmehr als Werkzeuge zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung oder gar als Instrument zur Durchsetzung eigener Partikularinteressen gegenüber dem Staat und der Gesellschaft. Experten und politische Kommentatoren nennen diese Periode den Anfang der Oligarchisierung der Medien (DUTSYK 2005, PICHOVSHEK/KONONCHJUK 1998, KULYK 2010) und verbinden diesen Prozess vor allem mit dem Namen des damaligen Ministerpräsidenten Pavel Lasarenko (1996-1997). Er wurde seinerzeit in den USA verhaftet und dort wegen Korruption verurteilt. Viele Medien, besonders Printmedien, wurden zudem von politischen Kräften gegründet. Sie kennzeichneten sich durch Dumpingpreise, künstlich vergrößerte Auflage sowie einen kostenlosen Vertrieb. Letztlich übten Mitglieder der damaligen Regierung direkt und indirekt starken Druck auf die Medienlandschaft der Ukraine aus.
Die Entwicklung der Eigentumsstrukturen unter der Präsidentschaft von Viktor Juschtschenko
Zunächst versprach man sich durch den prowestlichen Machtwechsel einen verstärkten Zufluss von ausländischem Kapital (welches im Idealfall kein politisches Interesse in der Ukraine verfolgen sollte). Davon erwartete man eine Verbesserung des Investitionsklimas auf dem Medienmarkt. Dabei hat man vor allem an die westlichen Investoren gedacht, weil russisches Kapital bereits seit Langem auf dem ukrainischen Medienmarkt präsent war. Ein großer Teil der Leitmedien wird von russischen Investoren kontrolliert, wie z. B. die Tageszeitung „Izvestija v Ukraine“, oder befindet sich im Alleineigentum russischer Geschäftsleute wie die Zeitung „Kommersant-Ukraina“, deren Eigentümer Alischer Usmanov ist.
Das Interesse westlicher Investoren nahm, wie schon erwähnt, nach dem Amtsantritt Juschtschenkos zu. So wurde die Tageszeitung „Delo“ in Zusammenarbeit mit dem deutschen Handelsblatt und unter Beteiligung tschechischer Investoren gegründet. Aber westliche Investoren blieben oftmals nicht lange in der Ukraine. Sie veräußerten ihre Anteile oftmals an die ukrainischen Partner (z. B. „Ukrajins’ka Investyzijna Hazeta“ an Igor Liashenko). Korruption, politische Instabilität und ungünstige Vertriebsbedingungen – diese Faktoren machten die Umwandlung des ukrainischen Medienmarktes in einen rentablen Geschäftszweig unmöglich.
Ein repräsentatives Beispiel für einen misslungenen Versuch, auf dem gesellschaftspolitischen Medienmarkt der Ukraine Fuß zu fassen, ist der Einstieg der polnischen Mediengruppe „Agora“. Die Verhandlungen über den Kauf des einflussreichen politischen Online-Mediums „Ukrajins’ka pravda“ waren bereits weit fortgeschritten. Letztlich entschieden sich die Verantwortlichen von „Agora“ doch anders und besetzten die Unterhaltungssparte. Es wurde dann eine Reihe von Gameportalen im Markt positioniert. Westliche Investoren (Burda, Edipress etc.) sind erfolgreich im Unterhaltungsmediensektor tätig, z. B. im Vertrieb von Yellow-Press-Magazinen. Doch auf dem Gebiet der gesellschaftspolitischen und Nachrichtenmedien ist der Anteil westlicher Investitionen eher überschaubar. Dies hängt damit zusammen, dass dieser Bereich höhere politische und damit auch ökonomische Risiken birgt.
Das einzige erfolgreiche Unternehmen unter Beteiligung ausländischer Investoren ist die KP-Media Holding, gegründet im Jahre 1995 von Jed Sunden. Zu dieser Gruppe gehört auch die führende Nachrichtenzeitschrift „Korrespondent“. Dieser Konzern konnte sich auf dem ukrainischen Markt durchsetzen, obwohl sich der Herausgeber unter der Präsidentschaft Leonid Kutschmas zahlreichen Behinderungen staatlicherseits ausgesetzt sah. Dies fand seinen Höhepunkt als Sunden im Jahre 2002 zur „persona non grata“ erklärt und ihm daraufhin die Einreise ins Land verwehrt wurde.
Unter der Präsidentschaft von Juschtschenko war kein großer Druck auf die Medien und ihre Herausgeber zu beobachten. Aber der Konzentrationsprozess in der Medienbranche, welcher bereits in der Präsidentschaft von Kutschma begonnen hatte, dauerte weiter an. In dieser Periode wechselten auch die beiden größten Sender „1+1“ und „Inter“ die Eigentümer. Der Eigentümerwechsel des Fernsehkanals „Inter“ (welcher die Rangliste von „GfK Ukraine“ anführt, Stand: September 2010) war begleitet von einer Reihe von Skandalen. Im Jahre 2005 hat man unter Beteiligung von wichtigen ukrainischen Politikern und einflussreichen russischen Geschäftsleuten mit der Übernahme begonnen, die ein Teil der Absprachen im Rahmen der Neuverteilung der Aktiva in der Stahlindustrie war (NAJEM / LESCHTSCHENKO 2008). Infolge undurchsichtiger Machenschaften fand dieser Sender in Valerij Choroschkovs’kyj einen neuen Besitzer. Er ist heute, nachdem Janukowitsch die Präsidentschaft übernahm, Leiter des ukrainischen Staatssicherheitsdienstes. Seinerzeit forderte Julia Timoschenko die Untersuchung der Umstände des Eigentumsüberganges dieses Senders. Laut der Untersuchung des ukrainischen Justizministeriums war die Unterschrift im Kaufvertrag des vormaligen Besitzers des Kanals, Igor Pluzhnikov (welcher zum Zeitpunkt der Unterschreibung des Vertrages schwerkrank im Krankenhaus lag und später verstarb) mit hoher Wahrscheinlichkeit gefälscht. Zur Untersuchung dieses Falls wurde sogar ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss einberufen. Aber dennoch behielt Valerij Choroschkovs’kyj weiter die Kontrolle über den Fernsehkanal „Inter“. Dieses Beispiel beweist noch einmal, dass das große Mediengeschäft in der Ukraine nicht losgelöst von der Politik existiert und einem gewaltigem Druck seitens der letzteren ausgesetzt ist.
Unter ähnlichen Umständen wechselte auch der Fernsehkanal „1+1“ (Dritter Platz in der „GfK Ukraine“-Rangliste) seinen Besitzer. Im April 2010 gab die amerikanische Gesellschaft „Central European Media Enterprises Ltd“ („СМЕ“) den Abschluss eines Vertrages über den Verkauf von 100 % seiner ukrainischen Aktiva darunter die Sender „1+1“ und „Kino“ an die Gesellschaft „Harley Trading Limited“ bekannt. Eigentümer dieser Gesellschaft ist der Oligarch Igor Кolomojskij.
Bereits früher erwarb dieser Geschäftsmann Anteile an „1+1“ von Boris Fuchsmann und Aleksander Rodnjanskyj, den Gründern dieser Fernsehstation. Es ist hervorzuheben, dass Geschäftsleute in den 1990er Jahren noch vermieden haben, ihr Eigentum an oder ihren Einfluss auf bestimmte Massenmedien zu offenbaren. In den letzten Jahren änderte sich jedoch diese Tendenz. Mehrere große Medieneigentümer bekannten sich zum Besitz an ihren Massenmedien. Außerdem hat das ukrainische Justizministerium am 10. Dezember 2008 die staatlichen Register für Druckmedien und Nachrichtenagenturen veröffentlicht. Im Internet sind nunmehr folgende Informationen öffentlich einsehbar: die Seriennummer und die Gründungsurkunde, das Anmeldedatum, die Art der Druckmedien sowie Angaben über die Gründer, Information über die Eigentümer elektronischer Medien, d.h. Hörfunk und Fernsehen (http://dzmi.informjust.ua ). Weitere Informationen zu den Eigentümern sind auf der Internetseite des Nationalrates für Hörfunk und Fernsehen veröffentlicht (vgl. http://www.nrada.gov.ua/ua/derzhavniyreestr.html), wozu letzterer durch das Gesetz „Über Fernsehen und Hörfunk“ verpflichtet ist. Aber er besitzt natürlich nur Informationen hinsichtlich der unmittelbaren Eigner von Sendeunternehmen. Diese Informationen reichen aber nicht aus, um vollständige Transparenz über den Medieneinfluss zu erzielen. Wie das „Instytut Media Prava“ in seinem Bericht über den Stand der Transparenz des Medieneigentums in der Ukraine anmerkte, löst die freie Information über die Anteilseigner von Sendeunternehmen nicht das hauptsächliche Problem der mangelnden Transparenz. Denn die meisten Eigentümer von Sendeunternehmen sind im Ausland angemeldete Kapitalgesellschaften. Dies führt dazu, dass es praktisch unmöglich ist, festzustellen, welche Personen tatsächlich Einfluss auf die Medien haben. Dies bedeutet, dass es keine rechtlichen Mechanismen gibt, welche die Eigentumsverhältnisse publik machen können. „Diese Verschleierung ist Geschäftsprinzip“ – heißt es weiter im Bericht (INSTYTUT MEDIA PRAVA 2006).
Die derzeitigen Eigentümerstrukturen
Heute sind hauptsächlich sieben Mediengruppen auszumachen, welche den gesellschaftspolitischen Medienmarkt unter sich aufteilen. Im Folgenden werden diese im Überblick nach ihrer Struktur und politischen Präferenzen dargestellt.
Staatliche Medien
Medien | Erster Nationaler Fernsehkanal, Nationaler Rundfunkanbieter der Ukraine (Ausstrahlung auf drei Kanälen in der Ukraine und auf einem für das ausländische Auditorium), Öffentlicher Fernseh- und Hörfunkkanal (ÖFSRFK) „Weltweiter Dienst „Ukrainisches Fernsehen und Rundfunk“, ÖFSRFK „Kultur“, Direktion für Fernseh- und Rundfunksendungen bei der Werchowna Rada (Parlament), Regionale öffentliche Fernseh- und Rundfunkkanäle (RÖFSRFK), Zeitung „Urjadovyj kurjer“ (Gründer – Ministerkabinett), Zeitung |
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Bemerkungen | Der Erste Nationale Kanal ist der einzige Fernsehkanal mit landesweiter technischer Verbreitung (auf 97 % des Staatsgebietes). Er ist formal dem Ministerkabinett unterstellt, befindet sich aber in Wirklichkeit unter dem Einfluss des Präsidialamtes. Auf diesem Kanal wird auch die politische Talk-Show „Redefreiheit von Savik Schuster“ ausgestrahlt (seit Januar 2011) |
Politische Präferenz | Der Vizepräsident des Ersten Nationalen Kanals Walid Harfouch hat betont, dass sein Sender Handlungen der staatlichen Gewalt nur in positivem Licht beleuchten und „die Hoheitsträger unterstützen muss, und die Angehörigen der Staatsmacht sollen wissen, dass der Erste nationale Kanal sie immer unterstützen wird“ (Zitat der Nachrichtenagentur UNIAN vom 30. Juli, 2010) |
Mediengruppe von Valerij Choroschkovs’kyj, U.A.Inter Media Group Limited
Medien | Fernsehkanal „Inter“ (61% Aktienanteil), Fernsehkanal „Еnter Film“ (90% Aktienanteil), Fernsehkanal „Еnter Musik“ (90% Aktienanteil), Fernsehkanäle „К1“, „К2“, „Мegasport“, Fernsehkanal „NТN“ (60%), Nachrichtenagentur „Ukrajins’ki novyny“ (99%) und weitere Medienaktivitäten |
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Bemerkungen | „Inter“ ist der einflussreichste private Fernsehkanal und führt die Rangliste von „Gfk Ukraine“ an. Auf diesem Kanal läuft die politische Talk-Show „Große Politik mit Eugen Kiseliov“. Die Nachrichtenagentur „Ukrainische Nachrichten“ ist auf dem Informationsmarkt der Ukraine seit 1993 präsent und besetzt die führende Position unter den wichtigsten ukrainischen Trägern von |
Politische Präferenz | „Inter“ verschleiert kaum seine Sympathien zur derzeitigen Regierung. In den Fernsehnachrichten werden die Maßnahmen des Präsidenten Viktor Janukovitsch und der Partei der Regionen ausschließlich positiv dargestellt. Kritik findet praktisch nicht statt. Dafür wird die Opposition häufig kritisiert. |
Die Gruppe um Viktor Pintschuk
Medien | Fernsehkanäle „Novyj Kanal“, „ICTV“, „STB“, Tageszeitung „Fakty i kommentariji“, Wochenzeitung „Sobytija i ljudi“, Kontrollpaket der Aktien des Verlags „Ekonomika“ (Tageszeitung „Delo“, Zeitschrift „Invest-gazeta“ und andere Fachmedien), Aktienanteile an Musiksendern „М1“, „М2“, Aktienanteil am Funknetz „Russkoje radio“ „Hit-FM“, „Kiss-FM“ |
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Bemerkungen | Fernsehkanäle „Novyj kanal“, STB, ICTV sind zweitrangige Spieler und befinden sich auf verschiedenen Rängen unter den ersten Zehn der „GfK Ukraine“-Rangliste. Auf ICTV läuft unter anderem die politische Talk-Show „Redefreiheit mit Andrij Kulikov“ |
Politische Präferenz | Die politischen Präferenzen der Sendergruppe Pinchuks unterscheiden sich untereinander. Das Fernsehmagazin STB ist höchst ausgeglichen und oft kritisch der Regierung gegenüber. Nachrichten auf ICTV sind dagegen überwiegend regierungsloyal. In der Sendung „Svoboda slova“ („Redefreiheit“) kommen die Auffassungen der Regierung und Opposition gleichermaßen zu Wort. |
Die Gruppe um Rinat Achmetov
Medien | Fernsehkanal „Ukraina“ (99,93 % gehören der Firma „SCM“), Tageszeitung „Segodnja“, Lokalzeitung „Salon Dona i Basa“, Internetseite „KID“ (http://zadonbass.org) |
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Bemerkungen | Die Zeitung „Heute“ ist sehr populär (Auflage: 106.000). Der Fernsehkanal „Ukraine“ wurde zuerst als Regionalsender für Donezk gegründet und später zu einem landesweiten Kanal ausgebaut. Er befindet sich auf dem fünften Platz in der „Gfk Ukraine“-Rangliste (September 2010). Auf diesem Kanal wird auch die politische Talk-Show „Redefrei-heit von Savik Schuster“ ausgestrahlt (bis Dezember 2010) |
Politische Präferenz | Die Nachrichten sind regierungsnah eingestellt. In der Talkshow „Redefreiheit von Savik Schuster“ werden die Auffassungen von Regierung und Opposition gleichermaßen präsentiert. Die Zeitung „Segodnja“ kann im Allgemeinen auch als loyal gegenüber der derzeitigen Regierung bezeichnet werden. Sie ist teilweise auch sehr kritisch. „Heiße“ Themen (welche in Fernsehsendungen häufig nicht vorkommen) werden nicht verschwiegen; aber oft werden dort Artikel von als einseitig bekannten Politikern und Journalisten publiziert. Die „orangen“ Kräfte, die euroatlantische Ausrichtung der Ukraine sowie einige Seiten der ukrainischen Geschichte (z. B. OUN-UPA) werden kritisiert. |
Die Gruppe um Igor Kolomojskij
Medien | Fernsehkanal „1+1“, Fernsehkanal „2+2“, Fernsehkanal „CІТІ“, Fernsehkanal „ТЕТ“, Fernsehkanal „Кinо“, Tageszeitung „Gazeta po-kijevski“, Nachrichtenmagazin „Glavred“ (und die Internetseiten Glavred.info, VIP.Glavred, Stars.Glavred, Inozmi.Glavred, Sport. Glavred, Stolitsa.Glavred), Nachrichtenmagazin „Profil“, Wochenzeitung „Novaja“, Internetseiten „Telekritika“, Aktienanteil an der Tageszeitung „Izvestija v Ukrajine“. Außerdem besitzt die Privat-Gruppe (gehört zu Kolomojskij) Aktien an einigen Druckprojekten der „Ukrainischen Media Holding“, unter anderem an der Zeitung „Komsomolskaja Pravda Ukraine“ (51% Anteil) |
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Bemerkungen | Die Gruppe wurde innerhalb der letzten Jahre aufgebaut. Endgültig wurde der Vertrag über den Kauf vom „1+1“ Anfang dieses Jahres abgeschlossen. Der Kanal nimmt den dritten Platz in der Rangliste von GfK Ukraine (September 2010) ein. Auch wurde in diesem (2010) Jahr der Vertrag über den Kauf eines Anteils an Druckmedien vom bisherigen Eigentümer Aleksander Тretjakov abgeschlossen. „Glavred“ und „Profil“ gehören zu den fünf führenden Nachrichtenmagazinen in der Ukraine. Aber Nachrichtenmagazin „Glavred“ im Dezember 2010 ist eingegangen. |
Politische Präferenz | „1+1“ verzichtet auf politische Talk-Shows. Fernsehnachrichten sind nicht besonders kritisch der Regierung gegenüber. Die Mehrheit der Druckmedien und Internetseiten dieser Holding geben Gelegenheit zur freien Meinungsäußerung sowohl für die Regierung als auch für die Opposition; kritische Texte über die Regierung kommen gelegentlich vor. |
Die Gruppe von Vitalij Gajduk und Sergij Taruta
Medien | Zeitung „Ekonomicheskije izvestija“, Analytische Wochenzeitung „Kommentari“, Zeitschrift „Kyiv Weekly“, Zeitschrift „Expert-Ukraina“, Internetseite „proUa“, Fotoagentur PHL |
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Bemerkungen | —— |
Politische Präferenz | Die Politik wird ausgeglichen dargestellt. In allen Projekten kommen vereinzelte kritische Publikationen über die Regierung vor. |
KP Media (Jed Sunden)
Medien | Zeitschrift „Korrespondent“, Internetseiten: Korrespondent.net, Politorg.net, Novynar.com.ua, Afisha.ua, BigMir.net, Nischenmedien wie die Zeitschrift „Ideji vashoho domu“ etc. |
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Bemerkungen | Die Zeitschrift „Korrespondent“ ist das einflussreichste und größte Nachrichtenmagazin (Auflage 50.000). Das Portal BigMir.net stellt das wichtigste der Online-Medien in der Ukraine dar. |
Politische Präferenz | „Korrespondent“ berichtet im Bereich politischer Nachrichten ausgewogen. Vertreter von Regierung und Opposition kommen zu Wort. Publiziert werden auch kritische Texte über die Regierung. |
Medien, welche eine gesonderte Betrachtung verdienen
Internetzeitung „Ukrajins’ka pravda“ | Die Internetzeitung wurde noch von Georgij Gongadze gegründet. Olena Pritula ist heute Eigentümerin und Chefredakteurin dieses Mediums. Das ist die führende ukrainische Internetseite (fast 100.000 Besucher täglich). Es handelt sich um ein oppositionelles Massenmedium, welches sehr kritisch der Regierung gegenüber eingestellt ist. Die „UW“ war kritisch auch gegenüber der „orangenen“ Regierung. |
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Zeitung „Dzerkalo Tyshdnja“ | Die einflussreichste Zeitung mit einer Auflage von 52.000 Exemplaren. Eigentümer ist die Familie Mostovy (Vater Vladimir und Tochter Julia). Sehr kritisch dem Präsidenten Janukowitsch und der Partei der Regionen gegenüber. |
Zeitschrift „Ukrajins’kyj tyshden’“ | Eigentümer ist die ECEM Media GmbH (Schweiz). Experten vermuten die wirklichen Eigentümer aus der Ukraine, die sich hinter einer Off-Shore-Firma verbergen wollen. Die Auflage liegt bei 30.000 Exemplaren. Bezieht eine radikale Oppositionsstellung gegenüber der derzeitigen Regierung, sympathisiert völlig unkritisch mit Julia Timoschenko. |
„5. Kanal“ | Nachrichtensender im Eigentum Petro Poroschenko. Er har sein Auditorium zur Zeit der „Orangenen“ Revolution erworben, weil er als erster alternative Informationen angeboten hat. Er gibt Regierung und Opposition gleichermaßen Raum, ist in seinen Kommentaren aber eher regierungskritisch. |
Fazit
Wie bereits beschrieben, stellen die Medien in der Regel nicht das Hauptgeschäft für ihre Eigentümer dar. In der Regel besitzt die Mehrheit der großen Medieneigentümer Betriebe in verschiedenen Gewerbezweigen (Erdölverarbeitungsindustrie, Chemie, Schwerindustrie etc.). Sie zeigen sich häufig loyal zur amtierenden Regierung, um ihren Geschäften ungestört nachgehen zu können. Dies beeinflusst natürlich die Redaktionspolitik der Medien. Darüber hinaus wechselten die ukrainischen Medien in den letzten Jahren häufig die Besitzer. Dieser Prozess wird weiter andauern, auch unter der Präsidentschaft von Viktor Janukowitsch. Die Struktur des Medieneigentums in der Ukraine ist also nicht stabil. Sie verändert sich dynamisch je nach Ausrichtung der Politik (demokratisch oder nicht) der amtierenden Regierung und der Fähigkeit der Medieneigentümer, Kompromisse mit dieser Regierung einzugehen.
Diana Dutsyk
Diana Dutsyk, Cand. sc. philol., ist Dozentin für Journalismus an der Nationalen Universität “Kiewer Mohyla-Akademie” sowie Chefredakteurin der ukrainischen Internetseite „Glavred“ (Glavred.info, VIP.Glavred, Stars.Glavred, Inozmi.Glavred, Sport.Glavred, Stolitsa.Glavred).
Literatur
[DUTSYK 2005] Дуцик Д.: Політична журналістика, Київ 2005
[INSTYTUT MEDIA PRAVA 2006] Інститут Медіа Права: Стан прозорості медіа
власності в Україні, http:/www.medialaw.kiev.ua/analitcs/140/, Київ 2006
[KULYK 2010] Кулик В.: Дискурс українських медій: ідентичності, ідеології,
владні стосунки, Київ 2010
[LESCHTSCHENKO 2006] Лещенко С.: Орбіти політичних медіа: сфера
впливу Пінчука, Ахметова, Порошенка, Ющенка…, http://www.pravda.com.ua/rus/articles/2006/12/6/4409790/view_print/, Київ 2006
[NAJEM / LESCHTSCHENKO 2008] Наєм М., Лещенко С.: Олігархічні війни:
як продавали канал „Інтер“, http://www.pravda.com.ua/articles/2008/07/29/3503640/, Київ 2008
[PICHOVSHEK/KONONCHJUK 1998] Піховшек В., Конончук С. Розвиток
демократії в Україні: 1997 рік. – К., 1998 http://www.e-media.com.ua/index_ru.html
http://www.gfk.ua
http://www.kppublications.com
http://www.nrcu.gov.ua
http://www.uaimg.com/ua/
http://www.umh.com.ua/ukraine/ru/
¹ Dies ist die deutschsprachige Fassung eines Referates, das die Autorin auf der vom Institut für Rundfunkökonomie organisierten und vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) sowie dem Auswärtigen Amt finanziell geförderten Tagung „Public Service Broadcasting. A German-Ukrainian Exchange of Opinions” am 20. Oktober 2010 in Köln vorgetragen hat. Der Text erschien zuerst in den “Arbeitspapieren des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln”, H. 274, 2010, http://www.rundfunk-institut.uni-koeln.de/institut/pdfs/27410.pdf