Liebe Freunde! Ich hatte mich zu einem wichtigen Protest entschlossen und mit ihm an die Zeitung «Gazeta Wyborcza» gewendet. Dort erklärte man sich sofort bereit zu helfen, doch heute stellte sich heraus, dass ohne mit mir abzusprechen, mein Text erheblich gekürzt wurde. In Folge dessen wurde er von einem «Aufruf» und einem «offenen Brief» in einen «launischen Artikel» geändert. Jetzt sehe ich keine andere Möglichkeit, als an alle die ursprüngliche Variante des Aufrufs zu schicken und diejenigen von Ihnen, die mit der ukrainischen Presse (Druck- oder Internetpresse) zu tun haben, zu bitten, bei der Veröffentlichung meines Schreibens gerade so, wie es ist, zu helfen.
Dieser Brief, den ich 20 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer schreibe, ist ein Brief des Protestes gegen den Aufbau neuer Mauern in Europa. Zugleich ist er eine Bitte um Solidarität, da jetzt auch gerade 20 Jahre seit dem Höhepunkt des Ruhms der polnischen «Solidarność» vergangen sind.
Ins Ausland fahre ich aktiv seit 1990 und habe mittlerweile 30 Länder der Welt (viele von ihnen mehrfach) besucht. Während der Zeit habe ich kein einziges Mal die Visumregeln gebrochen. In meiner «Visumsgeschichte» gibt es ein fünfjähriges USA-Multivisum, ein zweijähriges Schengenvisum, ausgestellt von Frankreich, etwa zwanzig Schengenvisen, die von den Niederlanden, von Deutschland, Italien und anderen Ländern dieser Zone ausgestellt worden waren. Alle diese Information, die die Schengenzone betrifft, befindet sich in der entsprechenden Computerdatenbank. Was darin leider fehlt, ist das Ausmaß seelischer Kräfte, die zur Überwindung der immer größeren Beschränkungen und Hindernisse in der Prozedur verbraucht wurden.
Anfang 2009, auf eine Bitte der Warschauer Zeitschrift «Wens» mir ein einjähriges Schengenvisum zu erteilen, stellte mir das Konsulat der Polnischen Republik in Lwiw ein einhalbjähriges Visum aus. Im Herbst dann berechnete das gleiche Konsulat auf eine Einladung derselben Institution hin die Gültigkeitsdauer noch genauer, das Ergebnis war 1 Monat und 13 Tage. Ein Monat und 14 Tage wären für sie bereits gefährlich gewesen…
Ehrlich gesagt, jene 13 Tage wurden zum letzten Tropfen im Fass meiner Geduld. Sie erinnerten mich daran, wie neulich die Deutsche Botschaft, fast schon wie zum Spott, meinem Historiker-Kollegen ein Multivisum erteilte… für drei Tage! Die Demütigungen, denen wir, ukrainische Geisteswissenschaftler, von Seiten der Schengener Bürokratie ausgesetzt sind, erinnern langsam an jene Beispiele der Erniedrigung unter der kommunistische Bürokratie. Da ich dringende Verpflichtungen polnischen Kollegen gegenüber hatte, vermochte ich meinen Protest nicht früher zu erheben. Heute, da meine Verpflichtungen erfüllt sind, habe ich mich dazu entschlossen, ihn zu äußern.
Ich bekenne, dass verantwortungsloses Verhalten politischer Führer der Ukraine einen erheblichen Verfall des Ansehens der Ukraine in der Welt zur Folge hatte, was auch in der Haltung der Europäer zu den einfachen ukrainischen Bürgern zum Ausdruck kommt. Ebenso gebe ich zu, dass meine Landsleute um ins Ausland zu gelangen, häufig bis zu großen Selbsterniedrigungen zu gehen bereit sind und sich erhebliche Probleme den europäischen Beamten einhandeln. Ich schäme mich sowohl für den ersten, als auch für den zweiten dieser Umstände. Ich weiß aber auch, dass ein Volk, das ständig erniedrigt wird, an Vermögen verliert, sich zu einer verantwortungsvollen Freiheit zu erheben. Ich liebe mein Volk viel zu sehr, um mich damit abzufinden.
Es ist mir klar, dass billige Arbeitskraft, wenn auch auf europäischen Arbeitsmärkten für unpopuläre Arbeiten gern benutzt, doch erhebliche Probleme schafft. Sie dient europäischen Regierungen als ernstes Argument, immer mehr einen unsichtbaren Vorhang zu schließen. Allerdings, gab es nicht schon früher einmal in der kommunistischen Partei Argumente, Grenzen zu schließen? Gewiss gab es die. Aber die Antwort des demokratischen Europa war eindeutig: das Thema der offenen Grenzen und zwischenmenschlichen Kontakte ist ein Thema der Rechte und der Würde des Menschen, das über jeder politischen, ideologischen oder wirtschaftlichen Räson steht.
Meinen Protest richte ich nicht an das Polnische Konsulat als solches, da ich verstehe, dass es seine Schengener Verpflichtungen zu erfüllen hat. Ich möchte auch nicht weiter nach Beziehungen suchen, die mir persönlich den Erhalt eines Visums ermöglichen könnten. Stattdessen lenke ich die Aufmerksamkeit der Leser auf die folgende Tatsache: wenn ich, als Ritter des Ordens der Republik Polen «Für Verdienste», sowie als jahrelanger Partner der Polnischen Botschaft in Kiew und des Polnischen Konsulats in Lwiw, derartige Erniedrigungen wie die oben genannten erfahre, wie ist es dann mit «einfachen» Ukrainern?
Während meiner Inhaftierung trat ich oft in Hungerstreik, um Protest zu äußern. Die heutige Situation bringt mich fast zur gleichen Reaktion: als Zeichen meines Protestes gegen Visabeschränkungen, die dem Geist des einigen Europas widersprechen, verzichte ich für ein Jahr darauf, in die Länder der Schengener Zone zu fahren (dabei bitte ich im Voraus um Entschuldigung bei den Moraltheologen der Welt, dass ich bei der Konferenz in Trento in Italien nicht vor ihnen auftreten können werde, wie es für den Juli 2010 geplant war). Mir ist bewusst, dass mein Protest beinahe sarkastisch mit dem Zitat von Solschenizyn «das Kalb stieß mit den Hörnern die Eiche» («bodalsia telenok s dubom») beschrieben werden kann, deshalb wende ich mich an Sie, Kollegen im Kampf für die Würde des Menschen, und bitte um Solidarität. Offensichtlich geht es nicht um Solidarität im «Visum-Hungerstreik», sondern um die Solidarität darin, Druck auf die europäische Bürokratie auszuüben; diese sieht hinter zahlreichen Paragraphen anscheinend nicht mehr den lebendigen Menschen.
Das Sicherheitssystem, repräsentiert durch die OSZE und ihr Helsinki-Abkommen, öffnete europäische Grenzen und förderte zwischenmenschliche Kontakte. Ich war auf ein solches Europa stolz und bin ihm dankbar, dass es mich zum Kampf für die Menschenrechte gerufen hat. Das heutige Beamteneuropa scheint ein Sicherheitssystem zu schaffen, in dem ein neuer «Eiserner Vorhang» entstanden und dem fundamentale europäische Werte unterordnet sind. Als Resultat ähnelt das Schengenereuropa dem antiken Rom, das nachdem es seine Seele verloren hatte, vergeblich versuchte, sich vor aufdringlichen Barbaren zu schützen. Um zu sehen, was ein solches Sicherheitssystem zur Folge hatte, genügt es, auf die Via dei Fori Imperiali herauszugehen.
05.12.2009 // Myroslaw Marynowytsch,
Mitbegründer der Ukrainischen Helsinki Gruppe,
vieljähriger Gefangener in Breshnews KZ-Lagern
Übersetzung: Ilona Terzova
Quelle: Zahid.net
Forumsdiskussionen
Bernd D-UA in MDR • Re: Ukraine: Trotz Krieg Touristen
„@lev dann wünsche ich Dir eine gute Reise, es war sehr schön in LVIV, muss unbedingt nochmals so eine Rundreise machen. Ich habe so wundervolle Menschen kennengelernt, ich bin zutiefst beeindruckt! Es...“
lev in MDR • Re: Ukraine: Trotz Krieg Touristen
„Danke Bernd für deine Eindrücke. Ich fahre Ende Mai wieder für mehrere Wochen nach Lviv. Nicht um Urlaub zu machen, sondern in unsere Wohnung. Hatte sie ja vor dem Krieg, aufwendig saniert und möchte...“
Bernd D-UA in MDR • Re: Ukraine: Trotz Krieg Touristen
„Hallo liebe Forengemeinde und Mitleser, ich bin gerade auf einem Kurztripp durch die Ukraine. Es ist wunderschön wieder hier zu sein. Es fehlen die Touristen, gestern habe ich einen persönlichen und...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Kurzer Bericht, hab dann doch den Wachwechsel erwischt, bei den Polen ging dann bestimmt 45 Minuten gar nix. Und dann wurde in zwei Schüben eingelassen, ich finde, dann ging es in einem guten Tempo voran....“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Bin jetzt da, 10 PKW vor mir, das ist akzeptabel, ist ja auch der 1.Mai. Bin zufrieden mit der Situation. @Frank Fahre immer noch ein schwarzes Auto... kennst doch meine Erfahrung mit der Polizei in UA...Kaffeebraun...“
Frank in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Probier doch einfach. Wenn der offen ist doch alles ok. Bin da glaube mal zurück drüber gefahren. War dann nur eine ewige Kurverei bis zur A4. Bin da aber eh erstmal bis Krakau. Kann natürlich auch...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Schade, dass es keine Info´s zu Zosin gibt, wer aber noch was weiß, bitte schreiben, ich fahre jetzt in 30 Minuten los und kann immer noch in ca. 10h bei einem Stopp nochmals nachlesen. Google Maps schickt...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Diesen Grenzübergang hatte ich schon auf dem Schirm, kenne ihn nur noch nicht. Kann jemand noch etwas zu Zosin sagen, wäre ja auch machbar oder lieber nicht? Vielen Dank Bernhard.“
bernhard1945 in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Hallo Bernd Es hängt etwas davon ab, wohin Du in Ukraine fahren möchtest. So wie es scheint möchtest Du (wie ich normalerweise) in Richtung Kiew fahren. Ich benütze deshalb seit Jahren den Übergang...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Ergänzend, möchte nach Luzk fahren, ist ja sicherlich nicht uninteressant für einen Ratschlag.“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Möchte morgen über Nacht in die Ukraine fahren und plane die Ankunft an der Grenze sehr früh am Morgen. Fahre entweder über Polen oder ggf. über Tschechien, je nachdem was google maps empfiehlt. Normalerweise...“
Ahrens in Recht, Visa und Dokumente • Re: Visa D14
„Das ist ein simples D-Visum, wie man es auch in Deutschland für die Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung braucht. Man benötigt dazu keine Mindestaufenthaltszeit. Auch bei der Aufenthaltserlaubnis...“
JohannesTim in Berichte und Reisetipps • Mit dem Zug in die Ukraine
„Zunächst möchte ich sagen, daß die PKP für die Sitzplatzzüge, die zum Beispiel von Kattowitz bis nach Przemysl fahren, die Preise nicht erhöht hat. Allgemein gilt die Polnische Staatsbahn eher als...“
MHG1023 in Berichte und Reisetipps • Re: Mit dem Zug in die Ukraine
„"Warum verlangt die PKP von den Fahrgästen solch einen Preis ?" - Weil sie es können ... Die Nachfrage dürfte weiter hoch sein und weil es keine vergleichbaren Alternativen gibt (Buslinien über Nacht...“
JohannesTim in Berichte und Reisetipps • Re: Mit dem Zug in die Ukraine
„Die Polnische Staatseisenbahn PKP Intercity S.A. erhöhte für den Schlafwagen-Zug D 68 am 1. Februar 2025 die Fahrpreise um + 38 Prozent. : Vom Warschauer Ostbahnhof fährt abends um 17.49 Uhr der Schlafwagen-Zug...“
HelloMick in Hilfe und Rat • Brauchen Hilfe bei Diia Registrierung
„Hallo. Meine Ex-Frau ist schon über 22 Jahre in Deutschland. Jetzt benötigt sie einen Termin für das Konsulat. Aber es werden nur Termine über Diia vergeben. Kann uns jemand erklären wie das genau...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Visa D14
„Hallo..... Ich benötige nochmals euer Schwarmwissen.... Bin seit Dezember letzten Jahres in der Ukraine verheiratet worden Jetzt meine Frage.....ich habe auf der Seite der ukrainischen Botschaft einen...“