Manipulationen mit der Legitimität
Es gab in der Geschichte der westlichen Ukraine, genauer Galiziens, eine solche Zeit, als fast die gesamte politische Führung in den Händen von Rechtsgelehrten lag. Juristen standen an den Spitzen der Parteien, leiteten die Parlamentsklubs und bestimmten die Hauptrichtungen der ukrainischen Politik.
Am interessantesten war ihr Verhalten im Herbst 1918. Die österreichisch-ungarische Monarchie zerbrach an den Nähten, fiel auseinander, die Völker gaben Erklärungen ab über die Bildung von Nationalstaaten. Eines nach dem anderen wurden sie von Revolution erschüttert, die galizischen Ukrainer aber sorgten sich fortwährend um die Legitimität ihres künftigen Staates. Hätte es nicht eine Gruppe radikaler Jugend gegeben, so hätte die politische Führung auf dieses heilige Telegramm des Kaisers gewartet, in dem er der Gründung der unabhängigen ukrainischen Republik zustimmen sollte.
Junge Politiker vollbrachten die Revolution in Lemberg und riefen die West-Ukrainische Volksrepublik aus. Aber die galizischen Rechtsgelehrten wollten vor allem einen legitimen Staat haben, und so wandten sie sich gleichwohl noch an den österreichischen Gouverneur, dass er ihnen seine Bevollmächtigung erteile. Das heißt, anstatt schnell ihre Staatsorgane zu bilden und die Regierung in eigene Hand zu nehmen, marschierten die Ukrainer zum österreichischen General und ersuchten um Legitimität ihres Staates.
Dann begann der ukrainisch-polnische Krieg, in dem die Ukrainer verloren. Unzufrieden mit den übermäßig legitimistischen Auffassungen der älteren Generation stürzte sich die Jugend darauf, einen revolutionären Untergrund zu aufzubauen. Das Pendel schlug auf die Seite des revolutionären Terrors, des Blutvergießens, was das Tor zu einem örtlich begrenzten Bürgerkrieg öffnete.
Meines Erachtens hat dieses historische Thema mit heute keinerlei historische Ähnlichkeit. Allerdings kann man, wenn man verschiedene Fernsehprogramme anschaut, verschiedene Gedanken und sogar ganze Aufsätze in den sozialen Netzwerke durchliest, fest behaupten, dass die ideologischen Hörigen des Janukowitsch-Regimes sich eingenistet und die wichtigsten Fernseh-Talkshows gekidnappt haben, wo sie mit unterschiedlicher Würzung wie ein Mantra die These bekräftigen, die Regierung in der Ukraine werde nicht vollständig legitim ausgeübt. Wer sind diese Leute, zu welchem Zweck tun sie das und vor allem, was ist das Ziel derer, die die Legitimität der aktuellen ukrainischen Regierung aushebeln?
Gesetzmäßige Regierung und illegitimes Volk
Als erstes äußerte sich – aus verständlichen Gründen – über die Illegitimität der Regierung in Kyjiw Russland. Der Plan des Kreml mit Hilfe des korrupten Regimes von Janukowytsch den unabhängigen ukrainischen Staat aufzulösen war nämlich gescheitert. Das ursprüngliche Vorhaben bestand darin, dass auf irgendeine Weise im höchsten Amt der Ukraine Wiktor Janukowytsch sich „hinschleppte“. Hierfür verwendete man alle möglichen politischen Techniken, Manipulationen der öffentlichen Meinung und Verletzung der Wahlordnung. Man propagierte manipulative Techniken „gegen alle“ abzustimmen als einzig möglichen Ausweg, um die Reinheit des eigenen politischen Gewissen zu bewahren. Kurz gesagt, dank all dieser Manipulationen gelang es, die paar Prozent zusammenzukratzen, um Wiktor Janukowytsch als legitimen Präsidenten auszurufen.
Im Folgenden begann ein politischer Zirkus. Der legitime Präsident richtete all seine Aktivitäten auf die Delegitimierung des demokratischen Rechtssystems in der Ukraine. Brutal verletzte er die Verfassung des Staates und usurpierte sämtliche Macht im Lande. Er unterwarf das Parlament seiner vollständigen Kontrolle, zerstörte die unabhängige Judikative der Macht, machte sie völlig abhängig, ordnete die Generalstaatsanwaltschaft um und blähte den völlig korrupten Apparat des Innenministeriums auf. Im Lande etablierte sich ein festes autoritäres Regime mit Elementen eines Polizeistaates. Ab diesem Zeitpunkt musste man eine unabhängige Rechtsprechung und Rechtmäßigkeit insgesamt vergessen. Die Gesetze des Staates wurden in hohem Tempo unter dem Diktat erfahrener Juristen aus der Präsidialadministration umgeschrieben. Es schien, dass das System hermetisch abgeschlossen war und Rechtsmittel zu seiner Beseitigung nicht existierten.
Aber glücklicherweise zog man bei der Umsetzung des Szenarios zwei ukrainische Besonderheiten nicht in Betracht: Die pathologische Kleptomanie der Führer des Regimes und die Existenz von Elementen von Zivilgesellschaft in den meisten Teilen der Ukraine. Man kann nicht sagen, dass die damalige Regierung den zweiten Faktor völlig ignoriert hat. Schon lange bevor Janukowytsch an die Macht kam, wurden in der Ukraine Szenarien der Teilung des Landes gebilligt, nach denen nicht nur Ost und West einander gegenüberstehen, sondern es verfestigte sich im kollektiven Bewusstsein der Ukrainer der Gedanke, dass der Westen aus Nationalisten, Neonazis und Faschisten bestehe, die man bekämpfen müsse.
Nach diesem Plan trällerte bewusst oder unbewusst klar die Partei Swoboda (Freiheit). Die Motivationen waren auf beiden Seiten verschiedene. Swoboda wollte seinen Erfolg auf die gesamte rechtsufrige Ukraine ausbreiten, die Partei der Regionen hingegen aus der Westukraine eine schwelende „nationalistische Enklave“ schaffen. So versuchte die regierende Partei, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: sich für eine äußerst lange Zeit eine ungeteilte Herrschaft im Staat sichern und die Gesellschaft von den wirklichen sozio-ökonomischen Problemen ablenken. Alle Versuche, das korrupte Regime von der Macht abzusetzen, wurden als Versuche der „Faschisten“ dargestellt, die Führung des Landes zu übernehmen.
Die geschickten Manipulatoren bemerkten, dass Swoboda mit der Aufgabe, die neue ukrainische Revolution als einen Hexensabbat von Neofaschisten und Provokateuren vorzustellen, nicht fertig wurde, deshalb tauchte in der Informationslandschaft ein neuer, bislang noch unbekannter Spieler auf, der Rechte Sektor. Die von Janukowytschs Regime kontrollierten Medien und die Massenpropaganda der russischen Massenmedien traten gemeinschaftlich auf gegen die aufkommende „Bedrohung“ von Demokratie und Gerechtigkeit, die angeblich vom Rechten Sektor ausgehen. Glaubt man der Propaganda von Russland und Janukowytsch, dann sollte der Rechte Sektor nicht einige tausend Mitglieder in der gesamten Ukraine zählen, sondern mindestens einige Hunderttausend. Hierzu setzten sie ein einfaches manipuliertes Schema in Szene: Eine Regierung, die das Aufkommen von Faschismus bekämpft, ist gerecht. Alles, was sie tut, ist gesetzmäßig und notwendig, um Recht und Ordnung im Staate aufrechtzuerhalten.
Die erfahrene Propagandamaschine arbeitete auch daran, der Gesellschaft weißzumachen, wenn die Regierung schon nicht korrupt sein könne, dann sei das wichtigste, dass sie die Ordnung aufrecht erhalte und dem System die minimale Chance gab, stabil zu bleiben. In der Gesellschaft versuchte sie außerdem die Meinung zu verankern, dass man nichts ändern könne, dass man sich mit der Ungerechtigkeit abfinden müsse. Die Propaganda arbeitete an der Sanktionierung der Gesetzlosigkeit.
Die Bevölkerungsstruktur der wesentlichen Gebiete, auf die das Regime Janukowytschs sich stützte, war geformt nach dem Prinzip von „gemeindekonstituierenden Unternehmen“. Dieses Prinzip [der Monostädte] macht die meisten Menschen völlig abhängig von dem Arbeitgeber. Er gestattet der gegenwärtigen demokratischen politischen Kultur nicht sich zu entwickeln und lässt keine politische Initiative zu. Nach diesem Prinzip müssen die Menschen streng den Willen der Machthaber ausführen und sich nur darum kümmern, dass es nicht noch schlimmer wird.
Anders als im Süd-Osten schauten im Rest der Gebiete der Ukraine die öffentlichen Stimmungen etwas anders aus. Wie die jüngsten revolutionären Ereignisse zeigten, besitzt die ukrainische Gesellschaft eine unglaubliche Fähigkeit: sich selbst zu organisieren. Bereits allein hiermit könnte man erklären, warum die Bürger angesichts einer solchen totalen Korruption der Staatsorgane der Regierung, der äußersten Unpopularität der politischen Parteien und eines Mangels an hochangesehenen Führern in der Lage waren, einen wirksamen Widerstand gegen das verbrecherische Regime zu organisieren und es sogar zu beseitigen. Die Gestalter im Kreml und in der Kyjiwer Bankowa-Straße (Präsidentensitz) zogen zum Glück für den ukrainischen Staat nicht den Faktor der Zivilgesellschaft in Betracht, gegen den ihre „legalen“ Methoden unwirksam waren. Nach ihrer Ansicht kann die Masse sich nicht selber organisieren, und noch weniger organisiert gegen ein ungerechtes Staatsregime Widerstand leisten.
Die Waffen der Illegitimität
Keiner der Gestalter des Projekts, das auf die Beseitigung der unabhängigen Ukraine gerichtet war, konnte sich wenigstens einmal nur vorstellen, dass das Janukowytsch-Regime ein Koloss auf tönernen Füßen sei. Es zeigte sich aber, dass diese scheinbar allmächtigen und bis an die Zähne bewaffneten Kräfte sehr schnell die Flucht antreten sollten. Ein kurzes Intermezzo, welches dem Regime die Möglichkeit gab, sich wieder aufzurichten, scheiterte. Nachdem er mit den Führern der Opposition eine Kompromissvereinbarung unterschrieben hatte und als Zeichen der Garantie die Außenminister Polens, Frankreichs und Deutschlands mitunterzeichnet hatten, hatte Janukowytsch die Chance, die Entwicklung bis zum Herbst 2014 hinzuziehen. In dieser Zeit hätte er sich erholen und die verlorenen Posten wieder unter seine Kontrolle bringen können. Seine Troubadoure begannen den Kompromiss zu besingen, indem sie erneut diesem Dokument eine außerordentliche gesetzliche Bedeutung gaben. Das Dokument haben nämlich führende Politiker Europas legalisiert, und deshalb müssen sich alle strikt an die erklärten Grundsätze halten.
Angesichts der Schwäche der Opposition hätte es tatsächlich so geschehen können, aber es wirkten subjektive Faktoren. Mit der Unterzeichnung der Vereinbarung hatte Janukowytsch zugesagt, die „Berkut“ (aufgelöste Sondereinheit) und die Truppen des Innenministeriums aus dem Zentrum von Kyjiw abzuziehen und offenbarte damit seine Positionen vor der tobenden Masse der Maidan-Versammlung. Nebenbei bedeutete die Unterzeichnung der Vereinbarung für die revolutionäre Maidan-Versammlung keinerlei Einschränkung. Ein deutlicher Teil des Revolutions-Maidan war der Auffassung, dass er an die Führer der oppositionellen Parteien überhaupt kein Recht delegiert habe, irgendein Papier mit der Regierung Janukowytsch zu unterschreiben. Ja mehr noch, geprägt von den blutigen Schießereien auf die Maidan-Protestierenden im Zentrum Kyjiws, gab es überhaupt keinen Anlass mehr, noch an irgendeiner Vereinbarung mit den Kriminellen festzuhalten.
Nachdem er den Befehl erteilt hatte, die bewaffneten Einheiten aus dem Zentrum Kyjiws zurückzuziehen, begann Janukowitsch ernsthaft nicht nur sich Sorgen um die Rettung des Gestohlenen zu machen, sondern auch um sein eigenes Leben. Wenn man seine chaotischen Aktivitäten betrachtet, so wird verständlich, dass er nicht einmal daran dachte, die Bedingungen der unterzeichneten Vereinbarung einzuhalten. Das erste, was er unternahm, war ein Auftrag, das Wertvollste von dem, was in seiner Meschyhirsker Residenz zusammengetragen war, in LKWs zu laden und er verschwand in den Osten. Dabei muss man beachten, dass keinerlei Massenkampagne gegen ihn organisiert wurde. Gerüchten zufolge erschreckte ihn der Auftritt eines jungen [Maidan-]Hauptmanns, und das reichte vollends, dass der Präsident sein Land „aus Sorge um sich selber“ verließ.
Janukowitsch verließ nach einigen Tagen Herumirren wie erwartet das Territorium der Ukraine. Es ergab sich die Situation, als der Präsident nach Russland floh, dass er dort Zuflucht fand für sich und seine kriminellen Kollegen. Das Ministerkabinett lief auseinander, die gesamte Vertikale der Exekutive fiel zusammen. Unter diesen Gegebenheiten blieb als einzig legitimes Machtorgan in der Ukraine das Parlament. Um Anarchie im Land zu vermeiden, entschied das Parlament, eine temporäre Exekutive zu wählen. Obgleich dabei auch ein gewisser politischer Missbrauch hingenommen wurde wie beispielsweise die Verteilung der Ministerposten nach Parteiquoten oder die Aufgaben-Vermischung bei Oleksander Turtschynow, der gleichzeitig Vorsitzender des Parlaments war und die Pflichten des Präsidenten wahrnahm, so überschritt er doch nicht den Rahmen des ukrainischen Rechtes.
So konnte Russland bei seiner Politik der Liquidierung der unabhängigen Ukraine nicht umhin, die Situation eines noch „lebendigen“ Präsidenten, dem geflohenen Janukowytsch, und eines die Pflichten des Präsidenten wahrnehmenden Turtschynow nicht zu benutzen. Russland erklärte umgehend die neue ukrainische Regierung für illegitim und rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Kyjiwer „Junta“ nicht anzuerkennen. Die internationale Gemeinschaft jedoch erkannte nicht nur die neue ukrainische Regierung an, sondern begann sogar noch, effektiv die Situation im Lande stabilisieren zu helfen. Dass Russland seine Möglichkeiten zur Propaganda auf der ganzen Welt kräftig nutzte, änderte letztendlich nicht die Einstellung zur Ukraine. Möglicherweise „halfen“ der Ukraine die offene Aggression Russlands gegen die Ukraine und die gewaltsame Abtrennung der Krim, die angeleiteten separatistischen Bewegungen im Donbas und überhaupt allgemein die kriegerische Rhetorik bezüglich der Ukraine.
Auf der ganzen Welt versuchte Russland die Idee zu verbreiten, dass die Ukraine als Staat nicht wirklich existierte, dass sich keine ukrainische Nation gebildet habe, und überhaupt die Ukraine an sich ein „Missverständnis“ in Osteuropa sei, dass sich nicht selbst helfen könne. Und jede anti-ukrainische Propaganda-These bemühte sich Russland nicht mit Hilfe von Normen des Völkerrechts zu begründen, sondern indem es mit einem fiktiven mythischen historischen Recht operierte. So ergab sich die paradoxe Situation, dass der Kreml, als die Illegitimität der neuen ukrainischen Regierung in die Welt posaunend, selber Maßnahmen ergreifen musste, die weit entfernt von den etablierten Normen des Völkerrechts sind. Zum Beispiel fällte der Rat der Russischen Föderation eine völlig illegale Entscheidung, indem er der russischen Armee das Recht gab, Aggression gegen einen anderen souveränen Staat auszuführen, um seine „eigenen Bürger“ zu schützen.
Die russische politische und die staatliche Elite hatten sich nicht mit der Tatsache abgefunden, dass die Sowjetunion zusammengebrochen ist, dass bereits seit 23 Jahren anstelle dessen souveräne Staaten bestehen. Sie haben für sich das Recht auf private Fantasien, aber Verletzung internationaler Gesetzesvereinbarungen zugunsten irgendeines „historischen Rechtes“ ist Rechts-Nihilismus und schlichtweg Raub. Die Annexion eines souveränen Teiles eines anderen Staates und seine Angliederung an Russland ist nichts anderes als Aggression. Die Erklärungen des russischen Präsidenten Putin über ein eingebildetes fantastisches Neurussland als eines integralen Bestandteils des traditionellen russischen Raums ist ein zusätzlicher Beweis für die Existenz der in den russischen herrschenden Kreisen bestehenden aggressiven Pläne, die Ukraine zu zerstören. Hier spürt man keinerlei Rechtmäßigkeit oder Gesetz. Russland wählte sich schlicht die Rhetorik von der Illegitimität der ukrainischen Regierung dazu, um der Ukraine die internationale Unterstützung zu entziehen und sich ungehindert zu erlauben, auf dem Wege von Aggression und Stärkung von Separatismus die unabhängige Ukraine aufzulösen und Teile in den Bestand der Russische Föderation aufzunehmen.
Indem es die Regierung in Kyjiw für illegitim erklärte, versucht Russland die Unabhängigkeit des ukrainischen Staates selber als ungesetzlich darzustellen. Hätte die westliche Welt die These von der Illegitimität akzeptiert, hätte dies bedeutet, dass alles, was die neue ukrainische Regierung unternimmt, illegal wäre. Vor allem: Sie könnte der Aggression Russlands auf der Krim nicht widerstehen, da es in der Ukraine keinen Oberbefehlshaber gäbe, denn der „wahre“ Präsident sitzt in Moskau. Der Befehl zur Durchführung antiterroristischer Operationen wäre folglich ebenso illegal wie dessen Ausführung. Die Versuche der ukrainischen Regierung, im Südosten des Landes wieder Ordnung herzustellen, die Zivilisten zu schützen, Banditentum zu bekämpfen und auch den Separatismus aufzuheben, sind nach Ansicht Russlands illegal. Was Russland vor allem mithilfe dieser Technik versucht, ist die Versetzung der Ukraine in eine Patt-Situation. In eine Situation, in der alle Aktivitäten der ukrainischen Regierung illegal sind, und der Ukraine also nichts anderes übrig bleibt als abzuwarten, bis sie selber wie überreifes Gemüse in die offenen Arme Russlands fällt. Da nach der Logik der Russen auch die Wahl eines neuen ukrainischen Präsidenten illegal sei, gäbe es für die Ukrainer keinen anderen Ausweg, außer die Rückkehr des kriminellen Janukowytsch und seiner Clique.
Alle diese rechtsverdrehenden Manipulationen vollführt Russland nur zu einem einzigen Zweck: die Zerstörung der Unabhängigkeit der Ukraine. Erst nach der Wahl des Präsidenten in der Ukraine und der Wahl Petro Poroschenkos für diesen Posten wurde verständlich, warum die russischen Medien und die alten „Experten“ Janukowytschs so beharrlich auf das Thema der Legitimität der ukrainischen Exekutive losstürmten. Es ging ihnen weniger darum, dass sie in der Informationslandschaft die Überzeugung über die Illegalität der gegenwärtigen ukrainischen Regierung verfestigen wollten, sie wollten die Illegalität der Durchführung der Wahlen selber beweisen. Mit allen Möglichkeiten versuchten sie, die Ukrainer und die Welt davon zu überzeugen, dass die einzige Quelle der Legitimität irgendwo in Moskau verborgen sei und von Zeit zu Zeit ließ sie eine Stimme aus Rostow am Don erklingen. Man muss verstehen, dass Russland seine bewährten Kämpfer aktivierte, um gegen die gegenwärtige Präsidentschaftswahl einen Präventivschlag auszuführen, um sie von vorneherein als illegal zu erklären und die Informationslandschaft für Verlautbarungen Präsident Putins zu „reinigen“.
Und Präsident Putin ließ nicht mit Verlautbarungen auf sich warten. In einer Antwort auf eine Frage von Journalisten bezeichnete er Wiktor Janukowytsch als amtierenden Präsidenten. Auf die Frage nach genauerer Ausführung ergänzte er, dass nach der Verfassung der Ukraine es vier Gründe gäbe für die Entfernung des Präsidenten und Ausrufung von Neuwahlen: Tod, Krankheit, eine persönliche Rücktrittserklärung und Anklage. Die Entfernung Janukowytschs entsprach nach Meinung des Bürgers Putin keinem der verfassungsmäßigen Gründe. Der Umstand, dass Janukowytsch aus dem Land geflohen sei, erkläre sich daraus, dass für ihn Lebensgefahr bestanden habe. Diese willkürliche Auslegung der Verfassung eines anderen Landes, die sich der Präsident von Russland erlaubte, steht ganz im Widerspruch zum Völkerrecht und zeigt die brutale Einmischung in die Angelegenheiten der unabhängigen Ukraine. Dieses so geartete Verhalten Putins wurde schon immer von der Ukraine „vernachlässigt“. Aber nicht jetzt, nach der Wahl von Petro Poroschenko zum Präsidenten.
Es stellt sich heraus, dass der neue Präsident der Ukraine nicht bereit ist, Putins Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine zu tolerieren und er wird sie nicht mehr unbeachtet lassen. Die Antwort Petro Poroschenkos belegte Professionalität und Korrektheit. Gleichzeitig signalisierte sie dem Präsidenten des Nachbarstaates, dass die Ukraine die russischen Interventionen nicht weiter dulden werde, insbesondere wo sie auf nicht legalen Prinzipien gründen. Die gegenwärtige Welt kennt kein archaisches „historisches Recht“ und will davon oder gar von einem subjektiven Grundsatz wie „die Geschichte rechtfertigt“ nichts wissen. Die Anwendung dieser Prinzipien in internationalen Beziehungen kann zu Chaos und zum Ausbruch blutiger Weltkonflikte führen. Die Tatsache, dass Russland festgelegte Normen des internationalen Rechts und der institutionalisierten Vereinbarungen verletzt, stellt die Ukraine vor neue Herausforderungen: Aufrechterhaltung der Souveränität ihrer Territorien, ausnahmslose Gewährung von staatlichem Schutz für alle Bürger, Durchführung von Reinigungen der Regierungsorgane von Korruption und schließlich Errichtung einer neuen Vertikale von Legislative und Exekutive. Dies muss nach gegenwärtigen Rechtsgrundsätzen geschehen, und nicht nach einem ephemerem „historischen Recht“.
22. Mai 2014 // Wassyl Rassewytsch
(vom Verfasser am Schluss für die Übersetzung aktualisierte Bearbeitung)
Quelle: Zaxid.net