Die Menschenrechte von Kindern in der Ukraine


Die Situation ist bestialisch: Ein 7-jähriges Kind mit einem abgetrennten Arm rief 13 Mal in der Notrufzentrale an, doch die Mitarbeiter lehnten jede Hilfe ab. Der Anruf des Kindes wurde für einen Scherz gehalten und es wurde ihm sogar gedroht, die Polizei einzuschalten wegen diesem vermeintlichen Streich. Konnte man etwa nicht hören, dass das Kind wirklich schlimme Schmerzen hatte?

Und plötzlich fällt jedem das auf, was in der Ukraine schon längst nicht neu ist: weder der Notruf, noch die Feuerwehr oder die Polizei reagieren auf den Anruf eines Kindes. Außer, wenn der Mitarbeiter der Telefonzentrale besonders mitfühlend ist. Ansonsten ist ein Kind in der Ukraine ein unzuverlässiges Geschöpf, das ständig lügt und Streiche spielt. Vielleicht haben auch Sie selbst als Kind einmal die Notrufnummer gewählt, um einen Rettungstrupp zum Haus des Klassenkameraden zu schicken, weil es Ihnen sehr lustig erschien. Vielleicht kommen wirklich über die Hälfte der Anrufe von Kindern, die mit ihrer Freizeit nichts anderes anzufangen wissen. Sogar wenn wirklich etwas Ernstes passiert und das Kind in den Telefonhörer heult, wird keine Hilfe kommen, bis ein Erwachsener am Apparat ist. Wie viele Kinder schon wegen dieses „Prinzips“ gestorben sind, ist in den Telefonzentralen des Notrufs mit ihren steinernen Mitarbeitern wohl kaum bekannt.

Mit der Polizei ist es überhaupt sehr schwierig. Da ein Kind nicht die Verantwortung tragen kann für bewusste Falschaussagen, werden seine Aussagen in der Ukraine überhaupt nicht wahrgenommen. Wenn ein Kind blutüberströmt zur Polizei geht und aussagt, dass jemand gerade versucht hätte, es zu töten, wird seine Anzeige nicht aufgenommen. Die Anzeige wird auch nicht aufgenommen, wenn das Kind seine Eltern mitbringt, denn die Eltern haben die Schlägerei nicht gesehen und können folglich nicht anstelle des Kindes als Zeugen aussagen.

Wenn ein Kind zur Polizei geht und aussagt, dass es von seinen Eltern geschlagen wird, stehen die Chancen für eine strafrechtliche Verfolgung bei Null. Die Ukraine hat einen Skandal wegen Pädophilie überstanden, jedoch wurde kein System für die Hilfe für Kinder ausgearbeitet, die unter häuslicher Gewalt leiden. Es gibt keine Zeugen und Kinder werden a priori als Lügner betrachtet. Wem sollen sie erzählen, dass sie vom eigenen Vater misshandelt werden?

Wie oft kommt es auch vor, dass die Eltern ihren Kindern nicht glauben? Eltern, Erzieher oder Lehrer, es sind beliebige Erwachsene, und was erwarten dann wir von jenen, die bei der Polizei oder im Notrufdienst arbeiten? Sie sind einfach genauso, wie alle anderen.

Kinder haben in der Ukraine in etwa genauso viele Rechte, wie Hunde. Na gut, Hunde haben nicht das Recht auf kostenlose Bildung, und Kinder haben dieses Recht noch. Insgesamt werden sie als Anhängsel ihrer Eltern gesehen, die in jeglicher Hinsicht kein Recht auf Gehör haben. Nicht einmal das Recht, einen Krankenwagen zu rufen. Andererseits haben die Versuche Europas und der USA, Kindern mehr Rechte zu einzuräumen, lediglich dazu geführt, dass der ukrainische Staat begonnen hat, sich ungelenk in die privaten Angelegenheiten der Bürger zu mischen und folglich zur Einführung des Jugendstrafvollzugs in der Ukraine aufzurufen, wo die Ukrainer vom Staat prinzipiell nichts Gutes erwarten. Das ist überhaupt ein Verbrechen.

Zu was können die Ukrainer denn aufrufen? Zumindest zur Einführung neuer Handlungsanweisungen für die Notrufzentralen. Die ukrainische Gesundheitsministerin Raissa Bogatyrjowa hat bereits erklärt, dass das Verhalten der Notrufzentrale, die keinen Krankenwagen für den kleinen Jungen im Ort Gorlowka geschickt hat, unzulässig sei.

Man würde sich wünschen, dass dieses „unzulässig“ zu einer Verurteilung führt und in Zukunft weder die Schreie von Kindern, noch von Erwachsenen ignoriert werden.

10. Mai 2012 // Viktoria Gerassimtschuk

Quelle: Lewyj Bereg

Übersetzerin:   Katharina Jaroschak  — Wörter: 581

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