Ukraine erhält Ermäßigung beim Gaspreis
Die Ukraine und Russland haben sich auf eine Senkung der Preise für zu lieferndes Gas um ein Drittel geeinigt. Dabei werden formell die Verträge nicht geändert. Ihnen wird lediglich ein Nachlass hinzugefügt, was Russland in jedem Moment erlaubt zum vorherigen Liefersystem zurückzukehren. Marktteilnehmer bewerten die unterzeichneten Dokumente positiv – sie erlauben es die Auslastung der Unternehmen der Chemieindustrie zu erhöhen und mit deren Modernisierung zu beginnen.
Gestern haben in Charkow die Chefs von „Gasprom“ und „Naftogas“, Alexej Miller und Jewgenij Bakulin, in Anwesenheit der Präsidenten der Ukraine und Russlands, Wiktor Janukowitsch und Dmitrij Medwedjew, Zusätze zum Vertrag vom 19. Januar 2009 unterzeichnet. Millers Worten nach, verkauft „Gasprom“ ab dem 1. April Gas an die Ukraine 30% billiger, als im Vertrag vorgesehen, das heißt bereits im II. Quartal zu 230$ für tausend Kubikmeter anstelle von 330$. Der Nachlass kann dabei 100$ pro tausend Kubikmeter nicht übersteigen. Die von der Ukraine im I. Quartal bezahlten 6,5 Mrd. Kubikmeter Gas (für 305$ für tausend Kubikmeter) werden nicht neu berechnet. Insgesamt werden 2010 mit dem Nachlass 30 Mrd. Kubikmeter Gas geliefert werden, in den Jahren 2011-2019 jeweils 40 Mrd. Kubikmeter jährlich. Die Preisformel und die „take or pay“ Bedingungen bleiben davon unberührt, präzisierte man bei „Gasprom“.
Beim Energieministerium der Ukraine kommentierte man die Vereinbarungen der Präsidenten nicht offiziell. doch ein Informant des “Kommersant-Ukraine“ beim Ministerium erzählt, dass der Gaspreis für die Ukraine im II. Quartal 234$ pro tausend Kubikmeter betragen wird. „Heute ist das der niedrigste Preis für russisches Gas in der Welt, außer für Belarus und Russland. Doch Belarus hat dafür 50% seines Gastransportsystems abgegeben und wir nicht“, erklärte der Gesprächspartner des “Kommersant-Ukraine“. Seinen Worten nach wurde mit der russischen Seite ebenfalls ein Vertrag zu langfristigen Lieferungen (fünf Jahre) von Atombrennstoffen unterzeichnet, Russland wird beim Bau von Energieblöcken im Atomkraftwerk Chmelnizkyj hinzugezogen und „Antonow“ wird in die „Objedinennaja Awiastroitelnaja Korporazija“ aufgenommen. „Nicht zu vergessen, dass die Krementschuger Erdölraffinerie in Staatseigentum überführt wird und danach auf dessen Basis ein neues Joint-Venture mit einer russischen Erdölgesellschaft (Tatnafta) gegründet wird“, unterstrich der Informant des “Kommersant-Ukraine“ beim Energieministerium.
Industrievertreter bewerten gestern den Nachlass beim Gaspreis positiv. Bei „DneprAsot“ erläuterte man dem “Kommersant-Ukraine“, dass die Unternehmen der chemischen Industrie der Ukraine derzeit nur zu 40% ausgelastet sind und diese Lösung wird eine Erhöhung der Produktionsmengen auf 85-90% befördern. „Wenn nach der Revision der Verträge der Staat den Gaspreis für die Unternehmen der chemischen Industrie um 30% senkt, dann wird das eines bedeuten – wir können die Arbeit auf voller Kapazität beginnen und werden uns weiter entwickeln“, erklärte der Stellvertreter des Generaldirektors der OAO (Offene Aktiengesellschaft) „Odessaer Hafenwerk“, Wladimir Sewastjanow. Seinen Worten nach, kann man erwarten, dass die ukrainische Chemieindustrie erneut attraktiv für Investitionen wird und die Unternehmen mit Modernisierungen beginnen. Der Vizepräsident der „Industriegruppe“ (managed die Aktiva der „Industrieunion Donbass“), Alexander Pilipenko, ist überzeugt davon, dass diese Entscheidung für die Metallwirtschaft sehr wichtig, aber für den Haushalt des Landes wichtiger ist „Der Haushalt ist überhöht und kann mit diesem berechneten Defizit nicht verabschiedet werden. Doch mit dem Preisnachlass für Gas könnte der Staat nicht so hohe Subventionen für die kommunalen Energieversorger und die Bevölkerung zuweisen, wie es am Anfang des Jahres geplant wurde“, urteilt der Unternehmer.
Der offizielle Vertreter von „Gasprom“, Sergej Kuprijanow, teilte dem “Kommersant-Ukraine“ mit, dass der „Nachlass auf Rechnung eine Senkung der Exportzölle bei der Lieferung von Gas in die Ukraine, die von der Regierung Russlands installiert wurden, gegeben wurde“. Seinen Worten nach erhöht sich der Preis in diesem Jahr nur unbedeutend. „Für den Gaspreisnachlass für die Ukraine zahlt der russische Haushalt über die faktische Rücknahme des Exportzolls für Gas“, erklärte Alexander Nasarow von der IFK „Metropol“. „Es ergibt sich dabei, dass sich die Subventionierung der ukrainischen Wirtschaft dank des russischen Haushalts in diesem Jahr auf 3 Mrd. $ beläuft und im Jahr 2011 auf bis zu 4 Mrd. $ erhöht“. Die Summe der Einnahmeausfälle des Föderationsbudgets der Russischen Föderation könnte im Fall der Umsetzung der gestrigen Vereinbarungen 39 Mrd. $ ausmachen, bestätigte man gestern dem “Kommersant-Ukraine“ beim Kabinett. „Jedoch werden die Einnahmeausfälle aus anderen freiwerdenden Mitteln kompensiert“. Womit eben die 1 Bio. Rubel im Jahr kompensiert werden, führte der Staatsbedienstete nicht näher aus.
Der Präsident Russlands, Dmitrij Medwedjew, antwortete teilweise auf diese Frage. „Der Nachlass beim Gaspreis wird als Teil der Mietzahlungen für den Aufenthalt der Schwarzmeerflotte in Sewastopol angerechnet“, sagte er. „Das ist keine politische, sondern eine technische Lösung, da sich die Mietzahlung um die Nachlasshöhe erhöht. Das ist mehr eine Frage der Buchhaltung, denn der (politischen) Inhalte“.
Den Informationen von ukrainischen Informanten des “Kommersant-Ukraine“ nach, betreffen die Zugeständnisse Russlands bei der Gaspreisfrage nicht nur die Länge des Aufenthalts der Schwarzmeerflotte Russlands, sondern auch die Mietpreishöhe. Bis 2017 wird Moskau für die Basis 97 Mio. $ zahlen und von 2017 bis 2042 100 Mio. $, wobei Expertenschätzungen, die während der Periode der Präsidentschaft Wiktor Juschtschenkos durchgeführt wurden, von einem Marktmietzins in Höhe von 2 Mrd. $ zeugen. Gleichzeitig bekräftigen russische Informanten des “Kommersant-Ukraine“ das Gegenteil. ??„Die Frage des Aufenthalts der Flotte bis 2017 ist gelöst – die Mietzahlung in Höhe von 90-100 Mio. $ im Jahr wird von den Staatsschulden der Ukraine gegenüber Russland abgezogen. Die Höhe der Mietzahlung nach 2017 wird 500 Mio. $ im Jahr betragen, das heißt hinzugerechnet werden 12,5 Mrd. $“?, meint der Informant des “Kommersant-Ukraine“ in der Regierung der Russischen Föderation.
Michail Kortschenkin, Leiter der East European Gas Analysis, betont, dass Russland einen bedeutenden Teil der Einnahmeausfälle über den erhöhten Export von anderen Waren und Dienstleistungen in die Ukraine und ebenfalls über die Gewinnsteuern von „Gasprom“ ersetzt bekommt. Den Berechnungen des Experten nach, hätte der russische Monopolist in diesem Jahr nicht mehr in die Ukraine verkauft, als im letzten Jahr – 27 Mrd. Kubikmeter – und 6,3 Mrd. $ (nach Abzug der Zölle) umgesetzt. Derzeit, urteilt Kortschemkin, verkauft „Gasprom“ 36,5 Mrd. Kubikmeter zum mittleren Jahrespreis von 260$ pro tausend Kubikmeter und erhält 9,5 Mrd. $. Das heißt der russische Monopolist bezahlt alle übrigen Steuern von den 3,2 Mrd. $ zusätzlichem Umsatz. „Gasverträge sind in der GUS nur zwischen einem und drei Jahren lebensfähig, sie werden in der Regel verändert“, sagt Michail Kortschemkin. „In den neuen Vereinbarungen „Gasproms“ und „Naftogases“ sind die Formel mit dem Basispreis von 450$ pro tausend Kubikmeter und das Prinzip ‘take or pay’ nicht angetastet worden“.
Oleg Gawrisch, Natalja Grib, Alexander Gudkow
Quelle: Kommersant-Ukraine