Gründung einer GmbH in der Ukraine
Eine GmbH ist die weltweit am häufigsten anzutreffende Gesellschaftsform, dies ist in der Ukraine nicht anders. Die Vorteile dieser Gesellschaftsform gegenüber der Tätigkeit als Einzelunternehmer oder in der Form einer anderen juristischen Konstruktion liegen vor allem darin, dass sich die Haftung der GmbH auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, so dass das wirtschaftliche Risiko für den Unternehmer überschaubar bleibt. Des Weiteren fällt das für die Gründung der Gesellschaft benötigte Kapital verhältnismäßig gering aus. Außerdem kann eine GmbH innerhalb einer relativ kurzen Frist gegründet werden.
Eine ukrainische GmbH (TOV) unterscheidet sich nach ihrer Struktur nicht wesentlich von einer deutschen GmbH. Auch die ukrainische GmbH zeichnet sich dadurch aus, dass die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist und dass ein Stammkapital eingezahlt werden soll, das vollständig in das Eigentum der Gesellschaft übergeht und den Gläubigern der Gesellschaft als Mindestsicherung dient. Allerdings sieht der ukrainische Gesetzgeber keine Mindesthöhe des Stammkapitals vor, d.h. das GmbH-Stammkapital kann aus lediglich 1 UAH (ca. 10 Eurocent) bestehen. Daher müssen jetzt auch, entgegen der früheren Praxis, keine Einlagen mehr vor der Registrierung geleistet werden. Das in der Satzung festgelegte Stammkapital ist innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der staatlichen Registrierung aufzubringen. Leistet einer der Gesellschafter in der vorgeschriebenen Zeit seine Einlage nicht oder nicht vollständig, so kann er aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.
Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Höchstzahl der Gesellschafter einer ukrainischen GmbH auf 100 beschränkt ist. Wird diese Anzahl überschritten, ist die GmbH innerhalb eines Jahres in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln oder zu liquidieren. Wird dies versäumt, so ist die GmbH zu liquidieren. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass eine ukrainische GmbH keine Ein-Mann-Gesellschaft als einzigen Gesellschafter haben kann.
Wie alle juristischen Personen in der Ukraine, ist auch die GmbH registrierungspflichtig. Die staatliche Registrierung hat einen konstitutiven Charakter, d. h., dass die GmbH erst mit der Registrierung entsteht. Die Registrierung muss bei der Stadt bzw. Bezirksverwaltungsbehörde am Sitz der GmbH erfolgen, und zwar durch die Eintragung der GmbH ins einheitliche staatliche Register für juristische Personen und natürliche Unternehmerpersonen. Dieses entspricht in etwa dem deutschen bzw. schweizerischen Handelsregister oder dem österreichischen Firmenbuch. Nach der Eintragung der GmbH wird eine Registrierungsbescheinigung erteilt. Grundsätzlich besteht das Registrierungsverfahren aus folgenden Stufen:
1) Beglaubigung der Satzung der GmbH;
2) Eintragung der GmbH ins ukrainische Handelsregister;
3) Registrierung der GmbH beim Finanzamt sowie dem Renten- und Sozialversicherungsfond;
4) Bestellung eines Stempels;
5) Eröffnung eines Geschäftskontos.
Falls ein Gesellschafter der zu gründenden Gesellschaft eine ausländische juristische Person ist, ist bei der Eintragung auch eine rechtmäßig erstellte Bestätigung über die Registrierung der Gesellschaft im Heimatland vorzulegen (z. B. ein Auszug aus dem Handelsregister bzw. dem Firmenbuch). Es ist jedoch darauf zu achten, dass aus dem ausgestellten Dokument ersichtlich ist, wer die natürlichen Personen hinter der juristischen Person sind.
Neben den staatlichen Registrierungsanforderungen ist selbstverständlich, wie in Deutschland auch, die Unterzeichnung eines Gesellschaftsvertrages (sog. Satzung) erforderlich. Diese hat nach dem ukrainischen Recht Folgendes zu enthalten: Bezeichnung der Gesellschaft, Besetzung und Kompetenzen der Gesellschaftsorgane, Verfahren der Beschlussfassung durch die Gesellschaftsorgane, Regelungen über das Ein- und Austrittsverfahren, die Höhe des Stammkapitals und der Anteile der einzelnen Gesellschafter, die Höhe und die Bildung des Reservefonds und die Regelungen des Verfahrens der Übertragung von Geschäftsanteilen. Die Satzung muss sorgfältig formuliert werden, um mögliche Problemfelder frühzeitig zu erkennen und diese sofort zur Zufriedenheit aller beteiligten Parteien zu regeln, damit zukünftige Konflikte nicht vor Gericht ausgetragen werden müssen.
Besondere Sorgfalt ist auf die Ausgestaltung der Geschäftsführerbefugnisse zu legen, da sich diese ohne eine entsprechende Regelung in der Satzung nach dem ukrainischen Recht richten, welches dem Geschäftsführer umfangreiche Befugnisse einräumt. Zu beachten ist auch, dass das ukrainische Recht strenge Voraussetzungen der Kündigung eines Geschäftsführers enthält.
Besonderheiten gelten auch bei den Voraussetzungen der Einberufung und Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung. So ist die Gesellschafterversammlung erst beschlussfähig, wenn an ihr Gesellschafter bzw. deren Vertreter teilnehmen, die zusammen über mehr als 60% der Stimmen verfügen. Für die Praxis bedeutet das, dass 51% der Stimmen nicht ausreichend sind, um gestaltenden Einfluss auf die Ausrichtung und Geschicke der Gesellschaft nehmen zu können, da der bzw. die anderen Gesellschafter einfach durch ihre Abwesenheit die Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung verhindern und somit jegliche Entscheidungsfindung blockieren können.
Ist die Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung erreicht, so werden Entscheidungen, soweit die Satzung nichts anderes vorsieht, mit einfacher Mehrheit getroffen (mehr als 50% der anwesenden Stimmen). Beschlüsse über Vorschläge zur Änderung der Satzung sowie zur Festlegung der grundlegenden Ausrichtung der Tätigkeit der Gesellschaft, ihrer Pläne und Rechenschaftsberichte und über den Ausschluss von Gesellschaftern bedürfen abweichend vom oben gesagtem einer Mehrheit von mehr als 50% der Stimmen aller Gesellschafter. Eine 3/4 Stimmenmehrheit der Stimmen aller Gesellschafter ist für einen Beschluss über die Veräußerung von mindestens 50% des Gesellschaftsvermögens oder über die Auflösung der Gesellschaft erforderlich.
Auch wenn eine Eintragung einer ukrainischen GmbH bei der Befolgung der obigen Schritte in Eigenregie zu meistern ist, ist es dennoch angesichts der Eigenheiten des ukrainischen Gesellschaftsrechts und der Komplexität der Materie zu empfehlen, rechtlichen Beistand in der Ukraine zu suchen, der die GmbH-Gründung begleitet oder übernimmt.
Verfasser: Maxim Miskewych