Transkarpatien – Triumph der Regierung
Die Ergebnisse der Parlamentswahlen in Transkarpatien gleichen einem Déjà-vu. Im Januar 2010 war die westlichste Oblast in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen die einzige Region der zentralen und westlichen Gebiete, in der Wiktor Janukowitsch den ersten Platz belegte. Und viele von denen, die sich nicht besonders für die Spezifik der Oblast interessieren, werteten dies als eine Art Missverständnis. Die jetzt veröffentlichten Zahlen stimmen mit den Resultaten der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen genau überein.
Die führenden fünf Parteien in Transkarpatien sind:
- Partei der Regionen – 30,94%;
- Allukrainische Organisation „Batkiwschtschyna/Vaterland“ – 27,66;
- UDAR (Schlag) – 19,99%;
- Allukrainische Union „Freiheit“ – 8,34%;
- KPU (Kommunistische Partei der Ukraine) – 5,03%.
Die Wahlbeteiligung lag bei 51,6%, dies ist eine der niedrigsten Prozentzahlen im Land (dies zeugt von einer massenhaften Arbeitsmigration).
Im Vergleich zu den anderen westlichen Oblasten, erhielt die Regierung traditionell hier mehr Stimmen als überall sonst, die Opposition – weniger. Die Tatsache, dass die Protestwähler zahlenmäßig mehr ausmachen als die Regierungswähler (wie bereits im Januar 2012), – ist ein schwacher Trost. Damals gingen die PR und ihr Spitzenkandidat als Opposition in die Wahl, und jetzt sind sie bereits seit fast drei Jahren an der Regierung. Daher stellen die Resultate nach der Verhältniswahl den Sieg der Regierungskandidaten in drei von sechs Direktwahlkreisen (in den anderen drei siegten Kandidaten von Jedinyj Zentr) dar, – Grund zur Freude bei der PR unter der Führung von Gouverneur Alexander Ledida.
Und dieser Triumph hat eine dreifache Erklärung:
- der absolute Stimmenkauf, den Wiktor Baloga mit der Jedynyj Zentr im Oktober 2010 in Transkarpatien betrieb, erwies sich als effektiv und wurde nicht sanktioniert. Dieses Mal bewaffneten sich die anderen Wahlteilnehmer, statt sich im Widerstand gegen den massenhaften Stimmenkauf zusammenzuschließen, selbst mit dieser erprobten Technik (zumindest diejenigen, die die finanziellen Möglichkeiten hatten). Und sie haben sich nicht verrechnet.
- die traditionelle Loyalität der Transkarpaten zur herrschenden Regierung, die in mehr als einer Wahl bewiesen wurde.
- die örtliche Opposition, erwies sich wie erwartet als schwach und gesichtslos.
Der hauptsächliche Kampf in diesen Wahlen fand zwischen zwei Kräften statt – der PR und der JZ (Jedinyj Zentr – Geeinte Mitte). Zwar verwendete der Chef letzterer Partei, der amtierende Minister im Ministerium für Krisensituationen Wiktor Baloga im Wahlkampf Losungen der Opposition (wie die Erfahrung lehrt, ist seine Opposition vergänglich oder verknüpft persönliche Interessen mit der Tagesordnung). Doch diese Taktik ging nicht auf – der prinzipielle Widerstand endete im Sieg der Regionalen. Die Zeiten, in denen Wiktor Baloga Alexander Ledida herablassend als seinen Schüler bezeichnete und seine Gefolgsleute den Gouverneur abschätzig Pferdeknecht nannten, sind vorbei. Mit den gleichen finanziellen Möglichkeiten erwies sich die Oblastverwaltung als effektiver – Alexander Ledida besiegte seinen „Lehrer“ mit dessen Mitteln.
Wer sich dazu entschied in diesen Wahlen nicht auf den „erfahrenen und listigen“ Baloga, sondern auf den „schwachen“ Ledida zu setzen, hat sich nicht verrechnet. Besonders klar illustrierte dies der Direktwahlkreis Nr. 70 mit dem Zentrum in der Stadt Swaljawa. Der ehemalige Berater Wiktor Balogas und Mitglied der JZ Michail Lanjo (in bestimmten Kreisen auch als Bljuk bekannt), wechselte vor dem Wahlkampf von vielen unerwartet zu den Regionalen und wurde ihr Kandidat in diesem Kreis. Wiktor Baloga setzte als Antwort darauf auf den vom Parteitag von Batkiwschtschyna bestätigten Alexander Kemenjasch in der Hoffnung, dieser würde sich nach einem Sieg ihm und nicht der Opposition anschließen. Es entstand eine paradoxe Situation: Der amtierende Justizminister Asarow bereiste den Kreis persönlich, um für den wichtigsten Oppositionellen Transkarpatiens zu werben und organisierte zu dessen Gunsten einen zweiten Kandidaten, den ehemaligen Rektor der Nationalen Universität Ushhorod, den die JZ unterstützte. Im Ergebnis erhielt Michail Lanjo 62,2% der Stimmen, Alexander Kemenjasch dagegen nur 36%. Bei den letzten Regionalwahlen arbeitete der wirkliche Sieger für die JZ und eignete sich gut die erforderlichen Techniken an, was vieles erklärt.
Im 73. Direktwahlkreis (mit dem Zentrum Wynohradiw) verlor der Vorsitzende des Kreisrats, der Bruder Wiktor Balogas Iwan, gegen den ersten Stellvertreter des Gouverneurs Iwan Bushko und im 68. Direktwahlkreis Ushhorod belegte Pawel Tschutschka, der von der JZ unterstützt wurde, nur den dritten Platz (erster wurde hier ebenfalls der Vertreter der PR Pawel Kowatsch).
Der JZ gelang es lediglich drei Brüder ins Parlament zu bringen – Wiktor und Pawel Baloga (der den Regionalen Stepan Derkatsch im 71. Direktwahlkreis mit einer Mehrheit von 1.000 Stimmen besiegte) und Cousin Wassilij Petjowka – Sieger im 72. Direktwahlkreis. Dabei hatte Wiktor Baloga auf den Sieg seiner Protegés in allen sechs Direktwahlkreisen gehofft. Bedenkt man, dass von den neun Kandidaten, die die JZ im ganzen Land offiziell aufgestellt hat und den zweien, die sie inoffiziell unterstützte, niemand sonst durchgekommen ist, kann man den Wahlkampf dieser Familienpartei als gescheitert betrachten. Und die Tatsache, dass in seinem Heimatwahlkreis Mukatschewe weniger als 50% der Wähler für Wiktor Baloga stimmten (obwohl loyale Soziologen hier einen rekordverdächtigen Erfolg vorausgesehen hatten), gibt Anlass zu berechtigten Zweifeln.
Übrigens wurde im 71. Wahlkreis der endgültige Wahlsieger noch nicht festgestellt. Der Vertreter des Kandidaten der Partei der Regionen Stepan Derkatsch reichte mehrere Klagen ein, weil er angeblich nicht zu den Sitzungen zweier Wahlkomitees in zwei Wahllokalen im Kreis Irschawa zugelassen worden war, wo der Vertreter der JZ Pawel Baloga eine deutliche Stimmenmehrheit erhalten hatte. Das Stadtteilgericht Irschawa wies diese Klagen ab, doch das Berufungsgericht in Lwiw erklärte in seinem Beschluss vom 1. November das Handeln beider Wahlkomitees für rechtswidrig. Es verletze das ukrainische Gesetz „Über die Wahlen der Volksvertreter der Ukraine“. Nun entscheidet das Gebietswahlkomitee auf Grundlage der Gerichtsbeschlüsse die Frage, ob das Wahlergebnis in beiden Wahllokalen für ungültig erklärt wird.
Journalisten werden zu den Sitzungen nicht zugelassen, zum Gebietswahlkomitee werden die Rechtshüter zusammengezogen, hier sind die Vertreter beider gegnerischer Seiten vertreten. Die gegenseitigen Anschuldigungen, Wählern materielle Anreize gegeben zu haben, erklangen von Seiten der JZ wie von der Partei der Regionen. Es ist offensichtlich, dass die Regionalen, die ihre Mittel weniger effektiv genutzt und so verloren haben, nun versuchen, ihrem Kandidaten mit administrativen Methoden zum Sieg zu verhelfen. Übrigens ist man in der JZ der Meinung, dass die Initiative der gerichtlichen Auseinandersetzung vom Vertreter des Zentralen Stabes der PR ausgeht – Andrej Kljujew kämpft um jedes weiß-blaue Bajonett in der Fraktion. Interessant, wie die Auseinandersetzung mit Kljujew sich im Verhalten Wiktor Balogas im Rat zeigt. Zeitweilig, solange das Material für die Presse vorbereitet wurde, traf das Gebietswahlkomitee nicht eine Entscheidung…
Und was ist mit der Opposition in Transkarpatien? Zum Vergleich führen wir die Zahlen für die Wahlsieger in den benachbarten Gebieten an.
Oblast Iwano-Frankiwsk (Prikarpat’e):
Batkiwschtschyna – 39,3%
Swoboda/Freiheit – 33,2%
UDAR – 14,6%
Und nicht ein Sieger der Regierung in den sieben Direktwahlkreisen.
Oblast Lwiw:
Swoboda –,37,5%
Batkiwschtschyna – 35,5%
UDAR – 14,4%
Und nicht ein Sieger der Regierung in den zwölf Direktwahlkreisen.
Oblast Ternopil
Batkiwschtschyna – 39%
Swoboda – 31,5%
UDAR – 14,6%
Und nicht ein Sieger der Regierung in den fünf Direktwahlkreisen.
Oblast Tscherniwzi:
Batkiwschtschyna – 39,5%
Partei der Regionen – 20,6%
UDAR – 19%
Und je zwei Sieger der RP und von Batkwischtschyna in den vier Direktwahlkreisen.
In Transkarpatien hat die Opposition in keinem der sechs Direktwahlkreise gewonnen. Gewisse Chancen hatte nur der erwähnte Alexander Kemenjasch, der im Grunde überhaupt kein Oppositioneller ist, sondern die Interessen von Wiktor Baloga vertrat. In den anderen Kreisen waren eindeutig chancenlose Kandidaten aufgestellt worden. Das Ergebnis spricht für sich selbst. Andererseits kann man nicht behaupten, dass die Opposition enttäuscht hat, denn von Anfang an hat niemand auch nur die geringsten Erwartungen an sie gehegt.
Und zum Abschluss noch einige Worte über die Machthaber in Transkarpatien – die Wähler. Ungeachtet der Spezifik der Oblast und der traditionellen Loyalität der Bewohner gegenüber der Regierung etc. hätte das Bild nach der Wahl völlig anders aussehen können. Bei den Ergebnissen drängen sich zwei Schlussfolgerungen auf. Erstens: ein großer Teil der Einwohner der Transkarpaten ist völlig zufrieden mit dem Zustand des Landes. Zweitens: die Technik des massenhaften Stimmenkaufs, die in Kiew nicht mehr funktioniert, hat in der westlichsten Oblast immer noch Zukunft.
2. November 2012 // Wladimir Martin
Quelle: Serkalo Nedeli
Übersetzung: Friederike Frost