die geschäftsführende Gesundheitsministerin Uljana Suprun, Foto: Max Trebuchow
Manchmal möchte ich aufhören. Einfach aufhören und nicht mehr mit dem Kopf gegen die unzerstörbare Wand aus Zynismus und Gleichgültigkeit der Machthaber rennen. Damals, in meiner Jugendzeit, war alles einfacher. Es gab einen klaren, brutalen Feind. Er hatte einen Namen: der totalitäre imperiale Staat. Er war allmächtig und per definitionem schrecklich, und mit ihm brauchte man nicht zu streiten. Es gab nur eine einzige Möglichkeit. Widerstand.
Jetzt ist alles anders. Die UdSSR gibt es nicht mehr. Das Land ist offen. Man riskiert keine Strafe, wenn man nicht zur Wahl geht. Die Wahrheit zu sagen und zu schreiben erfordert keine besondere Tapferkeit mehr. Und es ist auch kein Zeichen von Unvernunft, wie meine Eltern mein Verhalten noch bezeichnet haben. Den Präsidenten, den ich heute verachte, habe ich selbst gewählt. Anders als seinen Vorgänger, Janukowitsch, für den ich nicht gestimmt habe. Aber ich war Mitglied seines Präsidentschaftsrats. Und auch des Gesundheitsrats von Wiktor Juschtschenko.
Ich bin Arzt. Gefängnis, Lager, Verbannung und die Jahre danach haben in mir den Instinkt zu heilen nicht abgetötet. Heute lebe und arbeite ich in der fast demokratischen Ukraine und versuche, meinen verlogenen, impotenten und gleichgültigen Staat zu heilen. Denn ich weiß: er ist krank. Der Tumor aus Lügen und unbestraftem Diebstahl zerfrisst auch noch die letzten Reste gesunden Gewebes. Wenn er nicht therapiert und von den Bürgern, die ihn ausmachen, gestützt wird, kann er sterben.
Ich versuche, ihn mit meinen Worten zu heilen. Manchmal, dann und wann, gehen sie in Schreie über. Ich schlage Alarm mit öffentlichen Erklärungen an den jeweiligen Präsidenten. Heute versuche ich, wegen der zerstörerischen Aktivitäten von Frau Suprun und ihrem selbstgefälligen Team Alarm zu schlagen. PR, begeisterte Lügen, die überzeugte Ablehnung (oder die Unfähigkeit) jedweden Dialogs sind ihre zerstörerischen Werkzeuge. Es gibt nichts Konstruktives. Begreift Herr Poroschenko, dass er eine Zerstörerin zur Ministerin gemacht hat? Ich weiß es nicht. Aber ich lege ihm permanent Papiere und Argumente vor. Steht in diesen Papieren die Wahrheit über unser Land? Ich weiß es nicht.
Mir tut mein Land aufrichtig leid. Radikale Umstrukturierungen sind ein schlechtes Instrument, wenn man das Gesellschaftssystem heilen will. Besonders, wenn sie nicht durchdacht sind, nichts mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu tun haben und nicht durchgerechnet wurden. Warum, aus welchem Grund hat Herr Poroschenko Alexander Kwitaschwili, der bis dahin in Georgien sein Unwesen getrieben hat, die Leitung des Gesundheitssystems anvertraut? Warum, auf wessen Rat hin hat Herr Poroschenko Uljana Suprun, als Managerin eine Null, und ihr Team, das für unser Land gefährlich ist, ins Gesundheitsministerium gebracht? Warum hält unser rechtmäßig gewählter Präsident so wenig von dem Volk, das ihn gewählt hat und das über seine eigenen herausragenden Spezialisten verfügt, die unser öffentliches Gesundheitssystem modernisieren können? Wir haben doch gebildete und ehrliche Gesundheitsmanager, Experten in Gesundheitsrecht und kompetente Ökonomen.
Die Monate vergehen und das Geheimnis wird ans Licht kommen. Und wir, das ukrainische Volk, werden die Wahrheit erfahren, die heute vor uns verborgen wird. Währenddessen verfolge ich mit Entsetzen die zerstörerischen Unternehmungen des Teams von Frau Suprun. Und ich erinnere mich an die prophetischen Szenen in Dostojewskis Roman „Die Dämonen“. Selbstgefällige, radikale und gnadenlose Revolutionäre sind immer destruktiv.
Ja, so ist das. Mit der Zeit kommt das Verborgene ans Licht. Die kleinen Beteiligten dieser „medizinischen Revolution“ werden zu Boden sinken. Schaum fällt immer in sich zusammen, mit ihm aufgewirbelte Schmutzpartikel sinken zu Boden. Das ist ein physikalisches Gesetz. Aber ob unser Präsident wohl die Verantwortung übernehmen wird für das Gesundheitssystem, das die Pseudoreformatoren mit ihren groben und ungeschickten Händen errichten?
10. April 2017 // Semjon Glusman
Quelle: Lewyj Bereg
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