Janukowitsch und Juschtschenko arbeiten gemeinsam auf einen Rücktritt Timoschenkos hin
Gestern forderten die Vertreter der Partei der Regionen beim Vermittlungsausschuss in der Werchowna Rada die gesamte Plenarsitzung am Donnerstag der Anhörung des Berichtes zur Tätigkeit des Kabinetts der Minister zu widmen. Dieser Vorschlag wurden von Seiten der Fraktion von BJuT (Block Julia Timoschenko) und der Regierung zurückgewiesen, welche darauf zählten bereits heute innerhalb von zwei Stunden alle Streitfragen zu lösen, die mit einem möglichen Rücktritt des Kabinetts von Julia Timoschenko in Verbindung stehen. Die Weigerung ihrer Forderung zuzustimmen erhaltend, verkündete man gestern Abend bei der Partei der Regionen den Beginn der Sammlung von Erklärungen aller Mitglieder der Wahlliste zur Niederlegung des Abgeordnetenmandates, was im Endeeffekt zur Auflösung der VI. Werchowna Rada führt
Heißer Stuhl
Der Vermittlungsrat der Vorsitzenden der Fraktionen und der Leiter der Parlamentsausschüsse begann gestern mit dem Vortrag des Vorsitzenden der Werchowna Rada, Wladimir Litwin, über die zur Untersuchung vorbereiteten Dokumente. Der Parlamentssprecher teilte im alltäglichen Ton mit, dass in dieser Plenarwoche 80 Fragen untersucht werden sollen. Einen ruhigen Verlauf der Konferenz störte der Fraktionsvorsitzende der Partei der Regionen (PR), Wiktor Janukowitsch, der, das Wort erhaltend, forderte, in die Tagesordnung die Frage zum Rechenschaftsbericht der Regierung mit anschließender Abstimmung über die Resolution zum Misstrauen gegenüber dem Ministerialkabinett aufzunehmen. Die Forderung war vorhersehbar, da die letzte Plenarwoche eben damit endete, dass die Abgeordneten entschieden Anfang Februar den Grad der Verantwortung des Kabinetts zu diskutieren (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 15. Januar). Zur Verwunderung, begannen sich die Vertreter der Parlamentsmehrheit nicht gegen die Untersuchung der Frage zum Rechenschaftsbericht der Regierung zu sträuben. “Wir unterstützen den Vorschlag diese Frage unverzüglich zu untersuchen (die Resolution zum Misstrauensvotum), bereits am Dienstag”, erklärte der Fraktionsvorsitzende von BJuT (Block Julia Timoschenko), Iwan Kirilenko. “Allen ist alles verständlich! Wir sind sogar dafür, dass die Resolution zum Misstrauensvotum in verkürzter Form zur Abstimmung gestellt wird”. Der Minister aus dem Kabinett, Pjotr Krupko, seinerseits, bat die Abgeordneten darum die Resolution zum Misstrauen “unverzüglich, morgen (am 3. Februar), während der abendlichen Plenarsitzung zu untersuchen”, diese Eile damit erklärend, dass “diese Frage bereits herangereift ist”.
Der Meinung der “Regionalen” nach, ist in den Vorschlägen von BJuT und der Mitglieder des Kabinetts eine Falle. Die Sache ist die, dass, falls man bei der PR der Untersuchung der Frage des Rücktritts im beschleunigten Verfahren zustimmen würde, hätte die Opposition wenig Zeit dafür, um lang und argumentreich auf Fehler der Regierung Julia Timoschenko hinzuweisen, da die Abendsitzung um 16:00 Uhr beginnt und um 18:00 Uhr endet. Dafür, um die Sitzung zu verlängern, ist eine gesonderte Abstimmung notwendig und unter diesen Bedingungen befürchten die Abgeordneten der PR begründet, dass sich keine 226 Stimmen finden. Übrigens ist die offizielle Erklärung von BJuT eine andere.
“Wieso wir auf Eile drängen? Da die Premierin, als auch die von uns bestimmten Minister und unsere Fraktion bereits seit langem den Wunsch haben die Personalfragen zu lösen. Falls wir für diesen Beschluss stimmen, dann werden wir bereits am Donnerstag die Entscheidungen zu einigen Ministern untersuchen”, sagte später der erste Stellvertreter des Fraktionsvorsitzenden von BJuT, Andre Koshemjakin, Journalisten.
“Gibt es die Frage des Misstrauens gegenüber der Regierung. Lassen sie uns diese untersuchen”, wunderte sich Wladimir Litwin, die Untersuchung der gegebenen Frage in verkürzter Form nicht unterstützen. Doch “den Regionalen” war das zu wenig. Der erste Stellvertreter des Fraktionsvorsitzenden der PR, Alexander Jefremow, erklärte, dass beim Rechenschaftsbericht der Regierung der Präsident und die Leitung der Zentralbank anwesend sein sollen.
“Lassen sie uns nicht streiten. Gut, wir werden den Bericht der Regierung und die Resolution zum Misstrauen untersuchen … Was weiter?”, begann er die Abgeordneten zu beruhigen.
“Und wer wird antworten/die Verantwortung übernehmen?”, fragte plötzlich einer der Parlamentarier.
??“Ich werde es verantworten. Führen sie mich raus und erschießen sie mich!(Выведете меня и расстреляете!), entriss ihm Litwin das Wort, sich noch mehr aufregend. ??“Es wird nötig sein, dass das Kabinett auftritt, bitte. Der
Präsident? Dann überreden sie ihn, ich kann das nicht.”??
“Ob sie kommen oder nicht – das ist bereits ihre Angelegenheit”, regte sich Jefremow auf. “Und dann wird klar sein, wer nicht ehrlich gegenüber der Werchowna Rada antworten will. Doch wir haben das Recht sie einzuladen. Als Sie (Wladimir Litwin) in diesen Sessel gelangten (Parlamentssprecher), haben Sie eine vollkommen andere Position eingenommen. Früher war sie der genaue Gegensatz.”
“Ich habe Sie nicht darum gebeten zu erzählen, in welchem Sessel ich sitze!”, ging der Parlamentssprecher faktisch zum Schreien über. Gegenseitige Beschuldigungen austauschend, entschieden die Abgeordneten sich die Festlegung der Fristen zur Untersuchung der Frage der Verantwortung des Kabinetts zu verschieben.
Die “Regionalen” blasen zum Sammeln.
Die Untersuchung der Frage zum Datum der Anhörung des Rechenschaftsberichtes der Regierung hatte eine unerwartete Fortsetzung. Sofort danach, als die Vorsitzenden der Parlamentsfraktionen und die Leiter der Ausschüsse ihre Sitzung beendeten, begab sich Wiktor Janukowitsch, der Vorsitzende der Partei der Regionen, den Informationen des “Kommersant-Ukraine“ nach, in das Präsidialamt, wo ein Treffen mit Präsident Wiktor Juschtschenko stattfand, auf dem sie die Situation zum Rücktritt der Regierung diskutierten. Später wurde die Tatsache des Treffens vom Vizesprecher Nikolaj Tomenko bestätigt. Das Gespräch des Vorsitzenden der Oppositionsfraktion und des Staatsoberhauptes dauerte etwa eine Stunde und bereits um 15:00 Uhr nahm Janukowitsch erneut an der Sitzung des Vermittlungsrates teil, die sich in eine Konferenz der Fraktionsvorsitzenden mit dem Parlamentssprecher wandelte. Auf dieser setzte der Vorsitzende der PR fort, auf der Notwendigkeit der Untersuchung der Frage zum Kabinett am Donnerstag zu bestehen. “Die Mehrzahl der Fraktionsvorsitzenden hat nicht verstanden, warum Wiktor Janukowitsch anfänglich auf einer eiligen Untersuchung dieser Frage bestand und jetzt auf einer Untersuchung am Donnerstag”, betonte nach dem Vermittlungsrat der Vizesprecher Nikolaj Tomenko. Dabei ließ er zu, dass, vom Nichtvorhandensein einer ausreichenden Zahl an Stimmen für den Rücktritt der Regierung wissend, man bei der Partei der Regionen “die Möglichkeit sucht gemeinsam mit dem Präsidenten alles zu tun, damit die IV. Sitzungsperiode überhaupt nicht eröffnet wird und innerhalb von 30 Tagen der Präsident die Möglichkeit erhält, zur Frage der Ansetzung außerordentlicher Parlamentswahlen zurückzukehren”.
Der Vorschlag von Nikolaj Tomenko erwies sich als nah an der Wahrheit. Bei der Partei der Regionen hält man die Möglichkeit der Blockade der Tribüne des Parlaments für nicht ausgeschlossen, doch ist das für sie nicht die einzige Variante eines Ausweges aus der politischen Krise.
“Es findet der Zerfall des Staates statt. Wir können nicht auf der Beobachterseite stehen. Daher haben wir den Präsidenten, die Regierung, die NBU (Nationalbank der Ukraine) und die Vorsitzenden der Oblasträte zu einem normalen Dialog – am Donnerstag – eingeladen. Dies hat eine unverständliche Reaktion von unseren Kollegen von BJuT hervorgerufen, welche schnell einen Bericht des Kabinetts anhören wollten. Wir haben gesagt, dass wir nicht an diesem Zirkus teilnehmen werden und haben auf der Untersuchung dieser Frage am Donnerstag bestanden. Falls sie (die Parlamentsmehrheit) morgen (am 3. Februar) dem nicht zustimmt, heißt das, dass wir entsprechende Maßnahmen ergreifen werden. Wir haben bereits die Entscheidung getroffen das Kommando zu geben, Erklärungen zur Niederlegung des Abgeordnetenmandats zu sammeln. Es wird 450 Erklärungen geben”, sagte der erste Stellvertreter des Fraktionsvorsitzenden der Partei der Regionen, Alexander Jefremow.
Auf diese Weise bestätigte man bei der Partei der Regionen offiziell, dass man bereit ist den Schritt zu wiederholen, der im Jahre 2007 von den Fraktionen BJuT und “Unsere Ukraine” unternommen wurde, die damit die Durchführung von außerordentlichen Parlamentswahlen über die Niederlegung der Vollmachten von 150 Abgeordneten erreichten. Erinnern wir daran, dass die Auflösung der Werchowna Rada der V. Legislaturperiode und die Verkündung von vorgezogenen Parlamentswahlen danach möglich wurden, als die Parlamentsabgeordneten der Fraktionen “Unsere Ukraine” und BJuT freiwillig auf ihre Vollmachten verzichteten. Vorübergehend wurden auf überparteilichen Kongressen dieser politischen Kräfte die Entscheidung getroffen alle Listenkandidaten für das Parlament von den Listen zu streichen. Merken wir an, dass der Erlass von Präsident Wiktor Juschtschenko zu den Neuwahlen der Parlamentsabgeordneten sich auf der “fehlenden Beschlussfähigkeit” des Parlamentes und “der Unmöglichkeit der Wiederherstellung” begründete.
“Hat bei der Partei der Regionen tatsächlich eine Sammlung von Erklärungen zur Niederlegung der Abgeordnetenmandate begonnen?”, fragte gestern der “Kommersant-Ukraine“ beim ersten Vizesprecher, Alexander Lawrinowitsch, nach.
“Die Niederlegung der Mandate – das ist eine unserer Arbeitsvarianten, die in der Partei in Verbindung mit den Schreiben, die wir von unseren regionalen Organisationen und nicht nur von unseren erhalten haben, diskutiert wird. Das bedeutet, dass es Gründe dafür gibt, diese Variante in Betracht zu ziehen”, erklärte Lawrinowitsch.
“Werden Sie morgen die Tribüne der Werchowna Rada blockieren?”
“Es gibt Varianten.”
“Und falls BJuT trotzdem auf einer Untersuchung des Rechenschaftsberichtes des Regierung am Dienstag besteht?”
“Sollen sie dann diesen mit sich selbst im Gebäude des Kabinetts diskutieren. Dort ist es bequemer. Das wird folgenden Spaß geben. Sie selbst werden ihre eigene Verantwortungslosigkeit untersuchen, ihre eigenen Entscheidungen deckend”.
Bei BJuT hat man, wie sich herausstellte, von den Plänen der “Regionalen” nichts gewusst.
“Mir ist so etwas nicht bekannt und ich kann mir nur schwer vorstellen, wie man dies (der vorzeitige Entzug der Vollmachten der Werchowna Rada der VI. Legislaturperiode) realisieren kann”, sagte dem “Kommersant-Ukraine“ der Parlamentsabgeordnete Andre Schkil.
“Jedoch das Szenario, mit dessen Hilfe BJuT 2007 Neuwahlen erreichte – der Verzicht von mehr als 150 Parlamentsabgeordneten auf ihre Vollmachten – kann das derzeit wiederholt werden?”
“Nein. Das ist bereits unrealistisch. Gemäß der Entscheidung des Verfassungsgerichtes ist es verboten die Liste der Kandidaten für das Parlament aufgrund einer Entscheidung des Parteikongresses zu leeren. Es ist notwendig, dass alle Kandidaten für das Parlament zuerst Abgeordnete werden und danach auf ihre Vollmachten verzichten.”
Sergej Golownjow, Alexander Swiridenko
Quelle: Kommersant-Ukraine