Die Gasunabhängigkeit der Ukraine: Durch wen und inwieweit ist sie gesichert?
Der neu aufgerollte ukrainisch-russische „Gaskrieg“ und der Lieferstopp durch Gasprom zwingen einen, die Situation und die Potenziale der ukrainischen Gasförderung exakt zu bewerten. Dabei müssen die Fragen beantwortet werden, was heute die Branche der Öl- und Gasförderung in der Ukraine darstellt, wie gut das Land mit eigenen Kohlenwasserstoffressourcen ausgestattet ist und was man für eine schnelle Steigerung der Förderung tun muss.
Die Erdöl- und Erdgasgewinnungsbranche der Ukraine ist ein höchst uneinheitliches Gebilde, das man in mehrere Segmente unterteilen kann: Staatliche Förderbetriebe, Privatgesellschaften und Joint Ventures (Gesellschaften, die einer gemeinsamen Tätigkeit nachgehen, nicht zu verwechseln mit Gesellschaftsverträgen).
Den größten Teil der Förderung stellen immer noch die staatlichen Gesellschaften, auf die ein Anteil von 17 Milliarden Kubikmeter bzw. 85 Prozent der Gesamtförderung von Erdöl und Erdgas der Ukraine pro Jahr entfällt. Die staatlichen Gesellschaften befinden sich in einem Zustand der Stagnation, verringern stetig die Förderumfänge und verlieren ihren Anteil am Markt der Energieträger im Land.
Staatliche Erdöl- und Erdgasförderbetriebe
Der staatliche Sektor ist durch die Monopolgesellschaften Ukrgasdobytscha und Ukrnafta vertreten, aber es gibt auch kleine Unterabteilungen der Struktur der Nationalen Aktiengesellschaft Naftogas Ukrainy und der Nationalen Aktiengesellschaft Nadra Ukrainy, die sich mit der Ressourcengewinnung befassen. Bis zum März 2014 spielte auch die staatliche Gesellschaft Tschernomorneftegas eine wichtige Rolle in der Wirtschaft des Landes. Nach der Besetzung der Krim befindet sie sich jedoch in den Händen der Krim-Strukturen. Mit dem Verlust der Tschernomorneftegas hat die Ukraine auch deren Beitrag (in Höhe von 1,6 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr 2013) und die möglichen Kohlenwasserstoffreserven unter dem Festlandsockel im Schwarzen Meer verloren.
Die Private Aktiengesellschaft Ukrgasdobytscha
Die größte Gesellschaft des Bereichs ist die Private Aktiengesellschaft Ukrgasdobytscha (zu 100 Prozent staatlich, Teil der Holding der Nationalen Aktiengesellschaft Naftogas Ukrainy), auf die 75 Prozent der nationalen Erdgasförderung und 20 Prozent der Erdöl- und Gaskondensatgewinnung entfallen. Ukrgasdobytscha, die 1998 gegründet wurde, vereinte die Förder-, Bohr- und Raffineriebetriebe des ehemaligen Ukrgasprom-Konzerns. In den letzten 15 Jahren hat sich nur wenig an dieser Gesellschaft verändert und so ist es heute eine archaische, schwerfällige und wenig effektive Struktur. Dies hat seine Erklärung: Bis zum heutigen Tag noch verkaufen staatliche Unternehmen Gas an Naftogas Ukrainy für den Preis von 349 UAH (21,7 Euro) für tausend Kubikmeter. Man sollte aber lieber gleich sagen, sie verschenken es, denn dieser Preis beträgt nur das Zehntel des Marktpreises!
Warum dies so geschieht, kann keiner erklären, doch es beeilt sich auch niemand, diese lasterhafte Gepflogenheit zu verändern. Die Gesellschaft überlebt, weil sie die erzeugten Erdölprodukte zu Marktpreisen absetzen kann. Doch es gibt keine Wunder: Der Mangel an Mitteln für die Entwicklung führt zu einer Verringerung geologischer Arbeiten und der Bohrungen und folglich zu einem Absinken der Förderumfänge.
Die Offene Aktiengesellschaft Ukrnafta
Ein weiteres Monopolunternehmen, die Offene Aktiengesellschaft Ukrnafta, ist ebenfalls aus staatlichen Unternehmen hervorgegangen, diesmal aber in der Ölindustrie. Heute fördert Ukrnafta fast 70 Prozent des Erdöls und zehn Prozent des Erdgases im Land. Ihre größte Besonderheit ist, dass dem Staat das Kontrollpaket von 50 Prozent plus eine Aktie gehört, während die Gruppe Privat der größte Privataktieninhaber ist (ca. 42 Prozent) und die Arbeit des Unternehmens de facto durch ihr Management kontrolliert wird.
Im Gegensatz zu Ukrgasdobytscha arbeitet Ukrnafta schon eher unter Marktbedingungen, denn ihre Hauptproduktion ist das Erdöl, welches auf Versteigerungen abgesetzt wird. Hiernach wird selbiges Erdöl in der Raffinerie Krementschug verarbeitet, welche wiederum Ukrtatnafta gehört, einer Firma, die ebenfalls von der Privat-Gruppe kontrolliert wird. Die Erdölprodukte werden von der Raffinerie weiter an das Tankstellennetz Ukrnafta verkauft. Dies bedeutet, dass ungeachtet des staatlichen Kontrollpakets an Ukrnafta, das Unternehmen zu einem Bestandteil der Geschäftsgruppe Privat geworden ist.
Trotzdem kann sich Ukrnafta trotz seiner Leitung durch Privateigner keiner großen Errungenschaften in der Förderung rühmen. In den letzten sechs Jahren sanken die Fördermengen für Erdöl und Erdgaskondensat von 3 Millionen Tonnen im Jahr 2008 auf zwei Millionen Tonnen für 2013. Der Absturz der Gasfördermengen war noch beeindruckender: Von 3,2 Milliarden Kubikmeter 2008 auf 1,9 Milliarden für 2013.
Auch Naftogas Ukrainy plante, sich unmittelbar mit der Förderung zu befassen und erhielt zu diesem Zweck 2009 mehr als zehn Öl- und Gaslizenzen (spezielle Ermächtigungen). 2011 kamen noch weitere Sonderermächtigungen hinzu. 2012-2013 wurden zwei Suchbohrungen im Gebiet Budischtscha-Tschutowo durchgeführt, wo die Runowschtschina-Fundstätte entdeckt wurde. Die Erdölvorräte der Fundstätte wurden auf 12,8 Millionen Tonnen geschätzt. Die kommerzielle Ausbeutung hat jedoch nie angefangen. Mehr noch, auch die Sucharbeiten wurden eingestellt.
Geringere Gasmengen fördert auch die staatliche Nadra Ukrainy, die mehrere Projekte in Kooperation mit Privatfirmen unterhält. Heute stellt die Gesellschaft die Überreste einer einst riesigen Struktur des staatlichen Geologiebereichs dar. Dutzende der Fundstätten von Nadra Ukrainy wanderten infolge diverser Manipulationen in die Hände privater Eigner. Besonders aktiv wurde die „Privatisierung der Ressourcen“ in dem Zeitraum betrieben, als Eduard Stawizkij Nadra leitete: Allein im Jahre 2007 löste sich der Staatsbetrieb von 20 seiner perspektivreichsten Fundstätten.
Privatgesellschaften
Die zweite Gruppe machen ca. 30 Privatunternehmen aus, auf die insgesamt 2,4 Milliarden Kubikmeter Gas oder 15 Prozent des Jahresumfangs der Förderung in der Ukraine entfallen. Heute ist das eines der am schnellsten wachsenden Segmente der ukrainischen Wirtschaft überhaupt. In der ersten Hälfte 2014 hatten die Privatgesellschaften ihre Gasförderumfänge um 32 Prozent bzw. 1,5 Milliarden Kubikmeter gesteigert.
Die unabhängige Öl- und Gaserschließung in der Ukraine ist bereits 20 Jahre alt. Die erste private Firma auf dem Gebiet wurde die Poltawskaja gasoneftjanaja kompanija (PGNK), die zu 100 Prozent ein Tochterunternehmen der britischen JKX war. Ungeachtet der überwältigenden Schwierigkeiten (man versuchte mehrmals, der Gesellschaft die Gewinnungsrechte an den Fundstätten zu entziehen), wurde die PGNK zu einem sehr erfolgreichen Projekt. Sie arbeitet größtenteils an alten Fundstätten, dies hinderte sie aber nicht, eine effektive Förderung aufzubauen und für lange Jahre zum größten privaten Förderbetrieb aufzusteigen.
Heute führt die PGNK ihre Arbeiten an sechs Fundstätten im Gebiet Poltawa. In den letzten Jahren sind die Förderumfänge wesentlich gesunken: Bei Gas von 450 Millionen Kubikmeter im Jahr 2009 auf 222 Millionen Kubikmeter 2013 und bei Öl von 250.000 Tonnen 2007 auf 60.000 Tonnen für 2013. Trotzdem bleibt die Gesellschaft in einer Führungsposition in der Branche und ihre Errungenschaften blieben nicht unbemerkt. 2007 begann der Geschäftsmann Igor Kolomojskij, die Aktien der britischen JKX aufzukaufen; heute gehören der Eclairs Group von Igor Kolomojskij und Gennadij Bogoljubow 27,5 Prozent der JKX.
Joint Ventures
Der Erfolg der PGNK wurde zu einem Beispiel für andere Förderbetriebe, die Ende der 90er wie Pilze aus dem Boden zu sprießen begannen. Zu der Zeit war die Schaffung von Joint Ventures als Organisationsform von Privatgesellschaften sowie Gesellschaftsverträge mit den staatlichen Betrieben Ukrnafta und Ukrgasdobytscha populär.
Für gewöhnlich durfte das Joint Venture an den Fundstätten der staatlichen Gesellschaft arbeiten, während hiernach entweder die Produktion oder der Umsatz aus dieser Tätigkeit unter den Mitgliedern des Joint Ventures verteilt wurde. Insgesamt wurden ca. zwei Dutzend solcher Joint Ventures und Gesellschaftsverträge geschaffen.
Zum Schwachpunkt der Arbeit dieser Betriebe wurde, dass mit dem Wechsel der politischen Macht im Land auch die Leitung der staatlichen Gesellschaften wechselte, und deshalb das Geschäft der Joint Ventures jedes Mal in Gefahr war. Mit der Zeit wurden die meisten Joint Ventures und Gesellschaftsverträge aufgelöst, während die übrig gebliebenen zivilisierte Arbeitsformen annahmen.
Derzeit findet die größte Zusammenarbeit zwischen Karpatygas (Tochtergesellschaft der schwedischen Misen Energy) und Ukrgasdobytscha statt und umfasst zwei Dutzend Einzelprojekte – von der Reparatur an einzelnen Bohrlöchern bis zum Bau großer Verdichterstationen für Erdgas.
Die Idee dieses Gesellschaftsvertrags besteht in der Erhöhung der Fördermengen an alten Fundstätten und den Fundstätten von Ukrgasdobytscha mit der Hilfe von Investitionen und Technologien der Karpatygas. Das gesamte zusätzlich gewonnene Gas und Kondensat wird unter den Parteien des Gesellschaftsvertrags verteilt. 2013 wurde Karpatygas zum größten privaten Förderbetrieb mit erwirtschafteten Umfängen von ca. 600 Millionen Kubikmeter Gas; in diesem Jahr plant man eine Ausbeutung von einer Milliarde Kubikmeter.
Zu Beginn der 2000er wurde ein neues Schema in der Gründung von Privatgesellschaften eingeführt. Der Staat, vertreten durch das staatliche Komitee für Naturressourcen, verteilte Öl- und Gasfelder an Firmen, die dort geologische Forschung und Erschließung betreiben durften. Den Zugang zu den Flächen und Fundstätten erhielten bis dato unbekannte Strukturen, die der damaligen politischen Landesführung nahestanden. Später wurden die Lizenzen (bzw. Sonderermächtigungen) weiterverkauft. So entstand die Mehrheit der heute aktiven Privatunternehmen.
Die Massenverteilung von Lizenzen entfiel auf die Zeitspanne, in der Nikolaj Slotschewskij das Staatskomitee leitete, was 2004, zur Zeit der Orangenen Revolution war, als alle verstanden hatten, dass ein Machtwechsel vor der Tür steht. Die Maßstäbe der Privatisierung staatlicher Ressourcen und ihre Intransparenz führten 2005 zu einer Auflösung des staatlichen Komitees für Naturressourcen.
Zu einer weiteren Finanzierungsquelle für private Förderbetriebe wurde die Massenprivatisierung von Sondergenehmigungen für Fördergebiete des Staatsunternehmens der Nationalen Aktiengesellschaft Nadra Ukrainy, wie sie bereits oben erklärt wurde.
In den letzten zwei-drei Jahren gab es im Bereich der privaten Förderung eine langsame Konsolidierung der Aktiva. Es gibt noch keine großen Förderbetriebe, doch einige von ihnen sind bereits Eigner vieler Aktiva. So hat Geo-Alliance 18 Lizenzterritorien und Burisma Holdings Rechte an 29 solcher Gebiete erworben.
Gruppenführer der unabhängigen, nicht staatlichen Gesellschaften ist Neftegasodobytscha, die nach einer Reihe von Wiederverkäufen in die Struktur DTEK des Milliardärs Rinat Achmetow eingegliedert wurde. In den fünf Monaten seit Anfang 2014 hatte die Fördermenge dieser Gesellschaft 285 Millionen Kubikmeter Gas ausgemacht. Im letzten Jahr begann Neftegasodobytscha ein großangelegtes Entwicklungsprogramm und plant für 2014, 1,5 Milliarden Hrywnja (93,1 Millionen Euro) zu investieren, was die Fördermengen auf eine Milliarde Kubikmeter steigen lassen würde.
Auf dem zweiten Platz der Liste befindet sich „Burisma Holdings“ mit dem Förderumfang von 280 Millionen Kubikmeter Gas. „Burisma“ vereint vier Förderbetriebe: die Energo-serwisnaja kompanija ‘Esko-Pivnitsch’ GmbH, die „PARI“ GmbH, die Perwaja ukrainskaja gasoneftjanaja kompanija GmbH und die Krimtopenergoserwis GmbH. Bis vor Kurzem wurde die Burisma Holding auch mit dem Namen des ehemaligen Umweltministers Nikolaj Slotschewskij verbunden, doch die Umstellungen in den Führungsetagen der Gesellschaft geben Anlass zu denken, dass sich auch die Eigentümerstruktur verändert haben könnte. Konkret wurde Robert Hunter Biden, Sohn des Ex-Vizepräsidenten der USA Joe Biden in den Direktorenrat der Burisma Holdings aufgenommen, während der ehemalige Präsident Polens Aleksander Kwaśniewski zu einem der Direktoren von Burisma wurde. Heute ist Burisma unter den Gesellschaften der Branche, die sich am dynamischsten entwickeln.
Auf dem dritten Platz, gemessen am Förderumfang, befindet sich die Gesellschaft Kub-Gas, die seit Anfang 2014 125 Millionen Kubikmeter Gas erwirtschaftete, was um 15 Prozent mehr ist, als noch im letzten Jahr. 2010 hatte die Kulczyk Oil Ventures Inc. (heute Serinus Energy) des Geschäftsmanns Jan Kulczyk 70 Prozent der Aktien von Kub-Gas für 25 Millionen Dollar gekauft. Die übrigen 30 Prozent gehören der US-Firma Cub Energy Inc.. Kub-Gas ist ein erfolgreiches Beispiel für die Beteiligung eines ausländischen Investors: In den drei Jahren hat sich die Gesellschaft von einer regionalen Firma zu einem der Führer in der Gasförderung verwandelt. Der Minderheitsgesellschafter der Kub-Gas, die Gesellschaft Cub Energy (früher 3P International Energy Corp., USA), kaufte 2011 100 Prozent des ukrainischen Gasförderbetriebs Tisagas und versucht, die Erfolgsgeschichte heute zu wiederholen.
Ein gewichtiger Spieler auf dem Markt ist die Gesellschaft Poltawskaja gasoneftjanaja kompanija (PGNK), die der britischen JKX gehört, und die oben bereits angesprochen wurde. Obwohl die Gesellschaft an alten und ausgeschöpften Fundstätten arbeitet, konnte sie seit Jahresbeginn durch neue Bohrungen und die Einführung aktueller Technologien der horizontalen Bohrung, sowie durch Fracking 106 Millionen Kubikmeter Gas erwirtschaften (Zuwachs von 16 Prozent).
Unter den Gesellschaften mit großem Potenzial sollte man Prirodnyje ressursy hervorheben, die Teil der Geo-Alliance-Gruppe ist und Strukturen gehört, die dem Milliardär Wiktor Pintschuk nahestehen. 2012 kaufte die Gesellschaft Arawak Energy Ukraine BV (Niederlande) 25 Prozent der Aktien an Geo Alliance und ist heute bereit, jährlich 100 Millionen Dollar in die ukrainische Kohlenwasserstoffförderung zu investieren, was die Fördermengen um ein Mehrfaches steigen lassen würde.
Bislang konnte die Smart-Holding des Milliardärs Wadim Nowinskij keine großen Erfolge im Öl- und Gasbereich vorweisen. Das Öl- und Gasgeschäft der Holding umfasst die Gesellschaften Regal Petroleum und Prom-Energo Produkt, sowie Ukrgasdobytscha (nicht zu verwechseln mit der staatlichen Ukrgasdobytscha). Die Gesellschaften haben ein großes Entwicklungspotenzial, doch momentan können sie die fallenden Fördermengen nicht überwinden.
Der hohe Preis für industrielle Verbraucher in Höhe von 4.724 Hrywnja pro tausend Kubikmeter (ohne MwSt.) eröffnet große Potenziale für Privatinvestoren in der Gasförderung. Für den heutigen Tag ist die unabhängige Förderung zwar durch kleine und mittelgroße Firmen vertreten, aber man kann bereits über eine Konsolidierung des Markts und über ein neues Aufkommen mehrerer Gesellschaften pro Jahr mit einer Fördermenge mit über eine Milliarde Kubikmeter Erdgas pro Jahr reden. Und das ist bereits ein wesentlicher Beitrag zur Energieunabhängigkeit des Landes. Mit den Plänen der Regierung, in den Jahren 2014 und 2015 45 Territorien mit Kohlenwasserstoffvorkommen zu verkaufen, können im Erdöl- und Erdgasbereich neue, auch ausländische Spieler hinzukommen, was der Steigerung der Gasförderung in der Ukraine zugutekommt.
Verträge zur Aufteilung der Produktion
Etwas abseits in der Förderung stehen große Projekte mit sogenannten Verträgen über eine Aufteilung der Produktion (nachfolgend: VAP). Bis zum heutigen Tag wurden in der Ukraine vier Ausschreibungen über eine Erkundung und Erschließung von Kohlenwasserstoffvorkommen bei einer Unterzeichnung eines Vertrags über eine Aufteilung der Produktion durchgeführt. Alle Teilnehmer der VAP sind weltbekannte Unternehmen. Wenn man die traurig bekannte Geschichte mit Vanco Prykerchenska außer acht lässt, so hat die Ukraine derzeit zwei unterschriebene VAPs: Mit Shell über das Jusowska-Gasfeld (Regionen Charkow und Donezk) und der amerikanischen Chevron über die Kohlenwasserstoffförderung auf dem Olesska-Gasfeld (Regionen Lwiw und Iwano-Frankiwsk).
Auch wurde eine Ausschreibung für den Abschluss eines VAP über den Schwarzmeer-Tiefseeabschnitt Skifskij durchgeführt. Gewinner der Ausschreibung war ein Konsortium zwischen der amerikanischen ExxonMobil (40 Prozent, Betreiber des Projekts), Shell (35 Prozent), der österreichischen OMV, vertreten durch ihre rumänische Tochter Petrom (15 Prozent) und von Nadra Ukrainy (10 Prozent). Der Vertrag mit diesem Konsortium wurde jedoch nie unterzeichnet.
Zu einem weiteren großen Projekt sollte der VAP über die Erschließung von vier Gebieten auf dem Schwarzmeer-Festlandsockel werden. Ende November 2013 hatte die Ukraine ein Abkommen darüber unterzeichnet. Zu den Teilnehmern des VAP sollten Eni (50 Prozent), EdF (5 Prozent), die Wody Ukrainy GmbH (35 Prozent) und Tschernomorneftegas (10 Prozent) gehören, man schaffte es jedoch nicht mehr, die Ausschreibung durchzuführen.
Ein weiteres Projekt unter Shell-Beteiligung war die gemeinsame Tätigkeit mit der staatlichen Ukrgasdobytscha, im Rahmen derer zwei Bohrungen in der Region Charkow durchgeführt wurden. Geologische Arbeiten sind am Laufen, doch bislang meldete man weder ihre Ergebnisse, noch wurde etwas über die Erschließungsperspektiven gesagt.
Heute befinden sich alle Projekte mit einer Teilnahme internationaler Gesellschaften in ihrem Anfangsstadium und man wird erst drei-vier Jahre nach Beendigung der geologischen Forschungsarbeiten über etwaige Erschließungsperspektiven reden können.
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Wenn man ein Fazit ziehen soll, so kann man über recht große Perspektiven der Ukraine in der Steigerung ihrer eigenen Förderkapazitäten bei Kohlenwasserstoffen reden. Dies betrifft sowohl die staatlichen Ukrgasdobytscha und Ukrnafta, als auch die unabhängigen Gesellschaften. Die Vorhersagen über die Wachstumsmöglichkeiten der ukrainischen Gasförderung variieren stark: Von 25 bis 45 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Doch alle Experten ausnahmslos sind sich einig: Die Ausweitung der Gasförderung in der Ukraine ist möglich und nötig.
Dafür wird der Staat die Herangehensweise an die Ölbranche grundsätzlich ändern, und seine Aktivität in dieser Richtung schleunigst beginnen müssen. Im Grunde sind nur einige Schritte notwendig, die den Griff der Bürokratie lockern und die Hände von Fördergesellschaften freimachen würden. Zum Beispiel könnte das Verfahren der Landübergabe für Bohrungen vereinfacht werden, damit die Absegnung der geforderten Dokumente nicht mehr zwei Jahre in Anspruch nehmen muss. Wichtig ist es auch, Kaufpreise für staatliche Gesellschaften festzulegen, die es ermöglichen würden, Gewinn zu erzielen und in die Förderung zu investieren. Versteigert werden müssen die noch nicht vergebenen Erdöl- und Erdgasgebiete, von denen es heute über 150 gibt. Das, und vieles weitere kann man schnell und ohne finanzielle Aufwendungen des Staates machen. Leider hat die neue Regierung aber bislang nichts getan, um die Förderung des eigenen Gases und Erdöls zu verbessern und zu entwickeln.
27. Juni 2014 // Gennadij Kobal
Quelle: Serkalo Nedeli
Übersetzer: Oleg Pogrebnyak