Europäisches Parlament fordert Aberkennung des Titels "Held der Ukraine" für Stepan Bandera
Im Europäischen Parlament wurde gestern eine Resolution zur Ukraine verabschiedet, in der die Abgeordneten ihr Bedauern darüber ausdrücken, dass Präsident Wiktor Juschtschenko dem Führer der Organisation der Ukrainischen Nationalisten Stepan Bandera den Titel “Held der Ukraine” verliehen hat. Im Europäischen Parlament zählt man darauf, dass die neue Führung des Landes diese Entscheidung revidiert. Bei der Partei der Regionen, deren Vorsitzender Wiktor Janukowitsch gestern offiziell den Posten des Staatsoberhauptes antrat, erklärte man, dass man bislang die Frage der Rücknahme der Verleihung des Heldentitels an Stepan Bandera nicht diskutiert hat.
Gestern haben die Vertreter des Europäischen Parlaments ihr Bedauern darüber ausgedrückt, dass Präsident Wiktor Juschtschenko dem Führer der Organisation der Ukrainischen Nationalisten (OUN), Stepan Bandera, der mit dem nationalsozialistischem Deutschland kooperierte, den Titel “Held der Ukraine” verliehen hat. Davon ist die Rede in einer Resolution, die das Europaparlament gestern in Bezug auf die Ukraine angenommen hat. „Das Europäische Parlament hofft darauf, dass die neue ukrainische Führung diese Entscheidung überprüft und zukünftig europäische Werte unterstützen wird“, heißt es im Dokument.
Erinnern wir daran, dass der Ukas über die Verleihung des Titels “Held der Ukraine” an den Führer der OUN, Stepan Bandera, „für die Unzerstörbarkeit des Geistes bei der Vertretung der nationalen Idee, dem gezeigten Heldenmut und der Selbstaufopferung im Kampf für die Unabhängigkeit der Ukraine“ von Wiktor Juschtschenko am 22. Januar 2010 unterzeichnet wurde (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 25. Januar). Wie gestern Paweł Kowal, polnischer Abgeordneter des Europaparlaments und Leiter der Delegation zur Zusammenarbeit mit der Ukraine, dem “Kommersant-Ukraine“ erklärte, trägt die Resolution einen empfehlenden Charakter, doch zeigt die Umsetzung der Punkte dieses Dokumentes durch die Ukraine ihre Bereitschaft zur europäischen Integration. „Ein Land, welches der Europäischen Union beitreten möchte, muss auf das hören, was ihre Abgeordneten sagen“, konkretisierte Kowal.
Wie dem “Kommersant-Ukraine“ gestern der Stellvertreter des Justizministers Jewgenij Kornijtschuk sagte, liegt bei der Verleihung des Titels eines Helden der Ukraine für Stepan Bandera eine Gesetzeskollision vor. „Im Ukas von Präsident Leonid Kutschma aus dem Jahre 2002 heißt es, dass der Titel “Held der Ukraine” nicht für Verdienste aus der Vergangenheit, die nicht mit der Herausbildung und der Entwicklung der unabhängigen Ukraine in Verbindung stehen, verliehen wird“. Dabei heißt es im §16 des Gesetzes ‘Über die staatlichen Auszeichnungen’, dass nur der Präsident staatliche Auszeichnungen zurücknehmen kann und nur im Fall einer Verurteilung des Ausgezeichneten aufgrund schwerer Verbrechen durch ein Gericht“??, betonte Kornijtschuk, dabei seiner Hoffnung Ausdruck verleihend, dass der neue Präsident einen rechtlichen Weg für die Umsetzung der Empfehlung des Europaparlaments findet. Wie der Erste Stellvertreter des Vorsitzenden des Rada-Ausschusses für Fragen der europäischen Integration, Wladimir Wetscherko (Partei der Regionen), sagte, wurde die Frage der Rücknahme der Verleihung des Titels “Held der Ukraine” innerhalb der Partei der Regionen bislang noch nicht diskutiert wurde.
Gleichzeitig ist der Parlamentsabgeordnete Andrej Parubij („Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung“) überzeugt davon, dass der neue Präsident kaum diesen Ukas von Wiktor Juschtschenko zurücknehmen wird. „Falls er dies zuz, dann erwartet ihn der Protest der Ukrainer, die für ihren Helden eintreten“, ist sich Parubij sicher.
Die Empfehlung des Europaparlaments zur Rücknahme der Verleihung des Titels “Held der Ukraine” an Stepan Bandera wurde auch von den Vertretern der ukrainischen Nationalisten diskutiert. „Wir handeln mit unseren Helden nicht! Andere Länder geht es nichts an, wer für die Ukraine ein Held ist und wer nicht“, verkündete dem “Kommersant-Ukraine“ der Leiter der Kiewer Stadtorganisation der Allukrainischen Vereinigung „Swoboda“, Andrej Mochnyk.
Julija Rjabtschun, Artjom Skoropadskij
Was hat das Europaparlament der Ukraine noch empfohlen
Im ersten Punkt der gestrigen Resolution wurde angegeben, dass die Ukraine einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union, wie alle anderen europäischen Länder, stellen kann. Das Europaparlament betont die gemeinsamen historischen und kulturellen Werte der Ukraine und der Länder der Europäischen Union. Außerdem verkündet das Europaparlament in der Resolution die Absicht das Abkommen zur Erleichterung des Visaregimes für die Bürger der Ukraine, welches 2007 in Luxemburg unterzeichnet wurde, und die Aufhebung der Visagebühren (derzeit liegen diese bei 35 Euro) zu prüfen/revidieren.
Die europäischen Abgeordneten bezeichnen dabei die kürzlichen Präsidentschaftswahlen in der Ukraine als demokratisch und gerecht und rufen das Land dazu auf sich dem Vertrag zur energetischen Zusammenarbeit anzuschließen und ebenfalls die ukrainische Gasgesetzgebung an die Direktiven der EU anzupassen. Im Dokument wird die Wichtigkeit der Teilnahme ukrainischer Studenten an Hochschulaustauschprogrammen und anderen Bildungsprojekten, die es ihnen ermöglichen s ihre Altersgenossen aus der EU besser kennen zu lernen, unterstrichen.
Jedoch billigt das Europaparlament die von der Werchowna Rada zwei Tage vor dem Beginn des zweiten Wahlgangs eingebrachten Änderungen in das Gesetz „Über die Wahlen des Präsidenten“ nicht und rufen die ukrainischen Machthaber zu politischer Stabilität auf. Die Europäischen Abgeordneten wandten sich an die Nachbarstaaten der Ukraine mit der Bitte von Versuchen der Einflussnahme auf demokratische Entscheidungen, die auf dem Weg der politischen und sozio-ökonomischen Entwicklung gefällt werden, Abstand zu nehmen.
Julija Rjabtschun
Quelle: Kommersant-Ukraine