Finanzminister Alexander Daniljuk und Zentralbankchefin Walerija Gontarewa, Quelle: Facebook NBU
Nach einer Reihe von Insolvenzen privater Banken und der Verstaatlichung der PrivatBank als größter Bank hat der Staat mehr als die Hälfte der noch am Markt verbliebenen Banken unter seiner Kontrolle. Für ihren Erhalt werden Summen in Milliardenhöhe ausgegeben, die strategische Ausrichtung aber ist bei allen mehr oder weniger gleich. Der Staat möchte die Banken irgendwann wieder verkaufen.
Riesige Anteile
Ende letzten Jahres hat die Regierung die PrivatBank verstaatlicht und ist dadurch zum größten Eigentümer im Bankensektor geworden. Der Staat hält jetzt faktisch 52 Prozent aller Aktiva (674 Milliarden Hrywnja, etw 23 Milliarden Euro) und 54 Prozent aller Einlagen (454 Milliarden Hrywnja, etwa 15,6 Milliarden Euro). Es gibt in der Ukraine mittlerweile fünf staatliche Banken: die vier großen PrivatBank, Oschtschadbank, Ukreksimbank und Ukrgasbank sowie die kleine Bank „Rastschetnyj Zentr“, die der Nationalbank gehört.
Außerdem halten die staatlichen Banken 60 Prozent der Spareinlagen der Bevölkerung. Im letzten Jahr wurden die Staatsgarantien für die Spareinlagen der Bevölkerung angehoben. So hat der Staat den Kunden der PrivatBank, Oschtschadbank und Ukreksimbank eine hundertprozentige Garantie auf ihre Ersparnisse zugesichert. Vor dieser Änderung galt diese Staatsgarantie lediglich für Kunden der Oschtschadbank. Ende des dritten Quartals betrugen die Einlagen der Bevölkerung bei der PrivatBank 155,2 Milliarden Hrywnja, bei der Ukreksimbank 24,4 Milliarden Hrywnja, bei der Oschtschadbank 62 Milliarden Hrywnja.
Entsprechend sichert der Staat dem größten Teil der Spareinlagen im Land direkte Garantien zu. Für die übrigen kommerziellen Banken ist dies nicht profitabel, weshalb hier lediglich Spareinlagen bis 200.000 Hrywnja Garantien zugesichert werden.
„Für uns ist das natürlich nicht besonders vorteilhaft. Aber wir werden auch nicht im Garantie-, sondern im Servicebereich Konkurrenz machen“, sagt der Vorstandschef der „Raiffeisen Bank Aval“ Wladimir Lawrentschuk.
In jedem Fall ist es gut für die Anleger, auch ihr Vertrauen in das gesamte System soll durch diese Maßnahmen gestärkt werden.
„Staatsgarantien – das ist ein richtiger Schritt. Hätte man diesen bereits im Jahr 2015 gemacht, hätte es nicht so einen enormen Abfluss der Spareinlagen gegeben“, sagt der Vorstandschef der Ideja Bank Michail Wlassenko.
Entwicklungsstrategien
In der strategischen Ausrichtung unterscheiden sich die größten Staatsbanken faktisch nicht voneinander. Generell sind sie Universalbanken, die mit allen möglichen Privatanlegern und Unternehmen zusammenarbeiten. Traditionell ist die Oschtschadbank auf das Geschäft mit privaten Anlegern ausgerichtet. Die Dienstleistungen der Bank sind auch allen weitgehend bekannt, in den letzten Jahren hat die Bank versucht, ihren Service komfortabler zu gestalten und zu digitalisieren. Ukreksimbank ist traditionell für das Export-Import-Geschäft verantwortlich, arbeitet aber auch mit Privatkunden und Unternehmen zusammen. Ukrgasbank ist ebenfalls eine klassische Universalbank.
Das neue Management der PrivatBank hat angekündigt, dass diese sich auf die Entwicklung von zwei Bereichen konzentrieren wird: das für sie traditionelle Geschäft mit Privatkunden und die Zusammenarbeit mit dem Staat.
„Die PrivatBank wird wie früher ihre traditionellen Produkte anbieten, für die sie auch bekannt ist. Aber darüber hinaus wollen wir auch ernsthaft mit den übrigen Staatsbanken um staatliche Projekte konkurrieren. Im Staatshaushalt sind für das Jahr 2017 100 Milliarden Hrywnja für verschiedene Projekte vorgesehen. Wir werden dem Finanzministerium und der Regierung äußerst konkurrenzfähige Lösungen zur Umsetzung dieser Projekte anbieten“, sagte der Vorstandsvorsitzende der PrivatBank Aleksander Schlapak.
Der Erhalt dieser Staatsbanken ist nicht billig für das Land. 2016 wurde das Kapital der Oschtschadbank um 5 Milliarden Hrywnja aufgestockt, das der Ukreksimbank um 9,32 Milliarden Hrywnja. Diese Zahlen sind allerdings überhaupt nicht vergleichbar mit den staatlichen Infusionen in die PrivatBank – im Dezember flossen hier 107 Milliarden Hrywnja zur Aufstockung ihres Kapitals an die Bank.
Die Verkaufsperspektiven
Die Regierung hat nicht vor, diese Staatsbanken auf ewig zu besitzen und zu verwalten. Die vom Finanzministerium ausgearbeitete Strategie zur Entwicklung dieser Banken sieht einen Verkauf an Privatinvestoren vor. Man geht davon aus, dass mindestens 20 Prozent der Aktien der Oschtschadbank und Ukreksimbank für große Investoren wie die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung oder die International Finance Corporation interessant sein könnten.
„Bis Mitte 2018 wollen wir mindestens 20 Prozent unseres Anteils an den großen Banken an namhafte internationale Finanzinstitute verkaufen“, heißt es in einem Memorandum zur Zusammenarbeit der Ukraine mit dem Internationalen Währungsfonds.
Auch die PrivatBank dürfte zum Verkauf angeboten werden.
„Wir beabsichtigen nicht, derartig große Vermögenswerte zu halten. Die Situation der PrivatBank wird zunächst stabilisiert und dann wird sie verkauft“, erklärte der Finanzminister Alexander Daniljuk direkt im Anschluss an die Verstaatlichung der Bank.
Allerdings ist der Zeitrahmen für einen solchen Verkauf bislang äußerst unklar.
„Über den Verkauf der PrivatBank wird als Eigentümer das Finanzministerium entscheiden. Ich gehe nicht davon aus, dass dies innerhalb der nächsten drei Jahre geschehen wird“, sagt die Leiterin der NBU Walerija Gontarjewa.
Die Marktteilnehmer hoffen, dass sich die Verstaatlichung der PrivatBank nicht auf den Willen der internationalen Geldgeber auswirken wird, in ukrainische Staatsbanken zu investieren.
„Den internationalen Geldgebern ist seit Längeren die Situation in der PrivatBank bekannt. Noch vor vielen Jahren war dem Jahresbericht der PrivatBank zu entnehmen, dass der Anteil der Kredite an Gesellschafter relativ hoch war. Daraus durfte zwar nicht direkt abgeleitet werden, dass die Bank wie ein Staubsauger arbeitete, indem sie Spareinlagen quasi aufsaugte und Kredite an seine Eigentümer vergab. Aber es war klar, dass die Risiken sehr hoch waren, weshalb die sich jetzt herauskristallisierte Situation letztendlich keine große Überraschung ist“, schließt der Präsident der European Business Association und CEO der ukrainischen Investmentgesellschaft Dragon Capital Tomasch Fiala.
Bislang ist die Effektivität des Staates hinsichtlich der Steuerung der Banken noch fraglich. Beurteilen können dies aber in naher Zukunft die etwa 20 Millionen Kunden der PrivatBank aus erster Hand.
13. Januar 2017 // Jelena Gubar
Quelle: Lewyj Bereg
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