Juschtschenko und Timoschenko haben unterschiedliche Ansichten zu RosUkrEnergo
Am Freitag fand eine Sitzung des Rates für Nationale Sicherheit und Verteidigung (RNSV), den Problemen der wirtschaftlichen und energetischen Sicherheit gewidmet, statt. Im Detail wurde die Strategie der staatlichen Eingriffe auf dem Gasmarkt diskutiert. Am Sonnabend erklärte Premierministerin Julia Timoschenko, dass der RNSV sich dafür aussprach auf die Dienstleistungen von RosUkrEnergo zu verzichten. Zur gleichen Zeit bestätigen Informanten des Kommersant-Ukraine im Präsidialamt, dass eine solche Entscheidung nicht getroffen wurde, dabei jedoch einem Verzicht auf das Monopol von “UkrGas-Energo” zustimmend.
Die planmäßige Sitzung des RNSV findet jeden dritten Freitag statt. Doch in der vorigen Woche informierte die Sekretärin des Sicherheitsrates, Raissa Bogatyrjowa, über die Vorbereitung einer außerordentlichen Sitzung, auf der die “Frage ‘Naftogases’ gelöst werden soll”. Diese Dringlichkeit ist durch den am 12. Februar geplanten Besuch Wiktor Juschtschenkos in Russland hervorgerufen worden. Bis dahin müssen der Präsident und die Premierministerin eine einheitliche Staatspolitik im Gasbereich ausarbeiten.
“Ich formuliere die Aufgabe sehr knapp: Der RNSV beendet die Sitzung solange nicht, bevor nicht ein allgemeiner Beschluss (in der Gasfrage) getroffen wurde.”, erklärte Wiktor Juschtschenko zur Sitzungseröffnung.
Im Verlauf der Konferenz des Sicherheitsrates traten drei Fragen auf. Die ersten beiden betrafen die Probleme im Bereich der Steuerung der Mehrwertsteuer und der Atombranche. Die dritte, mit dem meisten Widerhall, wurde derart formuliert: “Zu den Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzsituation der Staatlichen Aktiengesellschaft ‘Naftogas Ukrainy’”. Im Übrigen, bereits vor Beginn der Sitzung gaben die Teilnehmer zu, dass nicht nur geplant ist den Finanzplan des Unternehmens zu diskutieren, sondern auch alle Fragen, welche verbunden sind mit der Gasbilanz der Ukraine.
Auf das Eröffnungswort des Präsidenten zum Gasthema bezogen sich nur einige Phrasen. Juschtschenko merkte insbesondere an, dass bei ihm “eine große Frage beim Gastransit und dessen Bedingungen” aufkommt. Diese Erklärung zeigte, dass in den letzten zwei Wochen die Position des Staatsoberhauptes zu der gegebenen Frage sich spürbar verändert hat. So sagte Wiktor Juschtschenko am 20. Januar im Interview mit dem Sender “Inter”, dass er eine Neubetrachtung der Gastransitgebühren für nicht zweckmäßig hält, soweit “dieser Schritt weitere konzeptionelle Fragen nach sich ziehen kann, welche Schaden herbeibringen können”.
Die Sitzung war auf zwei Stunden angesetzt, doch die Mitglieder des Sicherheitsrates gingen davon aus, dass die Diskussion sich etwa hinziehen wird, da die Tagesordnung “zu schwierig” sei. Die Realität übertraf alle Prognosen – die Sitzung des RNSV zog sich über sechs Stunden hin. Den Informationen des “*Kommersant-Ukraine”?? nach, vergingen fast drei Stunden bei der Diskussion der “Gasfrage”. Wie den Journalisten die aus dem Saal kommende Mitglieder des RNSV erzählten, gelang es den Teilnehmern trotz allem nicht einen Kompromiss in Bezug auf die Gaslieferungen in die Ukraine zu erreichen.
“Der Präsident gab zwei weitere Wochen für die Ausarbeitung. Solange fahren wir ohne alles nach Moskau.”, teilte dem “Kommersant-Ukraine“ ein Beamter mit, welcher ungenannt bleiben wollte.
Am Sonnabend bestätigte Wiktor Juschtschenko diese Auskunft selbst. Sich auf einer Dienstreise in der Tschernigower Oblast befindend, erklärte er, dass er der Regierung “zehn Tage für die Formierung einer einheitlichen Strategie“ in diesem Bereich gegeben habe. Der Präsident merkte an, dass er keine “voreiligen Lösungen” akzeptiert, “wo alles zerstört wird und kein Weg für den Bau von etwas Neuem vorgeschlagen wird.” Doch bereits eine Stunde später dementierte Julia Timoschenko seine Erklärung. Am Sonnabend organisierte sie eine spezielle Pressekonferenz, um “die Journalisten über die Resultate der Sitzung des Sicherheitsrates zu informieren”. “Für uns (die Mitglieder des Sicherheitsrates) wurde ein Beschluss auf die Dienstleistungen der Firmen RosUkrEnergo, “UkrGas-Energo” und anderer Mittler und der Übergang zu direkten Verträgen ausgearbeitet.”, erklärte die Premierministerin.
Gestern wandte sich der “Kommersant-Ukraine“ an die Teilnehmer der freitägigen Versammlung mit der Bitte die Worte des Präsidenten und der Premierministerin zu kommentieren. Wie die Informanten des “Kommersant-Ukraine“ bestätigen, entsprechen die Äußerungen von Timoschenko nur zum Teil den Tatsachen.
“Die Frage der Gaslieferung wurde unter zwei Aspekten diskutiert, welche man unbedingt trennen muss: Die außenwirtschaftlichen und die binnenökonomischen Beziehungen. Im Inneren des Landes wird es einen Übergang zu direkten Verträgen für die Gaslieferung geben, da auf eine andere Art es nicht gelingt ‘Naftogas’ aus der Krise zu bringen. Dies beinhaltet eine Trennung von den Dienstleistungen ‘UkrGas-Energos’. Zur gleichen Zeit wurde kein Beschluss gefasst auf den Service von RosUkrEnergo zu verzichten.”, sagte einer der Gesprächspartner dem “Kommersant-Ukraine“.
“Die Entscheidung über den Verzicht auf Mittler ist vollständig möglich, doch sagen Sie, welcher wird unser nächster Schritt? Überdies liefert uns RosUkrEnergo Gas zum niedrigsten Preis (in Osteuropa). Diesen Vorteil dürfen wir nicht verlieren.”, zitierte den Präsidenten einer der Teilnehmer der Sitzung.
Am Freitag war Timoschenko nicht bereit einen Handlungsplan und eine Analyse der Folgen für die Wirtschaft im Fall einer Vertragskündigung mit RosUkrEnergo zu präsentieren, daher gab der Sicherheitsrat der Regierung Zeit für die Vorbereitung entsprechender Dokumente. Es ist geplant, dass die engültige Entscheidung zu der gegebenen Frage bei einer außerordentlichen Sitzung des RNSV getroffen wird, die vor dem Besuch des Präsidenten in Russland stattfinden soll.
Im Übrigen Wiktor Juschtschenko und das Präsidialamt arbeiten parallel zu der Regierung ihre Strategie für die Verhandlungen mit Moskau aus. Sie sieht die Möglichkeit des Überganges zu direkten Verträgen für die Lieferung von mittelasiatischem Gas in die Ukraine vor. Insbesondere mit diesem Ziel wurden vom Präsidialamt telefonische Verhandlungen von Juschtschenko mit seinem turkmenischem Kollegen, Gurbanguly Berdimuhammedow initiiert, welche, den Informationen des “Kommersant-Ukraine“ nach, für Ende letzter Woche angesetzt waren. Dem “Kommersant-Ukraine“ ist nicht bekannt, ob diese Verhandlungen stattfanden und worüber es den beiden Präsidenten gelang Einigkeit zu erzielen.
Bei den anderen Fragen der Tagesordnung gab es zwischen dem Präsidenten und der Premierministerin nicht solch tiefe Meinungsverschiedenheiten. Juschtschenko erklärte insbesondere, dass er davon ausgeht, dass das Niveau der Kontrolle der Sicherheit der Atomanlagen kritisch niedrig ist und forderte in Verbindung damit die Bildung eines staatlichen Komitees zur Atomregulierung. Es ist bekannt, dass in dem Beschluss des Sicherheitsrates zu dieser Frage eine Anweisung an das Ministerialkabinett enthalten sein wird das Tempo der Maßnahmen zu erhöhen, welche in der geltenden Energiestrategie für die Jahre 2006 – 2010 vorgesehen sind und von der letzten Regierung ignoriert wurden. Was die Frage der Steuerung der Mehrwertsteuer betrifft, empfahl der Sicherheitsrat dem Ministerialkabinett sich auf die Vorbereitung einer neuen Steuergesetzgebung zu konzentrieren.