Der Staat hatte dazu keinerlei Beziehungen. Und hat es bis heute nicht. Wie immer. Über all die Jahre unserer Tätigkeit wollte sich keiner der oberen Beamten des Landes nicht einmal minimal an der Übersetzung und Ausgabe von Büchern, die uns von den bekanntesten Psychiatern Nordamerikas und Europas empfohlen wurden, beteiligen. Naja, auch ohne Beteiligung unseres Staates haben wir 139 Bücher übersetzt, herausgegeben und verbreitet. Unser eigener unabhängiger Staat hat andere Bücher herausgegeben, ihr Hauptunterschied zu einstiger, sowjetischer Medizinliteratur war folgender: die ukrainische Sprache, häufig eine sehr schlechte. Wir haben ja Bücher auf Russisch herausgegeben, da unsere westlichen Spendengeber von uns die Befolgung zweier Voraussetzungen forderten: eine kostenlose Verbreitung im Fachmilieu und die Schenkungen eines Teils der Auflage an Weißrussland, Russland, Georgien und die Republik Moldau. Es gab nur einen höheren Beamten, der uns half die Bücher im Land zu verbreiten – die Ministerin (noch zu Zeiten der Präsidentschaft Kutschmas) Raissa Bogatyrjowa. Leider war das eine Ausnahme. Andere Minister fürchteten sich vor unseren Büchern.
Westliche Spendengeber sind müde von uns, von der ständig nach Geld bittenden Ukraine. Von einem Land, das ausdrücklich nicht wünscht, sich auf den Weg der Reformen zu machen. Davon haben auch wieder etwas abgekriegt, unser spezialisierter Verlag „Sfera“ mit seiner typografischen Linie. Wir hörten auf Bücher zu übersetzen, zu drucken und zu verteilen. Und der Staat fuhr und fährt mit dem Sponsoring von schlechten, archaischen Lehrbüchern fort.
Und schließlich vor zwei Jahren, ohne über westliche finanzielle Unterstützung zu verfügen, wagten wir es das aktuellste und weltweit geistreichste „Handbuch über Kinderpsychiatrie“ zu übersetzen und herauszugeben. Zwei Psychiater, die beide in der ukrainischen Provinz leben und arbeiten und über keinerlei wissenschaftlichen Rang und Titel verfügen, nahmen sich dieser Sache an. Vor einigen Monaten wandte ich mich über die Seite „Lewyj Bereg“ an die Reichen der Ukraine. Die Reaktion war schnell und sehr aufrichtig. Sowohl Reiche als auch Vertreter kleiner und mittelständiger Unternehmen und ganz und gar nicht wohlhabende Mitbürger gaben ihr Geld. Die für mich markanteste Spende: 100 Hrywnja (etwas mehr als drei Euro). Vermutlich gab dieser Mensch sein letztes Hemd.
Das Buch wurde übersetzt und überarbeitet. Der Umfang beträgt circa 1.400 Seiten. Ich hoffe, Anfang April wird die Präsentation stattfinden. Wir laden alle ein, die uns, den Psychiatern, geholfen haben, unsere ausländischen Kollegen im 21. Jahrhundert einzuholen. Das wird unser Fest! Mit uns werden Mütter psychisch erkrankter Kinder, Psychologen und Juristen, Sozialfachleute, Wirtschaftler und diejenigen, die im Gesundheitswesen arbeiten, sein… Dieses Buch ist auch für sie.
Wie auch in früheren Zeiten geben wir einen Teil der Auflage an andere Länder der ehemaligen UdSSR, wo es etwas Ähnliches zu unserem Buch nicht gibt und auch nicht in Aussicht steht. Ich weiß, dass wir es nicht schaffen werden, das Buch nach Russland zu schicken. Die russischen Kollegen, die einst mit uns befreundet waren, haben heutzutage Angst ihre beruflichen Kontakte mit der Ukraine weiterzuführen. Im Übrigen werden sich wohl auch die Krim und das vom Krieg abgeschirmte Gebiet des Donbass als ähnlich unzugänglich für uns erweisen. Eine unsinnige Situation: Das Buch handelt nicht von Politik und nicht von Soldaten der Ukrainischen Aufstandsarmee…
Und trotz alledem steht ein Fest bevor. Noch ein kleiner Schritt nach Europa. Ohne die Beteiligung des Staates? Na und, kennen tun wir es ja. Nur eine Frage beschäftigt mich heute: ob uns das überaus patriotische Gesundheitsministerium erlaubt dieses „Handbuch…“ offiziell anzunehmen. Es ist ja ins Russische übersetzt worden. Es ist gar nicht lange her, als unser jeweiliger Minister einer war, der ganz und gar nicht die ukrainische Sprache beherrschte. Er unterschrieb ohne zu schauen viele Dokumente, und deshalb gab es auch ernsthafte Missverständnisse.
Bald werden wir es sehen. Sowohl das Buch selbst als auch die Entscheidung des Gesundheitsministeriums.
16. Januar 2017 // Semjon Glusman, Pychiater
Quelle: Lewyj Bereg
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