Das Ende der Nadeschda (Sawtschenko)



Der Generalstaatsanwalt der Ukraine, Jurij Luzenko, brachte am 15. März drei Anträge zur Aufhebung der Immunität, der Festnahme und den Arrest der Abgeordneten Nadeschda Sawtschenko in die Werchowna Rada ein (Inzwischen sitzt Sawtschenko erst einmal bis zum 20. Mai in Untersuchungshaft und verkündete sofort in den Hungerstreik zu treten. A.d.R.). Sie wird des Versuchs der Organisation eines Umsturzes verdächtigt. Jetzt hat das Regulierungskomitee des Parlaments 20 Tage Zeit eine Abstimmung im Sitzungssaal herbeizuführen. Sawtschenko selbst erschien nach der „Reise nach Straßburg“ und der Befragung durch den Geheimdienst der Ukraine in der Rada mit Granaten und einer Waffe und rief das ukrainische Volk zum „Aufstand gegen die Regierung“ auf. LB:ua fand heraus, wie das Epos mit Sawtschenko endet und wer hinter dem Szenario der Vorbereitung einer Schießerei im Parlament steht.

Eine Heldin, die den Verstand verlor oder eine enttarnte Agentin?

Noch vor wenigen Jahren beobachtete das ganze Land mit angehaltenem Atem die in Moskau hungernde Sawtschenko und nannte sie eine Gefangene des Kreml. Die ehemalige Wehrdienstleistende der Streitkräfte der Ukraine, die 2014 im Lugansker Gebiet in Gefangenschaft der Separatisten geriet und dann nach Russland gebracht wurde, wo man sie der Beteiligung am Tod der russischen Journalisten Igor Korneljuk und Anton Woloschin beschuldigte, wurde in einem Augenblick zum Symbol für die Ukrainer. Bekanntlich verurteilte sie ein russisches Gericht 2016 zu 22 Jahren Lagerhaft, aber schon im Mai wurde sie gegen die russischen Kundschafter Jewgenij Jerofejew und Aleksander Aleksandrow ausgetauscht.

Das große Medieninteresse erlaubte es Sawtschenko ohne Probleme in Abwesenheit Nummer Eins (auf der Wahlliste) der Vaterlandspartei und Parlamentsabgeordnete zu werden. Die Rückkehr Nadjas in die Ukraine wurde zu einer echten Show mit lauten Ankündigungen, der Demonstration nackter Füße und all dem, worauf die vertrauensselige Wählerschaft hereinfällt. Pjotr Poroschenko zeichnete sie damals mit dem Ehrentitel „Heldin der Ukraine“ aus.

Doch die parlamentarische Karriere Sawtschenkos gelang nicht sofort. Schon nach einigen seltsamen Ausfällen, die entgegen der Politik der Partei Julia Timoschenkos liefen, schloss man sie leise aus der Fraktion aus. Ins offene Wasser entlassen hörte sie nicht auf zu verwundern und fuhr zu Verhandlungen mit den russischen Marionetten im Donbass Sachartschenko und Plotnizkij.

Schon damals wurde klar: „Sie ist ein Agent des Kreml, die Sabotagearbeit in der Ukraine leistet“, beteuert gegenüber LB.ua der Abgeordnete der Volksfront Anton Geraschenko. „Und nachdem sie im Gericht vor Wladimir Ruban salutierte, der während eines Waffentransports aus den Separatistengebieten verhaftet wurde, bestätigte dies noch einmal ihre wahre Natur“, erklärte er.

Nach den Worten Geraschenkos ist Ruban, der einen Angriff auf den Präsidenten und andere bedeutende Personen vorbereitete, unmittelbar verbunden mit dem ominösen Wiktor Medwedtschuk. (Von 2002-2005 Präsidialamtschef unter Präsident Leonid Kutschma. Seine Tochter Darja wurde unter anderem von Wladimir Putin getauft. Medwedtschuk ist einer der Unterhändler der Ukraine bei den Verhandlungen mit den Separatisten und gegenüber Moskau insbesondere bei der Gefangenenbefreiung. A.d.R.)

„Deshalb ist im Prinzip alles richtig gerückt worden. Die Verbindung Sawtschenkos mit dem Freund Putins war lange bekannt“, sagte er während des Beginns der skandalösen Parlamentssitzung in welcher der Generalstaatsanwalt in allen Farben vom Szenario der Sprengung der Rada erzählte.

Sprengung der Kuppel und Erschießungen

Bei seinem Auftritt im Parlament versprach Jurij Luzenko, dass er später der Gesellschaft eine „gewichtige Beweise“ darüber vorlegen wird, wie, wo und mit wen Sawtschenko Explosionen in der Rada herbeizuführen plante.

„Sie warb Leute an, gab persönlich Anweisungen, wie der Terroranschlag hier in diesem Saal durchgeführt werden sollte, mit Granaten die Regierungsloge und die Gästeloge zu vernichten, mit Granatwerfern die Kuppel zum Einsturz zu bringen und mit Maschinengewehren die zu erschießen, die überleben“, erklärte der Generalstaatsanwalt vom Rednerpult der Werchowna Rada.

Nach dieser lauten Erklärung schlossen die Abgeordneten Nadeschda schnell aus dem Ausschuss für nationale Sicherheit und Verteidigung aus. Sofort sprach man inoffiziell davon, dass in der nächsten Woche im Parlament bestimmt ein interessantes neues Video gezeigt wird, in dem Sawtschenko, die, was kein Geheimnis ist, dem Alkohol gern zuspricht, nicht nur über die Sprengung der Rada sprechen könnte.

„Es ist klar, sie geriet in den Orbit Medwedtschuks, der die Ideen Putins weitergibt. Ich schließe nicht aus, dass man sie nur benutzt hat. Einzig, was das Szenario des Beschusses des Parlaments mit Granatwerfern angeht, so denke ich, dass Jurij Luzenko hier etwas dramatisiert“, bemerkte der fraktionslose und nicht weniger skandalöse Abgeordnete Wladimir Parassjuk im Gespräch mit LB.ua.

Damit stimmt der Abgeordnete der „Nationalen Front“ Dmitrij Tymtschuk überein.

„Es ist, wenn man ehrlich ist, nicht ganz klar, wie ein solches Szenario möglich sein soll, die Zerstörung der Kuppel und die Erschießung (der Überlebenden). Vielleicht zeigt man uns in der nächsten Woche die Beweise. Obwohl, wie ich die schwache Angemessenheit der Frau Sawtschenko kenne, erzählt sie wahrscheinlich alles, was ihr in den Sinn kommt. Jetzt werden sich die Ermittler mit all dem beschäftigen“, sagte er LB.ua.

Man wird es nicht hinauszögern

Sawtschenko selbst erschien am Donnerstag zweimal im Parlament. Das erste Mal nach der Befragung durch den Geheimdienst. Am Rande der Rada entschuldigte sie sich öffentlich beim Sprecher Andrej Parubij dafür, dass sie ihn „mit Sergej Paschinskij verwechselt habe“, den sie beschuldigte ins Hotel „Ukraina“ „Scharfschützen geführt zu haben, die auf den Majdan feuerten“. Danach ging sie in den Saal, von wo aus sie schnell von einer Gruppe Abgeordneter der Volksfront hinausgebracht wurde.

Wie Gesprächspartner LB.ua erzählten, wurde diese Eile dadurch hervorgerufen, dass in der großen blauen Tasche Sawtschenkos „einige Granaten und eine Pistole lagen“.

Übrigens beobachtete ein Korrespondent von LB.ua, wie sich Sawtschenko während einer Unterbrechung der Parlamentsarbeit bei einer Raucherpause ruhig mit Andrej Lewus und anderen Vertretern der Volksfront unterhielt. Später verweigerte Andrej Lewus im Kommentar von LB.ua hastig den Fakt des Waffenfunds bei Sawtschenko zu kommentieren.

„Diese ganze Situation ist noch nicht beendet“, sagte er.

Noch vor dem Vorfall mit den Waffen schaffte es Sawtschenko faktisch die an sie adressierten Beschuldigungen der Generalstaatsanwaltschaft zu bestätigen, indem sie unter anderem erklärte, „ein Militärputsch wäre das richtige Ereignis für die Ukraine.“ „Ich weiß, dass mich jetzt sehr viele Militärangehörige hören, die dieser Sichtweise absolut zustimmen, dass ein Militärputsch in der Ukraine ein einigermaßen erwartbares und vermutlich auch einigermaßen richtiges Ereignis ist“, sagte sie nach der Befragung durch den Geheimdienst.

„Die Beschuldigung der Vorbereitung eines militärischen Umsturzes und auch die Bedrohung der Regierung sind gute Beschuldigungen. Gut darin, dass… ich eine Offizierin der Streitkräfte der Ukraine bin. Als Offizier der Streitkräfte der Ukraine habe ich mein Versprechen gegenüber dem ukrainischen Volk gegeben und auch, das ukrainische Land zu schützen. Das ist keineswegs die ukrainische Regierung“, ergänzte Sawtschenko und erklärte auch, dass „die Ukrainer eine militärische Machtergreifung unterstützen würden.“

Bei der Abendsitzung der Rada erschien Sawtschenko schon reichlich betrunken, was viele Journalisten bemerkten. Auf die vielstimmige Bitte der Presse den Inhalt ihrer Tasche vorzuzeigen berief sie sich auf das Gesetz über den Abgeordnetenstatus. Tatsächlich, nachdenkend, fügte sie hinzu, habe sie „eine Waffe als Auszeichnung von Andrej Parubij“ und sie weiß wohin und wo sie diese trägt.

„Heute habe ich zum ersten Mal Angst in ihren Augen gesehen“, sagte sie am Rande.

In der Koalition warnten sie im Gegenzug: Es bleibt ihr nicht mehr viel Zeit für eine Gegenwehr.

„Ich bin mir sicher, dass man die Entscheidung über ihren Fall im Parlament nicht hinauszögern wird. Ich glaube, dass die Rada ihre Immunität schon in der nächsten Woche aufheben wird“, versicherte ein Abgeordneter aus der Führung der Fraktion des Pjotr-Poroschenko-Blocks LB.ua.

15. März 2018 // Anna Steschenko

Quelle: Lewyj Bereg

Übersetzerin:   Anja Blume  — Wörter: 1228

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