Präsident und Premierministerin gehen auf die Forderungen des IWF ein


Die Regierung und der Präsident haben praktisch allen Forderungen des Internationalen Währungsfonds zugestimmt, die als Bedingungen für den Erhalt der nächsten Tranche, die notwendig ist für die Unterstützung des ukrainischen Finanzsystems, gestellt wurden. Das Haushaltsdefizit wird verrringert, die NBU (Nationalbank der Ukraine) erhält die Vollmachten zur Refinanzierung zurück und der Aufkauf von Staatsanleihen wird für die NBU nicht obligatorisch sein. Die Schritte der ukrainischen Machthaber wurden beim IWF positiv bewertet, doch ein genaues Datum für die Rückkehr der Mission des Fonds nach Kiew und die Fristen der Zuweisung der zweiten Tranche ist man bislang nicht bereit zu nennen.

Gestern hat Präsident Wiktor Juschtschenko erklärt, dass die ukrainische Seite die Bedingungen erfüllt hat, welche für die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit dem IWF notwendig sind und schlug vor, dass die Mission des Fonds bereits nach dem 16. März wieder nach Kiew zurückkehrt. Seinen Worten nach, gelang es im Laufe der Konferenz mit Premierministerin Julia Timoschenko und dem Leiter der Zentralbank, Wladimir Stelmach, die Positionen bei den umstrittensten Forderungen des IWF abzustimmen – die Optimierung der Budgets des Pensionsfonds, der NAK (Nationale Aktiengesellschaft) “Naftogas Ukrainy” und des Staates.

Den Berechnungen des IWF nach, beträgt das Defizit des Staatshaushaltes 50 Mrd. Hrywnja (ca. 4,76 Mrd. €), von denen 20 Mrd. Hrywnja (ca. 1,9 Mrd. €) nicht nötig sind, präzisierte der Erste Stellvertreter des Präsidialamtsleiters, Alexander Schlapak. Seinen Worten nach, kann man das reale Defizit von 5% auf 3% über die Kürzung der Ausgaben oder über die Erhöhung der Einnahmen bringen. Der Präsident schlug vor die Einnahmen über eine Anhebung der Tabak- und Alkoholsteuer (das Gesetzesprojekt ist bereits im zuständigen Ausschuss zur ersten Lesung abgestimmt worden) zu erhöhen und das Budget des Pensionsfonds über den Verzicht auf Spezialrenten zu optimieren. Bezüglich des Budgets von “Naftogas” schlug Juschtschenko vor die Frage der Zahlung der Mehrwert-/Vorsteuer des Gases, welches in den letzten Jahren eingeführt wurde, zu lösen und in die unterirdischen Gasspeicher Gas in der zwischensaisonalen Zeit auf Kredit für die Bedürfnisse der Saison zu pumpen. Julia Timoschenko stimmte diesen Initiativen zu: die Mehrwertsteuer der letzten Jahre in Höhe von 5,5 Mrd. Hrywnja (jetzt ca. 524 Mio. €) soll an “Naftogas” zum Ausgleich der Preisunterschiede zwischen Ein- und Verkauf des Gases überwiesen werden und in den Finanzplan von “Naftogas” wird der Kauf von Gas für die Heizsaison nicht aufgenommen.

Die Regierung hat Zugeständnisse bei der Geld- und Kreditpolitik gemacht. Gestern stimmte das Kabinett auf Forderung des IWF dem Änderungsentwurf im Gesetz “Zum Staatsbudget” zu, welcher die Artiekl 84 und 86 ändert. Diese hatten die Zentralbank faktisch verpflichtet Anleihen der Regierung ohne Mengenbegrenzung aufzukaufen und mit dem Kabinett Fragen der Refinanzierung der Banken abzustimmen. Die Annahme des Gesetzes nicht abwartend, hat das Ministerialkabinett die Refinanzierungsordnung (Beschluss N. 44/2009) geändert, den Posten des Bevollmächtigten des Kabinetts bei der NBU abschaffend, den der Erste Vizepremier Alexander Turtschinow inne hatte. Jetzt wird die Zentralbank die Prozedur der Refinanzierung eigenständig festlegen und die Nutzung der Mittel kontrollieren, erklärte der kommissarische Finanzminister Igor Umanskij. Die NBU soll lediglich der Regierung Berichte zur Refinanzierung bereitstellen.

Ändern wird sich die Herangehensweise an die Rekapitalisierung der Banken (Beschluss #960/2008), das Kabinett stimmte zu, nicht nur Aktien von Banken zu kaufen, bei denen eine Zwangsverwaltung eingeführt wurde, sondern auch von denen, wo ein Treuhänder/Kurator der NBU ernannt wurde. Außerdem sind Vertreter von IWF und Weltbank in den Experten-/Analystenrat für Fragen der Beteiligung des Staates an der Kapitalisierung von Banken ohne Stimmrecht eingetreten. “Unsere Experten werden kein Stimmrecht in der letztendlichen Entscheidungsfindung haben, doch werden sie ständig an den Sitzungen teilnehmen, um optimale Ratschläge zu erteilen, sich auf die Erfahrung der Länder stützend, die mit der Bankenkrise konfrontiert wurden”, erklärte der ständige Vertreter des IWF in der Ukraine, Max Allier.

Ein Kompromiss mit dem IWF wurde auch in der Frage der Verringerung des Staatsbudgets gefunden. “Beide Seiten haben eine Auffassung dessen gefunden, dass es notwendig ist Maßnahmen zur Eindämmung des Defizits auf einem annehmbaren, adäquaten Niveau zu ergreifen”, betonte Allier. Er sagte ebenfalls, dass die Verhandlungen mit der Ukraine vertraulich sein sollen, sich dabei weigernd “Daten und Fristen für die Entscheidung der Frage” zur zweiten Trnache von 1,85 Mrd. $ zu nennen. “Das ist ein großer Sieg und ein großer Kompromiss. Die Stabilität der Hrywnja ist nicht mehr gefährdet”, erklärte der Präsident.

Erinnern wir daran, dass der IWF im Herbst von der Ukraine die Annahme eines ausgeglichenen Haushaltes forderte, danach mit einem Defizit von 1%. Die Missionsleiterin des IWF in der Ukraine, Ceyla Pazarbaziolu, teilte dem “Kommersant-Ukraine“ mit, dass der Fonds von Anfang an in dieser Frage “eine flexible Herangehensweise verfolgte”: “Ich kann das Memorandum zur ökonomischen und finanziellen Politik zitieren, gemäß dem wir die zusätzlichen finanziellen Stimuli der Ukraine in dem Fall gewähren, wenn eine Finanzierung über Privatisierungen oder andere Quellen zugänglich wird”. Neben den Einkünften aus Privatisierungen (8,5 Mrd. Hrywnja; ca. 809 Mio. €), beabsichtigt die Regierung das Defizit über Kredite dritter Länder zu decken. Russland hat bereits eine offizielle Bitte der Ukraine zur Vergabe eine Kredites von 5 Mrd. $ erhalten. Die Frage der Vergabe von Krediten seitens der EU-Länder wurde im Verlauf des Besuches von Premierministerin Julia Timoschenko in Frankreich erhoben und wird während ihrer Besuche in Japan und Belgien diskutiert werden.

Der Meinung von Experten nach, wird es der Regierung schwer fallen die Realitätsnähe der Deckung des dreiprozentigen Budgetdefizits zu beweisen. “Andere Staaten haben unter den Bedingungen der Krise keine ökonomischen Gründe der Ukraine eine Kredit zu gewähren. Die Entscheidung über eine solche Hilfe kann lediglich auf der Grundlage von unökonomischen Entscheidungen getroffen werden”, ist sich Geschäftsführer der “Bleyzer Foundation”, Oleg Usstenko sicher. Der Direktor der Wirtschaftsprogramme des Rasumkow-Zentrums, Wassilij Jurtschischin, nennt die letzten Ereignisse einen lokalen Sieg des Ministerialkabinetts. “Für die Regierung und den IWF ist es nötig Bereitschaft zu Kompromissen zu demonstrieren”, sagt der Experte. “Daher gab der IWF in der Schlüsselposition für die Regierung, der Ausweitung des Budgetdefizits, der Regierung recht – dies erlaubt es die unpopuläre Kürzung der Sozialtransfers zu vermeiden. Doch die Regierung überschätzt die möglichen Einnahmen zur Deckung des Defizits und dies wird vor der Anweisung der zweiten Tranche diskutiert werden”.

Jurij Pantschenko

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 1050

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