Partei der Regionen erlitt bei Abstimmung im Parlament Niederlage - Julia Timoschenko weiterhin Premierministerin


Gestern gelang es Julia Timoschenko den Posten der Premierministerin und die Regierung zu retten. In der Werchowna Rada, wo gestern der Bericht des Kabinetts der Minister zur sozio-ökonomischen Situation im Lande und den Maßnahmen der Regierungsorgane zur Überwindung der Krise angehört wurde, fand sich keine Stimmenmehrheit für ein Misstrauensvotum gegenüber der Regierung – die entsprechende Entscheidung unterstützten nur 200 der Abgeordneten. Nach der gescheiterten Abstimmung erklärte Timoschenko, dass auf diese Weise das Parlament ihr das Vertrauen ausgesprochen habe.

Wie geplant, war die erste Frage, die gestern in der Werchowna Rada untersucht wurde, der Bericht der Regierung zur sozio-ökonomischen Situation im Lande (siehe gestrige Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“). Neben den Mitgliedern der Regierung, wurde Präsident Wiktor Juschtschenko zu der Sitzung eingeladen, doch tauchte er nicht im Parlament auf. Dafür befand sich Premierministerin Julia Timoschenko im Sitzungssaal im Verlaufe des gesamten Sitzungstages, war sie nur kurz abwesend. Ihr Auftritt vor den Parlamentsabgeordneten dauerte etwa 40 Minuten.

“Ich denke, dass sie verstehen, das es bei einem globalen Rückgang der Wirtschaften der Länder der Welt sich die Haushaltserfüllung jeden Monat als außerordentlich schwere Arbeit und außerordentlich schwere Aufgabe erweist. Doch haben wir in dieser Zeit das Budget mit 101% übertroffen”, erläuterte die Premierin den Abgeordneten.

Der Bericht von Timoschenko wurde periodisch von Ovationen der Abgeordneten der Fraktion von BJuT (Block Julia Timoschenko) unterbrochen.

“Heute verrichten Plünderung und Verbrechen ihr faules Werk auf der Not des Landes! Wenn unsere Weisheit, die Vernunft und die Hauptsache – die Liebe zum eigenen Land ausreichen, dann müssen wir alle Auseinandersetzungen einstellen und wie im bekannten Märchen “Mowgli”, während der Dürre einen Wasser-Waffenstillstand schließen. Niemand isst einen anderen, verehrte Freunde!”, versuchte die Regierungschefin zu überzeugen.

Nach dem Bericht Julia Timoschenkos begann die Fragezeit der Abgeordneten.
Der Vorsitzende der Werchowna Rada, Wladimir Litwin, schlug den Abgeordneten vor, sich einzutragen (in eine Liste). Als erster in der Liste erschien ein Vertreter von BJuT.

“Andrej Pawlowskij”, stellte ihn der Sprecher vor. Und sofort erschallten Pfiffe und missbilligende Rufe aus dem Sektor, wo die Plätze der Abgeordneten der Partei der Regionen (PR) sich befinden.

“Nehmen Sie das zurück! Einen Moment, aus welchem Grund?”, verstand Litwin diese Reaktion nicht. Es erwies sich, dass auf dem Bildschirm die Familiennamen der Abgeordneten erschienen, doch ein großer Teil von ihnen waren Mitglieder der Fraktion von BJuT und es waren nur wenige Vertreter der Partei der Regionen in der Liste der Fragesteller. Um die Opposition zufrieden zu stellen, stellte der Sprecher die Frage der Umschreibung der Abgeordneten, welche zu Wort kommen wollten, zur Abstimmung. Doch ohne die Unterstützung der Fraktion von BJuT reichten die Stimmen für die Annahme der Entscheidung nicht. Die “Regionalen” sprangen von ihren Plätzen auf und stürzten zur Tribüne vor. Dies wahrnehmend, schaffte es Timoschenko, die hinter der Tribüne stand, sich in die Regierungsloge zurückzuziehen. Und die Abgeordneten von BJuT warfen sich vor die Tribüne, um die Premierin zu verteidigen.

“Setzen sie sich hin! Ich bitte sowohl die Fraktion der PR, als auch die von BJuT darum, für die Umschreibung zu stimmen”, bat Litwin die Parlamentsabgeordneten. Es gelang ihm die Parlamentarier zu überreden, doch nach einer erneuten Abstimmung fiel das Recht als erster eine Frage stellen zu dürfen trotzdem an den Vertreter von BJuT.

Die Kommunikation der “Frage-Antwort” Form zwischen den Abgeordneten der Partei der Regionen und der Premierministerin fand in harter Form statt – die Opposition bestand darauf, dass das Kabinett seinen Pflichten nicht nachkommt und die auf sich genommenen Verpflichtungen nicht erfüllt; die Premierin erstattete Bericht und erinnerte daran, dass während der Zeit des Premiers Wiktor Janukowitsch die Situation im Land noch schlechter war. Manchmal ging es sogar bis zur direkten Klärung der Beziehung.

“Ich finde es sehr schade, dass sie heute selbst hier Rechenschaft ablegen und der Präsident nicht da ist”, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der PR, Sergej Ljowotschkin. “Wie bewerten Sie die aktuellen Aufschläge auf die ukrainischen Kreditausfallswaps und entsprechend die Perspektiven ihrer Kurse?”

“Erstens, Herr Ljowotschkin, möchte ich daran erinnern, dass falls Sie nach dem Präsidenten fragen, dann sind Sie, Herr Ljowotschkin und ebenfalls Jurij Bojko (Abgeordneter der Fraktion der PR) und Dmitrij Firtasch (Vorstandsvorsitzender von RosUkrEnergo) die Mannschaft des Präsidenten. Also bringen sie ihn ins Parlament!”, antwortete die Premierin. “Und zu den Swaps unterhalten wir uns in den Hinterzimmern, da erzähle ich ihnen alles, bis ins kleinste Detail erläutere ich es.”

Unmittelbar vor der Abstimmung wurde das Wort Vertretern zweier Oblasträte gegeben, der eine von ihnen war für die Partei der Regionen gewählt worden, der andere für BJuT.

“Es gibt die Gefahr, dass wir bereits bald nicht mehr rechtzeitig die Renten auszahlen können. Jede Woche wächst die Armee der Arbeitslosen. Zum ersten Oktober kamen auf eine freie Stelle beim Beschäftigungsdienst/Arbeitsamt, heute bereits 16!”, erregte sich der Vorsitzende des Lugansker Oblastrates, Walerij Golenko unter den Rufen der Abgeordneten von BJuT. Im Unterschied zu diesem versicherte der Vorsitzende des Oblastrates von Sumy, Wjatscheslaw Schaposchnik, dass alle Auszahlungen rechtzeitig erfolgen. Die Abgeordneten nahmen ihn noch kühler auf, als Golenko. In der Fraktion “Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung” (UUNS) war man nicht einverstanden damit, dass Schaposchnik auf russisch redete und die Vertreter der Partei der Regionen lachten einfach, den aufgeregten Auftritt des Leiters des Oblastrates anhörend.

“Wir haben keine Schulden gegenüber dem Rentenfonds. Alle Studenten haben ihre Renten (sic!) erhalten, ebenso die Lehrer und die Ärzte, die soziale Sphäre”, sagte Schaposchnik. Nach dem Auftritt der Vorsitzenden der Oblasträte, verkündete der Parlamentssprecher eine Pause, um “durchzusprechen, wie eine Entscheidung getroffen wird”.

Die Intrige um die Sammlung der Stimmen für den Rücktritt der Regierung wurde bis zum Schluss aufgespart. Während der Pause führten die Mitglieder der Fraktion der Kommunistischen Partei (KPU) eine Sitzung durch, auf der mit einer Stimme Mehrheit der Beschluss, das Misstrauenvotum gegenüber dem Kabinett zu unterstützen, bestätigt wurde. “Wenn die Fraktionsführer überzeugt wären, dass unsere Stimmen entscheiden sind und der Rücktritt zustande kommt, dann hätten wir nciht abgestimmt”, sagte dem “Kommersant-Ukraine“ einer der Abgeordneten der KPU. Als entgegengesetzt erwies sich die Position der Gruppe “Sa Ukrainu!/Für die Ukraine!” (Fraktion UUNS). “Wir würden für den Rücktritt des Kabinetts stimmen, wenn wir überzeugt davon wären, dass er zustande kommt. Doch so, welchen Sinn hat es?”, zuckte einer der Mitglieder der Gruppe mit den Achseln.

Nach der Pause teilte Wladimir Litwin mit, dass bei der Abstimmung nur Karten derjenigen Abgeordneten genutzt werden können, welche im Saal registriert sind. Am Ende stimmten für die Resolution der Erklärung des Misstrauens gegenüber der Regierung 203 Parlamentsabgeordnete. Doch die Stimmen dreier von ihnen – Iwan Pljuschtsch (UUNS), Jefim Swjagilskij (PR) und Igor Rybakow (BJuT) wurden nicht gezählt, da sie nicht im Saale waren. Die Fraktion der Partei der Regionen stimmte fast vollständig ab, bis auf Wassilij Grizak, Taras Tschornowil und Swjatoslaw Piskun. In der Fraktion der KPU unterstützten die Resolution 20 Abgeordnete: nicht abgestimmt hatten Wiktorija Demjantschuk, Jewgenij Marmasow, Alexander Tkatschenko, Swetlana Schmelewa, Jurij Gajdajew, Nikolaj Krawtschenko und der Chef der Fraktion Pjotr Simonenko. Der Block UUNS gab neun Stimmen – für den Rücktritt der Regierung stimmten Igor Kril, Oxana Bilosir, Wassilij Petjowka, Michail Poljantschitsch, Wiktor Topolow, Olesja Orobez, Pjotr Juschtschenko, Jurij But und Nikolaj Kultschinskij. Bleibt anzumerken, dass dies der zweite erfolglose Versuch der Partei der Regionen war das Kabinett zum Rücktritt zu zwingen. Die letzte Abstimmung fand am 11. Juli 2008 statt. Damals unterstützten den Rücktritt der Regierung 174 der Abgeordneten (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 14. Juli 2008).

“Ich kann konstatieren, dass anstelle einer Resolution des Misstrauens gegenüber der Regierung, für eine Resolution des Vertrauens gegenüber der Regierung gestimmt wurde”, erklärte nach der Abstimmung Julia Timoschenko erleichtert dem Journalisten. Doch bei der Partei der Regionen betonte man, dass der Kampf mit der Premierin damit nicht beendet ist.

Sergej Golownjow

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 1320

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