Opposition schlug der Rada vor alle Paragraphen zu entkriminalisieren, nach denen Julia Timoschenko angeklagt worden ist
Am Freitag registrierten die Leiter der oppositionellen Parlamentsfraktionen in der Werchowna Rada Änderungen zum Gesetzentwurf zur Entkriminalisierung einzelner Paragraphen des Strafgesetzbuches, die eine Einstellung der strafrechtlichen Verfolgung von Julia Timoschenko vorsehen. Neben Paragraph 365, nach dem sie zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde, schlagen die Abgeordneten auch noch vor den Paragraphen 191 des Strafgesetzbuches zu entkriminalisieren, nach welchem gegen die Ex-Premierin am Mittwoch das vierte Strafverfahren eingeleitet wurde. Bei der Führung der Fraktion der Partei der Regionen bezeichnet man die Initiative der Opposition als „nicht ungefährlichen Weg“.
Dass die Vorsitzenden der Fraktionen „BJuT-Batkiwschtschyna/Block Julia Timoschenko-Vaterland“ und „Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung“, Iwan Kirilenko und Nikolaj Martynenko, Änderungen zum in erster Lesung am 6. Oktober verabschiedeten Gesetzentwurf Nr. 9221 „Über die Einbringung von Änderungen in einige gesetzgebende Akte (bezüglich der Humanisierung der Verantwortung für Rechtsverstöße im Bereich wirtschaftlicher Tätigkeit)“ eingereicht haben, wurde am Freitag bekannt. In den Vorschlägen der Abgeordneten ist eine Entkriminalisierung zweier Artikel des Strafgesetzbuches vorgesehen: des Paragraphen 365 („Missbrauch der Regierungsmacht oder der Dienstvollmachten“, nach welchem Ex-Premierin Julia Timoschenko verurteilt wurde (siehe Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 12. Oktober), und ebenfalls des Paragraphen 191 („Aneignung, Vermögensveruntreuung oder Vermögensbesitznahme“), nach dem der Sicherheitsdienst der Ukraine gegen sie ein weiteres Verfahren eingeleitet hat (siehe Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 14. Oktober).
Der Meinung der Abgeordneten nach muss die Strafverfolgung, die auf der Basis der Paragraphen 191 und 365 in Bezug auf „Personen, die Posten in kollegialen Organen der Staatsmacht besetzten“, und dabei zum Ministerkabinett gehörten, eingeleitet wurde, unverzüglich eingestellt werden. Dabei schlagen die Abgeordneten vor, dass die Person, über die ein Urteil nach diesen zwei Paragraphen gesprochen wurde, als unbestraft gelten soll. Außerdem wird vorgeschlagen, beide Paragraphen des Strafgesetzbuches mit Nachbesserungen darüber zu versehen, dass die Posten der Kabinettsmitglieder, der Parlamentsabgeordneten und des Präsidenten politische sind und „für dieses Strafgesetzbuch gelten sie nicht als Amtsträger“.
Der Stellvertreter des Fraktionsvorsitzenden von „BJuT-Batkiwschtschyna“, Sergej Sobolew, erklärte dem “Kommersant-Ukraine”, dass die vorliegenden Änderungen mit den Oppositionsfraktionen in der letzten Woche abgestimmt wurden. „Die Strafverfolgung (Julia Timoschenkos) nach Paragraph 191 des Strafgesetzbuches wurde früher bekannt, als dies verkündet wurde“, sagte Sobolew dem “Kommersant-Ukraine”. „Danach als Informanten im Umfeld von Bundeskanzlerin Angela Merkel mitteilten, dass Janukowitsch mit ihr abzustimmen versuchte, wie die Reaktion der Europäischen Union auf die Einleitung eines Strafverfahrens nach einem neuen Paragraphen sein wird, begannen wir uns darauf vorzubereiten, dass es eine weitere politische Verfolgung geben wird“.
Ob die Änderungen vom Parlament beschlossen werden, die von den Oppositionsfraktionen vorgeschlagen wurden, wird den Abgeordneten bereits heute auf der Sitzung des Schlichtungsrates klarwerden. Vorher hatte der Parlamentsausschuss für Fragen der gesetzlichen Gewährleistung der Rechtspflegetätigkeit eine Anordnung registriert, die eine Prüfung des vorliegenden Gesetzentwurfes in einer verkürzten Prozedur vorsieht (siehe Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 13. Oktober). „Lassen sie uns Klartext sprechen: von uns hängt bereits nichts mehr ab. Das, was wir als Opposition tun konnten, haben wir getan, jetzt sind die Stimmen der Parlamentsmehrheit notwendig“, sagte Sergej Sobolew dem “Kommersant-Ukraine”.
„Wenn die Vertreter von BJuT derartige Änderungen einbringen, dann bedeutet das, dass sie de facto die Schuld von Timoschenko anerkennen und begreifen, dass ihre Schuld im Rahmen der Strafgesetzordnung bewiesen worden ist“, erklärte dem “Kommersant-Ukraine” der Stellvertreter des Fraktionsvorsitzenden der Partei der Regionen, Wadim Kolesnitschenko. Seinen Worten nach hat die Fraktion der Partei der Regionen bisher die Initiative der Kollegen aus der Opposition noch nicht diskutiert, doch ist er persönlich gegen derartige Vorschläge. „Ich denke nicht, dass wir Gesetze für eine konkrete Person nur dafür beschließen sollten, um ihr eine Freude zu machen. Das Gesetz sollte für alle gleich sein, es kann nicht einer gleicher und andere weniger gleich vor dem Gesetz sein“, sagte Kolesnitschenko. Dabei bezeichnete er die Initiative der Opposition als „nicht ungefährlichen Weg“. „Ich bin beunruhigt darüber, dass wir mit derartigen Korrekturen das System des Strafvollzugs diskreditieren könnten“, sagte Wadim Kolesnitschenko.
Jelena Geda
Quelle: Kommersant-Ukraine