Juschtschenko lud gestern zu einer großen Pressekonferenz
Gestern hat Präsident Wiktor Juschtschenko eine Pressekonferenz gegeben, im Verlaufe derer er versprach, bei den Präsidentschaftswahlen zu gewinnen. Übrigens, aus den weiteren Äußerungen des Präsidenten geht hervor, dass er sich der Unerfüllbarkeit seiner Pläne bewusst ist. Das Staatsoberhaupt widersprach sich auch in der Frage der Privatisierung des Odessaer Hafenwerks. Und die ukrainisch-russischen Beziehungen kommentierend, teilte Juschtschenko mit, dass er sich in der nächsten Woche im Laufe des GUS-Gipfels mit dem Präsidenten der Russischen Föderation, Dmitrij Medwedjew, treffen wird.
Das Hauptthema der großen Pressekonferenz von Präsident Wiktor Juschtschenko, die traditionell direkt von einigen Fernsehsendern übertragen wurde, sollte die Vorbereitung auf die Durchführung von Verfassungsreformen werden – der Pressedienst des Staatsoberhauptes hatte vorher darüber Journalisten informiert und auch Juschtschenko selbst widmete dem seine halbstündige Einleitung. Bleibt anzumerken, dass Wiktor Juschtschenko diese Frage praktisch in allen seinen letzten Auftritten berührte. Wie Gesprächspartner der “Kommersant-Ukraine“ beim Präsidialamt bekräftigten, ist die Agitation für den Beschluss von Änderungen in der Verfassung als “Hauptidee und Kern des Wahlkampfes von Wiktor Andrejewitsch (Juschtschenko)” gewählt worden. Übrigens, gab es gestern keine Neuigkeiten zu diesem Thema, sondern die Hauptnachricht wurde die Erklärung Wiktor Juschtschenkos zum Ausgang der Präsidentschaftswahlen.
“Ich gewinne die Wahlen. Ich haben keine (tiefen) Zweifel daran”, sprach der Präsident ohne Stocken aus.
Zu der Anmerkung der Journalisten dazu, dass die Umfragewerte ein Rating Juschtschenkos von 3% zeigen, antwortete der Präsident, dass ihn “Ratings nicht interessieren”, und das er überzeugt von einer starken Ausweitung seiner Popularität am Vorabend der Wahlen ist.
“Mit jeder Woche werden sie erwachsener und zum 17. Januar werden sie nicht mit den gleichen Empfindungen her kommen, welche sie heute haben”, versuchte das Staatsoberhaupt die Zuhörer zu überzeugen.
Derweil zeugten die weiteren Äußerungen Wiktor Juschtschenkos eher von seiner Unsicherheit bezüglich seines Sieges. Er versuchte einige Mal die Entwicklung des Landes in dem einen oder anderen Bereich zu prognostizieren, ausgehend von der Annahme, dass im Jahre 2010 ein anderer Präsident wird.
“In drei Jahren werden sie in Büchern davon lesen, was ich (auf dem Posten des Präsidenten) getan hab. Und es ist möglich, dass sie in fünf oder zehn Jahren verstehen, dass eben meine Politik die richtige war”, unterstrich der Präsident.
Ein Missverhältnis zwischen den Erklärungen Wiktor Juschtschenkos und der realen Situation zeigte sich ebenfalls in seinen Kommentaren zur Frage der Privatisierung des Odessaer Hafenwerks. Wie der “Kommersant-Ukraine“ mitteilte, hatte das Präsidialamt im Juli den Massenmedien offiziell verkündet, dass Juschtschenko und Julia Timoschenko eine Vereinbarung zum Verkauf des Odessaer Hafenwerks erreicht haben (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 17. Juli), jedoch nach zwei Monaten versuchte der Präsident unerwartet den Verkauf des Werks zu blockieren (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 18. September). Gestern erklärte Juschtschenko, seine Handlungen begründend, dass der Versuch des Kabinetts das Odessaer Hafenwerk zu verkaufen, von Anfang an “verbrecherisch” war.
Der Präsident betonte, dass er den Verkauf des Odessaer Hafenwerks zugelassen hätte, wenn das Kabinett eine Vorbereitung zur Privatisierung von wenigsten einem Jahr durchgeführt hätte.
“Nicht ein Land verkauft ein Aktiv, wenn es nicht wenigstens eine Vorbereitungsphase von 12-15 Monaten durchlaufen hätte, den Wert des Aktivs erhöhend und dutzende Präsentationen, beginnend von London und mit anderen westlichen (Handels-)Plätzen endend, durchführend. Außerdem niemand vollzieht eine Privatisierung in der Krisenzeit”, erläuterte das Staatsoberhaupt sein Verbot.
Jedoch erwiesen sich die von Wiktor Juschtschenko verlautbarten Berechnungen als verzerrt. Die Unzeitgemäßheit der Privatisierung begründend, erklärte er, dass der Wert der in der Versteigerung gebotenen Summe (5 Mrd. Hrywnja), gleich dem Gewinn dieses Unternehmens über anderthalb Jahre ist. Tatsächlich betrug der Reingewinn des Odessaer Hafenwerks im Jahre 2008 796,98 Mio. Hrywnja (das beste Resultat in der gesamten Geschichte des Werks) und in der I. Hälfte des Jahres 2009, nach der Erhöhung des Gaspreises und der Verschlechterung der Weltkonjunktur für die Produkte (Dünger), rutschte das Werk in die Verlustzone.
Davon, dass die Gründe für die Blockierung der Privatisierung des Odessaer Hafenwerks sich von den verkündeten unterscheiden, zeugte auch die Erinnerung des Präsidenten an gewisse nichtöffentliche Motive seiner Handlungen. “Ich lese die Präsidentenpost, wo es andere Sachen gibt, die wenigen bekannt sind”, bemerkte Wiktor Juschtschenko, das Thema kommentierend.
Der Korrespondent des “Kommersant-Ukraine“ bat das Staatsoberhaupt zu dieser Frage zurückzukehren und erinnerte daran, dass das Präsidialamt die Privatisierung vor zwei Monaten unterstützt hatte, als die Weltkonjunktur und die Situation in der Ukraine eben solche waren wie gerade.
“Ja weil es ein Paket gab, ein gesamtes System von Vereinbarungen!”, unterbrach Juschtschenko den “Kommersant-Ukraine“.
Der Präsident gab zu, dass er sich im Juli tatsächlich mit der Premierin zum Verkauf des Odessaer Hafenwerks in der Krisenzeit im Austausch für eine Reihe von Zugeständnissen von Seiten der Regierung geeinigt hatte, wobei die Einigung mit dem Internationalen Währungsfonds im Rahmen der Verhandlungen zur Gewährung der nächsten Kredittranche des IWF für die Ukraine abgestimmt war. “Im Rahmen des Memorandums (mit dem IWF) verpflichtete sich die Regierung die Situation bei der NAK (Nationale Aktiengesellschaft) ‘Naftogas Ukrainy’ und dem Rentenfonds zu normalisieren, eine Reihe von Änderungen in Sozialfonds und andere Änderungen durchzuführen. Und ich habe in diesem Paket dem Privatisierungsprozess zugestimmt”, erläuterte der Präsident.
Zum Grund der Ablehnung der erreichten Vereinbarungen wurde, den Worten Wiktor Juschtschenkos nach, die Nichterfüllung seiner Verpflichtungen. “Und falls ‘Naftogas’ nicht ausgeglichen ist, dann hilft dem Staatshaushalt auch kein Odessaer Hafenwerk. Die Probleme des Budgets sind bereits nicht mehr arithmetisch zu lösen, beispielsweise über eine Privatisierung oder eine weitere Beugung Stelmachs (Leiter der Zentralbank Wladimir Stelmach), so dass er eine weitere Emission macht. Es gab Paketvereinbarungen, doch sie wurden nicht erfüllt”, resümierte das Staatsoberhaupt.
Ein gesondertes Thema auf der Pressekonferenz waren die bilateralen Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland. Der “Kommersant-Ukraine“ informierte bereits mit Verweis auf Informanten, dass das ukrainische Außenministerium die Möglichkeit einer Reise des Präsidenten nach Kischinjow auf den GUS Gipfel nach einer mehr als einjährigen Pause in Betracht zieht (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 18. September). Wiktor Juschtschenko bestätigte gestern, dass er nach Kischinjow fährt und verkündete sein Treffen mit dem Präsidenten der Russischen Föderation, Dmitrij Medwejw, im Verlaufe des Gipfels. Im Kreml hat man bereits auf diese Erklärung reagiert, mitteilend, dass Kiew keine offizielle Anfrage zu einem Treffen abgesandt hat. “Ja, wir haben noch keine offizielle Anfrage abgeschickt, derzeit ist alles noch im Stadium verbaler Absprachen. In jedem Fall wird die Rede nicht von einem großformatigen Treffen im Rahmen einer Konferenz überstaatlicher Kommissionen gehen. Es wird ein anderes Format sein. Welches, ist bislang nicht klar”, sagte dem “Kommersant-Ukraine“ ein Informant im Präsidialamt.
Sergej Sidorenko
Quelle: Kommersant-Ukraine