Präsident Wiktor Juschtschenko ernannte gestern einen der Führer vom Block Julia Timoschenko, den stellvertretenden Vorsitzenden der Partei “Vaterland” Alexander Turtschinow, zum stellvertretenden Sekretär des Rates für Nationale Sicherheit und Verteidigung. In der Koalition ist man sich sicher, dass die Entscheidung des Präsidenten der Vorbereitung einer gewaltsamen Lösung des sich hinziehenden Konfliktes darstellt. Im Sekretariat des Präsidenten versichert man dagegen, dass der neue Stellvertreter das gegenseitige Verständnis zwischen dem Präsidenten und den politischen Kräften in Ordnung bringen soll. Ein Bericht aus dem heutigen Kommersant-Ukraine.
Die Meldung über die Ernennung Alexander Turtschinows zum stellvertretenden Sekretär des Rates für Nationale Sicherheit und Verteidigung (RNSV) erfolgte etwa gegen 14:15 Uhr. Bemerkenswerterweise wurde diese Nachricht fast zeitgleich zum Beginn des Treffens von Wiktor Juschtschenko und Wiktor Janukowitsch, anlässlich der Lösung der politischen Krise, veröffentlicht. Noch innerhalb der nächsten Stunde erschien auf der Seite des Präsidenten ein Kommentar des Leiters des Präsidialamtes Wiktor Baloga, indem er die Ernennung erklärt und die Möglichkeiten des neuen Stellvertreters im RNSV hoch bewertet. Im Einzelnen erklärte Baloga, das Turtschinow sich auf die Funktion eines Kommunikators zwischen den politischen Kräften und den staatlichen Ämtern konzentrieren wird. Dabei hält eine Systematisierung der bestehenden Vorschläge und Möglichkeiten zur Ausarbeitung einer Lösung der Krise zur Zeit für besonders notwendig. Die Analyse von Risiken hält Baloga ebenfalls für eine Stärke Turtschinows, wodurch er dazu beitragen kann eine Zuspitzung der Krise zu verhindern.
Dennoch rief die Ernennung, einer der Oppositionsspitzen in die Führung des RNSV, die nächste Welle von Verdächtigungen des Präsidenten in Richtung einer gewaltsamen Lösung des Konfliktes, von Seiten der Regierungsmehrheit, hervor. Wassilij Chara, Abgeordneter der Partei der Regionen, sieht die Möglichkeiten des Präsidenten zu härteren Schritten erweitert, was die Entlassung des Ministerialkabinetts einschließt. Chara sieht in Turtschinow vom Charakter her einen Extremisten, der in seiner neuen Position von nichts und niemandem, sogar dem Vorsitzenden des RNSV Iwan Pljuschtsch, nicht aufgehalten werden kann.
Im Minsterialkabinett hielt man sich mit Äußerungen bezüglich der Ernennung zurück. Lediglich der Vizepremier Wladimir Radtschenko äußerte sich. Er kann jedoch in der Ernennung nichts Schlechtes entdecken.
Auch wenn für die Mehrheit der Politiker die Nachricht überraschend kam, geht der “Kommersant-Ukraine“ davon aus, dass im Stab vom Block Julia Timoschenko (BJuT) die Vorbereitungen hierzu bereits seit langem laufen. Es handelt sich dabei darum, dass im Sekretariat bereits seit längerem die Idee kursiert eine Vertreter der radikalen Opposition in die Leitung des RNSV zu benennen, um die Position des Präsidenten zu stärken. Noch Ende September letzten Jahres, wurde von Informanten bei BJuT und im Umfeld von Wiktor Juschtschenko dem “Kommersant“ zugetragen, dass Julia Timoschenko zur Sekretärin des RNSVs ernannt werden solle. Zwei Wochen vor der Ernennung von Witalij Gaiduk soll Wiktor Juschtschenko diese Variante noch in Betracht gezogen haben. Mehr noch, wurde von diesen Informanten, dem “Kommersant-Ukraine“ gegenüber, behauptet, dass bis zur Ernennung Gaiduks am Morgen des 10. Oktober 2006, zwei Varianten für die Ernennung zum Sekretär des RNSV vorbereitet wurden. Aus unbekannten Gründen entschied sich der Präsident gegen die Mitbesitzerin der Industrie-Finanzgruppe “Industrielle Vereinigung Donbass”. Im “Kommersant-Ukraine“ heißt es weiter, dass Juschtschenko vor der Ernennung noch mehr als eine Stunde mit Julia Timoschenko geredet hat. Einer der Gründe der Ablehnung könnte die harte Position Alexander Turtschinows gewesen sein, der Julia Timoschenko nahelegte den Vorschlag Wiktor Juschtschenkos zurückzuweisen.
Turtschinow hat demnach zu dieser Zeit wörtlich gesagt: ??“In der Mannschaft des Präsidenten sind nicht so viele aktive Personen. Und wie man sagt, wenn es ums Kämpfen geht, dann Timoschenko, wenn es ums Teilen geht, dann jemand anderes. Obgleich ich die Initiative vieler verstehe, dass die Armee des Präsidenten ein Feldherr führt, der zu siegen versteht. Aber ich gehe nicht davon aus, dass dies dem Block (BJuT) nutzen wird, weil wir von einigen Nuancen abhängen werden, verbunden mit nicht vollständig folgerichtigen Entscheidungen des Präsidialamtes und des Präsidenten selbst.
Interessanterweise, wird im Präsidialamt selbst nicht verborgen, dass, neben den kommunikativen Fähigkeiten Turtschinows, auch weniger friedvolle Eigenschaften von Nutzen sein könnten. So meint Wiktor Baloga einen Menschen ernannt zu haben der hochsensibel gegenüber Gefahren für das Land ist. Gleichzeitig werden seine unternehmerischen Fähigkeiten gebraucht, um die einmonatige Untätigkeit des RNSVs zu beenden und die angesammelten Probleme anzugehen.
Vertreter von Sozialisten und Kommunisten sprechen dem Neuernannten entweder jegliche Problemlösungsfähigkeiten ab oder gehen davon aus, dass dem Präsidenten die Leute ausgehen, wenn jetzt schon Vertreter von BJuT die Interessen des Präsidenten vertreten sollen.
Ljudmila Kiritschenko, von der Partei der Regionen, sieht hingegen den Einfluss von Igor Kolomojskij und seiner Gruppe “Privat” in der Opposition steigen. So erklärte der vorherige stellvertretende Sekretär des RNSVs Walerij Choroschkowskij, der Direktor der russischen Ewrasholding, seinen Rücktritt am 15. Mai diesen Jahres unmittelbar nach dem freiwilligen Rücktritt von Witalij Gaiduk. Damit, so Kiritschenko, wird Kolomojskij zur grauen Eminenz der Opposition.
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