Parlament beschloss Erhöhung der Zigaretten- und der Alkoholsteuern
Die Werchowna Rada schaffte es nicht das Paket der Antikrisengesetze, welches für den Erhalt des IWF-Geldes notwendig ist, zu verabschieden. Die Abgeordneten bewilligten lediglich zwei Gesetze – das zur Erhöhung der Zigarettensteuer und jenes zur Erhöhung der Alkohol- und der Dieselsteuer, dabei auf die Untersuchung der Änderungen im Staatshaushalt und der Rentengesetze verzichtend. Im Ergebnis beschuldigten Premierministerin Julia Timoschenko und der Leiter des Präsidialamtes, Wiktor Baloga, sich gegenseitig der Sabotage der Abstimmung. Die Abgeordneten selbst sind hingegen bereit, die übrigen Gesetzen bis zum Ende der aktuellen Woche zu beschließen.
Zur Untersuchung der Antikrisengesetze, die von der Regierung vorbereitet wurden, gingen die Abgeordneten nach der jährlichen Ansprache von Präsident Wiktor Juschtschenko im Parlament über. Das Staatsoberhaupt bat sie dabei alle Gesetze zu unterstützen, die für den Erhalt der zweiten Tranche des IWF-Kredites von 1,85 Mrd. $ notwendig sind. Doch zuerst entschieden sich die Abgeordneten den Gesetzesentwurf #4202 von BJuT (Block Julia Timoschenko), “Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung” und der Partei der Regionen zur Erhöhung der Zigarettensteuer zu betrachten. 241 Parlamentsabgeordnete unterstützten die Erhöhung der Steuer/Akzise auf den Wert der Tabakprodukte bereits vom 1. Mai an von 16% auf 20% und die spezifische – von 15,6 Hrywnja (ca. 1,4 €) auf 35 Hrywnja/1.000 Stück (ca. 3,18 €) für Zigaretten ohne Filter und von 37,5 Hrywnja (3,4 €) auf 60 Hrywnja/1.000 Stück (5,45 €) für Zigaretten mit Filter. Den Berechnungen der Abgeordneten nach, erhöhen sich die Einzelhandelspreise für Zigaretten mit Filter um 1,25 – 2 Hrywnja (13 – 18 Cent) pro Packung – auf 3,75-10,5 Hrywnja (34 – 95 Cent). Außerdem werden, beginnend vom 1. Januar 2010 an, jährlich, die spezifische Steuer und die minimale Steuerbelastung an das Inflationsniveau angepasst. Und das Kabinett wird in diesem Jahr verpflichtet die zusätzlichen Einnahmen aus der Steuer (3,5 Mrd. Hrywnja; ca. 318 Mio. €) für die Finanzierung von Gesundheitsprogrammen zu verwenden – insbesondere für die Bekämpfung von HIV-AIDS und Krebserkrankungen und ebenfalls für die Unterstützung des industriell-landwirtschaftlichen Komplexes und den Ausbau von Straßen und Brücken. “In den ersten zwei Monaten dieses Jahres überstiegen die Mindereinnahmen für die Reparatur von Straßen 500 Mio. Hrywnja (ca. 45 Mio. €). Daher versuchen wir das Defizit mit diesen Mitteln zu decken”, erklärte dem “Kommersant-Ukraine“ der Co-Autor des Gesetzesprojektes, Oleg Ljaschko (BJuT).
Die Abgeordneten verabschiedeten auch das Regeierungs-Gesetzesprojekt #4265 zur Erhöhung anderer Steuern. Für die Erhöhung der Steuer für hochprozentige Alkohole vom 1. Julia an und vom 1. November für Diesel, was dem Budget weitere 1,3 Mrd. Hrywnja (ca. 118 Mio. €) bringt, stimmten 230 Abgeordnete. Auf Forderung der Abgeordneten Xenia Ljapina von “Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung” (UUNS) wurden die Sätze für natürliche Weine und Wermut nicht erhöht. Im Ganzen erhöhen sich die Akzisen für alkoholische Getränke um 26%, für Diesel um 50%. Sie werden ebenfalls von 2011 an, an die Inflation angeglichen.
Markteilnehmer bewerteten die beschlossenen Gesetze negativ. Den Worten des Leiters der Unternehmenskommunikation von “British American Tobacco Ukraine”, Andrej Kril, nach, werden die Hersteller gezwungen sein ihre Produktion einzuschränken, wenn der Schmuggel aufblühen sollte. “Bei der derzeitigen niedrigen Kaufkraft der Bevölkerung führt die Erhöhung der Preise für alkoholische Getränke zu einem Rückgang der Verkaufsmengen und infolge dessen, zu einer Verringerung der Einnahmen im Staatshaushalt”, ist sich der Direktor für Rechtsfragen von “Chortizja”, Gennadij Wassjukow, sicher. Der Generaldirektor von “Sojus-Wiktan”, Andrej Ochlopkow geht davon aus, dass, die Regierung, indem sie versucht den Haushalt aufzufüllen, nicht nur die Hersteller von hochprozentigem Alkohol in die Knie zwingt, sondern auch die benachbarten Zweige – die Alkohol- und die Glasbranche.
Die übrigen zwei Antikrisenprojekte – Änderungen im Staatshaushalt und im System der Rentenversorgung – konnten die Abgeordneten zweimalig nicht in die Tagesordnung aufnehmen. Vollständig stimmten lediglich die Fraktionen von BJuT und des Blockes Litwin dafür. Bei UUNS gab es zu viele Ansprüche. “In der letzten Zeit wurde es zur Praxis: am Abend wird der Entwurf eingebracht, am Morgen findet die Ausschusssitzung statt und sofort wird das Dokument zur Abstimmung gestellt”, sagte dem “Kommersant-Ukraine“ Wladimir Wjasiwskij (UUNS), anmerkend, dass es keine Zeit gab die Dokumente zu studieren. Beide Gesetzesentwürfe wurden vom Kabinett am 25. März eingereicht. Der Abgeordnete Roman Tkatsch erläuterte, dass er dafür stimmte, da das Kabinett in den Haushaltsänderungen vorschlug dem Agrarfonds zu erlauben, Treibstoff und Dünger für die Frühjahrsaussaat zu kaufen: “Das ist keine Funktion des Fonds, man muss den Landwirten erlauben ihre Kredite zu verlängern und das, was das Kabinett macht, ist gegen das Dorf gerichtet. von den im Budget für das I. Quartal vorgesehenen 600 Mio. Hrywnja (ca. 54 Mio. €), wurden lediglich 160-170 Mio. Hrywnja (ca. 14,5 – 15,5 Mio. €) angewiesen”.
Die Nichtannahme der zwei Regierungsinitiativen erlaubte es der Premierministerin Julia Timoschenko Präsident Wiktor Juschtschenko der Vereitelung der Abstimmung zu beschuldigen. “Die Abgeordnetenmannschaft des Präsidenten und des Leiters seiner Verwaltung, Wiktor Baloga, stimmten nicht dafür, obgleich wir vorher bei allen strittigen Positionen eine Vereinbarung erreicht hatten. Wir sind davon ausgegangen, dass der Präsident für die Situation im Lande die Verantwortung übernimmt, das er ein verantwortungsvoller Mensch ist und das er es keiner Hinterzimmermannschaft seiner Fraktion gestattet nicht abzustimmen”, erregte sich die Premierin. Jetzt ist sie sich des Zeitraumes der Rückkehr der IWF-Mission in die Ukraine nicht mehr sicher. Wiktor Baloga erklärte, dass die Weigerung der Rada die Vorschläge des Kabinetts zu unterstützen – der Beweis für den unumgänglichen Rücktritt der Regierung Timoschenkos ist. “Sie leitet ein Kabinett, welches sich, entgegen der Verfassung, nicht auf eine Parlamentsmehrheit stützt”, erklärte der Staatsangestellte. “Die Abgeordneten haben die Gesetzesentwürfe aus professionellen Gründen nicht untersucht”.
Bei UUNS ist man bereit, bereits bis Ende dieser Woche die notwendigen Gesetzesprojekte zu unterstützen. “Falls man aus den Budgetänderungen die Korrekturen zum Agrarfonds entfernt, denke ich, werden wir bereits am Mittwoch abstimmen”, sagte Roman Tkatsch.
Natalja Neprjachina
Quelle: Kommersant-Ukraine