Wiktor Janukowitsch tritt für eine Anerkennung Südossetiens und Abchasiens durch die Ukraine ein


Gestern weigerte sich die Ukraine Russland zu unterstützen und die Unabhängigkeit von Abchasien und Südossetien anzuerkennen. Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten nannte diesen Vorstoß der russischen Behörden “eine abenteuerliche Entscheidung”. Auf die Seite Moskaus schlug sich die oppositionelle Partei der Regionen, deren Anführer, Wiktor Janukowitsch, rief die Ukraine dazu auf dem Beispiel Russlands zu folgen. Experten befürchten, dass die russische Anerkennung und die prinzipielle Position der Ukraine eine Reihe von negativen Folgen für den Staat haben könnten – bei der Verschärfung von territorialen Konflikten beginnend und der Einführung eines Visa-Regimes mit Russland endend.

Die Reaktion der Ukraine auf die Anerkennung der Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens durch Russland folgte unverzüglich. Bereits zwei Stunden nach dem Auftritt des russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew verbreitete das ukrainische Außenministerium seine Erklärung zu diesem Anlass. “Die Ukraine verurteilt kategorisch diese abenteuerliche Entscheidung zur Anerkennung der Unabhängigkeit von selbstproklamierten Gebilden durch Russland und ruft die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Kräfte für eine fraglose Bekräftigung und Befolgung der territorialen Integrität Georgiens und der Erfüllung der von Russland auf sich genommenen internationalen Verpflichtungen zu vereinen.”, heißt es in der Erklärung.

Anschließend an die außenpolitische Behörde drückte das Ministerialkabinett seine Beziehung zu dem Vorstoß der russischen Regierung aus. “Die Ukraine unterstützte und unterstützt die Souveränität und territoriale Integrität Georgiens.”, erklärte gestern der Vizepremier Grigorij Nemyrja.

Mit einer entgegengesetzten Meinung trat gestern die oppositionelle Fraktion der Partei der Regionen auf. Bei der Partei der Regionen, die loyal zu der russischen Regierung steht und enge Beziehungen zur russischen Regierungspartei “Einiges Russland” pflegt, erklärte man, dass Moskau richtig vorgegangen ist, als es die Unabhängigkeit von Südossetien und Abchasien anerkannt hat. Die Situation in Georgien verglichen die Vertreter der Partei mit der Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovos. “Ich denke, dass die Ukraine die Willenbekundung der Völker Südossetiens und Abchasiens annehmen und deren Unabhängigkeit anerkennen sollte.”, sagte der Fraktionsvorsitzende Wiktor Janukowitsch. Er wurde vom Abgeordneten Jurij Bojko unterstützt. “Die Welt sollte konsequent in der Bewertung von Unabhängigkeitsprozessen unterschiedlicher Völker sein. Und wenn die Unabhängigkeit des Kosovos anerkannt wurde, dann wäre es unlogisch heute die Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens nicht anzuerkennen.”, betonte Bojko.

“Das ist eine voreilige Erklärung, welche von der prorussischen Orientierung der Partei der Regionen zeugt.”, sagte dem “Kommersant-Ukraine“ der ehemalige Außenminister Gennadij Udowenko. “In Bezug auf Südossetien und Abchasien haben wir eine sehr vorsichtige Position eingenommen, indem wir sowohl für die territoriale Integrität Russlands als auch Georgiens eingetreten sind.”

Bleibt anzumerken, dass die Partei der Regionen selbst niemals für die Unterstützung Kosovos eingetreten ist und die Berufung der “Regionalen” wirkt ein wenig fremd. “In der nahen Umgebung der Ukraine werden die Konflikte um Transnistrien, Abchasien, Ossetien und ohne Frage um die Krim mit neuer Kraft aufflammen.”, warnte im Februar die Parlamentsabgeordnete Inna Bogoslowskaja (Partei der Regionen). “Doch ein ernsthafteres Problem, an das erinnert werden muss, existiert in der Bukowina. Dort leben 300.000 Menschen von denen 70% die doppelte Staatsbürgerschaft mit Rumänien besitzen. Wenn die Ukraine den Prozess der Verkündung der Unabhängigkeit des Kosovos nicht aufhält, dann werden wir die Unabhängigkeit der Bukowina erhalten.”

Doch nicht alle in der Partei der Regionen halten sich an die Position des Fraktionsvorsitzenden. “Ich gehe davon aus, dass wir, so wie im Fall des Kosovos, uns streng an den Mechanismus der Verkündung der Unabhängigkeit von Staaten halten müssen, der im internationalen Recht festgelegt ist. Im gegebenen Fall wurde dieser Mechanismus absolut ignoriert, daher kann auf keine Weise Südossetien oder Abchasien anerkannt werden.”, erklärte dem “Kommersant-Ukraine“ der erste Stellvertreter des Leiters des Parlamentsausschusses für Auswärtige Angelegenheiten Taras Tschornowil, welcher ebenfalls sicher darin ist, dass mit der Anerkennung der Unabhängigkeit von Südossetien und Abchasien “wir uns das Problem der Krim und Transnistriens eröffnen”. “In diesem Fall kann aus dem eingefrorenen Konflikt an unserer Grenze eine heißer Kriegspunkt werden.”, unterstrich Taras Tschornowil.

Der Meinung von Wladimir Fesenko, des Vorsitzenden der Leitung des Zentrums für politische Forschung “Penta”, nach, kann die prinzipielle Position der Ukraine bei der Kaukasusfrage negative Folgen für das Land haben. “Es existiert das Risiko der Rückkehr zum Kalten Krieg. Medwedjew sagte, dass sie einen Kalten Krieg nicht fürchten, doch diese Risiken muss man in der Ukraine fürchten. Zusätzlich existiert noch das Risiko der politischen Spaltung: Wenn ein Kalter Krieg Europa spaltet, dann wird er auch unvermeidlich die Ukraine spalten.”, sagte dem “Kommersant-Ukraine“ Fesenko. Außerdem, seinen Worten nach, ist eine Verschärfung der Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland unvermeidlich. “In der Wirtschaft kann dies zu einer erhöhten Preissteigerung für Energieträger führen.”, denkt Fesenko. Außerdem, betont er das Vorhandensein des Risikos des Aufkommens neuer Handelskriege und ebenfalls die Einführung eines Visaregimes zwischen der Ukraine und Russland.

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 806

Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Vielleicht sollten Sie eine Spende in Betracht ziehen.
Diskussionen zu diesem Artikel und anderen Themen finden Sie auch im Forum.

Benachrichtigungen über neue Beiträge gibt es per Facebook, Google News, Mastodon, Telegram, X (ehemals Twitter), VK, RSS und per täglicher oder wöchentlicher E-Mail.