Nach den Lockerungen der Quarantäne-Beschränkungen breitet sich das Coronavirus Sars-CoV-2 wieder schneller aus. In der vergangenen Woche verzeichneten die Behörden neue Rekordwerte bei Neuinfektionen und bei Toten. Die Regierung verlängerte daher erwartungsgemäß die angepasste Quarantäne bis Ende Juli. Zum Stand 21. Juni 2020 sind im Land 36.560 Infektionen per Labortest nachgewiesen worden. 1.002 Menschen starben bisher in der Ukraine an der Lungenkrankheit Covid-19. 16.509 sind der offiziellen Statistik nach wieder genesen.
Am Sonntag gab es einen Anstieg der Neuinfektionen um 735 Fälle. In den vergangen Tagen waren neue Rekordwerte bei den Neuinfektionen registriert worden, darunter am Freitag mit 921 der neue absolute Rekordwert. Im Schnitt waren vergangene Woche täglich 772 neue Infektionen verzeichnet worden. Durchschnittlich starben seit dem 1. Juni täglich genauso wie im Mai 14 Menschen an der Lungenkrankheit Covid-19. Der bisherige Höchstwert bei Verstorbenen wurde jedoch am 17. Juni mit 31 erreicht.
Nach den vorliegenden Statistiken ist medizinisches Personal in der Ukraine aufgrund mangelhafter oder fehlender Schutzkleidung besonders betroffen. Zum Stand 21. Juni gab es unter Ärzten und Pflegekräften 5.998 nachgewiesene Coronavirus-Infektionen. Das entsprach einem Anteil von etwa 16 Prozent mit allerdings sinkender Tendenz. Mindestens 39 Mediziner starben an Covid-19.
Die ukrainische Statistik unterliegt wie alle anderen Statistiken im Zusammenhang mit Sars-CoV-2 einer großen Unsicherheit. Zum einen aufgrund der geringen Zahl der Tests in der Ukraine. Täglich werden nur zwischen fünf- und zwölftausend Verdachtsfälle getestet. Vergangene Woche waren es im Schnitt 10.000 Tests. Insgesamt wurden zum Stand 21. Juni 563.194 Labortests gemacht. Aktuell sind es etwa 1.287 Tests auf 100.000 Einwohner seit Anfang März. Daher und aufgrund der Unsicherheiten bei den Tests ist von einer großen Dunkelziffer bei der Verbreitung von Sars-CoV-2 auszugehen.
Wie hoch die Sterberate im Land liegt, ist aus diesem Grunde noch schwerer zu sagen. Der vorliegenden Statistik nach sterben rund 2,7 Prozent der Infizierten. Da mutmaßlich wesentlich mehr Menschen in der Ukraine sich bereits angesteckt haben, ist ebenso zu vermuten, dass die Sterberate um einiges niedriger als diese 2,7 Prozent liegt. Das auch trotz des Umstands, dass sicherlich nicht alle an Covid-19 Verstorbenen erfasst werden. Früheren Angaben des Gesundheitsministeriums nach sind 44,8 Prozent der Toten Frauen und 55,2 Prozent Männer. 85 Prozent der Verstorbenen sind über 50 Jahre alt gewesen und 71 Prozent hatten Vorerkrankungen.
Ausgehend von den veröffentlichten Sterbestatistiken für Januar bis einschließlich April dieses Jahres sind bisher keine Anomalien festzustellen. 2020 starben in den ersten vier Monaten im Regierungsgebiet 195.287 Ukrainer. Das sind, wenn man der offiziellen Statistik vertraut, 11.856 weniger als im Vorjahr, als 207.143 Ukrainer starben. Im Januar und Februar fielen 2.404 Ukrainer Erkrankungen der Atemorgane zum Opfer. Zum Vergleich starben 2018 im gesamten Jahr in den Regierungsgebieten etwa 13.000 Ukrainer an Atemwegserkrankungen. Bis zum Ende der Quarantänemaßnahmen will die Regierung jedoch keine detaillierten Sterbestatistiken zu den Sterbeursachen mehr veröffentlichen, was Raum für Spekulationen gibt.
Zur gleichen Zeit wurden im Donezker Separatistengebiet nach den Angaben der örtlichen Machthaber bei 1.003 Menschen Infektionen nachgewiesen. 278 sollen bereits genesen sein und 60 Menschen starben an der Krankheit. Im Luhansker Separatistengebiet gibt es nach örtlichen Angaben 469 bestätigte Infektionen. Mindestens elf Kranke starben. Auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim und in Sewastopol gibt es russischen Angaben nach insgesamt 765 Infizierte, 569 Genesene und zehn Tote.
Werden die Daten der Regierung und aus dem Separatistengebiet zusammengefasst, ergibt sich eine Infektionsrate von etwa knapp 87 pro 100.000 Einwohner. Die Sterberate pro 100.000 Einwohner läge demnach bei 2,5. Aufgrund der schlechten Datenqualität sind diese Werte jedoch nicht mit denen in anderen Ländern vergleichbar.
Die zum 12. März verhängten Quarantäne-Maßnahmen sind zum großen Teil gelockert worden. Aufgrund der steigenden Infektionszahlen wurde die allgemeine Quarantäne jedoch vorerst bis zum 31. Juli verlängert. Aufgrund der unterschiedlichen epidemiologischen Situation in den einzelnen Regionen gibt es starke Unterschiede beispielsweise bei der Öffnung von Restaurants und Schwimmbädern. Anfang Juni wurden die inländischen Eisenbahnverbindungen wieder aufgenommen. Menschen über 60 dürfen ihre Wohnungen inzwischen wieder auch ohne triftigen Grund wieder verlassen. Der Besuch von Parks ist seit geraumer Zeit wieder erlaubt und inzwischen dürfen bis zu acht Personen in einer Gruppe unterwegs sein. Kindergärten, Bibliotheken, Museen, Friseure, Schönheitssalons, Geschäfte und Einkaufszentren wurden wieder geöffnet. In Kiew dürfen Restaurants und Cafés jedoch weiterhin nur Sommerterrassen betreiben. Hier gilt weiter ein Mindestabstand zwischen den Tischen und nicht mehr als vier Personen an einem Tisch. Die Metros der drei Großstädte Kiew, Charkiw und Dnipro wurden genauso wie der übrige städtische Nahverkehr wieder in Betrieb genommen.
Nach den Inlandsflügen wurden vergangenen Montag auch die internationalen Flugverbindungen wieder aufgenommen. Zugleich wurde die Grenze für Ausländer geöffnet. Einreisende müssen in Abhängigkeit vom Herkunftsland eine 14-tägige Observation absolvieren. Kriterium ist eine schlechtere Epidemiesituation in dem Abreiseland als in der Ukraine, die durch mehr als 40 aktive Krankheitsfälle auf 100.000 Einwohner definiert wird. In der Ukraine liegt der Wert aktuell bei etwa 43. Das Gesundheitsministerium will alle drei Tage eine Länderliste zusammenstellen und diese in rote – verpflichtende Observation – und grüne – ohne Observation – einteilen. Aufgrund der besseren Epidemiesituation in Deutschland, Österreich und der Schweiz brauchen Einreisende aus diesen Staaten jedoch nicht in eine Selbstisolation und können sich frei im Land bewegen. Des Weiteren gilt an „öffentlichen Orten“, im Nahverkehr und in Geschäften eine Maskenpflicht. Auf der Straße sind Dokumente immer bei sich zu führen. Schulen und Universitäten sind weiter zu. Aufgrund der steigenden Infektionszahlen drohen Regierungsmitglieder zwar immer wieder mit der Rücknahme von Lockerungen, jedoch obliegt das den Regionalregierungen.
Verteilung der Infizierten und Toten nach Regionen
Gebiet | Infektionen | Tote |
---|---|---|
Winnyzja | 1.647 | 28 |
Wolhynien | 1.782 | 52 |
Dnipropetrowsk | 1.042 | 23 |
Donezk¹ | 362 | 8 |
Schytomyr | 1.257 | 21 |
Transkarpatien | 2.149 | 54 |
Saporischschja | 554 | 16 |
Iwano-Frankiwsk | 2.015 | 96 |
Kirowohrad | 620 | 30 |
Stadt Kiew | 4.325 | 98 |
Gebiet Kiew | 2.208 | 46 |
Lwiw | 3.780 | 114 |
Luhansk¹ | 72 | 0 |
Mykolajiw | 358 | 7 |
Odessa | 1.266 | 19 |
Poltawa | 291 | 13 |
Riwne | 2.872 | 57 |
Sumy | 257 | 5 |
Ternopil | 1.688 | 27 |
Charkiw | 1.805 | 69 |
Cherson | 186 | 3 |
Chmelnyzkyj | 622 | 14 |
Tscherniwzi | 4.324 | 171 |
Tscherkassy | 603 | 21 |
Tschernihiw | 475 | 10 |
Insgesamt | 36.560 | 1002 |
¹ nur die von der Regierung kontrollierten Gebiete
Quellen:
Coronavirus_Info
Grenzschutzdienst
Statistikamt – Todesursachen Januar/Februar 2020
Statistikamt – Sterbefälle Januar-April 2020
Russische Statistiken
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