Wegweisende Einweihung von Gedenkstätten an fünf Holocaust-Massengräbern in der Ukraine


25. Juni 2015: Vom 28. bis 30. Juni 2015 werden fünf Gedenkstätten an Massengräbern des Holocaust in der westlichen Ukraine eingeweiht. Die Grab- und Gedenkstätten wurden von einer internationalen Koalition, die vom AJC (American Jewish Committee) geleitet wird, geplant und errichtet, um auf den vernachlässigten Zustand von Hunderten von Massengräbern des Holocaust in Osteuropa hinzuweisen. Zum ersten Mal wurde mit diesem Projekt ein regionales Netzwerk von Holocaust-Gedenkstätten in der Ukraine geschaffen, das durch ein Bildungs- und Informationsprogramm begleitet wird. Die Stätten wurden von der in Paris ansässigen Organisation Yahad-In Unum im Rahmen ihrer Dokumentation von Massengräbern des Holocaust identifiziert.

Die „Protecting Memory“—Koalition hat in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden die Gedenkstätten konzipiert und umgesetzt, um die Kenntnisse über den Holocaust und das ehemalige jüdische Leben in der Ukraine zu verbessern und eine würdevolle letzte Ruhestätte für die Opfer zu errichten. AJC hat das Projekt initiiert, um dieses weithin vergessene Kapitel der Massenerschießungen von Juden in Osteuropa während des Holocaust, das parallel zu den Vergasungen von Juden in den Konzentrations- und Vernichtungslagern stattfand, stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Die Gedenkstätten – Rava Ruska, Kysylyn, Ostrozhets, Bakhiv und Prokhid – liegen allesamt in einem 200-Kilometer-Umkreis von Lviv in einer Region, die vormals zu Galizien und Wolhynien gehörte. Die Gedenkstätten werden am 29. und 30. Juni unter Beteiligung von Schülern und Lehrern sowie Vertretern aus Religion und Politik eingeweiht, ein starkes Zeichen der lokalen Akzeptanz und Eigenverantwortung für das Projekt. Die vom Ukrainian Center for Holocaust Studies durchgeführten Bildungsprogramme haben das Bewusstsein für die ehemalige jüdische Geschichte der Region gefördert.

Bei der Eröffnungsveranstaltung am 28. Juni in Lviv werden hochrangige Regierungsvertreter und Diplomaten, darunter die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Edelgard Bulmahn MdB, die stellv. Sprecherin der ukrainischen Verhovna Rada, Oksana Syroid, der US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey R. Pyatt, und der deutsche Botschafter in der Ukraine, Dr. Christof Weil, sprechen. Das fünfjährige Projekt wurde aus Mitteln des Auswärtigen Amtes auf Grundlage eines Beschlussesdes des Deutschen Bundestages finanziert in Anerkennung der deutschen Verantwortung für die Verbrechen des Holocaust.

Die „Protecting Memory“-Koalition wurde als Modellprojekt konzipiert um den Schutz weiterer Massengräber des Holocaust zu fördern, das Interesse an Vermittlung von Wissen über den Holocaust in der Ukraine anzuregen und weitere Forschungen zu Massenerschießungen von jüdischen Opfern während des Holocaust weiter voranzubringen. Die Gelände der Massengräber waren bis zum Projektbeginn vor fünf Jahren zu großen Teilen überwachsen und nicht kenntlich gemacht, so wie es bei der Mehrheit der Massengräber des Holocaust noch heute der Fall ist. Das „Protecting Memory“-Projekt hat an jedem einzelnen Standort die genaue Lage der Gräber mittels moderner nicht-invasiver elektronischer Boden-Scans eingrenzen können. Ein Gedenkstein ehrt die jüdischen Männer, Frauen und Kinder, die an den Orten ermordet wurden. Die Gedenkstätten wurden von ukrainischen Architekten geplant und größtenteils mit lokalen Baumaterialien, einschließlich der schützenden Abdeckungen für die Gräber, errichtet.

Stelen an den Gedenkstätten erinnern an die beinahe gänzlich vergessene Geschichte des einst pulsierenden jüdischen Lebens und ehren die jüdischen Männer, Frauen und Kinder, die an diesen Orten getötet wurden. Je nach Größe des Massengrabes wurden zwischen 500 und 8.000 Menschen an den jeweiligen Gedenkorten ermordet. Nach der deutschen Invasion der Ukraine im Sommer 1941 wurde von deutschen mobilen Erschießungskommandos, Wehrmachtseinheiten, Angehörigen der Polizei und ihnen unterstellten Einheiten über eine Million Juden ermordet. Laut Schätzungen von Historikern kamen mehr als 1,5 Millionen Juden durch Erschießungsaktionen in Osteuropa ums Leben.

Die Gedenkstätten wurden von „Protecting Memory“ geplant und errichtet, einer internationalen Koalition die vom AJC geleitet und zusammengebracht wurde: die Conference of European Rabbis, das Committee for the Preservation of Jewish Cemeteries in Europe, das Ukrainian Center for Holocaust Studies, das Ukrainian Jewish Committee und Yahad-In Unum mit besonderem Dank an die jüdische Gemeinde Wolhyniens.

Das Konzept bezieht sich auf die Arbeit von Pater Patrick Desbois, dessen Organisation Yahad-In Unum Hunderte von Massengräbern des Holocaust in der Ukraine und anderen osteuropäischen Ländern ausfindig gemacht und dokumentiert hat. Yahad-In Unum hat ebenso wesentliche geographische Informationen und Forschungen über die historischen Orte geliefert und damit wesentlich zum erfolgreichen Abschluss des Projektes beigetragen. Das Ukrainian Center for Holocaust Studies hat ein wegweisendes Weiterbildungsprojekt für Lehrer erarbeitet und vor Ort Bildungsprogramme konzipiert, die die Errichtung der Gedenkstätten begleiteten. Darüber hinaus hat das Center wichtige historische Informationen für die Stelen gesammelt und zur Verfügung gestellt. Experten des Committee for the Preservation of Jewish Cemeteries in Europe hat in Zusammenarbeit mit der Conference of European Rabbis die Einhaltung jüdischer Gesetze bei der Errichtung der Gedenkstätten überwacht. Das Ukrainian Jewish Committee hat dabei geholfen, eine breite Unterstützung für das Projekt im ukrainischen Parlament und in der ukrainischen Gesellschaft zu erhalten.

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